Kapitel 21
• T R A V I S •
"Ich hasse dich!", grunze ich in seine Richtung, während Gavin fröhlich pfeifend den Tisch herrichtet.
"Wir wissen beide, dass das nicht stimmt. Und jetzt hör auf, zu schmollen. Das steht dir nicht."
"Irgendwann, das schwöre ich dir, werde ich dich hierfür leiden lassen. Du weißt, wie sehr ich Menschen verabscheue. Und Dates. Und Kerzen." Dabei blicke ich verächtlich auf den Tisch, der von zwei Kerzen geziert wird.
"Rede nicht so einen Unsinn! Du bist ein romantischer Typ, das weiß ich ganz genau. Schließlich war ich mit dir zusammen", zieht er mich grinsend auf, "Und außerdem sind Kerzen wundervoll, als wäre man in einem anderen Zeitalter-" "Eben! Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert und besitzen Strom. Sprich, Kerzen sind extrem überflüssig! Da kannst du auch alles andere anzünden", ich deute auf den Blumenstrauß, den Gavin hierfür mitgebracht hatte, "Hier, kommt auf dasselbe heraus!" Mein bester Freund sieht mich erschüttert über meinen Ausbruch an.
"Hör auf damit. Kerzen sind romantisch. Punkt!" "Findest du Wohnungsbrände auch romantisch?", erwidere ich trocken.
Seine Kinnlade fällt hinunter, doch ich zucke nur mit den Achseln. "Gucke nicht so dämlich. Ich erlebe es doch immer wieder! Durch so ein Scheiß Stück Wachs kann schon einmal ein Brand entstehen. Und dann ist das Theater groß."
Er will etwas sagen, als es an der Tür klingelt. "Wundervoll, sie sind da!", brumme ich wenig begeistert und ernte dafür einen verachtenden Blick seinerseits, "Und das mit nur zwanzig Minuten Verspätung! Respekt." "Halte deine Klappe, Travis."
"An deiner Stelle würde ich vielleicht mal die Tür öffnen", mache ich ihn auf den Tatbestand aufmerksam, dass seine Gäste noch vor der verschlossenen Tür stehen.
Wie eine Kuh vor dem Schlachten starrt er mich mit geweiteten Augen an, und stürmt dann Richtung Tür.
So ein Idiot...
Während sie sich im Flur begrüßen, bleibe ich auf der Couch sitzen und genieße die letzten Sekunden der herrlichen Einsamkeit. Doch schneller als mir lieb ist, bittet Gav die Eindringlinge schon ins Wohnzimmer.
Ich spüre den Blick von Josh auf mir, gebe aber nicht nach, diesen zu erwidern.
Was fällt ihm ein, hier aufzutauchen, nachdem er mich so hat sitzen lassen? Was erhofft er sich hiervon eigentlich? Kam er auf diese glorreiche Idee, dieses Abendessen zu veranstalten?
Und warum habe ich all das überhaupt zugelassen? Das hier ist mein Haus, ich hätte das Recht, jeden von ihnen rauswerfen...
Ich rümpfe die Nase. "Was riecht hier so bestialisch?" "Oh nein, mein Essen!", ruft Gavin aus und rennt in die Küche. Augenverdrehend gehe ich an den anderen vorbei und folge meinem besten Freund, als dieser gerade den Deckel von der großen Pfanne zieht.
Unter einer Wolke aus weißem Rauch kommt eine undefinierbare matschige Pampe zum Vorschein.
"Ich habe zwar keine Ahnung, was das sein soll, aber essbar ist das ganz bestimmt nicht."
"Das sollte das deine Hähnchen-Gnocchi-Pfanne werden. Ich habe mich genau an dein Rezept gehalten, aber...Ich bin halt kein Koch. Und du hast dich geweigert, mir zu helfen!"
"Ich arbeite auf Baustellen", meine ich daraufhin und schiebe ihn weg vom Herd. "Ich helfe dir." Er lächelt begeistert. "Aber auch nur, weil ich nicht zulassen werde, dass so etwas als meine Hähnchen-Gnocchi-Pfanne bezeichnet wird. Das verletzt meinen Stolz." "Du bist der beste!", ruft er entzückt aus und drückt mir einen Kuss auf die Wange.
"Geh zu deinem Kerl. Ich will meine Ruhe haben", ordne ich an und dränge ihn Richtung Tür. Dann schließe ich schnell diese, damit keiner auf die Idee kommt, hereinzukommen.
Besonders eine gewisse Person.
Wenn ich ihn sehe, kommen alle Gefühle wieder hoch. Sowohl die schönen, als auch die, die meine Brust schmerzhaft zusammen ziehen lassen. Und das möchte ich nicht.
Wie konnte es nur so weit kommen, dass ich mich in diesen Mann verliebe? Immerhin weiß ich, dass keine meiner Beziehungen gehalten haben oder eine Chance auf eine Zukunft haben würden.
Wann wurde es so kompliziert zwischen uns, dass sich Gefühle entwickelten?
Das verkompliziert doch nur alles, verdammt!
Kopfschüttelnd versuche ich den Gedanken, dass sich Josh nur ein paar Meter von mir entfernt befindet, zu verdrängen und mache mich daran, etwas Schnelles zu kochen.
Meine Wahl fällt auf Pasta mit Garnelen in Zitronensauce.
Während ich die Zutaten dazu raussuche, bemerke ich, wie die Tür geöffnet wird und ein Blondschopf in die Küche schlüpft.
Ihn ignorierend beginne ich damit, die Zwiebel und den Knoblauch fein zu würfeln.
"Brauchst du vielleicht Hilfe?"
"Danke. Ich habe alles im Griff", erwidere ich versucht gleichgültig, während mein Herz jeden Moment aus meiner Brust springen könnte.
Es wird nicht besser, als ich höre, dass er näher kommt. "Es macht mir nichts aus, dir zur Hand zu gehen, Travis." "Ich möchte es aber nicht, Josh. Verstehst du? Am liebsten hätte ich es, alleine zu sein."
Einen Moment ist es still, offenbar weiß er nichts darauf zu entgegnen. Bis er auf einmal neben mir steht und einen mittelgroßen Topf mit heißem Wasser füllt und auf die Herdplatte stellt.
"Josh."
Unbekümmert nimmt er die Packung Nudeln und schüttet sie in den Topf.
"Das Wasser sollte erst kochen. Und Salz fehlt auch. Hast du noch nie Nudeln gekocht?", brumme ich genervt und suche in den Schränken nach meiner anderen großen Pfanne, die ich mit Öl erhitze.
"Könnten wir bitte miteinander reden, ohne dass du grimmige Bemerkungen von dir gibst?"
Augenverdrehend wasche ich die Zitrone heiß ab, trockne sie und reibe die Schale fein ab. Als das Öl heiß ist, dünste ich die Zwiebeln und den Knoblauch darin in mittlerer Hitze glasig an.
"Komm schon." Josh legt seine Hand auf meine Schulter, die ich augenblicklich abschüttle. Er seufzt. "Wir sollten das kläre-"
"Verdammt, ich habe dir nichts zu sagen!", unterbreche ich ihn schreiend, was ihn allerdings nicht abschreckt. Ganz im Gegenteil. "Dann bist du jetzt still! Ich habe dir nämlich etwas zu sagen. Und du wirst mir zuhören, Travis!"
Das kann doch nicht wahr sein!
"Warum soll-"
"Es tut mir leid, okay?", sagt er und dreht die Herdplatte herunter. "Ich hätte an dem Tag nicht ohne ein Wort verschwinden oder mich zumindest melden sollen. Ich war nur, naja, also..."
"Was? Was ist dein Problem?"
"Du bist nicht der einzige, der Angst hat, Travis!", wirft er mir an den Kopf. "Im Krankenhaus beichtest du mir, mich zu mögen. Wir wissen beide, dass auch ich Gefühle für dich habe. Und trotzdem kriegen wir es nicht hin. Wir schaffen es einfach nicht! Das muss doch irgendwelche Gründe haben!"
Der Blondhaarige tritt an mich heran und drängt mich gegen die Arbeitsplatte. Verwirrt mustere ich ihn, warte, was er als nächstes sagt.
"Vielleicht sollte es nicht passieren. Das zwischen uns. Du weißt schon..."
"Du willst uns also keine Chance geben?", schlussfolgere ich und weiche seinem enttäuschten Blick aus. "Alles klar, dann, ähm", ich lasse meine Hände in den Hosentaschen verschwinden, "Sollten wir den Schlussstrich zie-" "Ich will es aber nicht", entgegnet er und umfasst mein Gesicht mit seinen Händen, somit ich ihn angucken muss.
"W-warte, was?", bringe ich verwirrt über die Lippen. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Wirklich nicht.
"Ich kann mich nicht von dir fernhalten. Es war so verwirrend, wie es mit uns begonnen hat. Wir konnten uns nicht leiden, sind aber trotzdem im Bett gelandet. Mehrere Male. Unsere Affäre lief dann aber auch nicht sehr lange, weil es kompliziert wurde. Du hast mit Drew geschlafen und es hat mich wahnsinnig gemacht! U-und dann...Du hast mir so viel schlimmes an den Kopf geworfen."
"Ich bin nicht gut darin, zu meinen Gefühlen zu stehen. Dann werfe ich mit Worten nur so um mich, so verletzlich sie auch sein mögen. Es tut mir leid, wirklich", meine ich, "Aber was soll das alles nun für uns bedeuten? Ich verstehe es nicht. Wenn du Zweifel hast mit uns, warum sollten wir es dann erst wagen?"
Er schaut mir tief in die Augen, als er sagt: "Weil ich nicht bereuen möchte, es nicht versucht zu haben. Und ich möchte es versuchen, weil, naja, ich vermisse dich, Travis."
Das ist doch alles vollkommen gestört.
"Josh, ich...ich möchte dich nicht verletze-"
Josh küsst mich. Josh küsst mich. Josh küsst mich.
Egal, wie oft ich die Worte in meinem Kopf wiederhole, sie machen in keiner Weise Sinn. Der Druck seines Mundes auf meinem - er macht keinen Sinn. Diese schockierende Berührung seiner Zunge an meiner Unterlippe - sie macht keinen Sinn.
Aber verdammt noch mal, ich will es.
Ich fühle mich wie elektrisiert. Verlangen durchfährt meinen Körper in Wellen, alles zieht sich beinahe schmerzhaft zusammen. Als seine Zunge meine streift, habe ich Mühe, mich auf den Beinen zu halten. Ich muss mich an seinem T-Shirt festklammern.
Wie sehr habe ich diesen Mann vermisst!
Ihn an mich ziehend, löse ich unseren Kuss und lege meine Stirn gegen seine. "Das ist unfair. Du spielst mit fiesen Mitteln." Er lacht. "Irgendwie muss ich dich doch dazu bringen, die Klappe zu halten." "Also sollten wir es ausprobieren? Ist das nicht verrückt? W-wir kennen uns doch gar nicht!" "Dann nehmen wir uns die Zeit, uns kennenzulernen. Okay?"
Ein Lächeln legt sich um meine Lippen, als ich ohne zu zögern nicke, und ihn nochmals küsse.
Wir fahren auseinander, als es an der Tür klopft. "Warum ist es so still da drinnen?", hören wir Tristan rufen. "Also entweder seid ihr tot oder fallt gerade übereinander her", kichert Gavin aufgeregt, was mich dazu bringt, die Augen zu verdrehen.
"Geht mir nicht auf die Nerven!", sage ich laut, sodass es beide hören können und gebe Josh einen Klaps auf den Hintern. "Und du kümmerst dich jetzt ordentlich um die Nudeln, Freundchen." Neckisch zwinkert er mir zu, bevor er sich dem Topf zuwendet.
Travis und Josh wollen sich eine Chance geben!! ❤❤😍
Es steht zwar noch einiges zwischen ihnen, aber nach und nach können sie sich näherkommen 😊
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