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3 » Alles wie immer

C H A R L I E

London, Dezember 2014

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Warum genau ich mich nach Mitternacht auf den Weg machte, um Ed und seine Freunde irgendwo mitten im Trubel Londons abzuholen, wusste ich selbst nicht so genau.

Ehrlich gesagt war ich nicht gut auf ihn zu sprechen, seitdem er sich dazu entschieden hatte, sich einfach monatelang nicht zu melden. Dass er heute aus heiterem Himmel angerufen hatte trug nicht gerade dazu bei, dass ich weniger wütend auf ihn war. Ich war auch nicht gerade wild darauf, seine Freunde mitzunehmen. Wenn die genauso viel tranken wie Ed es normalerweise tat, dann stand mir eine interessante Autofahrt bevor.

Und doch saß ich ohne groß zu überlegen in meinem Auto, fluchte über mich selbst und lenkte den Wagen durch das nächtliche Schneegestöber.

Einige Male schaute ich auf meine Hand, auf der ich den Namen des Clubs gekritzelt hatte. Ed hatte mir zwar mühevoll erklärt, wo er sich befand, aber ich hatte nie wirklich einen guten Orientierungssinn und wirklich deutlich hatte er auch nicht mehr geredet. So fuhr ich im Schritttempo durch die schmalen Straßen und fand schließlich das auffällig leuchtende Schild des Clubs. Da ich mit ihm abgemacht hatte, dass ich zwei Straßen weiter auf ihn und sein Gefolge wartete, bog ich um die Ecke und parkte schließlich am Straßenrand.

Eine halbe Stunde war es her, dass ich den Anruf bekam und von Ed fehlte jede Spur. Geduldig wartete ich, denn ich war mir sicher, dass er noch zig Leute getroffen hatte, von denen er sich ausgiebig verabschieden musste. Sehen und gesehen werden wurden in Eds Kreisen groß geschrieben. Das hatte er mir jedenfalls am Anfang seines Durchbruches detailliert erklärt.

Ich erinnerte mich gern an diesen Abend zurück. Damals hatte Ed seine erste große Party mit Stars und Sternchen hinter sich und er hatte sich furchtbar über die Starallüren des ein oder anderen aufgeregt. Er berichtete von albernen Schirmträgern, die nichts anderes zutun hatten, als darauf zu achten, dass bloß kein Tropfen Wasser das teure Armani-Kleid berührten, von lächerlich großen Hüten und einfältigem Smalltalk. Wir hatten herrlich über die übertrieben bunte und oberflächliche Welt der Promis gelacht und uns anschließend mit Pizza vor den Fernseher geklebt.

Jetzt kam es mir dann doch eher so vor, als wäre Ed ein Teil davon geworden. Ich hatte ihn ewig nicht mehr zu Gesicht bekommen und Mal davon abgesehen, dass ich aus der Presse erfahren musste, dass er mittlerweile eine feste Freundin hatte, war ich mir sicher, dass er das ganze weit aus mehr genoss als für ihn gut war. Ich konnte natürlich auch komplett falsch liegen, denn wer war ich schon, dass ich darüber urteilen konnte. Während Ed durch die halbe Weltgeschichte tourte, nahm ich mir vor, nicht mehr darauf zu warten, dass er sich meldete. Auch wenn es mir mehr ausmachte, als ich es je zugeben würde, denn ich vermisste ihn. Und er merkte es nicht einmal. Viel mehr kam es mir so vor, als würde er mich Stück für Stück vergessen oder ich wäre nicht mehr interessant genug.

Allmählich wurde es ungemütlich im Wagen und von den Nachtschwärmern war weit und breit immer noch nichts zu sehen. Ich zog mir den Schal enger um den Hals um mich vor dem Erfrieren zu bewahren und starrte durch die Windschutzscheibe auf das Ende der Straße. Immer wieder musste ich die Scheibenwischer betätigen, da die fallenden Schneeflocken mit dir Sicht erschwerten.

Wenn er mich ganz um sonst mitten in der Nacht hier her bestellt hatte, dann würde ich ihm eigenhändig den Kopf abreißen.

Eine weitere halbe Stunde verging und ich kam mir langsam wirklich fehl am Platz vor. Immer wieder torkelten kleine Grüppchen an mir vorbei und ich fragte mich, ob Ed überhaupt noch auftauchte.

Kurzerhand entschloss ich mich dazu aus dem Auto zu steigen und die Straße entlang zu laufen. Konnte ja sein, dass sie mich einfach nicht fanden und irgendwo in der Gegen herum irrten. Gewappnet vor der Eiseskälte steckte ich meine Hände in den dicken Wollmantel und schlenderte die Straße entlang. Selbst als ich fast vor dem Club stand, war von der Truppe nichts zu sehen und ich machte mich auf den Weg zurück zum Auto.

Als ich mich zurück auf den Sitz fallen ließ, blinkte mein Handy auf und zeigte mir einen entgangenen Anruf an. Ich hatte es vorhin einfach achtlos auf den Beifahrersitz fallen gelassen, damit ich ich schnell dran kam, falls ich die Adresse des Clubs raussuchen musste. Hastig entsperrte ich den Bildschirm und sah die gleiche unbekannte Nummer von der aus mich Ed vorhin angerufen hatte, also rief ich zurück und landete prompt auf der Mailbox.

Es war zum Mäusemelken.

Ein Anflug von Panik überkam mich als ich realisierte, dass ich Ed nicht erreichte. Obwohl ich wütend auf ihn war, wollte ich nicht unbedingt, dass er irgendwo betrunken im Graben seinen Rausch ausschlief. So viel lag mir dann doch an ihm.

Die einzige Möglichkeit war, zu seinem Apartment zu fahren und zu gucken ob er heile Zuhause angekommen war. So startete ich den Motor und fuhr die Straßen entlang. Immer wieder schaute ich mich um, damit ich ihn nicht irgendwo verpasste, falls er zu Fuß unterwegs war.

Dort angekommen klingelte ich Sturm und hoffte auf ein Lebenszeichen. Doch die Lichter im ganzen Haus waren aus und es regte sich nichts. Für einen Augenblick setzte ich mich auf den schmalen Treppenabsatz und versuchte ihn nochmal über das Handy zu erreichen. Ich hörte allerdings immer nur seine Mailbox-Ansage am anderen Ende.

Stöhnend ließ ich den Kopf nach hinten fallen und stieß schmerzvoll an die dunkle Holztür. Der Gedanke daran, dass Ed irgendwo allein in den Straßen herumgeisterte bereitete mir Bauchschmerzen und ich war unfassbar ratlos.

Ich fuhr mir genervt durch meine blonden Haare und seufzte. Der lange Tag machte sich in meinem ganzen Körper bemerkbar und die Müdigkeit zerrte an meinen Nerven. Obwohl ich ohne weiteres hätte ins Bett fallen können, war an Schlaf nicht zu denken. Viel wichtiger war es mich davon zu überzeugen, dass es Ed gut ging.

Wie aus heiterem Himmel kam mir die Erleuchtung. Eine letzte Möglichkeit hatte ich noch nicht in Erwägung gezogen.

Voller Hoffnung setzte ich mich hinters Steuer und peilte zielstrebig das kleine Haus am Rande der Stadt an, in dem ich mir wünschte auf Ed zu treffen. Sollte er dort auch nicht sein, konnte ich immer noch einen auf Sherlock Holmes machen und seine Spuren durch ganz London verfolgen. Einen Versuch war es jedenfalls wert.

Zuversichtlich bog ich in die Straße ein und stellte erleichtert fest, dass im Haus Licht brannte. Ich hoffte, dass Ed immer noch hier her kam, wenn ihm Zuhause mal wieder die Decke auf den Kopf fiel. Obwohl er selbst kaum Zuhause war.

Früher hatte er viel Zeit bei Stuart verbracht. Stuart, der nicht nur Eds Manager, sondern seit geraumer Zeit ein guter Freund für ihn geworden war, wohnte gemeinsam mit seiner Frau in einem kleinen Haus. Für eine Weile hatte Ed sogar hier seine Zelte aufgeschlagen und bei ihm und seiner Frau gewohnt. Die beiden waren sich so vertraut, dass Ed mit seinen Sorgen immer zu ihm kommen konnte.

Ich hielt am Straßenrand, stellte den Motor aus und ging zielstrebig auf die Tür zu. Was genau passierte, wenn Stuart mir die Tür öffnete und ich aufgelöst vor ihm Stand, darüber hatte ich mir keine Gedanken gemacht. Wahrscheinlich würde er ebenfalls in Panik geraten, wenn Ed nicht hier war und würde ihm glattweg einen Suchtrupp auf den Hals hetzen.

Doch als ich klingelte war es nicht Stuart, der mir die Tür öffnete, sondern ein mir allzu bekanntes Gesicht. Für einen Moment starrte ich den Lockenkopf vor mir an und verharrte in meiner Bewegung.

„Hallo", sagte er schlicht und grinste kurz, bevor er sich am Türrahmen festhielt und sich durch die langen Haare fuhr.

Vor mir stand wahrhaftig Harry Styles; live und in Farbe.

Unweigerlich dachte ich an Amy, die wahrscheinlich vor Freude hyperventilieren und dann wie ein Klappstuhl in sich zusammen sacken würde. Ich dachte an die bunten Poster mit der ihre gesamte Zimmerwand tapeziert war und daran, wie stolz sie mir immer wieder erklärte, wer von den Milchbubis nun wer war und warum sie die tollsten Menschen auf diesem Planeten waren.

Nun stand einer von ihnen - sichtlich angetrunken - vor mir und musterte mich gespannt.

„Ich... bin Charlie?" Es klang eher wie eine Frage und ich wartete geduldig auf eine Reaktion seinerseits. Harry rutschte unkoordiniert am Türrahmen herum und ich sprach weiter: „Ich bin hier, um zu fragen ob Ed da ist?"

„Ja", war alles was ich als Antwort bekam. Er war allem Anschein nach kein Mann der großen Worte, denn anstatt mich rein zu bitten, stand er mir im Weg und starrte mich mit glasigem Blick an. Irritiert suchten meine Augen nach der versteckten Kamera, denn das konnte nun wirklich nicht sein Ernst sein.

War er so schwer vom Begriff, oder hatte der Alkohol einfach all seine Sinne vernebelt?

„Kann ich vielleicht auch reinkommen?" Ich verschränke meine Arme vor der Brust und schaute ihn abwartend an. Dann endlich hatte er verstanden, ging einen Schritt zur Seite und zeigte abwesend mit der Hand Richtung Flur.

Als ich den schmalen Gang entlang ging fiel mir auf, wie wenig sich hier verändert hatte. Die helle Kommode war noch genau so dekoriert wie beim letzten mal, selbst die Schuhe waren akkurat nebeneinander aufgereiht und rechts standen Eds Schuhe; so wie jedes Mal wenn er mich mit hier hin genommen hatte.

Harry war mir anscheinend nicht gefolgt, denn als ich mich umdrehte war er wie vom Erdboden verschluckt. Zuerst sah ich im Esszimmer nach, doch dort konnte ich Ed nicht finden, genau so wenig im unteren Bad. Zielstrebig ging ich auf die Küche zu und blieb abrupt stehen, als ich sah wer dort auf der Anrichte saß.

Erschrocken schreckte der Kopf des Blonden vor mir hoch und er starrte mich ertappt an. Genüsslich kaute er auf einem Sandwich herum, bevor er sich zwang den Rest runterzuschlucken und sich anschließend räusperte. Allerdings schien ihm das nicht richtig gelungen zu sein, denn er nuschelte vor sich hin und klopfte sich dann hustend auf den Brustkorb.

Wo war ich hier gelandet? Wenn ich jetzt noch die obere Etage und den Keller absuchte, fand ich dann den Rest von One Direction auch noch?

„Ich bin Charlie, weißt du wo Ed ist?", stellte ich mich schlicht vor. Der Typ dessen Name ich mir bis dato einfach nicht merken konnte - egal wie oft Amy mir versucht hatte ihn mir einzutrichtern - ließ sein Sandwich auf die Holzplatte sinken, hüpfte von der Anrichte und klopfte sich anschließend die Hände an seiner schwarzen Jeans ab. Alles, was ich über ihn wusste war, dass er Ire war und er, neben dem ältesten der Truppe, Amys Liebling war. Das hatte meine kleine Schwester oft genug betont.

Blitzschnell kam er ein paar Schritte auf mich zu und hielt mir die Hand hin: „Ich bin Niall, Ed ist oben im Bad und pafft sich die Seele aus dem Leib", sprach er mit vollem Mund.

Endlich jemand der in ganzen Sätzen sprechen konnte. Es sollten wohl doch noch Zeichen und Wunder geschehen.

Sein Lächeln war furchtbar ansteckend, so erwiderte ich es kurz und schüttelte seine Hand. Ich wollte nicht unhöflich sein, doch ich bedankte mich knapp bei ihm und nahm dann immer zwei Stufen gleichzeitig nach oben, bevor ich an der Badezimmertür zum Stehen kam.

Schon von Außen nahm ich den starken Nikotingeruch wahr und fragte mich zum wiederholten Male, warum Ed beim Singen nie die Puste ausging.

Als ich die Tür öffnete, sah ich Ed wie ein Häufchen Elend auf den Fliesen sitzen. Neben ihm stand ein Zahnputzbecher, den er als Aschenbecher umfunktioniert hatte und seine roten Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab. Ein Lächeln schlich auf meine Lippen, der Ärger auf ihn war verflogen und obwohl er mich zur Begrüßung bedröppelt ansah, war ich unheimlich froh ihn zu sehen.

Erleichtert, dass es ihm halbwegs gut ging, setzte ich mich neben ihn auf den kalten Badezimmerboden und winkelte die Knie an: „Auf einer Skala von eins bis zehn; wie scheiße war der Abend?"

„Eine glatte Elf", erwiderte er erschöpft und zündete sich eine weitere Zigarette an. Auf mich wirkte er ganz und gar nicht mehr angesäuselt, eher müde und ausgelaugt. „Ich war bei der Jonathan Ross Show und hatte ein paar Gläser Wein, vielleicht zwei... oder zehn, und dann bin ich in diesem Club gelandet. Ich hab übrigens noch ein paar Freunde mitgebracht, falls du dich fragst."

„Hab ich schon kennengelernt. Hättest mich trotzdem vorwarnen können", sagte ich und stupste ihn mit meiner Schulter an. Ein halbherziges Lächeln umspielte seine Lippen und er lehnte sich zurück. „Wo ist Stuart?", fragte ich ihn und Ed zuckte mit den Schultern.

„Über's Wochenende weg." Ich fragte mich erst gar nicht, warum Ed hier war und nicht in seinem Apartment. Er besaß den Zweitschlüssel für Stuarts Haus und ich wusste, dass Ed hier immer willkommen war. Und wahrscheinlich waren die zwei anderen noch hier, weil Ed aussah wie sieben Tage Regenwetter und ihn nicht alleine lassen wollten. Obwohl Harry nicht gerade den Eindruck machte, als wäre er in der Lage dazu.

Für einen Augenblick war es still im Raum und ich legte meine Arme um die Beine. So wie wir beieinander saßen, kam es mir plötzlich nicht mehr vor als hätten wir uns monatelang nicht gesehen und mir wurde einmal mehr bewusst, wie sehr er mir gefehlt hatte.

„Nina war da", durchbrach Ed unser Schweigen, fuhr sich durch die Haare und legte seinen Arm auf dem Rand der Badewanne ab.

Nina. Die Nina, für die Ed über die halbe Erdkugel geflogen war; die Nina, für die er zig Songs geschrieben hatte; die Nina, die ihm damals den Kopf verdreht hatte, die immer wieder in seinen Gedanken herumgeisterte, egal was er tat.

Die Worte die ich hätte sagen sollen blieben mir schmerzhaft im Hals stecken und anstatt etwas darauf zu erwidern, lehnte ich meinen Kopf an Eds Schulter. Ich wusste genau, wie schwer es für ihn war darüber zu reden und Worte waren in diesem Moment nicht von Bedeutung. Ganz abgesehen davon, dass er in einer Beziehung war, konnte er sich darauf verlassen, dass ich nie ein Wort zu irgendjemandem darüber verlieren würde. Feste Freundin hin oder her, Nina war für ihn immer noch präsent.

Ich hatte sie vor ein paar Jahren kennengelernt und mochte sie auf Anhieb. Auch sie hatte ihr Herz an die Musik verloren und vielleicht lag es genau daran, dass die beiden so gut zueinander passten. Doch als Ed schließlich den Durchbruch schaffte, trennten sich ihre Wege und Ed war nie wirklich über sie hinweg gekommen.

„Ich frag mich einfach, ob es irgendwann aufhört." Eds Stimme war nur noch ein Flüstern und ich hörte ihn ratlos seufzen.

„Nein. Aber leichter", entgegnete ich. „Außerdem bist du doch immer der mit den weisen Worten. Schreib einen Song und erleuchte mich", zog ich ihn auf. Ich spürte wie er tonlos lachte und anschließend völlig ungehalten losprustete. Der Klang seines Lachens war mir so erschreckend vertraut, dass ich es ihm unweigerlich gleich tat.

Mein Lachen wurde allerdings schlagartig unterbrochen, als ich einen komischen Geruch wahr nahm, meinen Kopf von Eds Schulter nahm und mich zur Badewanne umdrehte: „Ich will diesen Moment ja ungern kaputt machen... aber du kokelst gerade den Duschvorhang an." Eds Lachen verstummte und er drehte sich ruckartig um.

Geistesgegenwärtig drückte er seine Zigarette aus und riss kräftig am Duschvorhang, sodass er samt Stange geräuschvoll in die Wanne krachte. Ich schnappte mir kurz entschlossen den Duschkopf um Schlimmeres zu verhindern und Ed brach neben mir in schallendes Gelächter aus.

„Wird Zeit für's Bett", brachte er schließlich heraus und fuhr sich mit der Hand über sein Gesicht. „Du bleibst doch, oder? Wir haben ewig keine Pancakes mehr zusammen gegessen. Ich finde, das sollten wir morgen früh nachholen. Also nur, wenn die Jungs noch was im Kühlschrank gelassen haben."

Mit einem breiten Grinsen nickte ich zustimmend und zog den Mantel aus, den ich immer noch an hatte. Das fensterlose Bad würde hoffentlich bis morgen nicht mehr nach Rauch riechen, sonst würde Stuart Ed die Ohren lang ziehen; wenn er das wegen dem Duschvorhang nicht sowieso schon tun würde.

Im Haus war es still. Kein betrunkener Harry der durch die Flure schwanke und keine Spur von Niall, der die Vorratsschränke plünderte.

Bereitwillig schmiss Ed mir eine Jogginghose in die Arme und ließ mich für einen Moment allein. Meine eigenen Sachen warf ich einfach achtlos in die Ecke. Ed überließ mir sein altes Bett, das immer noch in seinem kleinen ehemaligen Zimmer stand und er selbst ließ sich erschöpft auf eine ausgelegene Klappmatratze daneben fallen.

Die Nacht war viel zu kurz, mir dröhnte der Schädel und dabei war ich nicht diejenige gewesen, die zu tief ins Glas geschaut hatte.

Ed hatte alle Viere von sich gestreckt und lag wie ein nasser Sack auf der Klappmatratze. Zufrieden schnarchte er vor sich hin und murmelte etwas Unverständliches vor sich hin. Ich griff mir meine Jeans und meinen Pullover, schlich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter mir.

Als ich den Flur entlang ging um mir im Bad wenigstens mit kaltem Wasser das Gesicht zu waschen, sah ich am Ende des Ganges einen oberkörperfreien Liam Payne, der von einem in das andere Zimmer huschte. Fast hatte ich die Milchbubis mit denen ich unter einem Dach übernachtet hatte vergessen. Obwohl ich zugeben musste, dass dieser Liam weit von einem Milchbubi entfernt war.

Ich würde nachher definitiv im Wandschrank nachsehen. Vielleicht fand ich ja dort den Schlaksigen mit den strubbeligen, braunen Haaren, oder den Schönling, mit dem obercoolen Blick. Dann hatte ich wenigstens alle mal versammelt gesehen.

Das Bad roch immer noch fürchterlich nach abgestandenen Rauch, der Duschvorhang lag klatschnass in der Badewanne und ich kämmte mir provisorisch mit den Fingern durch die Haare.

In der Küche saß Blondie und schaufelte sich gut gelaunt eine Ladung Cornflakes in den Rachen. Er wünschte mir fröhlich einen guten Morgen und bediente sich dann wie selbstverständlich an Stuarts Kühlschrank.

„Ist wohl gestern nicht alles ganz nach Plan gelaufen, was?" Niall schloss die Kühlschranktür und schüttete sich ein Glas Orangensaft ein. „Möchtest du auch?"

Sein Akzent war kaum zu überhören und ich fragte mich, warum mir das gestern noch nicht aufgefallen war. Vielleicht lag es an dem halben Sandwich in seinem Mund oder daran, dass der gestrige Tag einfach viel zu lang war.

Kopfschüttelnd machte ich mich daran eine Kanne Kaffee aufzusetzen und kramte im Schrank nach einem Filter: „Ich hab euch dann ja doch noch gefunden."

„Woher kennst du Ed eigentlich?", fragte er neugierig. Er nahm einen Schluck von seinem Orangensaft und setzte sich neben dem Kühlschrank auf die Anrichte.

„Als ihn noch niemand kannte ist er durch die Bars Londons gezogen und ist irgendwann in der Kneipe von meinem Dad gelandet. Der hatte so einen Mitleid mit Ed, fand ihn sympathisch und hat ihn kurzerhand für ein paar Nächte bei uns einquartiert hat. Ohne, dass meine Mum was davon wusste natürlich. Als sie das rausbekommen hat, war bei uns die Hölle los. Aber irgendwann hat sie ihn ins Herz geschlossen und sie hat ihn bekocht und betüttelt. Er hat es sichtlich genossen. Seitdem sind wir befreundet... mehr oder weniger."

Nialls Mundwinkel zuckten in die Höhe und er prustete ausgelassen in sein Glas: „Macht dein Dad das heute immer noch so, wenn ein mittelloser Musiker dort auftaucht?"

„Nein", war meine knappe Antwort. Ich musste ihm ja nicht unbedingt auf die Nase binden, dass mein Vater nicht mehr lebte. Das ging ihn nichts an und auf gespieltes Mitleid war ich auch nicht angewiesen. „Wo ist der Rest von euch?", lenkte ich vom Thema ab und ignorierte den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte.

„Du kennst uns also", stellte er unnötigerweise fest und grinste was das Zeug hielt.

„Wer weiß denn nicht wer ihr seid?" Niall verzog das Gesicht und es schien, als würde er allen Ernstes darüber nachdenken. Während er grübelte, füllte ich das Kaffeepulver in die Maschine, stellte sie an und setzte mich auf die Anrichte daneben: „Meine Schwester ist euch voll und ganz verfallen; sie hat völlig den Verstand verloren. Es ist also nicht schwer zu wissen, wer ihr seid, wenn mich eure Gesichter Tag für Tag von sämtlichen Postern aus anstarren."

„Das ist bestimmt gruselig", erwiderte er darauf und schmunzelte verschmitzt, bevor er einen weiteren Schluck Orangensaft trank.

„Mit der Zeit gewöhnt man sich dran." Gelassen zuckte ich mit den Schultern und hörte dem leisen Gluckern der Kaffeemaschine zu. Niall erzählte mir, dass die fehlenden zwei Fünftel der Band bereits über die Weihnachtsfeiertage zu ihren Familien aufgebrochen waren, Liam sich ein Taxi gerufen hatte, um nach Hause zu fahren und dass Harry verkatert auf den Sofa im Wohnzimmer lag. Anschließend entschuldigte er sich und stiefelte nach oben.

Nach meiner ersten Tasse Kaffee bekam ich eine Nachricht von Amy. Sie fragte ob ich sie bei ihrer Freundin abholen könnte, so mussten Ed und ich das Pancake-Date wohl oder übel nochmal verschieben.

Wenn Amy wüsste, mit wem ich den Morgen verbracht hatte, wäre sie wahrscheinlich schneller hier als dass ich sie hätte abholen können. Ich beschloss allerdings die ganze Sache für mich zu behalten, sonst waren die ruhigen Feiertage für mich nämlich gegessen.

Als Ed zerknautscht die Küche betrat, erklärte ich ihm, dass ich verschwinden musste und er ließ sichtlich enttäuscht den Kopf hängen.

„Die Pancakes laufen uns ja nicht weg", sagte ich zuversichtlich. Hätte ich allerdings vorher gewusst, wann wir tatsächlich dazu kamen unser Vorhaben nachzuholen, hätte ich das Ganze nicht so locker gesehen.

Bevor ich ging, stellte ich Harry einen Eimer ans Sofa und drückte ihm zwei Kopfschmerztabletten in die Hand. Einer musste ja Erbarmen mit ihm haben.

„Dich schickt der Himmel", nuschelte er ins Kissen und ich zog mir anschließend im Flur den Mantel über.

„Danke, dass du da warst", sagte Ed als er mich zur Tür begleitete. „Ich weiß, dass ich ein ziemlich mieser Freund bin, aber ich mach das wieder gut, okay?" Statt darauf etwas zu erwidern, umarmte ich ihn schlicht und ging durch den Schnee zu meinem Auto.

Gerade mal fünf Straßen weiter holte ich Amy von ihrer Freundin ab. Sie stieg gut gelaunt ins Auto, warf mir dann einen entsetzten Blick zu und rümpfte die Nase: „Du stinkst wie ein toter Aschenbecher, Charlie."

„Es ist auch schön dich zu sehen", entgegnete ich. Sie hatte jedoch recht, mein Mantel stank wahnsinnig nach Rauch, es war kaum auszuhalten. „Wie war dein Abend? Waren sie nett zu dir?"

Amy stöhnte genervt und verdrehte die Augen, dann schnallte sie sich an und ließ sich in den Sitz sinken: „Ich bin dreizehn, Charlie, keine fünf mehr. Ich kann auf mich alleine aufpassen, weißt du?"

Das konnte sie nicht. Das letzte Mal als sie versucht hatte sich mit jemandem anzufreunden, kam sie heulend nach Hause und verließ geschlagene drei Tage nicht mehr das Zimmer. Ich hatte trotzdem keine Lust eine Diskussion darüber anzufangen und so nickte ich einfach geschlagen und startete den Motor.

„Und, was gibt es Neues?", fragte sie schließlich und ich musste unweigerlich schmunzeln.

„Nichts Besonderes. Alles wie immer."

Wenn sie nur wüsste.

Und obwohl die letzten Stunden alles andere als normal und nichts besonderes waren, fühlte es sich mit Ed an, wie ein ganz normaler Tag.

Mit ihm schien alles so normal zu sein, dass es mir immer noch vollkommen surreal vorkam, dass er mittlerweile auf der ganzen Welt bekannt war und dass ihn unzählige Menschen aus den verschiedensten Kulturen anhimmelten.

Für mich war er einfach nur Ed. Der lustige, gutherzige Ed, von dem ich so sehr hoffte, dass er sich für nichts und niemanden veränderte.

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