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5 » Schweigen ist gold

C H A R L I E

London, Februar 2015

»«

Genervt hielt ich Ausschau nach einem Notausgang und sah zwischendurch Hannah entgeistert dabei zu, wie sie mit zig Sachen in der Umkleide verschwand. Prinzipiell hatte ich ja nichts gegen Shopping-Touren, aber sie übertrieb maßlos. Das Kleid mit welchem sie mir gerade freudestrahlend gegenüberstand, sah genau so aus wie das davor.

„Und wie findest du das hier?", fragte sie mich begeistert und drehte sich einmal um die eigene Achse. Zufrieden fuhr sie sich durch die kurzen dunkelbrauen Haare und stemmte anschließend die Hände in die Hüften.

„Steht dir wahnsinnig gut", erwiderte ich gleichgültig und fuhr mit den Fingern gedankenlos über die Preisschilder an einer der Kleiderstangen.

„Du hast nicht einmal hingesehen", empörte sie sich und warf mir ein pastellfarbendes Oberteil an den Kopf.

„Doch hab ich, es ist rot. Oben offen, unten offen; ein Kleid eben." Sie machte mich wahnsinnig.

Dann endlich entschied sie sich. Allerdings für das Kleid das sie davor anhatte, welches sie dann natürlich nochmal anprobieren musste. Glücklicherweise gab sie es auf auch noch nach Schuhen zu gucken.

Wir hielten auf dem Rückweg an einem Supermarkt und deckten uns für den Abend ein. Massen an Chips, Gummibärchen und Keksen durften dabei natürlich nicht fehlen. Die paar Kalorien konnten schließlich keinen all zu erheblichen Schaden anrichten.

Hannah war begeistert, als ich sie fragte ob sie Lust auf Cupcakes hatte und sprang fröhlich im Gang herum, als ich ihr anbot, dass sie sich aussuchen durfte wie wir sie verzieren würden. Fünf Minuten später lagen Unmengen von Streuseln und Sahne im Einkaufwagen und die Kassiererin warf uns einen aufmunternden Blick zu.

Die dachte wahrscheinlich wir hätten riesen Liebeskummer und mussten unsere Trauer in Schokolade und fettigen Snacks ertränken, dabei sah es eigentlich immer so aus wenn Hannah und ich uns trafen.

Die Kassiererin lächelte mich halbherzig an: „Irgendwann kommt der Richtige." Dann legte sie mir das Rückgeld in die Hand und tätschelte mir ganz sanft über die Finger, ganz so, als hätte sie Angst ich würde jede Sekunde in Tränen ausbrechen.

War sie eigentlich noch ganz bei Trost? So bemitleidenswert und verzweifelt konnte ich nun wirklich nicht aussehen. Mal abgesehen davon, dass ich nicht im geringsten verzweifelt war, konnte sie das einen feuchten Dreck angehen. Nie im Leben würde ich verheult vor der Flimmerkiste sitzen und mir sämtliche Nicholas Sparks -Filme und Süßigkeiten reinziehen, dabei Chips essen und mich selbst bemitleiden. So weit kam es noch.

Mir ging es gut. Nichts fehlte mir und ich sehnte mich mach nichts und niemandem.

Außer vielleicht nach meinem bequemen Sofa und den traumhaft weichen Kissen die Zuhause auf mich warteten.

Hannah musste sich mühevoll das Lachen verkneifen und ihre Lippen, die nun zu einer geraden Linie aufeinander gepresst waren, zuckten verdächtig. Hastig packte sie alles in die Tüten, hing sie sich schwungvoll über die Arme und stürmte nach draußen. Als ich das Restgeld mit einem falschen Lächeln in meine Hosentasche verschwinden ließ, folgte ich Hannah nach draußen und sah wie sie sich den Bauch hielt und laut lachte.

Selbst als wir ins Auto ein stiegen und die Einkaufstüten auf dem Rücksitzt verstauen, bekam sie sich nicht ein. Erst als wir in unserer Straße hielten und ich mich laut räusperte, wischte sie sich die Tränen weg und brachte nur mühevoll heraus: „Hast du gesehen wie sie sich mitfühlend ans Herz gefasst hat?"

„Nein habe ich nicht. Ich war zu sehr damit beschäftigt ihr nicht die doofen Streusel um die Ohren zu hauen", erwiderte ich.

„Ich kann es ihr nicht übel nehmen. Wir haben echt harte Geschütze ausgefahren", sagte Hannah und holte die Tüten aus dem Auto. „Und so griesgrämig wie du immer guckst, war das kein Wunder, dass sie da was falsch rein interpretiert hat."

„Ich gucke nicht griesgrämig, das ist mein Gesicht, Hannah." Ich verdrehte theatralisch die Augen, knallte geräuschvoll die Tür der Fahrerseite zu und nahm ihr zwei der Tüten ab.

„Aber auf eine Art hat sie ja Recht", fing sie an und ich wünschte, sie würde das Thema einfach fallen lassen. Stattdessen plapperte sie fröhlich weiter drauf los und ich ignorierte sie einfach gekonnt, als ich den Schlüssel ins Schloss steckte. „Der Richtige kommt irgendwann", fügte sie noch hinzu. „Aber er kommt nicht, wenn du dich Zuhause verkriechst. Denkst du, du kommst eines Tages nach Hause und er steht im Flur und wartet auf dich?"

Stöhnend stieß ich die Tür auf: „Ich hab nie gesagt, dass ich den Richtigen suche, Hannah. Ich bin ziemlich zufrieden so wie es ist, ich habe mit keinem Wort gesagt, dass ich-"

Weiter kam ich nicht, denn als ich die Tür aufstieß, begrüßte mich im Flur ein zweidimensionaler Niall in Form einer Pappfigur und lächelte mich fröhlich an. Entgeistert ließ ich die Tüten sinken und pfefferte meinen Schlüssel auf die Holzkommode neben der Tür.

Hannah schob sich an mir vorbei und musterte Papp-Niall eingehend: „Hab mich geirrt. Er hat doch Zuhause auf dich gewartet. Und er hält sogar die Klappe, wann immer du deine Ruhe willst, Charlie", sagte sie amüsiert und stupste mit ihrem Zeigefinger immer wieder auf seinem begeisterten Gesicht herum. „Ich wusste gar nicht, dass du auf sowas stehst."

Seufzend ließ ich sie im Flur stehen und brachte die Tüten in die Küche.

Was hatte ich eigentlich getan, dass ich von Niall und seiner Sippe regelrecht verfolgt wurde? Reichte es denn nicht, dass ich gezwungenermaßen dazu verdonnert wurde auf Harrys Party zu gehen?

Amy lag mir Tag für Tag damit in den Ohren, wie aufgeregt sie wegen dem Konzert war. Sie hatte sogar ein dickes Herz in den Kalender gekritzelt, und bis dahin kreuzte sie jeden Tag penibel ab und informierte mich jeden Morgen darüber, wie viele Tage es noch bis zum großen Event waren. Es war schon so anstrengend genug sie jeden Morgen ans Essen zu erinnern, weil sie auf ihr Handy starrte, tausend mal die Twitter-Startseite aktualisierte und dabei völlig vergaß, ihre aufgeweichten Cornflakes vom Löffel in ihren Mund zu schieben. Wenn sie wüsste, dass mir Meet and Greet-Tickets angeboten wurden, vor allem, wenn sie wüsste wer sie mir angeboten hatte, hätte ich bis an mein Lebenende keine ruhige Minute mehr.

Mittlerweile war ich mir allerdings gar nicht mehr so sicher was die Tickets anging. Harry hatte sie Serviette, auf die ich meine Adresse geschrieben hatte wahrscheinlich als Klopapier benutzt und mich völlig vergessen. Ich hatte mir zwar eh nicht viel erhofft, aber es wäre trotzdem schön gewesen. Auch wenn die nicht vorhandenen Meet and Greet-Tickets meine Nerven schonten, hätte ich wahnsinnig gerne das Strahlen in Amys Augen gesehen, wenn sie ihren Helden gegenüber stand.

Gut, dass ich ihr kein Sterbenswörtchen von allem erzählt hatte, was mir in der letzten Zeit widerfahren war. Meine kleine Schwester war jetzt schon im Ausnahmezustand, da musste man nicht unbedingt noch Öl ins Feuer gießen. Eigentlich war ich ja ganz froh darüber, Harry und Co nicht wieder zu sehen.

Ich konnte mir ja selbst kaum erklären, warum ich dieser Boyband gegenüber so abgeneigt war. Schließlich hatte ich vorher auch nichts gegen sie. Ich hatte Amys Musikgeschmack immer respektiert; jeder sollte schließlich das machen, was ihn glücklich machte. Doch seitdem ich Harry und Niall begegnet war, hatte ich das Gefühl, dass es alles schlimmer gemacht hatte. Plötzlich sah ich überall ihre Gesichter, Amys Euphorie ging mir zunehmend auf die Nerven, aber das Schlimmste daran war, dass ich feststellen musste, wie sehr Ed und ich uns von einander entfernt hatten.

Nach dem Abend an dem er mich eiskalt hatte sitzen gelassen, hatte ich nicht eine Nachricht von ihm bekommen. Nichts was erklärte warum er sich so verhielt; keine Entschuldigung. Selbst als ich meinen Ärger runterschluckte und ihm zu seinem Geburtstag eine Nachricht schrieb, hatte ich keine Antwort bekommen. Es war, als hätte er sich in Luft aufgelöst.

Als ich dann jedoch sah, dass er meine Nachricht gelesen hatte und auch sonst fröhlich in der Weltgeschichte rumspazierte, wäre mir fast der Kragen geplatzt.

„Finger weg von Niall", durchfuhr eine aufgeregte Stimme plötzlich die Stille. Ich lehnte mich lässig an den Türrahmen und beobachtete Amy dabei, wie sie die Pappfigur an sich riss und Hannah anfunkelte, „Ich will keine fettigen Fingerabdrücke auf seinem Gesicht."

„Keine Sorge, ich tu Blondie schon nichts." Hannah hob entschuldigend die Hände in die Luft und trat einen Schritt zurück.

„Du brauchst dich gar nicht über mich lustig zu machen", empörte sich Amy, ließ die Pappfigur los und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust.

Obwohl ich gerade lieber nichts von Amys Begeisterung über One Direction hören wollte, fand ich die beiden wirklich niedlich und amüsant. Hannah - eine erwachsene Frau, wohl bemerkt - warf mit spitzen Bemerkungen nur so um sich, um Amy zu provozieren. Die wiederum stapfte mit den Füßen auf den Boden und war plötzlich wieder fünf Jahre alt. Es war wirklich eine astreine Show die die beiden mir da lieferten. Es war immer wieder bemerkenswert wie fuchtig meine kleine Schwester werden konnte, wenn sie sich provoziert fühlte, wo sie doch Fremden gegenüber noch nicht einmal den Mund für ein einfaches 'Hallo' aufbekam.

„Entspann dich mal, Kurze", versuchte Hannah sie zu besänftigen. „Ich finde die gar nicht mal so schlecht."

Nicht du auch noch. Bitte nicht.

Amys Gesicht entglitt ihr beinahe völlig und ihre Augen funkelten vor Freude. Es machte mir Angst, wie schnell ihre Gesichtszüge von angespannt zu gerührt wechselten. Sie entspannte sich sichtlich und seuzfte zufrieden: „Wirklich?"

„Ja, ich meine die können singen und sehen gut aus", erwähnte Hannah beiläufig und trat wieder einen Schritt auf sie zu.

Ich war in der Hölle gelandet. Meine schlimmsten Befürchtungen waren Realität geworden; Amy hatte eine Verbündete gefunden. Mich wunderte hier nichts mehr, auch nicht, dass meine beste Freundin anscheinend auf Boybands stand, wo sie doch sonst eher auf elektronischen Krach stand. Meine Welt war das jedenfalls nicht.

Die nächste Stunde war geprägt von heiterem Geschnatter. Während ich die Cupcakes machte, saßen die beiden am Küchentisch und redeten über Amys Lieblingsband. Immer wieder schallte mir Little Things entgegen und ich hörte die beiden verträumt vor sich hin seufzen. Ich hatte das Gefühl, dass die beiden voll auf einer Wellenlänge waren und der Altersunterschied zwischen ihnen verschwamm von Minute zu Minute mehr.

Hannah hatte die Beine angewinkelt und starrte auf den Bildschirm von Amys Laptop: „Also diesen Liam würde ich auch nicht von der Bettkante schubsen. Der könnte gerne mal bei mir vorbei kommen und mich richtig-"

„Hannah!" Perplex fuhr ich rum und warf ihr einen entrüstet Blick zu. Sie schlug sich erschrocken die Hände vor den Mund bevor sie sich verbesserte: „Mich bekochen... er könnte gerne mal bei mir vorbei kommen und mich bekochen." Amy kicherte verlegen und vergrub ihr Gesicht in den Händen.

Während die beiden sich wieder dem Laptop widmeten, verzierte ich die Cupcakes mit rosafarbender Creme, Glitzerstreuseln und einer kleinen weißen Knusperkugel auf der Spitze der Sahnecreme. Hannah war hell auf begeistert, als wir uns zu dritt in unseren Jogginghosen auf das Sofa im Wohnzimmer setzten und den ersten Biss nahm: „Ich bin so froh, dass ich nur so selten hier bin. Ich wäre wahrscheinlich zwanzig Pfund schwerer wenn ich hier wohnen würde."

„Das nehm' ich jetzt einfach mal als Kompliment", erwiderte ich, setzte mich in einen Schneidersitz und platzierte meinen Teller auf dem Schoß. Ich musterte Papp-Niall, den Amy mit ins Wohnzimmer genommen hatte: „Wo hast du den eigentlich her?"

„Nathan hat mir nachträglich zum Geburtstag Geld geschenkt und ich wollte unbedingt zwei haben. Louis steht schon oben", murmelte sie mit vollem Mund und grinste zufrieden.

Louis stand schon oben; natürlich tat er das.

„Nathan war hier?" Ich runzelte die Stirn und biss in meinen Cupcake. Meine Schwester zuckte enttäuscht mit den Schultern und fuhr sich durch die blonden Haare: „Nein, er hat eine Karte in den Briefkasten gesteckt."

Langsam machte er mich wirklich rasend. Er wohnte gerade mal zwanzig Minuten mit dem Auto von uns entfernt und anstatt reinzukommen und ein wenig Zeit mit seiner kleinsten Schwester zu verbringen, warf er eine popelige Karte in den Briefkasten. Ich hatte ihn dieses Jahr noch nicht einmal gesehen. Ich nahm mir vor ihm zur Rede zu stellen, wenn ich ihn jemals wieder zu Gesicht bekam und schluckte meine Wut runter.

„Du, Charlie?" Amy hatte sich gerade hingesetzt und druckste rum. „Ich dachte... vielleicht können wir ja... Hannah mitnehmen?" Ich verstand sofort und schüttelte heftig mit dem Kopf.

Das kam mir gar nicht erst in die Tüte. Amy und One Direction reichten mir am Tag des Konzerts vollkommen. Wenn ich dann auch noch eine aufgedrehte Hannah in der Menge neben mir stehen hatte, konnte man mich danach einweisen.

Hellhörig blickte Hannah neben mir auf und reckte den Kopf in die Höhe: „Wohin geht's denn?"

Um Amy war es geschehen und alle Versuche meinerseits Hannah unser Konzertbesuch zu verheimlichen, gingen nach hinten los. Minuten später saßen sie wieder gebannt vor dem Laptop und versuchten, ein Ticket für Hannah zu ergattern. Allerdings war das Konzert schon seit Wochen ausverkauft und die beiden stöhnten zwischendurch genervt auf. Trotzdem gaben die beiden nicht auf und ihre Finger flogen nur so über die Tasten. Ich aß währenddessen meinen zweiten Cupcake und schaute zur Pappfigur neben mir: „Dann sind es wohl nur noch wir beide."

„Hier gibt's nur eine die verkauft zwei Karten", seufzte Hannah und schmollte.

„Und was ist wenn du deine Freundin mit nimmst, Amy?", schlug ich vor. „Wie hieß sie noch mal? Lauren?"

Amys Augen weiteten sich und sie verschluckte sich am Cupcake: „Ich glaube, das ist nicht so ihr Ding", brachte sie schließlich heraus. Sie verhielt sich äußerst eigenartig, aber vielleicht lag es auch einfach an der Aufregung. Trotzdem fand ich es komisch, dass wir ihre Freundin bis jetzt noch nicht kennengelernt hatten. Sie weigerte sich strickt dagegen und lud sie nie zu uns ein.

„Bestellt", sagte Hannah trocken und ich schaute sie überrascht an. „Naja, wir werden schon jemanden finden der mitkommt", ließ sie mich wissen und schenkte mir ein Lächeln. Ich schüttelte den Kopf; gerade wollte ich den beiden vorschlagen, dass sie auch alleine fahren konnten. Grandma hätte bestimmt nichts dagegen gehabt, denn sie kannte Hannah und konnte sie gut leiden. Jetzt war es dafür zu spät und ich sah mich mit den beiden schon im Auto sitzen. Das würde mich wohl einiges an Nerven kosten.

Als ich in der Küche die Spülmaschine einräumte, hörte ich, dass der Fernseher eingeschaltet wurde. Hannah und Amy diskutierten miteinander, ich konnte allerdings nichts verstehen.

Wieder im Wohnzimmer schmiss ich mich auf das Sofa und ging meine Nachrichten durch. Schnell tippte ich einen langen Text an Nathan, indem ich ihm mitteilte, dass ich es schade fand, dass er so selten vorbei kam und dass ich es unmöglich fand, dass Amy nur eine dämliche Karte im Briefkasten vorgefunden hatte.

„Der Arme", vernahm ich plötzlich Hannahs Stimme neben mir und ich schaute vom Display auf. „Also wenn ihr mich fragt, ist die doofe Kuh ziemlich bescheuert, wenn sie ihn gehen lässt." Sichtlich verwirrt starrte ich auf den Fernseher und mein Herz klopfte schlagartig viel schneller als zuvor.

Ich sah Bilder von Ed, wie er völlig betrunken zu einem schwarzen Wagen geführt wurde. Ich kannte ihn gut genug um zu wissen, dass überhaupt nichts in Ordnung war. Nicht nur, dass er offensichtlich einen über den Durst getrunken hatte; er sah kraftlos und traurig aus. Sein Blick war starr auf den Boden gerichtet, das weiße Hemd war zerknittert und er hatte alle Mühe, sich überhaupt auf den Beinen zu halten.

Die Frau vom Klatschmagazin die nun im Fernseher zu sehen war, war voller Freude und grinste übertrieben in die Kamera: „Gerüchten zufolge soll kein geringerer als Ed Sheeran bald wieder zu haben sein. Der Schmusesänger hat letzte Nacht bei den Brit Awards ordentlich auf den Putz gehauen. Schon seit Wochen soll es in der Beziehung der beiden kriseln."

Es wurden weitere Bilder eingeblendet, auf denen Ed auf dem roten Teppich zu sehen war; welche von der Veranstaltung selbst, auf denen er lächelnd neben seiner Freundin am Tisch saß und den Abend genoß.

Saßen Ed und seine Auserwählte am Anfang des Tages noch turtelnd beieinander, fehlte von Athina Andrelos, mit der Ed seit Anfang 2014 zusammen ist, jede Spur. Ein Bekannter der beiden hat bestätigt, dass Ed ohne seine Begleitung bei einer der zahlreichen Afterparties aufgetaucht ist. Dafür hat er seine Nacht sehr genossen und offenbar zu tief ins Glas geschaut. Gesichtet wurde er mit Sam Smith. Also Mädels, gute Nachrichten für alle Ed-Fans: es scheint so, als wäre der begehrte Rotschopf bald wieder frei."

Mein Blick schweifte rüber zu Amy, die mich anstarrte und glücklicherweise kein Wort sagte. Immerhin kannte sie Ed genau so lange wie ich, auch wenn sie damals noch sehr jung war. Ich war ihr immer sehr dankbar gewesen, dass sie Ed normal behandelte, wenn er vorbei kam. Und obwohl er ewig nicht mehr hier war und mittlerweile ein waschechter Weltstar war, flippte Amy nicht aus. Es war mehr als ein Jahr vergangen seitdem er hier aufgeschlagen war. Amy war Gott sei Dank erst seit knapp einem Jahr in der Fangirl-Phase und so blieb es mir erspart, dass sie Ed mit Fragen über Stars und Sternchen löcherte.

„Das ist ja die Höhe", beschwerte sich Hannah. „Kann man sich nicht mal mehr betrinken ohne, dass sich über einen das Maul zerrissen wird?"

Immer noch starrten meine kleine Schwester und ich uns an, meine Lippen lagen aufeinander und ich forderte sie stumm auf mir ein Alibi zu verschaffen. Ich hoffte, dass sie den Wink mit dem Zaunpfahl verstand, damit ich hier verschwinden konnte um kurz nach Ed zu sehen. Und selbst wenn nicht, dann war es mir gerade auch egal, wenn ich Hannah einfach ratlos hier stehen ließ.

Ohne zu zögern entschuldigte ich mich und versuchte sie zu überzeugen, dass ich etwas ganz Wichtiges vergessen hatte. Hannah sprang wie selbstverständlich vom Sofa und wollte mich begleiten. Zum Glück quengelte Amy und zwang Hannah dazu ihr bei den Mathehausaufgaben zu helfen und ich konnte mich ohne große Erklärung aus dem Staub machen.

Als ich mir die Schuhe anzog hörte ich Schritte im Flur: „Ich wusste gar nicht, dass du dich immer noch mit Ed triffst."

„Lange Geschichte", erwiderte ich schlicht und versprach ihr, ihr alles so bald wie möglich zu erzählen.

„Denkst du, du kannst ihn fragen ob er mir ein Autogramm von den Jungs besorgen kann?"

Für einen Moment ließ ich die Schnürsenkel meiner Chucks los und starrte sie ungläubig an: „Denkst du nicht, dass das der falsche Zeitpunkt ist, um danach zu fragen?"

Beleidigt ließ sie die Schultern hängen und beschwerte sich darüber, dass ich ihr nicht erzählt hatte, dass ich mich wieder mit Ed traf. Immerhin hätte sie dann schon eher fragen können. Bedacht darauf, dass Hannah im Wohnzimmer nichts von unserem Gespräch erfuhr, versprach ich ihr, Ed das nächste Mal zu fragen, wenn er nicht gerade in einer Krise steckte.

Ich schnappte mir zwei übrig gebliebene Cupcakes von der Anrichte in der Küche und schlüpfte fast blind in meinen Mantel. Hastig griff ich mir meinen Autoschlüssel und setzte mich hinters Steuer.

Ein Teil von mir wollte wieder nach Hause fahren, als ich Eds Apartment erreichte. Es war komisch für mich aus den Medien zu erfahren, wie es ihm ging. Er hatte mir geschworen, dass es niemals so weit kommen würde. Und nun saß ich in meinem Auto, starrte auf die Fenster seines Apartments und fragte mich, ob ich das Richtige tat.

Meine Schritte führten mich fast automatisch zu seiner Tür und ich drückte zögernd auf die Klingel. Ohne, dass er fragte wer vor seiner Tür stand ertönte der Öffner und ich nahm die paar Stufen zu seiner Tür. Dafür, dass Ed nicht gerade wenig verdiente, wohnte er recht bescheiden. Es war ein Altbau; die Tapeten im Hausflur sahen erschreckend alt aus. Ich war erst einmal hier gewesen und trotzdem fühlte es sich an, als wäre ich öfter bei Ed zu Besuch. Die Stufen zierten einen dunkelroten Teppich, der meine Schritte fast gänzlich verschluckte und ehe ich mich versah, war ich bereits oben angekommen.

Die Tür war angelehnt und stand einen Spalt offen. Von innen drangen Stimmen zu mir, die ich wenig später dem Fernseher zuordnen konnte. Es war stockdunkel, nur der Fernseher und eine kleine Lampe in der Ecke erhellten den hinteren Teil des Zimmers.

„Ed?", fragte ich vorsichtig in den Raum hinein und schloss die Tür hinter mir. Die Atmosphäre hatte etwas gruseliges an sich und ich fühlte mich zunehmend unwohler. Konzentriert versuchte ich mir zwischen Klamotten und Pizzaschachteln einen Weg zu bahnen, balancierte dabei elegant die beiden Cupcakes in meiner Hand und knallte dann mit dem Schienbein gegen irgendwas hartes: „Verflucht nochmal, jetzt sag mir wenigstens wo du bist."

„Hier", nahm ich seine Stimme wahr. Die Umrisse seines Sofas wurden von Schritt zu Schritt klarer und ich hielt mich an der Lehne fest um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Als ich auf den Fernseher zuhumpelte, sah ich ihn.

Wie ein Häufchen Elend saß er auf dem Teppich vor dem Sofa und umklammerte eine Bierdose. Im Schein des Fernsehers konnte ich erkennen, dass seine Haare aussahen, als hätte er sie tagelang nicht gewaschen. Er hatte sich noch nicht einmal aufgerafft um sich eine Jogginghose anzuziehen, denn er saß dort nur in einer karierten Boxershort und einem schwarzen Tshirt. Um ihn herum lagen mehrere Dosen, überall stapelten sich Blätter und es war so stickig hier drin, dass ich Probleme hatte richtig zu atmen. Eds Kater Graham schnurrte zufrieden auf dem Sofa herum und machte es sich zwischen ein paar Zigarettenschachteln bequem.

„Heilige Scheiße, Ed", entfuhr es mir und ich ließ mich neben ihn auf den Teppich fallen. Abwesend zuckte er neben mir mit den Schultern, griff unter den Tisch und hielt mir eine Dose Bier unter die Nase. „Nein danke, ich muss noch fahren."

„Was machst du hier?", murmelte er und öffnete sich die nächste Dose.

„Ich wollte sehen, wie es dir geht. Ich hab die Bilder von gestern gesehen", erwiderte ich und winkelte die Beine an.

Wieder zuckte er mit den Schultern und nahm den ersten Schluck: „Mir geht's blendend."

„Das seh' ich."

Im Fernseher lief Family Guy und ich machte mir ernsthaft Sorgen. Wenn ihn noch nicht einmal Peter Griffins dämliches Lachen aufmuntern konnte, war definitiv nichts in Ordnung. Ich hatte nie verstanden, was er an der Serie fand. Ich hielt sie für absolut übertrieben und wenn Ed mir eine für ihn lustige Stelle zeigte, belächelte ich das ganze und schlug mir in Gedanken die Hand vor den Kopf.

„Seit wann häuft sich der ganze Müll hier eigentlich an?", wollte ich wissen und verzog angewidert das Gesicht als ich merkte, dass ich auf einer Socke saß. „Und wie viel hast du gegessen?" Die Pizzaschachteln auf dem Weg zum Sofa waren nicht alles gewesen. Auf dem Tisch lagen allerhand Verpackungen von Schokoriegeln und M&Ms.

„Taylor war heute Mittag hier und hat sich mit mir den Frust von der Seele gegessen."

Dass Ed mit Taylor Swift befreundet war, war kein Geheimnis. Und trotzdem verpasste mir das einen Schlag in die Magengegend. Auch sie war der Grund dafür, dass ich mich immer weiter von ihm entfernte. Die beiden machten einen auf beste Freunde und manchmal machte es mich rasend, dass die beiden so viel Zeit miteinander verbrachten.

Vielleicht machte mir das sogar mehr aus, als es sollte. In den Jahren hatte ich eine regelrechte Abneigung gegen sie entwickelt, dass es mich selbst erschrak. Ed sprach in höchsten Tönen von ihr, vielleicht war das der Grund warum ich sie nicht all zu gut leiden konnte. Aber lieber würde ich mir seine Schwärmerei Tag und Nacht anhören, als zuzugeben, dass ich Angst hatte, sie würde ihn mir auf irgendeine Weise wegnehmen.

Ed bediente sich an den mitgebrachten Cupcakes und verdrehte genüsslich die Augen.

„Was ist mit dir und Athina?", fragte ich ihn und lenkte somit von der Taylor-Sache ab.

Das erste Mal seit dem ich da war hatte ich seine volle Aufmerksamkeit: „Du kennst ihren Namen?"

„Jeder der weiß wie Google funktioniert weiß wie sie heißt, Ed", seufzte ich und lehnte meinen Kopf an das Sofa. „Ich hätte mir trotzdem gewünscht, dass ich von dir erfahren hätte wie ihr Name ist. Davon, dass ich sie nicht einmal getroffen habe, fange ich jetzt gar nicht erst an."

Ed kniff die Augen zusammen, als hätte ich ihm gerade ein Messer ins Herz gerammt: „Ich bin echt 'n mieser Freund, oder?"

Um ehrlich zu sein, war er das. Aber das tat jetzt nichts zur Sache.

„Was ist gestern passiert?", hakte ich nach und suchte kurzerhand in Chaos auf dem Tisch nach der Fernbedienung. Musste ich mir noch einmal ansehen, wie der Fettsack im weißen Hemd kicherte und auf seine eigenen Streiche rein fiel, würde ich mich erschießen.

„Wir sind zusammen auf die Afterparty gegangen und da hab ich Sam getroffen. Wir haben uns so verquatscht, dass Athina irgendwann stinkig wurde und sich bei Taylor darüber ausgekotzt hat, dass ich keine Zeit für sie hatte. Sie hat irgendwas davon geredet, dass sie immer nur die zweite Geige bei mir spielt und selbst wenn ich für ein paar Tage Zuhause bin, sie mich kaum zu Gesicht bekommt", seuzfte er und nahm einen weiteren Schluck von seinem Bier. „Dann hab ich sie einfach da stehen gelassen, selbst als Taylor abgehauen ist. Irgendwann hab ich mir mit Rita Ora ein Mikrofon geschnappt und lauthals gesungen. Athina fand das anscheinend nicht so toll und hat mich abgefangen, als ich gerade mit Sam zur nächsten Party aufbrechen wollte."

Schweigend saß ich da und hörte mir an was Ed mir erzählte. Er berichtete von einem handfesten Streit der beiden, indem es darum ging, dass das ganze sowieso keinen Sinn mehr machte. Athina war dann irgendwann abgerauscht und Ed war mit Sam in das nächste Taxi gestiegen, um bis zum Sonnenaufgang zu feiern.

„Das heißt, ihr habt heute nicht nochmal miteinander geredet?", wollte ich wissen.

Ed schüttelte mit dem Kopf und zündete sich eine Zigarette an: „Sie nimmt nicht ab wenn ich sie anrufe."

„Lass ihr einfach ein paar Tage Zeit, vielleicht renkt sich das ja alles noch ein", schlug ich ihm vor. Er zuckte zum wiederholten Male mit den Schultern: „Ich weiß nicht. Gerade ist mein Kopf so leer, Charlie."

„Dann belass es dabei", erwiderte ich. „Ist vielleicht gut, deiner dunklen Materie mal ein bisschen Freizeit zu gönnen."

Ein halbherziges Lächeln schlich sich auf seine Lippen: „Ich bin einfach platt. Ich wünschte ich könnte einfach mal richtig ausschlafen und das tun, was ich will. Nicht das, was andere von mir erwarten. Es passiert so viel, alles gerät außer Kontrolle und ich hab das Gefühl, ich weiß überhaupt nicht mehr wo mir der Kopf steht. Ich will, dass mir was richtig Gutes passiert. Vielleicht wird dann alles leichter."

Ich richtete mich auf und setzte mich im Schneidersitz hin: „Weißt du, die guten Dinge mildern nicht immer die schlechten, aber umgekehrt verderben die schlechten Dinge nicht notwendigerweise die guten oder machen sie bedeutungslos."

Ed runzelte die Stirn und brach dann in schallendes Gelächter aus. Kurz darauf hustete er unkontrolliert und als er sich beruhigt hatte sprach er: „Versuchst du mich gerade ernsthaft mit einem Zitat aus Doctor Who aufzumuntern?"

„Was soll ich sagen", ich zuckte lässig mit den Schultern und legte meine Hand auf seinen Arm, „Der Doctor hat einfach immer recht. Du glaubst nicht, wie oft mich seine weisen Worte wieder aus einem Tief geholt haben."

„Du spinnst."

„Und deshalb magst du mich", grinste ich ihn an. Ed nickte und das erste Mal an diesem Abend lächelte er aufrichtig. Er nickte und pustete den Rauch aus seiner Lunge. Erst jetzt merkte ich, dass das keine Zigarette war, die Ed sich vor einigen Minuten angezündet hatte: „Um Himmels Willen, willst du dich umbringen? Der wie vielte ist das?", fragte ich empört und starrte auf den überfüllten Aschenbecher auf dem Tisch.

„Der Zweite, entspann dich", ließ er mich wissen und drückte den Joint in der kalten Asche aus. „Ich glaube, ich sollte langsam packen."

„Wo geht's hin?"

Ed raffte sich auf und klopfte sich den imaginären Staub von der Boxershort: „Mein Flieger nach Oman geht in zwei Stunden."

Bei mir klingelten sämtliche Alarmglocken. Sicher stand Stuart gleich auf der Matte und drehte ihm den Hals um, wenn Ed nicht rechtzeitig fertig war.

Ich half Ed dabei das gröbste Chaos zu beseitigen und er stopfte wahllos Klamotten in seinen Koffer. Immer wieder schlängelte sich der Kater durch seine Beine und schnurrte. Zwischendurch bekam Ed einen Anruf von Stuart, der ihm mitteilte dass draußen ein Taxi auf ihn wartete. Hastig zog er sich eine Jeans an und schulterte seinen Rucksack.

Zehn Minuten später trampelten wir die Stufen im Hausflur herunter und der Taxifahrer hievte Eds Koffer ins Auto.

„Danke", sagte Ed bevor er einstieg.

„Wofür?"

„Einfach dafür, dass du so bist wie du bist und mich nicht hängen lässt, auch wenn ich es immer wieder tue." Er ließ die Schultern hängen und schaute mich an. „Es tut mir leid."

„Wir reden einfach das nächste Mal darüber. Vielleicht wenn du zwei Joints weniger geraucht hast und endlich die Pancakes machst, die du mir versprochen hast", erwiderte ich und schubste ihn an der Schulter. Sein Lachen erwärmte mein Herz und er schloss mich in eine liebevolle Umarmung: „Ich bin froh, dass ich dich habe."

„Jetzt geh, bevor ich noch sentimental werde." Ed löste sich und stieg ins Taxi.

Gerade als ich mich umdrehen wollte, hörte ich wie das Fenster geöffnet wurde: „Charlie, warte mal."

Ich ging einen Schritt auf den Wagen zu und Ed kramte in seinem Rucksack, der neben ihm auf der Rückbank lag. Dann zog er zwei laminierte Karten mit einem Band daran heraus und reichte sie mir durch das Fenster: „Das soll ich dir von Harry geben."

Perplex hielt ich meine Hand auf und starrte auf zwei Meet and Greet-Tickets.

Ed verabschiedete sich und schon bald war von dem Taxi nichts mehr zu sehen.

Harry hatte wirklich an mich gedacht. Ein breites Grinsen erschien auf meinem Gesicht und ich steckte die Tickets überglücklich in meine Hosentasche. Amy würde ausrasten vor Freude. Selbst mich machte es glücklich daran zu denken, wie sie ihren Idolen gegenüber stand.

Eine kleine Sache hatte ich allerdings nicht bedacht. Wie würde ich Hannah erklären, dass ich zwei Tickets für das Meet and Greet hatte und sie nicht mit rein konnte?

Verdammt, Harry. Hättest du es nicht einfach vergessen können?

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