Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

13 » Der Tag danach

C H A R L I E

London, September 2015

»«

Am nächsten Tag wurde ich durch Masons Getrampel im Wohnzimmer über mir geweckt. Jedenfalls ging ich davon aus, dass es Mason war, denn Amy war nicht im Haus und Mum war wahrscheinlich schon hektisch zur Arbeit aufgebrochen. Einen Moment musste ich tatsächlich darüber nachdenken, wie genau ich gestern nach Hause gekommen war, denn Niall hatte es nicht dabei belassen nur eine Runde zu schmeißen. Als die Sonne am heutigen Tag schon beinahe am Himmel zu sehen war, war nicht nur jeder ordentlich angetrunken gewesen, nein, ganz so wie Tom es voraus gesehen hatte, hatte der Ire jetzt Freunde für's Leben. Vor allem Big Fred war sehr von ihm angetan und hatte uns sogar ganz liebevoll nach Hause begleitet.

Das lag nicht nur allein daran, dass Niall großzügig Runde für Runde ausgegeben hatte, sondern vor allem daran, dass Ed ohne Hilfe nicht mal mehr gerade stehen konnte. Fred war sofort hilfsbereit vom Stuhl aufgesprungen und hatte sich den Rotschopf unter den Arm geklemmt. Niall und ich wären Ed sicherlich keine große Hilfe gewesen, denn auch wir hatten ordentlich zugegriffen. Auf dem Rückweg zu mir nach Hause brachen der Blonde und ich in unkontrolliertes Gelächter aus. Irgendwann hatte ich so laut losgebrüllt, dass in einem Vorgarten die Lichter angingen und Niall mich erschrocken am Ärmel mit sich zog und wir kichernd in Mrs Wellingtons Lorbeerbusch landeten.

Die Quittung für den Abend kam prompt am nächsten Tag. Nicht nur, dass die Schritte von oben ohrenbetäubend laut zu sein schienen, irgendwas bohrte sich schmerzhaft in meinen Rücken. Stöhnend rollte ich mich auf die andere Seite, um festzustellen, dass Niall zufrieden vor sich hin schlummerte und seine Füße mir verdächtig nah gekommen waren. Mir kam in den Sinn, dass weder Niall, noch ich zum Ende des Abends ansatzweise müde gewesen waren. Kurzerhand hatten wir Ed in mein Bett verfrachtet und uns auf die mickrigen Vorräte in meinem Kühlschrank und den Küchenschränken gestürzt.

Vollgepackt mit ungesundem Kram hatten wir uns auf mein Sofa geschmissen und im Fernsehen durch die Kanäle gewuselt, bis wir bei ein paar Cartoons stehen geblieben waren. Irgendwann sind uns dann wohl die Augen zugefallen, denn wir beide lagen nun verkrampft auf dem Sofa und der Fernseher lief noch. Niall hatte es anscheinend nicht mal mehr geschafft die Chipstüte auf den Tisch zu legen, denn das Plastik klebte förmlich an seiner nackten Haut am Oberarm und die Krümel waren über sein ganzes Shirt verteilt. Mein Gürtel drückte sich in meine Haut und ich setzte mich gähnend auf. In meinem Kopf drehte sich alles und ich bildete mir ein, ich könnte meinen Puls laut in meinem Schädel vor sich hin pochen hören.

Stumm betrachtete ich Niall und musste fast anfangen zu lachen. Einen Arm hatte er in den Nacken gelegt, der andere hing schlapp vom Sofa. Mit leicht geöffnetem Mund atmete er vor sich hin. Schnell tastete ich nach meinem Handy, welches ich auf dem Tisch erspähte und machte ein Bild von ihm. Ein lustiger Anblick war es alle Male und man wusste ja nie, wofür man so ein Bild mal gebrauchen könnte. Als ich mich dazu entschied aufzustehen und wenigstens die unbequeme Jeans gegen eine Jogginghose zu tauschen, riss ich mit meinem Arm das Glas Cola auf dem Tisch um.

Erschrocken fuhr Niall hoch und verteilte die Chipskrümel auf dem gesamten Sofa: „Wie spät ist es?"

„Kurz vor zwei. Warum, musst du weg?", fragte ich irritiert und versuchte hektisch die Cola davon abzuhalten, am Tisch runter zu tropfen.

„Nein, ich hab mich nur gewundert", entgegnete er und hielt sich die Hand an seine Stirn. Sein schmerzverzerrtes Gesicht gab mir den Anlass zu glauben, dass nicht nur ich einen Kater hatte, sondern auch er. „Ich hab nicht geschnarcht, oder?"

Eilig hastete ich in die Küche um ein Trockentuch zu holen, bevor ich ihm antwortete: „Nicht dass ich wüsste. Ich bin verwundert, dass du nicht an den Krümeln erstickt bist."

„Wenigstens rede ich nicht im Schlaf", murmelte er vor sich hin und ich schaute ihn empört an: „Tu' ich auch nicht."

Ein verschmitztes Grinsen erschien auf seinen Lippen und er stand vom Sofa auf, um sich das zerknitterte Hemd glatt zu streichen. Anschließend half er mir die Überschwemmung auf dem Tisch trocken zu legen. „Was macht unser Dornröschen?"

„Ich weiß nicht, habe noch nicht nachgeguckt, bin ja nicht lebensmüde. Wenn ich ihn aus Versehen wecke, ist das mein Ende", erwiderte ich nüchtern und entlockte Niall ein Lachen.

Die Chipskrümel von meinem hellen Sofa wieder weg zu kriegen war eine echte Herausforderung. Nicht nur, dass vereinzelnd kleine Fettflecken zurück blieben, ich hatte das Gefühl ich konnte so oft ich wollte über den Stoff streichen. Die kleinen Krümel hielten sich einfach hartnäckig fest und machten es mir unmöglich. Während ich fluchend mit einem Lappen versuchte mein Sofa zu retten, stopfte Niall den restlichen Müll in eine Tüte: „Du machst echt einen Stress am Morgen. Können wir nicht erstmal was frühstücken?"

„Es ist zwei Uhr", fuhr ich ihn an. „Weißt du eigentlich wie viel Kohle ich für dieses Sofa hingeblättert habe?"

Stirnrunzelnd richtete sich der Blonde auf: „Es ist doch nichts passiert. Wenn es dich beruhigt, bezahle ich die Reinigung, okay?"

Sein Angebot klang verlockend, aber ich war nicht die Sorte Mensch die sich darauf einließ, nur weil ein hungriger Popstar mich hetzte. Ich war auf seine Almosen nicht angewiesen, auch wenn es in gewisser Weise seine Schuld war, dass mein Sofa so aussah, wie es eben aussah. Kopfschüttelnd versuchte ich zu retten was noch zu retten war und machte mich anschließend, zusammen mit Niall im Schlepptau, auf den Weg in die Küche um etwas essbares zu finden.

Mein Kühlschrank wies allerdings gähnende Leere auf, ich hatte nicht einmal mehr Milch und ich schlug die Tür frustriert wieder zu: „Sieht so aus, als müssten wir hungern. Es sei denn wir vergreifen uns oben an Masons Lieblingscornflakes, aber das käme dem gleich, was passieren würde, wenn ich Ed aufwecke."

„Mit der halben Portion komm ich schon klar. Besser als den Drachen zu wecken", erwiderte Niall trocken und kratzte sich grübelnd am Kinn. „Ich kauf ihm heute noch 'ne neue Packung. Versprochen. Aber wenn ich jetzt nichts esse und mir vorher 'ne Kopfschmerztablette rein schmeiße, sterbe ich und du willst mich doch nicht auf dem Gewissen haben, oder Charlie?"

Mit einem engelsgleichen Lächeln schaute er mich erwartend an, bevor er weiter jammerte und seine Schauspielkünste zum Besten gab: „Stell dir vor du holst morgen die 'Sun' aus dem Briefkasten und-"

„Die haben wir gar nicht abonniert", unterbrach ich ihn und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Darum geht's nicht", sagte er und schnippte mit seiner linken Hand vor meiner Nase rum. "Stell dir vor sie liegt vor dir und auf der Titelseite steht in dicken Buchstaben 'Niall Horan; elendig verhungert'", fuhr er fort und machte dabei ein paar wirsche Handbewegungen. „Und darunter steht: 'Junge Frau bestraft Popsternchen dafür, dass er ihr Sofa-"

„Schon gut", unterbrach ich ihn erneut. Geschlagen ließ ich meinen Kopf sinken und zeigte auf die Treppe nach oben. Ein breites Grinsen erschien auf seinen Lippen und er schob mich förmlich die Stufen hoch. Immer wieder piekste er mich mit seinen Fingern kichernd in die Seite.

In der Küche angekommen blieb ich wie angewurzelt im Türrahmen stehen, als ich feststellte, dass Amy bereits Zuhause war und sich über Masons Lucky Charms Vorräte her gemacht hatte. Als sie uns sah, ließ sie geräuschvoll den Löffel aus ihrer Hand fallen und starrte in unsere Richtung.

„Du solltest dich langsam an mich gewöhnen, ich komme jetzt öfter", verkündete Niall trocken und ließ sich neben Amy auf einen der Stühle fallen.

„Was? Warum?", fragte meine kleine Schwester perplex und hatte alle Mühe sich wieder der Schüssel vor ihr zu widmen.

"Ihr habt Lucky Charms und Charlies Sofa ist wirklich bequem." Niall zuckte mit den Schultern und lächelte meine Schwester an. Während Amy ihn ungläubig anstarrte und wieder einmal den Anschein machte den Verstand zu verlieren, holte ich zwei Schüsseln aus dem Schrank und füllte eine große Portion Cornflakes in beide. Nachdem ich die Schüsseln mit Milch gefüllt hatte, kam Niall schnellen Schrittes auf mich zu und nahm eine der Schalen dankbar entgegen.

Angelehnt an der Küchenzeile genossen wir unser armseliges Frühstück. Niall schien es nicht zu stören, denn er schaufelte die Cornflakes gierig in sich hinein und füllte seine Schüssel ein zweites Mal auf, während ich noch mit der ersten kämpfte.

Stumm beobachtete ich meine Schwester dabei, wie sie immer wieder verstohlen zu uns rüber schaute, ungläubig den Kopf schüttelte und lustlos in ihrer Schüssel rumstocherte. Beim genaueren Betrachten fiel mir auf, dass sie eine von Masons Mützen trug und sie immer wieder daran zuppelte. Normalerweise trug sie nie Kopfbedeckungen, viel zu stolz war sie auf ihre langen blonden Haare. Da würde eine Mütze nur ihre Frisur ruinieren. Besonders kalt war es auch nicht, doch bevor ich sie danach fragen konnte, fiel die Haustür ins Schloss.

Beinahe stampfend stürmte meine Mutter in die Küche und pfefferte ihre klobige Handtasche auf den Esstisch. Amy erschrak und schaute sie mit großen Augen an. Gerade wollte sie ansetzten etwas zu sagen, da hob meine Mutter die Hand: „Fragt einfach nicht. Ich brauche jetzt eine Kanne Kaffee und meine Ruhe."

Niall schien sie gar nicht zu bemerken, erst als sie im Schrank nach den Kaffeefiltern tastete, fiel ihr Blick auf den Blondschopf. Höflich stellte er daraufhin seine Schüssel auf die Anrichte, reichte ihr seine Hand und stellte sich vor. Einen Augenblick lang schien sie zu überlegen, denn sie musterte ihn eindringlich und man sah beinahe die Rauchwolken, die aus ihrem Kopf stiegen: „Irgendwie kommst du mir bekannt vor."

„Das ist Niall von meiner Lieblingsband, Mum", verkündete Amy und verdrehte die Augen. Verwirrt ließ meine Mutter die Hand sinken und betrachtete ihn. Mir war es schon fast peinlich, wie sie jeden Zentimeter seines Gesichtes zu untersuchen schien. Selbst Niall schaute mich fragend an.

„Der von den Postern. Genau. Daher kenne ich dein Gesicht", leuchtete es meiner Mutter ein. Groß zu interessieren schien es sie allerdings nicht. Sie stellte lediglich die Frage, was er hier machte und ich klärte sie dahingehend auf. Niall widmete sich wieder seinen Lucky Charms und folgte dem Gespräch.

Nachdem das geklärt war, schnappte sie sich ihre Handtasche und die Kaffekanne und machte sich auf den Weg ins Arbeitszimmer. Bevor sie allerdings verschwand, drehte sie sich im Türrahmen nochmal zu uns um und wandte sich an mich: „Ich weiß ja nicht, was ihr in meiner Abwesenheit getrieben habt, aber ich wäre dir sehr dankbar, wenn dieses schreckliche Ruderboot so bald wie möglich aus unserem Vorgarten verschwinden würde, Charlie."

Mit diesen Worten ließ sie uns stehen. Niall und ich warfen uns einen verwirrten Blick zu und es dauerte keine fünf Sekunden, da stürmten wir, immer noch mit den Schüsseln voller Cornflakes in den Händen, aus der Haustür und blieben wie versteinert auf dem Treppenabsatz stehen.

Im Vorgarten stand tatsächlich ein in die Jahre gekommenes Ruderboot. Einsam stand es auf dem Rasen und versperrte den halben Gehweg. Hinter uns stand die Haustür sperrangelweit offen und ich hörte Amy stöhnend die Stufen ins obere Geschoss hoch laufen.

„Was macht das Boot in unserem Vorgarten?", stellte ich die Frage, die ich eher an mich selbst stellte. Neben mir brach Niall in Gelächter aus und hielt konzentriert die Schüssel in den Händen.

„Vielleicht hätte ich ausdrücklich sagen sollen, dass ich kein Boot als Trostpreis gebrauchen kann. Ich wette Big Fred und seine Kumpanen waren so nett", erwiderte er lachend und stellte seine Schüssel auf den Treppenabsatz. Eingehend inspizierte er das wuchtige Teil, das auf der Grünfläche stand. „Ist doch gar nicht mal so schlecht. Wer kriegt schon ein Ruderboot für Lau?"

„Für Lau?", warf ich ein und stellte meine Schüssel neben Nialls. „Du hast deine Uhr verspielt und Toms halben Getränkevorrat aufgekauft."

Er zuckte lässig mit den Schultern und klopfte auf das alte Holz: „Sieht zwar etwas mitgenommen aus, aber ist doch noch ganz in Ordnung ."

„Lass uns das Ding erstmal unter die Weide stellen. Nachher muss ich mir noch doofe Fragen von unseren Nachbarn anhören", schlug ich vor und umklammerte das Boot mit beiden Händen. Niall packte wie selbstverständlich mit an und zusammen wuchteten wir das schwere Holzboot unter die Weide meines Vaters. Da das Teil viel zu schwer war, um es zu tragen, litt der Rasen darunter, dass wir es einfach unter die Weide schoben, anstatt es hochzuheben. Meine Mutter würde mir wahrscheinlich den Kopf abreißen.

Grinsend klopfte sich Niall den imaginären Dreck von der Hose, ging schnellen Schrittes unter der Weide weg und kam wenig später mit unseren Schüsseln in der Hand zu mir zurück.

„Was hast du vor?", fragte ich ihn irritiert und nahm meine Schüssel entgegen. Immer noch grinsend stieg er in das dunkle Ruderboot, streckte die Beine aus und machte es sich bequem. Seine Cornflakes ruhten auf seinem Bauch und er rutschte hin und her bis er die richtige Position gefunden hatte: „Wenn du jetzt schon ein Ruderboot besitzt, dann müssen wir das voll auskosten. Hast du schon mal so gefrühstückt?"

„Das ist dein Trostpreis, nicht meiner. Wenn das Teil heute Abend nicht aus dem Vorgarten verschwunden ist, kann ich gleich meine Koffer packen. Du hast doch gesehen, wie meine Mutter reagiert hat", erwiderte ich und starrte anschließend auf die mittlerweile aufgeweichten Cornflakes in der Porzellanschale.

„Jetzt komm schon, Charlie. Wie soll ich das Teil denn hier weg kriegen? In mein Auto passt das jedenfalls nicht. Ihr habt doch einen Garten, oder? Da stört's doch niemanden."

Einige Sekunden später gab ich mich geschlagen und fand mich schon mal damit ab, dass unseren Garten von nun an ein altes Ruderboot zierte. Seufzend stieg ich zu Niall ins Boot und tat es ihm gleich.

Nun saß ich neben einem zufrieden Niall in einem Ruderboot unter der alten Weide meines Vaters und stopfte Cornflakes in mich hinein. Es klang so absurd, dass ich plötzlich los lachen musste und ich damit die Milch in meiner Schüssel fast zum Überschwappen brachte.

„Was ist?", fragte Niall verwirrt und musterte mich von der Seite. Als sich mein Lachen gelegt hatte, musste ich noch immer schmunzeln: „Ich kann mich nicht daran erinnern. jemals so etwas gemacht zu haben."

„Was meinst du? In einem Ruderboot zu frühstücken?", fragte Niall grinsend und schob sich einen weiteren Löffel in den Mund.

„Ja", gab ich ehrlich zu, „Ich meine, für dich ist das bestimmt alltäglich."

Nun war Niall für einen Moment still und ließ seinen Löffel in die Schale sinken: „Du bist überhaupt nicht spontan, oder? Aber nein, das ist auch das erste Mal, dass ich in einem Ruderboot frühstücke, falls du dich fragst."

„Ist dir das nicht zu langweilig?", fragte ich ihn. Zum ersten Mal viel mir sein Grübchen am Kinn auf, das sich ganz deutlich abzeichnete, wenn er grinste.

„Nein", antworte er ehrlich. „Ehrlich gesagt genieße ich es sehr solche normalen Dinge zu machen. Das fehlt mir. Genau so wie seinen Sonntag in einem schnöden Vorort zu vertrödeln", sagte er und zwinkerte.

Lächelnd widmete ich mich wieder meinen Cornflakes und schob mir die letzten aufgeweichten Weizenteile in den Mund. Zugegeben war es wirklich schön hier zu sitzen. Das Wetter spielte ausnahmsweise mit und die Sonne glitzerte hin und wieder durch die dicht bewachsenen Äste. Nicht mehr lange und der prächtige Baum verlor seine Blätter. Mein Dad hatte immer furchtbar geflucht und Stunden damit verbracht mit dem Laubbläser die Blätter aus dem Vorgarten zu entfernen. Manchmal haben sich Nathan und ich in den großen Laubhaufen versteckt und uns so vor den Hausaufgaben gedrückt. Einmal sogar hatte unsere Mutter uns eine ganze Stunde suchen und wir uns das Lachen verkneifen müssen. Mum fand noch eine Woche später vereinzelt Blätter im Haus.

„Kommen wir nun zu unserem Abkommen", unterbrach Niall die Stille und riss mich aus meinen Gedanken. Er nahm mir die mittlerweile leere Schüssel aus der Hand und platzierte sie gemeinsam mit seiner auf die Wiese. „Wann geht's los und wo sollen wir hin?"

Irritiert schaute ich ihn an und konnte mir keinen Reim darauf machen: „Wovon redest du?"

„Man Charlie", seufzte er genervt, „Du weißt genau wovon ich rede. Du hast gestern beim Erdnuss-Match verloren und jetzt musst du deine Wettschulden einlösen."

Ganz langsam fiel bei mir der Groschen und ich erinnerte mich an den gestrigen Abend zurück. Als ich verloren hatte und Niall mich zwang, mich auf der Tanzfläche zum Vollpfosten zu machen, war er für die Idee zu verreisen Feuer und Flamme. Er hatte genügend Argumente um mir die Sache mit den Postkarten schmackhaft zu machen. Öfter als mit lieb war nahm er das Wort 'Abenteuer' in den Mund und stupste mich immer wieder freudestrahlend an. Für ihn stand die Sache felsenfest und auch ich fand mich langsam damit ab.

Ganz vielleicht fühlte ich mich meinem Vater dadurch ein wenig näher. Vielleicht linderte es den Schmerz, den ich nun so lange versucht hatte zu ignorieren.

Nialls Überredenskünste waren wirklich überzeugend. Er erzählte mir von seinem letzten Fallschirmsprung in Sydney und ignorierte meine Aussage, dass ich sowas niemals machen würde. Er berichtete von Restaurants und Lokalen, kleinen Laden und Basaren, die eher mein Interesse weckten.

Seufzend stieg ich aus dem Boot und ließ ihn zurück. Meine Schritte trugen mich die Steintreppen, hinter der Weide, runter und ich ging durch die Terrassentür in mein Wohnzimmer. Gut versteckt hinter zahlreichen Büchern angelte ich nach der Kiste meines Vaters und ging schnurstracks wieder zu Niall zurück.

Als er die kleine Kiste in meinen Händen sah, war seine Euphorie kaum mehr zu bremsen. Ich setzte mich wieder zu ihm und stellte ihm die Kiste auf den Schoß. Mit großen Augen strich er über den Deckel und schaute mich dann an: „Darf ich?"

Als ich nickte erschien ein riesen Lächeln auf seinen Lippen und er öffnete behutsam den Deckel.

Keine zehn Minuten später hatte er sich sämtliche Karten durchgelesen und staunte nicht schlecht, als er sah, mit wie viel Liebe mein Vater die Postkarten beschriftet hatte. Erst beim zweiten mal lesen vor ein paar Tagen war mir aufgefallen, dass er jede einzelne Karte nicht nur mit Koordinaten und einem Datum versehen hatte, sondern dass er auch jede von ihnen penibel mit einer Zahl beschriftet hatte.

Wenn ich mir nun die Karten durch las, lagen mir die Worte meines Dads schwer im Magen. Vorsichtig strich ich mit dem Daumen über die verblasste Tinte. Während Niall die Freude förmlich auf der Stirn geschrieben stand, musste ich heftig schlucken, um den dicken Kloß in meinem Hals loszuwerden.

„Das ist das Coolste, was ich seit langem gesehen habe", sagte er und holte die nächste Karte aus der Pappkiste. „Wie sollen wir nur entscheiden, wohin es uns verschlägt?"

Fragend hob ich die Schultern und schaute auf die Karte, die er nun in der Hand hatte. Sie war garantiert eine der ältesten aus der Kiste. Die Ecken waren zig mal geknickt worden und das Datum war kaum zu erkennen. Die vergilbte Karte zierte eine bunte Briefmarke.

„Die ist aus Island", bemerkte Niall freudig und schob die Karte zurück in die Kiste. „Gibt es einen Ort an dem er noch nicht war? Das ist ja der Wahnsinn."

Meine grauen Gehirnzellen erinnerten sich nur schwer an die Worte meines Vaters. So weit ich wusste, wollte er immer den Grand Canyon sehen, bevor er krank wurde. Wenn ich mich recht erinnerte, dann war das immer sein Traum gewesen. Leider hatte er ihn nie in Erfüllung bringen können.

Als mein Handy in der Hosentasche vibrierte und die Nachricht meines besten Freundes sah, prustete ich ungehalten drauf los.

Ed:
Wo bin ich? Warum ist es so dunkel? Wie lange hab ich geschlafen?

Niall interessierte das herzlich wenig. Er war anscheinend voll in seinem Element und las sich aufmerksam die Karten durch.

Charlie:
Du liegst in meinem Bett, Ed. Es ist kurz vor vier. Niall und ich sind im Vorgarten, falls du uns suchst.

Daraufhin kam keine Antwort mehr und ich legte das Handy neben mir auf das Holz.

Niall schien gar kein Ende zu finden. Immer wieder las er sich die Worte meines Dads durch und tippte zwischendurch eifrig auf seinem Handy rum. Als ich ihn fragte was genau er dort eigentlich tat, erklärte er mir, dass er sich ein paar Notizen machte: „Das muss gut überlegt sein. Nicht, dass wir uns falsch entscheiden."

An einer Karte aus Italien blieb er hängen und lächelte, als er sie durch las. Ich mochte es wenn er lächelte, auf irgendeine Art hatte das etwas Friedliches.

„So eine Scheiße", schallte es zu uns. Niall und ich drehten uns gleichzeitig zu den Steintreppen um und sahen kurz darauf Ed, der energisch die Stufen hoch trampelte. Hektisch zog er seine Jacke an, seine Haare standen kreuz und quer von seinem Kopf ab und auch er sah aus, als hätte er den Kater seines Lebens. „In einer Stunde geht mein scheiß Flug nach Toronto. Stuart bringt mich um, wenn ich den verpasse. Kann mich jemand zum Flughafen bringen?"

Niall sträubte sich dagegen und wollte die Kiste gar nicht mehr hergeben. Er schien wirklich fasziniert zu sein, bis Ed ihn anflehte und er sich stöhnend aus dem Boot erhob. Eds verwirrte Blicke bezüglich des Bootes blieben nicht ungesehen und so versprach Niall, ihn aufzuklären, wenn sie auf dem Weg zum Flughafen waren. Fünf Minuten später standen die beiden startklar im Vorgarten und verabschiedeten sich von mir. Winkend machten sie sich auf den Weg zu Nialls Auto, das noch immer zwei Straßen weiter vor der Kneipe meines Vaters geparkt war.

Auch ich machte mich auf den Weg ins Haus, hob die Schüsseln vom Gras auf und überlegte mir schon mal, wie ich ohne Nialls Hilfe dieses Ruderboot in den Garten bugsieren sollte.

In der Küche angekommen ließ beinahe die Schüsseln fallen. Vor mir saß Amy am Tisch und hatte den Kopf auf die Tischplatte gelegt.

„Was hast du getan?", platzte aus mir heraus und ich setzte mich geschockt neben sie auf den Stuhl. Die Mütze lag vor ihr auf dem Tisch, ihre Haare waren strubbelig und ich konnte einige abgeschnittene Strähnen erkennen. Sie waren an einigen Stellen so kurz, dass sie bis knapp unter ihren Ohren reichten.

„Mum bringt mich um, wenn sie das sieht", sagte sie und ignorierte meine Frage. Stumm nahm ich sie in den Arm, bevor ich meine Frage wiederholte und sie sich endlich dazu durch rang, mir zu antworten: „Das war jemand aus meiner Klasse."

Irritiert schaute ich sie an. Musste man ihr wirklich jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen? Wenn ich denjenigen erwischte, konnte er sich auf was gefasst machen. So viel stand fest.

„Jetzt sag schon was passiert ist", forderte ich sie auf.

„Versprich mir, dass du Mum nichts davon sage, was sich dir erzähle", sagte sie und schaute mich bittend an. Als ich nickte fuhr sie fort: „Lauren heißt eigentlich Lucas."

Perplex schaute ich sie erst an und dann, ganz plötzlich, ging mir ein Licht auf. Irgendwas kam mir an der Sache sowieso spanisch vor. Kein Wunder, dass wir Lauren, beziehungsweise Lucas, nie zu Gesicht bekommen hatten.

„Warum hast du mir nichts erzählt?", fragte ich meine kleine Schwester grinsend und legte einen Arm um ihre Schulter.

„Du bist nicht sauer? Ich schwöre seine Eltern wussten Bescheid und dass ich immer nur im Gästezimmer übernachtet habe. Das musst du mir glauben, Charlie."

Das hatten wir zumindest geklärt und ich musste ihr in einem Recht geben. Mum hätte sie wahrscheinlich wirklich einen Kopf kürzer gemacht, hätte sie davon erfahren. Aber ich war nicht Amys Mutter, sondern ihre Schwester. Und bevor ich ihr Vorwürfe machte und sie mir überhaupt nichts mehr erzählte, war es mir wichtig ihr zuzuhören und Verständnis zu zeigen. Ich wusste nicht, was ich gemacht hätte, hätte ich mit Vierzehn meinen ersten Freund gehabt. Mum war was das anging sowieso immer übervorsichtig.

„Ich bin sauer, dass du es mir nicht erzählt hast. Das ist alles", erwiderte ich.

„Irgendwie war mir das peinlich", seufzte sie und ließ den Kopf hängen.

„Und was hat Lucas mit deinen Haaren zutun?", sprach ich die Frage aus und schaute Amy neugierig an. Sie erzählte mir, dass Lucas Schwester, die tatsächlich Lauren hieß und in ihre Klasse ging, ein paar Freundinnen zu Besuch über Nacht da gehabt hatte und eine von ihnen es wohl witzig fand, meiner Schwester im Schlaf eine neue Frisur zu verpassen.

Geistesgegenwärtig schnappte ich mir meine Schwester und die Autoschlüssel und setzte mich hinters Steuer. Es gab nur eine Person die uns helfen konnte und schon kurze Zeit später bogen wir in die Straße ein, in der Hannah wohnte. Unterwegs berichtete mir Amy von ihrem Lucas, der eine Stufe über ihr war.

Amy warnte Hannah von meinem Handy aus per Nachricht vor und schon wenig später kamen wir vor ihrem Wohnblock zum Stehen. Ich war einige Male hier gewesen, keine besonders schöne Gegend, aber für eine Studentin genau das Richtige. Gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel und die Miete war erschwinglich. In der Wohnung selber herrschte riesiges Chaos, aber das war ich von Hannah gewohnt. An Eds Chaos kam das allerdings bei weitem nicht ran.

Eine halbe Stunde und eine Kanne Tee später, machte Hannah sich an Amys Haaren zu schaffen. Ich war in solchen Sachen völlig untalentiert, doch Hannah schien alles im Griff zu haben. Mit Leichtigkeit versuchte sie das Desaster zu retten.

„Wie war es eigentlich mit dem schmierigen Barkeeper gestern?", fragte ich meine beste Freundin und reichte ihr die Tasse Tee.

„Hör bloß auf", stöhnte sie, „Der wollte heute Morgen gar nicht mehr gehen. Hat irgendwas davon gefaselt, dass es schön wäre, wenn wir noch zusammen frühstücken würden. Dabei wollte ich doch nur ein bisschen-"

„Wir wissen alle, was du meinst, Hannah. Ist nicht nötig, dass du uns die Details erklärst", unterbrach ich sie. Auf dem Stuhl vor Hannah kicherte Amy vor sich hin.

„Ist ja auch egal. Jedenfalls kann ich in Zukunft wirklich darauf verzichten", führte sie ihren Bericht zu ende. „Wie war euer Abend gestern?"

„Gut", sagte ich schlicht. „Sag mal, würdest du immer noch gerne mitkommen wollen?"

Hannah verstand sofort was ich meinte. Langsam ließ sie die Schere sinken und schaute mich stirnrunzelnd an: „Hast du es dir doch anders überlegt?"

„Vielleicht."

Sie kam einen Schritt auf mich zu und hielt den Handrücken an meine Stirn: „Bist du krank, Charlie? Blinzle wenn du da drin bist. Muss ich mir Sorgen machen?"

„Ich meine ja nur. Nur falls ich mich theoretisch endgültig dafür entscheide", sagte ich und verdrehte die Augen. Hannah setzte die Schere erneut an Amys Haare an. Meine Schwester verfolgte gespannt das Gespräch und hatte keinen blassen Schimmer worüber wir gerade redeten.

„Was hat dich dazu gebracht, dass du darüber nachdenkst?", fragte meine beste Freundin und machte die letzen Schnitte an den Haaren meiner Schwester. Lässig zuckte ich mit den Schultern. Sie musste ja nicht unbedingt wissen, dass ich mich mit Niall auf ein dämliches Erdnuss-Match hab überreden lassen. Oder dass es größtenteils daran lag, dass mich insgeheim darauf freute, weil ich ihn mittlerweile gut leiden konnte und Niall mich öfter zum Lachen brachte, als mir lieb war.

Hannahs Grinsen wurde immer breiter als ich ihr sagte, dass ich es ernst meinte. Laut überlegte sie schon mal wo es hingehen könnte und ob ihr Koffer überhaupt groß genug war. Als Amy fragte, ob wir gemeinsam verreisen würden, erzählte ich ihr, dass wir planten, einen Mädelsurlaub zu machen. Die Details und dass wir höchstwahrscheinlich zu viert waren, konnte ich ihr immer noch schonend beibringen. Meine beste Freundin freute sich riesig und fiel mir unzählige Male in die Arme. Einen Rückzieher konnte ich jetzt jedenfalls nicht mehr machen.

Hannahs flinken Händen hatten wir es zu verdanken, dass Amy und ich am Abend zufrieden zurück nach Hause fuhren. Ihre langen Haare waren nun ein ganzes Stück kürzer und Hannah hatte ihr ein paar Stufen geschnitten, sodass es nicht mehr ansatzweise so aussah, als wäre sie einem Teenager-Streich zum Opfer gefallen.

Zuhause rannte sie strahlend die Treppen hoch, als ich ihr einen Mädelsabend vorschlug. Ich wollte unbedingt mehr über diesen Lucas erfahren und vor allem wollte ich wissen, ob er in Ordnung war und ich ihm nicht gegebenenfalls die Arme brechen musste. Im Flur zog ich mir die Schuhe aus und traf meine Mutter, die mit Papieren unterm Arm geklemmt dabei war, in ihr Arbeitszimmer zu verschwinden.

„Dein blonder Freund war hier und hat was da gelassen", sprach sie und stieg anschließend die Stufen hoch. „Steht in der Küche auf dem Tisch."

In der Küche erwarteten mich ganze zehn Kartons Lucky Charms. Auf dem obersten Paket klebte ein kleiner Zettel: 'Habe ja gesagt ich revanchiere mich. Ich halte immer meine Versprechen.'

Wie auf's Stichwort vibrierte mein Handy und zeigte mir eine Nachricht von einer unbekannten Nummer an.

Unbekannt:
Ich hoffe es ist okay, dass ich Ed nach deiner Nummer gefragt habe, aber ich muss dir unbedingt von meiner super Idee erzählen. Ich weiß genau, wo wir zuerst hinreisen.

N.

»«

Ich bin wirklich nicht gut in solchen Anmerkungen, aber ich wollte mich einfach mal persönlich zu Wort melden.

Ich finde es so toll, dass ich schon so viel positives Feedback von euch bekommen habe, das hat mich echt umgehauen. Vielen, vielen Dank dafür :)

Was glaubt ihr wohin es die vier verschlägt? Und was sie alles erwartet?

Und wer ist eigentlich euer Liebling in meiner kleinen Geschichte? Ich selber habe Charlies Grandma ja ins Herz geschlossen und bin froh, dass ich sie mit eingebracht habe. Obwohl das gar nicht so vorher bestimmt war.

Dieses Kapitel widme ich 1DandTea, weil du mir immer mit Rat und Tat zur Seite stehst und das heute dein ganz besonderer Tag ist :)

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro