Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

14 » Das Ende einer Ära

C H A R L I E

London, Dezember 2015

»«

Ich fürchtete mich zwar nicht vor vielen Dingen, die das Leben mit sich brachte, aber Abschied nehmen gehörte sicherlich zu den Dingen, mit denen ich am wenigsten klar kam.

Vielleicht lag es daran, dass ich stets Angst davor hatte, es würde sich etwas ändern. Vielleicht lag es daran, dass ich dachte, alles würde außer Kontrolle geraten.

Seit dem Tag, an dem feststand, dass Mrs Clark das kleine Café schließen würde, spürte ich immer wieder diesen dicken Kloß in meinem Hals. Und obwohl ich versuchte, diesen Gedanken so gut es ging bei Seite zu schieben, bereitete mir die ganze Situation mehr Bauchschmerzen, als gedacht. Ich versuchte mir einzureden, dass das nichts ändern würde, dass ich Mrs Clark besuchen könnte, wenn mir danach war. Dass Hannah auch weiterhin in meinem Leben präsent sein würde und, dass der neue Job, den ich mittlerweile angenommen hatte, neue Türen öffnen würde.

Aber weder die Tatsache, dass Mrs Clark und Hannah auch weiterhin ein Teil meines Lebens waren, noch die Möglichkeit, bei meiner neuen Stelle neue Erfahrung zu sammeln, half mir dabei das ungute Gefühl loszuwerden.

Als ich meinen neuen Arbeitsvertrag unterschrieb, hatte ich meine zukünftigen Kollegen kennengelernt. Neben dem Inhaber, der sowohl damals das Bewerbungsgespräch mit mir geführt hatte, als mir auch die Stelle anbot, arbeiteten noch zwei weitere Angestellte im Café. Es war kaum größer als der Laden von Mrs Clark, jedoch viel bunter und moderner. Die aktuellen Hits von Adele und co. drangen leise aus den Boxen und alles in allem machte es den Anschein, als wäre der Alterdurchschnitt der Kunden um eine Unendlichkeit geringer, als die Stammkundschaft von Mrs Clark.

Einer der Angestellten hatte sich die Haare in einem grellen Blau gefärbt und ich machte mir darüber Gedanken, ob ich mit meinem langweiligen Durchschnittsgesicht dort überhaupt einen Tag durchhalten würde.  Alles schien einfach viel schriller zu sein, schnelllebiger und einfach das komplette Gegenteil von meinem bisherigen Arbeitsplatz. Was mich dann letztendlich überzeugte, den Vertrag zu unterschreiben, waren die täglich wechselnden Kuchen, die die Angestellten jeden Tag selber in den frühen Morgenstunden zubereiteten. Etwas, was ich mir immer gewünscht hatte und der Grund dafür, dass ich die Ausbildung zur Konditorin gemacht hatte.

Ich wusste nicht, ob jemals jemand meine Euphorie dafür verstanden hatte. Meine Großmutter hatte sich immer gewünscht ich hätte studiert, meiner Mutter wäre es am liebsten gewesen, ich wäre in ihre Fußstapfen getreten. Doch das hatte ich nie gewollt. Für mich war es die reinste Entspannung stundenlang über neuen Rezepten zu hocken und immer wieder neue Sachen auszuprobieren.

Und nun stand ich da, wo mein Weg mich hingeführt hatte. In Mrs Clarks altem Café, meinem ersten Arbeitsplatz, an dem ich mich immer wohl gefühlt hatte. Der kleine Laden war bis auf die Theke völlig kahl. Die alten Möbel hatten ihre besten Jahren schon längst hinter sich und waren ohne Umschweife auf dem Sperrmüll gelandet. Einen der Tische hatte ich mir allerdings an Land gezogen. Er stand nun in meiner kleinen Küche, es brauchte nur ein bisschen Farbe und er würde sicherlich in neuem Glanz erstrahlen. Die vereinzelten Bilder und die altmodische Dekoration, hatte Mrs Clark bereits vor ein paar Tagen in Kisten verstaut und in ihre Wohnung verfrachtet. 

„Das macht mich traurig", hörte ich Hannah neben mir sagen. Langsam ließ ich meinen Blick ein letztes Mal durch das leere Café schweifen, bevor Mrs Clark uns hinaus begleitete und die Tür verriegelte. „Das ist das Ende einer Ära."

„Nun mal nicht gleich den Teufel an die Wand, Hannah", sagte Mrs Clark und tätschelte liebevoll ihre Wange. „Meine Tür steht immer für euch offen. Den ganzen Pfefferminztee werde ich wohl kaum allein trinken können."

Zuversichtlich hielt sie ihre Stofftasche hoch, in der sie noch vor wenigen Minuten die restlichen Teevorräte des Cafés verstaut hatte. Hannah zwang sich zu einem zaghaften Lächeln: "Was passiert nun? Haben die schon jemanden, der die Räume bald mietet?"

Mrs Clark drehte den Schlüssel im Schloss, ruckelte einmal an der Tür: "Ich denke, es wird erstmal für eine ganze Weile leer stehen. In dieser Straße hier ist doch nichts los."

Ihre schmalen Augenbrauen zogen sich zusammen und sie schaute sich so aufgebracht um, als könnte man meinen, sie würde die Gegend dafür verfluchen. Recht hätte sie damit alle male, denn hätten wir nicht so wunderbare Stammkunden gehabt, hätte sie das Café wahrscheinlich bereits vor einer Weile schließen müssen.

„Charlie, Schätzchen", hörte ich die alte Dame sagen, „Diese Falten auf der Stirn will ich nie wieder sehen. Die lassen dein hübsches Gesicht um mindestens zehn Jahre altern."

Damit verabschiedete sie sich, schob sich elegant ihre Handtasche auf die Schulter und verschwand winkend um die Ecke. In mir machte sich ein eigenartiges Gefühl breit. Die Gewissheit, dass ich morgen nicht wieder hier her kam, um Mrs Clark bei der Frühschicht zu helfen, ließ mich laut aufseufzen. Hannah warf mir einen fragenden Blick zu, den ich gekonnt ignorierte.

„Ich bin genau so traurig, wie du, Charlie", seufzte sie und legte ihren zierlichen Arm um meine Schulter. "Aber in nicht einmal mehr drei Wochen sind wir hier weg. Lassen uns die Sonne auf den Pelz brennen, können ausschlafen solange wir wollen. Das wird dir gut tun, vertrau mir. Und danach startest du einfach voll durch und haust an der neues Stelle einfach alle weg."

Augenrollend setzte ich mich in Gang und kramte in meiner Umhängetasche nach den Autoschlüsseln: „Du bist bescheuert, Hannah."

„Das bin ich nicht", empörte sie sich und tippelte hinter mir her. „Ich bin nur zuversichtlich. Sowohl was unser Abenteuer angeht, als auch deinen neuen Job. Ich habe mir den Laden gestern mal angeschaut. Der ist ja total klasse, Charlie. Das hast du mir gar nicht so erzählt. Hast du dir das Café eigentlich mal richtig angeguckt? Alles schreit danach..."

Kein Wunder, dass Hannah den Schuppen so toll fand. Sie stand auf schrille Dinge, Chartmusik und außergewöhnliche Locatios. Sie plapperte weiter und ich schaltete meine Ohren auf Durchzug. Mental machte ich mich schon mal darauf gefasst, dass Hannah dort jeden Tag auftauchen würde.

„Schon verstanden", winkte ich ab, „Ich hab den Jackpot geknackt."

„Genau das wollte ich damit sagen", erwiderte sie zufrieden. Mittlerweile waren wir zwei Straßen weiter bei meinem Auto angekommen. Wie selbstverständlich ließ sich Hannah auf den Beifahrersitz fallen und zog die Mütze vom Kopf, die ihre kurzen, verstrubbelten Haare zum Vorschein brachten. Ich nahm sie nach der Arbeit des öfteren mit und brachte sie nach Hause, jedenfalls, wenn wir die gleiche Schicht hatten.

Die Autofahrt über verlief schweigsam. Hannah starrte aus dem Fenster und ich konzentrierte mich auf die Straße. Immer wieder sah ich, dass die meisten Fenster hübsch mit Lichtern dekoriert waren. Hin und wieder zierten die verschiedensten Weihnachtsmänner die Vorgärten. Im Radio liefen die ersten Takte von Last Christmas und ich wechselte genervt den Sender. Es war einfach jedes Jahr der gleiche Mist.

„Willst du noch mitkommen?", fragte Hannah, als wir vor ihrer Wohnung zum Stehen kamen. „Ich habe noch 'ne Flasche Rotwein und eine ganze Packung Vanilleeis."

„Ich glaube, ich fahre einfach nach Hause und schmeiße mich ins Bett", erwiderte ich und lächelte sie an. Überschwänglich beugte sie sich zu mir und umarmte mich herzlich: „Ich freue mich so sehr auf unseren Urlaub. Und ich bin mir sicher, der wird dir auch gut tun."

Sie schnappte sich ihre Handtasche und knallte die Autotür hinter sich zu, bevor sie sich nochmal umdrehte, mir winkte und im Hausflur verschwand.

Für einen Moment schloss ich meine Augen und lehnte meinen Kopf gegen den Sitz. In nicht einmal mehr siebzehn Tagen ließ ich London hinter mir und machte mich auf den Weg ins Ungewisse.

Nicht nur Hannah schien seit Wochen außer Rand und Band deswegen zu sein, auch Niall schrieb mir zwischendurch zig Nachrichten und ließ mich wissen, wie viele Orte er zum Bungee-Jumpen heraus gesucht hatte. Auf meine Bedenken ging er gar nicht erst ein. Viel mehr ignorierte er meine Ablehnung und schickte mir daraufhin weitere Screenshots von einschüchternden Brücken und Felswänden.

Auch jetzt ertönte zum wiederholten Male der Nachrichtenton und ich wühlte in meiner Tasche nach meinem Handy. Wie das Schicksal es wollte, wurde mir eine Nachricht von Niall angezeigt.

Niall:
Dazu musst du einfach Ja sagen.

Unter der Nachricht wurde mir ein Bild angezeigt, das mich schlucken ließ. Nicht anders zu erwarten zeigte es eine Plattform in schwindelerregender Höhe, an der man sich in die Tiefe stürzen konnte, nur um wenige Sekunden in den Seilen einer überdimensionalen Schaukel zu hängen.

Charlie:
Du spinnst doch. Wo findest du diese ganzen Sachen eigentlich? Alles was ich spannendes gefunden habe, ist ein Gitarren Museum. Und nein, auch da werde ich nicht mit dir hingehen.

Wenn er dachte, er würde mich dazu bringen, nur einen Schritt an diese Orte zu setzten, hatte er sich geschnitten. Seine anderen Vorschläge waren bei weitem nicht so angsteinflößend. Bananenbootfahren schön und gut, aber Fallschirmspringen und Co. konnte er definitiv alleine machen.

Ed würde mir da sicherlich zustimmen, denn ich kannte niemanden, der größere Höhenangst hatte, als er. Schon auf dem London Eye vor ein paar Jahren, hatte er sich fast in die Hose gemacht und sich an meinen Ärmel gekrallt, als würde er jeden Moment abstürzen. Ihn würde es viel mehr reizen stundenlang im Schatten zu liegen, auf seiner Gitarre rumzuklimpern und die Ruhe zu genießen.

Mein Blick fiel auf meine Tasche und kurzerhand legte ich sie auf meinen Schoß und holte etwas heraus, dass ich seit dem Tag, an dem ich die Postkarten meines Dads gemeinsam mit Ed durchgelesen hatte, bei mir trug. Alle Karten hatte ich mir nicht durchgelesen, aus Angst ich würde mir zu viel zumuten und er sich somit noch mehr von mir entfernte.

Meine Finger strichen abermals über die verblasste Tinte der Karte. Es war die allererste. Eine große Eins stand in der oberen linken Ecke geschrieben.

Der Tag an dem er meine Mutter kennengelernt hatte.

Ich wusste nicht, warum es gerade diese Karte war, die ich mit mir rum trug. Vielleicht, weil seine Worte so liebevoll klangen, oder es lag daran, dass ich mit einem gewissen System an die Sache rangehen wollte.

Entschlossen machte ich die Handbremse los, legte die Karte behutsam auf den Beifahrersitz und fuhr los. Mein Weg trug mich geradewegs zu dem Ort, den mein Vater beschrieb. Ich kannte die ungefähre Strecke, parkte in der Nähe und dank der Technologie von heute konnte ich problemlos die Koordinaten eingeben, die mein Dad so penibel auf jede Karte geschrieben hatte.

Meine Hand umschloss fest die Karte in meiner Tasche, als mein Weg mich durch die diesigen Gassen führte. Ein kleiner Park lag vor mir und als ich näher kam, erkannte ich einen kleinen Weihnachtsmarkt mitten auf der Wiese. Es roch herrlich nach gebrannten Mandeln und Zimt. Einige Kinder jagten sich über die Grünfläche hinterher und die älteren standen gemeinsam an einer alten Hütte und schlürften Heißgetränke.

Und obwohl ich fast der Versuchung erlag, mir einen kandierten Apfel zu kaufen, ging ich schnurstracks weiter und kam kurz darauf am Ufer der Themse an. Mein Herz klopfte furchtbar schnell in meiner Brust und meine Hände fingen an zu schwitzen. Meine Füße trugen mich weiter voran, bis vom Getümmel im Park beinahe nichts mehr zu hören war. Fast schien es so, als würden die Geräusche vom Weihnachtsmarkt gänzlich von den umstehenden Bäumen verschluckt. Doch wenn man genauer hin hörte, konnte man vereinzelnd Menschen lachen hören. Am Ufer selbst war es menschenleer. Hin und wieder liefen Paare auf dem Gehweg entlang, hielten sich in den Armen.

Nur das Geländer trennte mich vom Gewässer. Das schwache Licht der Laternen schimmerte auf der seichten Wasseroberfläche. Es war idyllisch, ruhig, trotz den entfernen Gesprächen aus dem kleinen Park. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass ich mein Ziel erreicht hatte. Und dann passierte... nichts.

Absolut nichts regte sich in mir.

Meine Finger strichen immer wieder hilflos über die alte Postkarte. Selbst als ich sie rausholte und mir die Worte zum gefühlt tausendsten Mal druchlas, fühlte ich absolut nichts.

Seufzend schloss ich die Augen und zwang mich dazu, für einen Moment die Stille auf mich wirken zu lassen. Doch mit jeder Minute die verstrich, kam ich mir lächerlicher vor. Was hatte ich erwartet? Dass ich mich meinem Dad auf irgendeiner Weise damit näher fühlte? Dass es die Trauer in mir ein wenig linderte?

Nichts von all dem war der Fall und ich bereute es hier her gekommen zu sein. Ich lehnte mich an das Geländer und beäugte die Karte in meiner Hand. Es war nicht mehr als ein Stück Papier und obwohl ich mir so sehr gewünscht hatte, ich würde verstehen, warum er gerade mir die Postkarten hinterlassen hatte, kam ich mir dämlich vor. Ich konnte einfach nichts damit anfangen. Ich las sie mir immer wieder durch, ließ meinen Blick durch die Gegend schweifen, versuchte mir vorzustellen, wie mein Vater hier gewesen war.

Meine Hände waren eiskalt, die Tränen liefen nur so meine Wangen runter. Wut stieg in mir hoch und ich fragte mich, ob ich es einfach nicht genug versuchte. Ungehalten schniefte ich drauf los und presste die Karte schluchzend an meinen dicken Mantel. Es war erbärmlich, dass ich dort stand, während alle anderen sich über die Feiertage freuten und sich amüsierten.

Ich suchte nach so vielen Antworten, auf eine Frage, die ich selbst nicht kannte.

Mühevoll zog ich mein Handy aus der Tasche, als ich den Nachrichtenton vernahm. Ich wischte mir mit dem Ärmel unkoordiniert über das Gesicht. Vor lauter Tränen konnte ich sonst kaum etwas erkennen. Für einen Moment hielt ich inne, als ich die Worte las.

Niall:
Hör einfach auf zu suchen, Charlie.

Ein paar Sekunden musste ich darüber nachdenken, was er meinte, bis mir die letzte Nachricht in den Sinn kam. Doch für mich passte es auf meine jetzige Situation. Auch wenn er nicht wusste, was ich gerade tat und worüber ich mir den Kopf zerbrach, als ich seine Nachricht las, hörte ich plötzlich auf zu weinen und musste beinahe lachen.

Mein lächerlicher Emotionsausfall brachte mich dazu, die Karte zurück in die Tasche zu packen und den Heimweg anzutreten. Immerhin hatte es mir nicht viel gebracht, keine Erleuchtung, keine Erkenntnis.

Als ich das Auto am Straßenrand vor unserem Haus parkte, überkamen mich die Zweifel. Zweifel an der Reise, die wir bald antreten würden. Was würde mit mir passieren, wenn es mir fernab von Zuhause, genau so ergehen würde wie heute? Für die anderen drei wäre es keine große Sache. Sie nutzen das als Gelegenheit für eine Weile von hier zu verschwinden. Doch für mich steckte so viel mehr dahinter.

Gedankenverloren stapfte ich durch den Vorgarten. Mein Blick streifte das Ruderboot, das noch immer unter der Weide stand. Mittlerweile hatte sich meine Mutter damit abgefunden, hatte dem alten Teil sogar einen neuen Anstrich verpasst und es ringsum mit Tontöpfen dekoriert. Keine Ahnung was in sie gefahren war, aber da ich nicht davon ausging, dass Niall dieses wuchtige Etwas jemals abholen würde, oder gar eine Verwendung dafür hatte, ließ ich sie einfach machen.

Ich schloss die Tür hinter mir, als ich in meiner Wohnung angekam, schüttelte umständlich die Schuhe von den Knöcheln und warf meinen Schlüssel achtlos auf die kleine Kommode. Als ich die Knöpfe meines Mantels öffnen wollte, spürte ich zwei Hände an meinem Oberarm.

Erschrocken entwich mir ein Quietschen und ich stieß mich voller Wucht meinen Ellenbogen in die Dunkelheit. Mein Herz raste unkontrolliert, als ich den Widerstand merkte und plötzlich hörte ich mir eine allzu bekannte Stimme vor Schmerz aufstöhnen.

„Hast du sie noch alle?", warf ich in den Raum und drückte den Lichtschalter. Ich drehte mich um und sah Ed, der die Arme vor dem Bauch hielt und mit schmerzverzerrtem Gesicht vor sich hin keuchte. „Ich hatte fast einen Herzinfarkt."

„Schön dich zu sehen", brachte er mühevoll heraus. Der Sarkasmus in seiner Stimme war kaum zu überhören.

Mein Puls beruhigte sich langsam wieder und ich starrte ihn an: „Was machst du hier? Und wie bist du hier rein gekommen?"

Kurz blickte ich mich um, außer dem Licht, das ich angemacht hatte, war es stockdunkel. Im oberen Geschoss war ebenfalls niemand Zuhause. Mason und Amy verbrachten die Feiertage mit unseren Großeltern in Schottland und meine Mum würde vor lauter Papierkram die Galerie nicht mehr verlassen. Jedenfalls nicht in den nächsten paar Tagen. Einzig und allein zum Frühstück war sie da und zwängte sich mit Mühe und Not einen Kaffee rein.

„Ich dachte, ich überrasche dich, weil ich nicht wollte, dass du über Weihnachten allein bist." Immer noch krümmte er sich und streichelte sich mitleidig den Bauch.

„Du bleibst ein paar Tage?"

„Nur, wenn du mich nicht nochmal verprügelst", erwiderte er grinsend. Stöhnend streckte er sich und kniff die Augen zusammen. Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit, dass er seine Feiertage mit mir verbrachte.

„Verbringst du Weihnachten nicht mit deiner Familie?", fragte ich verwundert und hing meinen Mantel an den Haken hinter der Tür.

„Ich werde am ersten Feiertag vorbei schauen. Aber ich dachte, wir könnten in alten Erinnerungen schwelgen und uns mit Pizza vollstopfen. Ich hab einiges nachzuholen."

Überschwänglich legte ich meine Arme um seinen Hals und drückte meinen besten Freund fest an mich. Ed erwiderte meine Umarmung und legte seine Hände auf meinen Rücken, bevor er mich eine Armlänge von sich entfernt hielt und mich musterte: „Hast du geweint?"

Ich zuckte mit den Schultern, trat an ihm vorbei und machte das Licht im Wohnzimmer an. Zu meiner Begeisterung stellte ich fest, dass sowohl Eds Rucksack auf meinem Sofa lag, als auch seine Gitarre. Er fühlte sich wie Zuhause, eine Eigenschaft, die ich an ihm immer sehr geschätzt hatte. Nicht nur, dass er sich wohl fühlte, es färbte auch auf mich ab und ich fühlte mich mit einem Mal viel besser, als noch vor einigen Minuten.

Ed ließ sich neben mir auf das Sofa fallen und ließ einfach nicht locker. Er sah mit mitleidig an, bis ich ihm von meinem Tag erzählte und er mir stumm zuhörte. Wortlos legte er einen Arm um mich. Er sagte nichts, er war einfach für mich da. Und es brauchte keine Worte, denn ich wusste, dass er mich verstand.

Und ich hatte recht. Es fühlte sich an wie früher, wenn wir die Wochenenden an uns vorbei zogen ließen. Nur Ed und ich.

„Du hast mir immer noch nicht gesagt, wie du hier rein gekommen bist", sagte ich in einer stillen Minute.

Ed kräuselte die Lippen: „Ich bin ganz Mission Impossible-like durch den Schornstein gekommen." Unbeeindruckt schaute ich ihn an, bis er mir eine Erklärung gab: „Das Versteck für den Zweitschlüssel unter den Kieseln, ist immer noch ein grauenhaftes Versteck. Das habe ich euch schon vor Jahren gesagt."

Wir bestellten Pizza, zappten durch die Programme. Irgendwann klimperte er auf seiner Gitarre herum. Und obwohl ich nie viel damit am Hut hatte, lehnte ich mich zurück und lauschte ihm gespannt.

Der Tag steckte mir förmlich in den Knochen, meine Augen brannten und trotzdem war ich in diesem Moment glücklich. So lange hatte ich gehofft, es würde ein bisschen so sein wie früher. Und jetzt war er hier und ich hatte ihn für mich ganz allein. Ich musste ihn nicht mit der Welt teilen, er war für mich da.

Das erste mal, nach einer Ewigkeit war es so vertraut, wie früher und mir wurde schlagartig wieder bewusst, warum ich Ed nie böse sein konnte.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro