36 » Friede, Freude, Vollidioten
N I A L L
London, März 2016
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Charlies blondes Haar kitzelte mich an der Stirn. Sie lag in meinen Armen, in nichts als ihre Wolldecke gehüllt und ich hätte ewig so liegen bleiben können. Als sie mir ihre Gefühle offenbart hatte, war es glasklar, dass ich viel zu lange so getan hatte, als hätte ich nichts für sie empfunden. Sie machte mich wahnsinnig – und das war das schönste Gefühl, das ich seit langer Zeit verspürt hatte.
Auf der Kommode gegenüber erkannte ich die Pappkiste, in der die restlichen Postkarten ihres Dads verstaut waren. „Weißt du schon, was du als nächstes in Angriff nimmst?", fragte ich sie und strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr.
Charlie schien sofort zu verstehen wovon ich redete, denn sie folgte meinem Blick und begann zu lächeln. „Ich weiß nicht, noch ist ja eine Menge Geld übrig", sagte sie und stand auf. Umständlich zuppelte sie an der Decke, um ihre nackte Haut zu verdecken.
„Nichts, was ich noch nicht gesehen hätte." Sie schmunzelte, als sie mich ansah. Ich tat es ihr gleich und stand vom Sofa auf, kramte nach meiner Jeans, die ich vorhin achtlos durch den Raum geschmissen hatte.
Als sie sich das letzte Kleidungsstück überstreifte und sich die Haare zusammen band, glitt ihr Blick erneut zu der Kiste. „Mit dem Zug drei Tage und vier Nächte durch Kanada fände ich toll.", sagte sie. „Von Toronto bis nach Vancouver, vorbei an Ontarios Seenlandschaft, bis hin zu den Rocky Mountains."
Charlies Augen leuchteten, als sie in Gedanken versank. Doch als sie einen Blick auf die Uhr warf, wurde es hektisch. Sofort verfiel sie in Panik, denn in nicht einmal mehr zwei Stunden würden ihre Großeltern auf der Matte und nichts war vorbereitet. Fluchend zog sie mich mit nach oben, wo wir einem verschlafenen Mason begegneten. Als er mich ansah, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, bevor er nach oben verschwand.
„Jetzt hast du bei ihm ein wirklich Stein im Brett", sagte Charlie lachend und schob mich Richtung weiter den Flur entlang. „Vielleicht machst du seinem Lieblingskobold auf der Lucky Charms Packung bald Konkurrenz."
Damit brachte sie mich unweigerlich zum Lachen. Sie stimmte mit ein, bis wir von lautem Klimpern in der Küche unterbrochen wurden. Glücklicherweise war Charlies Mum bereits von der Arbeit zurück und hatte den Braten in den Ofen geschoben. Gerade als ich mir meine Jacke von der Garderobe schnappen wollte um zu gehen, hielt Charlies Mutter mich auf und bat mich zu bleiben.
Ich war definitiv nicht darauf vorbereitet und hatte sogar ein paar Bedenken, dass Charlies Großeltern mich vielleicht nicht leiden konnten. Ich hatte sie zwar kurz an Charlies Geburtstag letztes Jahr gesehen, doch außer dem übliche Smalltalk, hatten wir uns kaum unterhalten. Ich fragte mich, was die beiden wohl dachten, warum ich hier war. Charlie und ich hatten es nicht benannt, wie es nun weiter ging und irgendwie wurde ich eigenartig nervös.
Doch da musste ich wohl oder übel durch. Ich rannte sicher nicht weg, schließlich konnte ich es auch nicht leiden, wenn Charlie vor Situationen flüchtete, die ihr Unbehagen bereiteten.
'Wird schon schiefgehen', sagte ich in Gedanken zu mir selbst.
Schnell war ich ich voll mit eingebunden und wurde dazu degradiert die Kartoffeln zu schälen. Pfannenwender wurden umher gereicht, Kochlöffel klimperten in den Töpfen und Gläser wurden gespült.
Pünktlich um sechs klingelte es und Charlies Großeltern standen vor der Tür. Liebevoll wurde mir von ihrer Grandma in die Wange gekniffen und sie warf mir ein liebevolles Lächeln zu. Sie erinnerte sich sofort an mich, begrüßte mich sogar mit Namen und ich nahm ihr den Mantel ab, um sie an die Garderobe zu hängen.
„Vielen Dank, sehr aufmerksam von dir", sagte sie lächelnd und zwinkerte dann Charlie wissend zu. „Den mag ich", fügte sie hinzu und zog ihre Enkeltochter in eine liebevolle Umarmung.
Charlies Grandma trug eine Bluse mit Blumenmuster, was mich schlagartig an Harry erinnerte. Ihr dunkelroter Lippenstift und die Perlenkette passten perfekt zu ihr, sie sah für ihr alter wirklich schick aus. Lächelnd folgte sie ihrem Mann ins Wohnzimmer, während ich Charlie zurück in die Küche folgte.
Zehn Minuten später klingelte es erneut.
„Das ist bestimmt Amy, ich mache auf", rief Charlie.
Charlies Mum reichte mir währenddessen die Teller, die sie auf meinem Arm stapelte. Vorsichtig platzierte sie das Besteck darauf, bis ich Charlies verwunderte Stimme hörte und alles, was so vorsichtig auf meinem Arm gestapelt war, fallen ließ.
„Aaron? Was machst du denn hier?"
„Ihr kennt euch?", hörte ich Amy irritiert fragen.
Erst glaubte ich meinen Ohren nicht mehr zu trauen, dann klingelten in meinem Kopf sämtliche Alarmglocken. Als Charlies Mum mir noch zahlreiche Servietten auf den Turm an Geschirr gelegt hatte, verließ ich die Küche und musste im Flur tatsächlich feststellen, dass Aaron im Türrahmen stand – genau neben Amy. Er guckte mindestens genau so dämlich wie ich.
Was wollte die Pappnase denn hier? Hatte Hannah ihm Charlies Adresse gegeben oder womöglich sogar Charlie selbst? Der fehlte mir auch noch, mit seinen blöden braunen Knopfaugen und den pechschwarzen Haaren. Kopfschüttelnd schob er seine Brille wieder auf die Nase und runzelte erneut die Stirn. Er trug einen spießigen Pullunder und tatsächlich eine schwarze Krawatte. Sonst hatte er auch nicht so konservativ ausgesehen.
„Das ist Lucas' großer Bruder, er hat uns gefahren", erwähnte Amy beiläufig und zeigte auf den schlaksigen jungen Kerl neben ihr. „Wir bringen unsere Sachen nach oben. Sind Grandma und Grandpa schon da?"
Die Ähnlichkeit traf mich wie ein Schlag. Bis darauf, dass Aarons Haare tief schwarz waren und die seines Bruders eher dunkelbraun, glichen sie wie ein Ei dem anderen. Der Altersunterschied war dabei der wesentliche Unterschied.
Abwesend nickte Charlie, schaute zwischen Aaron und Lucas hin und her. Noch immer standen wir drei im Flur – mehr oder weniger, denn Aaron stand wie festgefroren im Türrahmen. Mich schien niemand zu bemerken, denn ich stand einige Meter weiter weg, im Schatten, versteckt hinter einem Haufen Teller.
„Klein ist die Welt, ich hatte ja keine Ahnung", sagte Aaron schließlich. Und plötzlich löste sich sein angespannter Gesichtsausdruck und ein Lächeln folgte. „Du siehst toll aus", fügte er unnötigerweise hinzu.
In mir begann es zu brodeln, am liebsten hätte ich die Teller im Flur fallen lassen, damit er mich endlich wahr nahm. Das Gesülze konnte er sich sparen. Noch bevor ich mich bewegen konnte, kam Charlies Grandma aus dem Wohnzimmer geschossen.
Irritiert sah sie ihre Enkeltochter an, die versteinert im Flur stand. Dann wanderte ihr Blick zu Aaron, anschließend zu mir. Sie runzelte die Stirn und kam dann im Stechschritt mit ihren kurzen Beinen auf mich zu gedackelt. „Was stehst du denn da so in der Gegend herum?", sagte sie lächelnd und schob mich eigenhändig Richtung Wohnzimmer.
Aarons und mein Blick kreuzten sich und er zog die Augenbrauen zusammen. Das sollte mir fürs erste genügen und ich ließ mich weiter schieben. Als ich an Charlie vorbei schritt, haute mir ihre Grandma kichernd auf den Hintern und ich ließ beinahe erneut alles fallen – die Gute hatte es wirklich faustdick hinter den Ohren.
„Und wer bist du?", hörte ich sie sagen, als sie sich wieder zu Charlie und Aaron umdrehte.
Am Tisch angekommen hörte ich nichts mehr von dem Gespräch, das im Flur stattfand. Als ich den Stapel abstellte, machte sich der Älteste der Familie daran, die Teller zu verteilen. Charlies Grandpa wahr wahrlich kein Mann der großen Worte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass er heute auch nur ein einziges Wort verloren hatte.
Als ich die Servietten in der Mitte faltete und sie auf die Teller legte, die gerade verteilt wurden, kam ich nicht umhin, ihn genauer zu betrachten. Er trug ein schlichtes weißes Hemd mit einer dunkelroten Fliege und einem karierten Jackett darüber. Er stand seiner Frau also in nichts nach, was ich toll fand, denn allgemein fand ich die beiden ziemlich spitze. Dass Charlies Grandma die Hosen anhatte, war leicht zu bemerken und anstatt sich zu beschweren, winkte ihr Gatte jedes mal mit einem müden Grinsen ab, was ich wirklich amüsant fand.
„Ich glaub' das nicht." Charlies Stirn lag in Falten, als sie ins Wohnzimmer herein gestiefelt kam. Dicht hinter ihr folgte ihre Grandma mit Aaron im Schlepptau, welcher sich schüchtern ins Zimmer schieben ließ.
„Einer mehr oder weniger macht den Kohl auch nicht fett", verkündete die ältere Dame fröhlich und ließ Aaron einfach so dort stehen. „Hier ist jeder Willkommen."
Ein weiteres Mal musterte Aaron mich, kratzte sich am Kopf und stellte sich dann bei Charlies Grandpa vor. Dieser drehte nicht einmal seinen Kopf in seine Richtung, hob stattdessen zur Begrüßung die Hand und fuhr fort, die Messer und Gabeln neben den Tellern zu verteilen.
Charlie war währenddessen an ihm vorbei gerauscht. Aaron hatte die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, als er von der Ältesten dazu aufgefordert wurde, sich zu setzen.
Schnell folgte ich Charlie in die Küche und ohne sie zu fragen, schaute sie mich an und erklärte mir, was es damit auf sich hatte. „Ich hatte ja keine Ahnung", sagte sie. „Er hat ja gesagt, dass er zwei kleinere Geschwister hat. Wer geht denn davon aus, dass die Welt wirklich so klein ist?"
Warum ich ihn nicht leiden konnte, konnte ich gar nicht so genau sagen. Vielleicht weil er so ein verfluchter Besserwisser war, der nun nicht den Mund auf bekam. Oder vielleicht lag es daran, dass ich es nicht ausstehen konnte, wie er Charlie ansah.
Charlies Mum, die immer noch durch die Schränke wühlte und zwischendurch immer wieder einen Blick in den Ofen warf, verfolgte das Gespräch und lachte auf, als ich verächtlich schnaufte. Daraufhin drückte sie mir eine große Porzellanschüssel voller Bohnen in die Hand und bat Charlie mit Mason zwei weitere Stühle für Aaron und Lucas von oben zu holen.
Als es an der Tür klingelte, fuhr ihr Kopf nach oben, sie schnappte sich eine Schale voll Brot und schob mich den Flur entlang. Es klingelte ein weiteres Mal und ich hörte jemanden laut stöhnen.
„Kann mal jemand die scheiß Tür aufmachen?", rief Amy den Flur herunter. In der Küche hörte ich es poltern, doch ich wahr damit beschäftigt, die Schüssel mit Bohnen ins Wohnzimmer zu balancieren.
Charlies Grandma stand empört auf dem Teppich, ein paar Schritte von mir entfernt. „Hier wird nicht geflucht, junges Fräulein", blökte sie zurück. Nicht mal Aaron bequemte sich dazu, die Tür zu öffnen.
„Sie hat doch recht, Mutter", mischte Charlies Mum sich ein. „Anstatt Vater zu sagen, wie er die Gabeln platzieren soll, hättest du ruhig mal zur Tür gehen können."
„Das gehört dazu", entgegnete die ältere empört. „Messer rechts, Gabel links. Das kann doch nun wirklich nicht so schwer sein."
„Ich bin froh, wenn hier jemand überhaupt Besteck benutzt", sagte Charlies Mum. „Mason wird mit alles mit bloßer Hand verschlingen, da ist es mir egal, ob die Gabel nun links oder rechts liegt."
„Hey", hörte ich Mason empört sagen. In den Armen trug der kleine Knirps zwei Stühle gleichzeitig. Die roten Pocken auf seiner Stirn leuchteten auffällig, seine blonden Haare waren ein einziges Chaos.
„Na, ist doch wahr", rechtfertigte seine Mum und stiefelte zur Tür.
Während Charlies Mum zur Tür ging, verdrehte sie die Augen und schüttelte fast unmerklich mit dem Kopf. In diesem Augenblick kam Charlie an mir vorbei gelaufen und stellte noch vor mir den Teller mit den Brownies für den Nachtisch auf dem großen Esstisch ab.
„Tut mir leid", sagte sie an mich gewandt. Sie war sichtlich gestresst. Ihre Wangen waren gerötet und die kleinen Falten auf ihrer Stirn wollten einfach nicht verschwinden. „Das Chaos hätte ich dir gern erspart."
Lachend schnaubte ich und stellte den Teller mit der Torte vorsichtig neben den anderen Teller. „Machst du Witze?", versuchte ich Charlie zu beruhigen. „Das ist super."
Obwohl hier nichts lief wie geplant, fand ich es absolut amüsant. Alle quasselten durcheinander, der Stress stand allen auf der Stirn geschrieben und trotzdem fühlte ich mich unglaublich wohl. Bis auf die Tatsache, dass ich mich mit Aaron im gleichen Raum befand. Doch das versuchte ich größtenteils zu ignorieren.
Charlies Grandma schien unsere Unterhaltung mitbekommen zu haben, denn während sie ihrem Gatten kommentarlos die Gabeln aus den Fingern riss, hatte sie ein breites Grinsen auf den Lippen.
Kurz darauf kam ein junger Mann ins Wohnzimmer. Es musste sich um Charlies Bruder handeln, denn er hatte die gleichen blauen Augen und das freundliche, offene Lächeln wie Charlie selbst. Er war gut einen halben Kopf größer als ich und hatte die gleichen blonden Haare wie seine Geschwister. Sofort schritt er auf seine Großeltern zu, um sie zu begrüßen, anschließend zog er Charlie in eine herzliche Umarmung.
„Na, Rumtreiberin", sagte er scherzend. „Wie war es?"
„Wunderschön", nuschelte sie in sein schwarzes Hemd. „Aber das erzähle ich gleich, Grandma hat auch schon gefragt. Wo ist deine bessere Hälfte?"
Charlie hatte mir von seiner Freundin Schrägstrich Verlobten erzählt. Insgeheim hatte ich mich darauf gefreut sie kennenzulernen, doch von der Schreckschraube – wie Charlie sie liebevoll nannte - , fehlte jede Spur.
Nathan räusperte sich. „Victoria ist über das Wochenende bei ihrer Familie in Birmingham."
Er hielt sie so fest, dass sie fast in der Luft hing. Allerdings schweifte Nathans Blick immer wieder zu mir und er schien mich genauestens zu mustern.
„Nathan", stellte er sich vor, als er sich von Charlie löste. „Du musst Niall sein."
Ich wunderte mich schon gar nicht mehr, das mich jeder hier zu kennen schien. Kein Wunder, denn als ich an Amys Posterhölle dachte, war es glasklar. Jeder hatte sich sicher zig mal anhören müssen, wie toll sie uns fand. Nathan musste schmunzeln, als ich nickte und klopfte mir dann freundschaftlich auf die Schulter, bevor er im Flur verschwand.
Das Durcheinander war komplett, als es zwanzig Minuten später erneut an der Tür klingelte und Hannah vor der Tür stand. Bevor Charlies Grandma sie auffordern konnte sich zu setzen, nahm sie ganz selbstverständlich Platz und war irritiert, als ich Aaron sah. Charlie klärte das ganze schnell auf und bei allen anderen ging ebenfalls ein Licht auf. Aaron dämliches Grinsen wollte ich am liebsten ignorieren, doch sobald ich von meinem Teller aufsah, sah ich ihn sein Gesicht, da er mir schräg gegenüber neben Charlie saß.
Ich hingegen saß eingequetscht zwischen Amy und Mason. Der Tisch war definitiv nicht für zehn Personen ausgerichtet. Trotzdem versuchte ich es mir auf dem harten Plastikstuhl von Charlies Terrasse gemütlich zu machen, den sie extra hoch getragen hatte, weil uns doch noch ein Stuhl fehlte.
Während die Blonde fröhlich von unserer Reise erzählte und alle gebannt zuhörten, schaute ich immer wieder zu Aaron, der sie anschaute und zu lächeln begann. Lustlos spießte ich die Bohnen auf meine Gabel, jedoch nicht, ohne Aaron aus den Augen zu lassen. Hätte Amy nicht einfach mit dem Bus nach hause fahren können?
Es gefiel mir nicht, wie er sie ansah und ich mochte es nicht, dass sie zurück lächelte – auch wenn sie es nur aus Höflichkeit tat. Ich wusste, dass sie ihn mochte und das störte mich an ihm am meisten.
Das Abendessen ging nur schleppend voran. Je öfter ich mein Gegenüber ansah, desto weniger Appetit hatte ich. Das Essen war köstlich, Charlies Mum hatte sich wirklich übertroffen und trotzdem lag es mir schwer im Magen.
„Niall?"
Charlies Stimme holte mich schlagartig aus meinen Gedanken und ich schaute sie fragend an.
„Ob du die Woche irgendwann einmal Zeit hast", wiederholte sie ihren Satz. „Mason will den nächsten Krieg anzetteln, er darf erst mal nicht in die Schule."
Links neben mir lächelte Mason mich fröhlich an und wartete gespannt auf meine Antwort. „Ich bin die Woche schon verplant, aber am Wochenende komme ich vorbei."
Damit gab Mason sich zufrieden und schob sich die nächste Ladung Bohnen in den Mund, dann lächelte er mich mit vollem Mund an und nuschelte etwas unverständliches daher. Ich erklärte Charlie, dass ich morgen mit meinen Freunden in einen Club ging, da es am Freitag schon nicht geklappt hatte.
„Ich denke Louis holt mich ab oder schickt jemanden", sagte ich.
Neben mir fing Amy heftig an zu husten und beinahe hätte sie beim auf dem Tisch hauen die Gabel getroffen, auf der ihre Bohnen platziert waren. Um ein Haar hatte sie diese verfehlt und uns alle vor dem Grünzeug gerettet, welches fast im hohen Bogen durch das Wohnzimmer geflogen wären.
„Geht's?", fragte ich etwas naiv und gegenüber riss Charlie die Augen auf. Wahrscheinlich wusste sie was passierte, denn ihr Blick wanderte von mir zu ihrer Schwester. Sofort nickte Amy hastig den Kopf und geriet mit der Hand an ihr Glas, welches heftig ins Schwanken geriet. Gegenüber begannen Charlie und Aaron gleichzeitig zu lachen. Irgendwann würde sie sich schon dran gewöhnen müssen.
Nicht einmal Charlies Brownies, die es zum Nachtisch gab, erhellten meine trübe Laune. Ich hatte mir das ganz anders vorgestellt. Jetzt war ich gezwungen, mir das blöde Gefasel von dem Depp gegenüber anzuhören. Fast alle hingen gebannt an seinen Lippen, während er von seinem Studium erzählte, dabei hatte Charlie noch gar nicht alles von unserer Reise berichtet.
Als wir den Tisch gemeinsam abgeräumt hatten und wir wieder am Tisch saßen, bemerkte Charlie mein Gesicht und runzelte fragend die Stirn. Lässig winkte ich ab und zwang mich zu einem Lächeln.
„Lucas, spielst du 'ne Runde Fußball mit mir?", fragte Mason quer über den Tisch.
„Nee", entgegnete er, „keine Lust."
Blitzartig drehte ich mich zu dem Kleinen um und bot ihm an, dass ich ihn begleiten würde. Seine blauen Augen leuchteten förmlich auf und ein großes Grinsen zierte sein rundes Gesicht.
„Darf ich, Mum?", fragte er und sie nickte lächelnd mit dem Kopf.
Keine zehn Minuten später standen wir auf der nassen Wiese und kickten uns den abgenutzten Lederball zu. Mason war wirklich spitze und schaffte es fast jedes Mal, mit den Ball zu klauen. Als ich Schritte hörte, die die Stufen in den Garten herunter kamen und ich mich umdrehte, sank meine Laune erneut. Nathan, mit Aaron im Schlepptau, kamen auf uns zu.
Mason schien Aaron zu mögen. Jedenfalls machte es nicht den Anschein, als würde er ihn boykottieren, so wie er es anfangs mit mir getan hatte. Andererseits hing er auch nicht an Amys Zimmertür und wurde von seiner großen Schwester angehimmelt. Vielleicht war das der große Unterschied.
Ein paar mal war ich drauf und dran, Aaron den Ball so feste zuzukicken, dass es ihn voll in die Nüsse traf. Ich war tatsächlich eifersüchtig auf den Trottel, obwohl er nichts getan hatte. Ich konnte es nicht leiden, dass er so nett und zuvorkommend zu Charlie war. Sicher lag es daran, dass zwischen uns Welten lagen. Es ärgerte mich, dass ich in nächster Zukunft kaum Zeit hatte, um Charlie einfach besuchen zu können. Im Gegensatz zu Aaron. Mir gefiel es nicht, dass die beiden sich so gut verstanden und erst recht nicht, dass sein doofes Lächeln so eine Wirkung auf alle hatte.
Idiot.
Ich dachte an Kilmore zurück, als er und Charlie in dem Antiquitätenladen waren und hinterher gezwungen waren, mit ihm Zeit zu verbringen. Als Kenoah und er sich verabschiedet hatten, hatte ich gehofft wir würden uns nie wieder sehen und jetzt stand ich hier und musste zusehen, wie er sich hier pudelwohl fühlte. Ein Teil von mir wünschte sich, Hannah hätte die beiden Vollidioten nie angeschleppt.
Ich mochte Charlies Familie. Besonders ihre Grandma, die immer einen flotten Spruch auf den Lippen hatte. Ein bisschen erinnerte mich das an Zuhause. Mir fehlte meine eigene Grandma, meine Mum und mein Dad. Ich hatte sie lange nicht mehr gesehen, nicht einmal dafür hatte ich Zeit. Es war ein Teufelskreis. Manchmal verfluchte ich es, andererseits genoss ich mein Leben im Rampenlicht. Aber irgendwer musste immer zurück stecken, wenn jemand ein Leben in der Öffentlichkeit führte.
Irgendwie fand ich mich ja sogar selbst albern, dass ich so dachte, aber es war nun mal so und ich konnte die Gedanken in meinem Kopf einfach nicht abstellen.
Schlagartig wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als Mason am anderen Ende des Gartens den Ball zu uns schoss und Nathan das Gleichgewicht verlor, weil er den Ball erwischen wollte. Blitzschnell griff ich nach seinem Arm und bewahrte ihn vor dem Sturz in den Matsch. Unsere Schuhe und Hosenbeine sahen ohnehin schon aus, als wären wir durch einen Sumpf gestiefelt.
Dankbar lächelte Nathan mich an und schoss den Ball zurück zu den anderen beiden. Mit hohem Tempo rollte er an ihnen vorbei und sowohl Aaron, als auch Mason jagten diesem hinterher, bis er im Rosenbusch landete und beide im Halbdunklen danach suchten.
„Danke, Niall", hörte ich Nathan sagen. Dass er sich aufrichtig dafür bedankte, dass ich ihm vor dem Matsch bewahrt hatte, kam mir spanisch vor und so runzelte ich die Stirn und schaute ihn fragend an.
„Gerne?", fragte ich beinahe.
„Nein", entgegnete er. „Ich meinte eher dafür, dass du meine Schwester aus ihrem Schneckenhaus holst. Ich denke nicht, dass du weißt, wie viel mir das bedeutet. Ich habe sie lange nicht mehr so ausgelassen gesehen."
Prompt schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen und Nathan klopfte mir erneut freundschaftlich auf die Schulter.
„Du bist schon in Ordnung, Niall", sagte er und ein Teil meiner schlechten Laune verflüchtigte sich sofort. „Und Grandma findet dich bezaubernd", fügte er hinzu und musste sich ein Lachen verkneifen.
Hinter uns hörte ich Schritte im Gras und als ich mich umdrehte, erkannte ich Charlie. Das breite Lächeln auf ihren Lippen war furchtbar ansteckend. Grinsend kam sie auf uns zu, ihre blauen Augen fixierten in diesem Augenblick nur mich und mein Herz begann schneller zu schlagen.
Bevor sie uns erreichte und meine Gedanken sich überschlugen, lehnte sich Nathan fast unmerklich zu mir herüber und flüsterte mir ins Ohr.
„Wird schon schiefgehen."
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Ihr Lieben, das neue Kapitel ist da und ich hoffe, es hat euch gefallen. Auch wenn es sehr chaotisch war, aber so liebe ich das.
Aaron hat jetzt ein Gesicht, oben hab ich ein Gif eingefügt. Ihr dachtet doch nicht wirklich, er wird nicht wieder auftauchen, oder? Wenn ihr ihn nicht kennt: Darf ich vorstellen? Das ist Brendon Urie, Traum meiner schlaflosen Nächte (neben Niall natürlich). Habt ihr damit gerechnet, dass Aaron auf die Art und Weise wieder auftaucht oder konnte ich euch wenigstens ein bisschen überraschen? Das Chaos ist somit also komplett.
Ich danke euch für eure lieben Kommentare im letzten Kapitel. Offene Kommentare werden natürlich noch beantwortet. Danke auch für die ganzen Votes. Postcards hat nämlich schon 3,6K und ich muss jedesmal lächeln, wenn ich das sehe. Danke!
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