38 » Ich kann dich denken hören
N I A L L
London, März 2016
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Ich war ein Feigling. Ein elendiger Feigling.
Seitdem ich wieder bei klarem Verstand war und dem Whiskey ein für alle mal abgeschrieben hatte, waren drei Tage vergangen. Völlig zerknautscht war ich am Dienstag in Louis Gästebett aufgewacht und hatte sofort bereut, dass ich wie selbstverständlich Melissas Anruf angenommen hatte. Und seitdem hatte ich erfolgreich verdrängt, dass ich sie längst hätte zurück rufen müssen. Ein Teil von mir wünschte sich, dass sie es vergessen hatte, da sie schon morgen zurück nach Melbourne reisen würde.
Doch da hatte ich die Rechnung ohne Melissa gemacht. Seit heute morgen hatte ich bereits vier Nachrichten erhalten, mein Handy zeigte zwei Anrufe in Abwesenheit an und sie zu ignorieren fiel mir von Minute zu Minute schwerer. Kurzerhand hatte ich, ignorant wie ich war, das Handy einfach in meiner Jackentasche im Flur gelassen und es auf lautlos gestellt.
Ich konnte mir ja selbst nicht mal richtig erklären, warum ich nicht einfach klipp und klar sagte, dass die Nacht, die wir zusammen verbracht hatten, ein wahnsinniger Fehler gewesen war. Ich kniff doch sonst nicht. Aber je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass ich Melissa einfach nicht verletzen wollte. Wahrscheinlich hatte ich das durch meine ständige Abweisung sowieso schon längst getan.
Obwohl es mit uns beiden nie geklappt hatte und ich wir uns so oft wegen der banalsten Dinge gestritten hatten, konnte ich sie gut leiden. Ich war nicht immer fair zu ihr gewesen und vielleicht war ich auch manchmal zu hart. Ich hatte sie wirklich gern, nur nicht so, wie sie es sich wahrscheinlich gewünscht hatte. Und vielleicht war das der Grund dafür, dass ich mich so sehr vor einer Begegnung sträubte.
Ich wusste ja nicht einmal, was genau geschehen war oder was ich ihr alles gesagt hatte. Ich hätte mich selbst dafür ohrfeigen können, immer und immer wieder. Und je länger ich damit wartete, sie zurück zu rufen, desto schlimmer würde es für mich im Endeffekt werden. Und doch tat ich nichts.
Stattdessen hatte ich Willie und Deo zu mir eingeladen, um Fußball zu gucken und mein schlechtes Gewissen mit vertrauter Gesellschaft zu betäuben. Meine Cousins würden hier bleiben, bis wir am Sonntag gemeinsam nach Los Angeles fliegen würden. Ich hatte sie gerne hier, denn sie waren eher wie Brüder für mich. Ich war froh, dass sie so oft vorbei schauten, anders als bei meiner Familie, die so weit von mir entfernt lebten, dass ich sie nur selten sah.
Gegen späten Nachmittag machte sich Deo auf den Weg, um für alle etwas zu Essen zu holen. Da er sowieso noch Zuhause vorbei musste, um seinen Koffer für die USA zu packen, hatte er vorgeschlagen, dass er auf dem Rückweg bei unserem Lieblingsasiaten halten würde. Normalerweise bestellten wir Pizza oder jemand kochte für alle.
Eine Stunde später spielte ich eine Runde Fifa mit Willie, als ich Deo im Flur mit jemandem reden hörte. Kurz schaute ich über meine Schulter, konnte aber niemanden erkennen, noch seinen Gesprächspartner hören, da Deo der Einzige war, der quasselte. Daraufhin wandte ich mich wieder dem Fernseher zu und konzentrierte mich darauf, zu gewinnen.
Ohnehin fühlte sich hier jeder wie Zuhause, was ich überhaupt nicht schlimm fand. Im Gegenteil. Ich fand es toll, dass hier ein bisschen Leben in die Bude kam. Willie hatte sein Lager sowieso schon seit einiger Zeit hier aufgeschlagen, was mir sehr recht kam. Ich vertraute ihnen, hatte nichts dagegen, dass sie Freunde einluden, da ich die meisten von ihnen sowieso kannte. Und ich wusste auch, dass weder Deo, noch Willie so naiv waren, dass die wahllos Leute hier einluden. Sie wussten wie ich dazu stand. Solange hier alles heile blieb und niemand meine Gitarren anfasste, konnte mir das egal sein. Ich wohnte zwar im Gegensatz zu Louis und den anderen ziemlich bescheiden und mein Haus war nicht so groß, dass man sich hätte verlaufen können, doch ab und an konnte es schon sehr einsam hier werden.
So war es nicht abwegig, dass Deo unterwegs jemanden abgeholt hatte, um ihn mit hier her zu bringen. Es waren ohnehin immer die gleichen Leute, die auch ich kannte. Die meisten waren ziemlich entspannt und ich verstand mich gut mit ihnen.
Ich hörte Schritte, die näher kamen. Deo redete immer noch wie ein Wasserfall und faselte etwas von Los Angeles. Für einen Moment hörte ich zu, dann schaltete ich auf Durchzug. Jedenfalls so lange, bis sich Deos Gegenüber zu Wort meldete und mir fast buchstäblich das Herz in die Hose rutschte.
Mein Kopf schnellte in die Höhe und ich drehte mich fast mechanisch um, nur in dann wahrhaftig in Melissas Gesicht zu schauen. Neben mir brach Willie in heitere Freudenschreie aus und hielt triumphierend den Controller in die Höhe. Ich hingegen saß wie angewurzelt auf meinem Sofa und starrte sie stumm an.
„Niall", sagte sie lächelnd und ließ dann den Blick durch den Raum schweifen. Für einen Moment blieb sie an den Gitarren, die an meiner Wand hingen, kleben und musterte sie eingehend. Sie gab wohl nie auf.
Dass sie lächelte, war doch ein gutes Zeichen, oder etwa nicht?
„Mel", sagte ich, als ich mich endlich aus meiner Starre lösen konnte. „Schön, dich zu sehen."
Ihre dunklen Augen wandten sich mir zu und sie runzelte fragend die Stirn. „Du hast nicht zurück gerufen, da dachte ich, dass ich spontan vorbei komme. Da hatte ich wohl Glück, dass du da bist. Dachte schon, du bist zu beschäftigt."
Dann entfernte sie sich einige Schritte, platzierte ihre Handtasche auf dem Sessel in der Ecke des Raumes und verschränkte die Arme. Sie schaute sich weiter neugierig um, betrachtete die Bilder, die an der Wand hingen.
Deo beugte sich über das Sofa. „Sie ist gerade aus dem Taxi gestiegen, als ich wieder gekommen bin, Alter", sagte er leise und drehte sich kurz zu Melissa um. „Hätte ich sie einfach draußen stehen lassen sollen?"
Wäre ich allein gewesen, hätte ich das wahrscheinlich sogar getan. Aber das verschwieg ich einfach. Wie ich mich kannte, hätte ich einfach die Klingel überhört. Zum Glück hatte ich eine Menge Überwachungskameras um das Haus verteilt, die es mir leicht machten, zu sehen, wer vor meiner Tür stand. Ich war wirklich ein gottverdammter Feigling.
„Willst du was trinken?", rief ich quer durch den Raum. Ohne mich überhaupt anzuschauen nickte sie abwesend und wandte sich meinem spärlich dekorierten Bücherregal zu.
„Wasser."
Mir steckte ein Kloß von der Größe eines Planeten im Hals fest, als ich mich in die Küche begab. Jetzt gab es kein Zurück mehr, mir fiel keine passende Ausrede ein und so stellte ich mich zwei Minuten später meinem Schicksal und stiefelte mit dem Glas Wasser ins Wohnzimmer zurück.
Mit einem gezwungenen Lächeln reichte ich Melissa das Glas. Sie trug eine helle Jeansjacke und irgendeine Art Jumpsuit mit roten und schwarzen Blumenmustern darauf. Ihre sonnengebräunte Haut verriet schnell, dass sie nicht hier wohnte. Sie war wirklich hübsch, mit ihren braunen Augen, dem schmalen Gesicht und ihrer tollen Figur. Aber all das reizte mich nicht mehr. Und das hübsche Lächeln, dass ich immer an ihr gemocht hatte, wirkte plötzlich, wie jedes andere Lächeln.
„Du wolltest mit mir reden", sprach ich und schob die Hände in die Hosentaschen.
Melissa nahm einen kleinen Schluck und stellte das Glas anschließend auf den kleinen Beistelltisch neben meinem Sessel ab. Mein Kopf huschte in die Richtung des Sofas, wo Deo es sich mittlerweile neben Willie bequem gemacht hatte. Deos und mein Blick kreuzten sich und er schaute mich fragend an. Mit einem Blick, von dem ich hoffte dass er die richtige Wirkung erzielte, forderte ich meine Cousins stumm auf, sich aus dem Staub zu machen.
Schlimm genug, was Melissa mir gleich höchstwahrscheinlich an den Kopf warf, da mussten die neugierigen Säcke nicht unbedingt dran teilhaben. Kommentarlos klopfte mein Cousin dem anderen auf die Schulter und nickte in unsere Richtung. Zu meinem Glück schienen die beiden direkt verstanden zu haben, das sie abdampfen sollten.
Keine Minute später war es totenstill im Wohnzimmer. Ich hörte die Uhr am anderen Ende des Zimmers ticken. Melissa hatte die Arme verschränkt, ihr Lächeln wich nicht von ihren Lippen und mit einem Mal nahm ich meinen Mut zusammen und atmete tief durch.
Jetzt oder nie.
„Hör zu, Mel", fing ich an und starrte konzentriert in ihr schmales Gesicht. Ihre Augen huschten über meines und das Lächeln sank von Mal zu Mal. „Ich weiß, dass ich ein Arschloch bin, das musst du mir also erst gar nicht sagen. Ich hätte vor ein paar Wochen nicht vorbei kommen sollen, das war nicht fair von mir. Ich hab deine Verletzlichkeit ausgenutzt und das tut mir leid."
Sie starrte mich gespannt an. Ein Teil von mir nahm an, dass sie mich jeden Moment unterbrechen würde, aber das tat sie nicht. Stattdessen hörte sie gespannt zu und ich begann zu straucheln. Ihr Gelassenheit brachte mich durcheinander und so versuchte ich, die Sache ein für alle mal zu klären, damit ich das endlich hinter mir hatte.
„Ich hätte dich nicht küssen sollen", fuhr ich fort. Mein Blick fixierte einen Punkt hinter ihr. „Ich will nicht, dass du da mehr hinein interpretierst. Dir hat das sicher mehr bedeutet und ich wollte dir keine Hoffnungen machen oder dir das Gefühl geben, dass-"
„Halt mal die Luft an, Niall", unterbrach sie mich schließlich. Das Lächeln kehrte blitzschnell wieder auf ihr Gesicht zurück und sie legte mir ihre zierliche Hand auf die Schulter. „Deswegen bin ich nicht hier."
Irritiert blickte ich ihr in die Augen. Ich hatte das Gefühl mein Gesicht wurde mit einem Mal kreidebleich, ich verspürte eine Art Erleichterung und trotzdem kam mir das Ganze spanisch vor. Die Worte blieben mir schmerzlich im Hals stecken und Melissa ließ ihre Hand sinken, bevor sie fort fuhr.
„Zwecks meines Studiums möchte ich für ein paar Wochen bei einem Radiosender reinschauen. Und ich weiß, dass du einen Freund bei Nova hast. Und da du mir gesagt hast, dass ich Bescheid geben soll, wenn ich was brauche, dachte ich, du kannst vielleicht ein gutes Wort einlegen." Das Lächeln auf ihren Gesicht wurde größer, während ich in meinem Kopf den Abend in Melbourne sortierte. Doch es kam nichts ans Licht. Es war als würde ich an eine blanke Wand starren und wie ein Irrer versuchen, mich an etwas zu erinnern.
„Ich-", begann ich, doch Melissas Stirn lag plötzlich in Falten.
„Du kannst dich nicht dran erinnern, was du mir gesagt hast, oder Niall?"
„Um ehrlich zu sein", erwiderte ich darauf, „bin ich froh, dass ich überhaupt noch weiß, wie ich auf dein Sofa gekommen bin."
Melissa lachte. Sie lachte einfach. „Dann helfe ich dir mal auf die Sprünge", sagte sie schließlich und ließ sich gelassen auf den Sessel fallen. Sie überschlug ihre Beine und legte ihre Arme darauf ab. Ich kam mir jedoch vor, als wäre ich im falschen Film.
„Du hast mich geküsst, ich hab dir eine geklatscht", fing sie an und schlagartig schaute ich noch bedröppelter drein. „Dann hast du dich zig mal entschuldigt, wir haben stundenlang geredet, dann habe ich dir angeboten, dass du die Nacht bei mir bleiben kannst und du warst so dankbar, dass du mir gesagt hast, dass ich mich melden soll, wenn ich etwas brauche, wobei du mir helfen kannst. Und deshalb bin ich hier, Niall."
„Ich war echt blau, oder?", fragte ich verwundert und kratzte mir verlegen am Kopf.
Melissa zuckte die Schultern und führte sich erneut das Glas Wasser an die Lippen. „Ich dachte eigentlich, du würdest wissen, was ich von dir wollte", sagte sie, als sie das Glas wieder abgestellt hatte. „Ein bisschen verwundert war ich schon, als du am nächsten Tag so plötzlich weg warst."
„Ich dachte einfach, dass-"
„Schon okay, Niall", unterbrach sie mich, „jetzt weiß ich ja warum."
„Warum hast du mich wegen der Radiosache nicht einfach angerufen?", fragte ich sie. Dann lockerte sich meine Anspannung und ich atmete tief durch.
„Ich hab dich gefühlt tausend Mal angerufen, Niall", warf sie mir vor und ich dachte sofort an die zig unbeantworteten Anrufe und die nicht geöffneten Nachrichten.
„Also", kam sie sofort wieder zur Sache, „wie steht es mit unserer Abmachung?"
Ich schüttelte heftig den Kopf und starrte sie an. „Eine Frage hab ich da noch."
Abwartend schaute sie mir in die Augen.
„Warum hast du mit mir geschlafen, wenn du mir davor wegen dem Kuss noch eine geklatscht hast?"
Es war schon skurril, dass ich binnen weniger Wochen zwei mal eine Ohrfeige einstecken musste. Louis würde sich wahrscheinlich biegen vor Lachen. Und bevor ich noch weiter darüber nachdenken konnte, hörte ich Melissas lautes Lachen. Sie schien sich prächtig zu amüsieren.
„Niall", sagte sie. Ihre Stimme klang immer noch belustigt und fast nervte es mich schon wieder, dass sie meinen Namen so oft wiederholte. „Wir haben nicht miteinander geschlafen. So naiv bin ich nicht."
„Haben wir nicht?", fragte ich völlig blauäugig.
„Natürlich nicht", sagte sie lachend. „Du hast von Ed erzählt und dass er kein Hotelzimmer gebucht hat, von irgendeiner Hannah, die mit einem Hawaiianer durchgebrannt ist und von Charlie."
Charlie.
Ein riesen Stein fiel mir vom Herzen. Ein kleiner Wermutstropfen lag trotzdem in der Luft. Ich hatte im betrunkenen Kopf doch nicht wirklich von Charlie erzählt, während Melissa mir gegenüber gesessen hatte, oder etwa doch?
„Wegen Charlie-", begann ich, doch Melissa unterbrach mich erneut.
„Ich weiß, Niall", sagte sie verständnisvoll und schenkte mir ein halbherziges Lächeln. Ich musste mich nicht rechtfertigen, denn sie wusste es. Ich war unsterblich verliebt und sie wusste es, bevor ich es richtig realisiert hatte. Ich war nicht nur ein Feigling, sondern auch ein riesiger Idiot.
Doch als ich Melissas Lächeln sah, da hoffte ich, dass sie es mir nicht übel nehmen würde. „Ich hab dich wirklich gern, Niall Horan. Und ich war sehr verletzt. Aber was mal war, das ist Vergangenheit und es war schwer für mich, aber es ist okay."
„Es tut mir leid, Mel", ließ ich sie ehrlich wissen und sie nickte.
Eiserne Stille beherrschte den Raum. Das Thema war für sie abgeschlossen und keine fünf Minuten später redete sie wieder über ihr eigentliches Anliegen. Ich versprach ihr nichts konkretes, sondern sagte ihr lediglich, dass ich gucken müsste, was sich machen ließ.
Nach einer Stunde und einem zweiten Glas Wasser, machte sie sich wieder auf den Weg. An der Haustür verabschiedete ich mich von ihr und nahm sie kurz in den Arm. Zum ersten Mal fühlte es sich wieder gut an, sie so nah bei mir zu haben. Es stand nichts zwischen uns, meinerseits jedenfalls, und ich hoffte wirklich, dass es ihr genau so ging.
Bevor ich die Haustür hinter ihr schloss, drehte sie sich nochmal um. „Und ja, du warst manchmal ein Arschloch. Aber ich hoffe, das war das letzte Mal."
„Versprochen", erwiderte ich aufrichtig.
„Mach's gut, Niall", entgegnete sie und schenkte mir ein letztes Lächeln, bevor sie das Tor öffnete und verschwand.
Als die Tür ins Schloss fiel, breitete sich ein riesen Lächeln auf meinem Gesicht aus. Am Ende des Flures öffnete sich eine Tür und Deo steckte bedacht den Kopf aus dem Spalt. Ein letztes Mal atmete ich tief durch, bevor ich meine Hände in den Hosentaschen vergrub.
„Ist die Luft rein?", hörte ich Willie hinter Deo rufen und ich nickte grinsend in die Richtung der beiden.
„Sind deine Eier noch dran?", fragte Deo bedacht, als er mit Willie im Schlepptau den Flur entlang kam.
„Alles noch dran", ließ ich die beiden wissen. „Macht es euch was aus, wenn ich jetzt gehe?"
Irritiert schaute Deo mich an. „Heute ist Fußball."
„Lass den Mann gehen, Deo", redete ihm Willie ins Wort. „Einen Reisenden sollte man bekanntlich nicht aufhalten."
„Danke." Mit einem beherzten Schlag auf die Schulter verabschiedete ich mich und zog mir in Windeseile meine Schuhe an, schnappte mir meine Jacke und verschwand aus der Haustür.
Keine halbe Stunde später parkte ich vor Charlies Haus, machte den Motor aus und lief durch das kleine, quietschende Gartentor schnurstracks an der Seite des Hauses vorbei. Meine Schritte führten mich wie von allein die Steintreppen in den Garten. Seit gestern war es endlich mal wieder trocken und der Regen ließ zum Glück noch auf sich warten, auch wenn am Himmel schon wieder ein paar dunkle Wolken heran zogen.
Über mir klopfte jemand ans Fenster und als ich hinauf sah, erkannte ich Amy, die mir hektisch zuwinkte. Gut gelaunt winkte ich zurück und verpasste fast die letzte Stufe, sodass ich beinahe im Blumenbeet landete. Um die Ecke hörte ich Charlies Stimme und meine Schritte wurden von Mal zu Mal schneller.
Das Bild, das sich mir bot brachte mich augenblicklich dazu stehen zu bleiben. Gemeinsam mit ihrer Mum kniete sie auf der Wiese über das Ruderboot gebeugt, das bis jetzt unter der Weide im Vorgarten gestanden hatte. Sie sah mich nicht und so musterte ich sie noch für einen Moment.
Sie trug eine hellblaue Latzhose, übersät mit zahlreichen pastellfarbenen Farbflecken. Die Haare hatte sie unordentlich auf dem Kopf zusammen geknotet und über ihrer linken Augenbraue hatte sie rosane Farbspritzer. Ein glückliches Lächeln zierte ihr hübsches Gesicht und mein Herz machte einen Satz.
Zufrieden tunkte sie den Pinsel in den farbigen Lack und bemalte anschließend das Holz. Ihr Mum hob den Kopf, erspähte mich sofort und fing an zu strahlen. Ich tat es ihr gleich und schon trugen mich meine Füße noch näher zu ihnen.
„Welch schöner Besuch", sagte Charlies Mum und stupste ihre Tochter an der Schulter an.
Charlie hob den Kopf, ihre Lippen formten sich zu einem noch breiterem Lächeln und sie ließ automatisch den Pinsel sinken. Sie ließ mich keinen Augenblick aus den Augen, als sie aufstand und sich die Hände an dem hellen Jeansstoff abwischte. „Niall!"
„Sieht gut aus", sagte ich und zeigte auf das alte Ruderboot. „Aber das nächste mal sagt ihr mir Bescheid. Den Spaß lasse ich mir nicht entgehen."
„Was machst du denn hier? Du wolltest doch erst morgen vorbei kommen", überging Charlie mich und schaute mich an.
Anstatt ihr zu antworten, ging ich auf sie zu, legte meine Hände an ihre Wangen und küsste sie. Charlie lächelte in den Kuss hinein und als ich mich wieder löste, sah ich ihre Mum, die selbst ein breites Grinsen im Gesicht hatte und anschließend einige der Pinsel einsammelte.
„Ich denke, wir machen ein anderes Mal weiter", sagte sie grinsend. „Ich nehme an, du bleibst zum Essen, Niall?" Ich nickte hastig und damit verschwand ihre Mum um die Ecke.
Ein weiteres Mal legte ich meine Lippen auf Charlies und umarmte sie danach so fest, dass ihre Beine in der Luft baumelten.
„Was ist denn los mit dir?", fragte sie lachend. „Hattest du was im Kaffee oder warum bist du noch besser gelaunt als sonst?"
Grinsend zuckte ich mit den Schultern und stellte sie wieder auf dem weichen Gras ab. Kommentarlos stieg ich in das frisch lackierte Boot und ließ mich auf den Boden fallen. Einige Stellen waren noch unlackiert, an anderen Teilen des Bootes schien das helle Holz hindurch. Das Innere des Bootes war unberührt, während die Lacke in allerhand verschiedenen Pastellfarben außen vor sich hin trockneten.
„Pass auf, sonst hast du gleich Farbkleckse auf deinen sündhaft teuren Klamotten", sprach Charlie sarkastisch und setzte sich mir gegenüber in einen Schneidersitz. Ich scherte mich nicht darum, ob ich nun etwas an meiner Kleidung hatte oder nicht. Das wusste sie auch und zog mich trotzdem damit auf.
Ich erzählte ihr, warum ich aus heiterem Himmel hier rein geschneit war und fragte, ob ich einfach bis Sonntag hier bleiben konnte. Ich wusste, dass meine Cousins mir das nicht all zu übel nehmen würden. Immerhin hatten sie das ganze Haus für sich allein und konnten tun und lassen was sie wollten.
Charlie stimmte freudig zu und strahlte über das ganze Gesicht. Ich konnte es kaum erwarten, mit ihr dämliche Filme zu gucken, mich mit Süßkram vollzustopfen, einfach nichts zu tun und den lieben langen Tag an mir vorbei ziehen zu lassen.
Dann erzählte ich ihr von der Idee, die Louis mir Anfang der Woche in den Kopf gesetzt hatte. Ich schlug ihr vor, dass sie gemeinsam mit meinen Cousins und meiner Managerin zu der Charityveranstaltung kommen könnte. Ich spielte Golf für einen guten Zweck und anschließend sollten alle zu einem gemeinsamen Abendessen zusammen finden, zu dem Freunde und Familie ebenfalls eingeladen waren.
„Das ist nichts super Offizielles", ließ ich sie wissen. „Ein paar Freunde, Rory McIlroy, gutes Essen, ein paar Drinks."
„Ich weiß nicht, Niall." Charlie wirkte angespannt, aber ich gab nicht auf.
„Komm schon", stachelte ich sie an. „Mir würde es wirklich viel bedeuten, wenn du dabei wärst. Ich will, dass du an meiner Seite bist und früher oder später kriegt eh irgendjemand Wind davon, dass wir uns treffen. Bitte, Charlie. Tu es für mich."
Ich sah, wie sehr sie mich sich haderte. Sie wich meinem Blick aus, sie fummelte umständlich an dem kleinen Schlitz an den Knien ihrer Jeans herum und ihre Lippen waren aufeinander gepresst.
„Ich kann dich förmlich denken hören, Charlie", sagte ich scherzend. „Ich seh' schon den Qualm, der aus deinem Kopf steigt."
Ein halbherziges Grinsen schlich sich auf ihre Lippen und sie fixierte weiterhin den Riss an ihren Knien. Kurzerhand zog ich einen der Pinsel aus den Lackdosen und malte ihr mit rosaner Farbe ein grinsendes Gesicht an den Punkt, auf den sie starrte. Zwei einfache Punkte und eine gebogene Linie. Und es verfehlte nicht seine Wirkung.
Endlich hob sie ihren Kopf, atmete tief durch und schaute mich an. „Aber nur, wenn du mich nicht länger als ein paar Minuten aus den Augen lässt."
„Versprochen."
„Wirklich?", fragte sie.
„Ich halte immer meine Versprechen, Charlie."
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Eine halbe Stunde zu spät, aber hier ist es. Ich hoffe euch gefällt das Kapitel. Leider muss ich euch sagen, dass das das letzte Kapitel aus Nialls Sicht war. Dafür waren es aber drei hintereinander
Für alle die dachten, dass es mit Melissa ein riesiges Drama gibt, tut es mir leid. Aber das wäre doch schon ein bisschen vorhersehbar gewesen, oder?
Wer von euch geht eigentlich zu einem Konzert von Niall? Von dreien von euch weiß ich schon, dass sie in Köln sein werden. Ich hoffe dass ihr alle Karten bekommen habt. Ich weiß, wie schwer das manchmal sein kann
Genug geredet. Das nächste Kapitel kommt voraussichtlich am Freitag, das danach am Samstag :)
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