"Manu, was tust du da?"

Erschrocken fuhren Manu und Taddl auseinander. Während Manu rot anlief schaute Taddl, wer sie beide soeben angeschrien hatte. Leider hatte die Person jedes Recht, sie beide anzuschreien.

Die braunen, wuscheligen Haare und die leuchtenden Augen würde Taddl überall erkennen. Doch es war Manu, der den Mut hatte, dessen Namen auszusprechen.

"Pat?"

Doch der Braunhaarige schüttelte nur den Kopf.

"Sag einfach nichts, ich..."

"Was zur Hölle ist denn das hier?"

Taddl schloss kurz die Augen und schnaufte genervt. Dann sah er wieder hoch. Zwei junge Männer mit braunen Haaren, die beide Schock in ihren Augen trugen. Was hatte er jetzt nur getan?

Manu wurde ganz blass und senkte schnell den Kopf. "Ähm..."

Micha schüttelte nur fassungslos den Kopf. "Ist das dein Ernst? Ich dachte, du bräuchtest einfach nur ein wenig Zeit, aber das? Und was zur Hölle willst du hier?"

Er funkelte Patrick an und Patrick funkelte zurück. "Keine Ahnung, was machst du denn hier?"

"Tja. Manu ist mein Freund."

"Achso, ja?"

"Ja."

Die beiden wurden immer lauter und Pat ging tatsächlich so weit, Micha zu schubsen.

Der Braunhaarige neben Taddl schluckte schwer und beobachtete das Schauspiel voller Nervosität. Er hatte Angst. Sie machten ihm Angst. Taddl strich ihm sanft über den Arm. Dann beugte er sich ein wenig runter und sah kurz zu den streitenden, bevor er wieder zu Manu sah.

"Hey, schon okay. Du hast nichts falsches gemacht... Ich war einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort, wie immer." hauchte er sanft.

Doch Manu schüttelte den Kopf. "Nein, das stimmt doch gar nicht! Eigentlich mache immer ich alles falsch."

"Das ist nicht wahr. Du hast keine Schuld."

"Du auch nicht, Taddl."

Der Blonde lächelte. "Na dann. Was machen wir jetzt?"

Manu zuckte nur mit den Schultern. "Ich weiß nicht... Sie streiten sich zurecht. Es muss so aussehen, als würde ich einfach vom einem zum nächsten laufen. Oh man, vielleicht tue ich das ja sogar!"

"Nein, Blödsinn. Wir haben uns nur unterhalten. Wenn sie daraus falsche Schlüsse ziehen, dann haben sie ein Problem, aber nicht wir."

"Wirklich?" fragte Manu leise. Taddl nickte grinsend.

Plötzlich wurde es still.

Micha hatte die Arme vor der Brust verschränkt und Pat zupfte sich seine zerzausten Haare zurecht.

"Warum flüstert ihr eigentlich so viel? Hm?" zischte Micha genervt und funkelte Taddl an.

Dieser verdrehte nur die Augen und legte wieder einen Arm um Manu.

"Vielleicht solltet ihr erstmal aufhören zu streiten! Wisst ihr zwei eigentlich, was ihr ihm antut?"

"Kann er nicht alleine sprechen?" fügte Patrick genervt hinzu.

"Nein, kann er nicht. Zumindest nicht, wenn ihr so scheiße seid."

Micha schnappte nach Luft und Patrick schien eine Mischung aus schielen und prusten für sich entdeckt zu haben.

"Was soll das denn heißen, er kann nicht sprechen? Du redest auch echt immer nur gequirlte scheiße, Taddl!"

"Das stimmt doch gar nicht, vielleicht hat er ja sogar Recht!" knurrte Patrick in Richtung Micha. Dieser allerdings schien an dieser Aussage keinen Gefallen zu finden und verzog das Gesicht, bevor er wieder die Arme vor der Brust verschränkte. "Ach tatsächlich? Und woher willst du das wissen?"

"Nun, wahrscheinlich liegt es daran, das ich Manu viel länger kenne als du?"

"Das ist nicht wahr! Ich kenne Manu schon, seit wir beide total klein waren!"

"Ach wirklich?"

"Ja!"

Schweigen. Beiden waren die Argumente ausgegangen.

Taddl atmete tief durch und blinzelte die beiden dann ruhig an. "Also... Seid ihr zwei dann fertig? Weil, naja, Manu und ich haben auch nicht ewig Zeit. Wir sind hier schließlich am Flughafen und das hat ja auch einen Grund, richtig?"

Micha's Gesichtszüge entgleisten und Pat stockte der Atem.

Es war beinahe wie ein Schlag mitten ins Gesicht.

"Wie bitte?" fragte Micha dann mit verdammt ruhiger, gefasster Stimme. Es schien ihn plötzlich nicht mehr im geringsten zu verletzen.

Auch Patrick blieb ruhig und sah Taddl und Manu unverwandt an.
Er sagte dazu nichts.

Dann räusperte Micha sich.

"Ich verstehe dich nicht Manu. Immer kommst du an einen Ort, findest Liebe und Glück, aber dann wirfst du einfach alles weg und versteckst dich vor deiner eigenen Verantwortung. Du rennst und fliehst vor all deinen Problemen, statt das du dich einfach mal mit ihnen befasst."

Palle nickte genervt.

"Was funktioniert bei dir eigentlich nicht richtig? Immer wirfst du alles weg!"

"Hör auf mich nachzusprechen, du hast ihn schließlich selbst weggeworfen wie Müll!" zischte Micha und sah zur Seite.

Palle schluckte schwer und sah auf seine Fußspitzen. "Ich hatte Gründe..." murmelte er dann.

Der blonde Mann neben Manu schüttelte den Kopf, das seine blonden weichen Strähnen einmal durch die Luft segelten.

"Oh wow. Ihr streitet euch ja doch wieder. Bekomme ich Popcorn?"

Patrick verdrehte die Augen und seufzte genervt.

"Ihr seid doch alle echt total scheiße!"

Manu sah auf seine gefalteten Hände und musste sich die Tränen unterdrücken. Wo war er hier nur gelandet? Er wollte doch einfach nur von allen weg.

Von Patrick, der für alles immer eine Antwort hatte und seit Jahren nur noch mit Leuten mitlief, um nicht mehr selbst entscheiden zu müssen.

Von Micha, der zwar immer nett und freundlich war, aber leider niemals mit Veränderung in diesem Ausmaß klarkommen würde.

Und von Taddl, der dieser ganzen Situation keinerlei Bedeutung beimass und scheinbar den Ernst der Lage nicht ganz einzuschätzen wusste. Popcorn? Also wirklich.

Irgendwie tat Manu das ganze weh. Es traf ihn verdammt, das alle sich gerade stritten und gar nicht mehr wahrnahmen, worum es ging.

Um ihn.

Um den braunhaarigen Jungen voller Fernweh und mit gebrochenem Herzen.

Wieso konnten sie nicht einfach alle gehen? Ihn wie immer alleine dort lassen, wo er war. Irgendwo im Nirgendwo auf dem Weg in Richtung Zuhause. Aber wo dieses Zuhause war, das wusste er selbst nicht.

Zwar sagten alle immer, Zuhause wäre da, wo sein Herz ist, doch irgendwie schien er sein Herz einfach nicht finden zu können. Egal wohin er kam, nie fühlte es sich so richtig... richtig an. Vielleicht hatte er einfach zu hohe Erwartungen? Aber irgendwo musste man doch bedingungslose Liebe und Zuneigung finden können, ohne Einschränkungen.

Inzwischen waren die drei wieder lauter geworden und stritten sich richtig.

Es wurde immer mehr und mehr, wie ein winziger, schmaler Bach der bei starkem Sturm immer mehr anschwoll und sich zu einem reißenden Fluss entwickelte. Wildwasser war überall und zog in mit nach unten in die tiefe Schlucht. Für einen Moment war er wie gelähmt. Sein Kopf schaltete sich ab und da war nur noch das Rauschen in seinen Ohren und sein Herzklopfen, das seinen ganzen Körper zu erreichen schien. Immer tiefer zog ihn das Wasser in die Dunkelheit und...

Halt Stopp.

Was tat er hier eigentlich? Er ließ sich von allen runterziehen. Das war doch genau das, was er vermeiden wollte! Also schüttelte er kurz seine Haare und mischte sich ins Gespräch ein.

"Seid still!"

Drei Augenpaare sahen gleichzeitig zu ihm und alle waren stumm. Sie waren wohl mehr oder weniger überrascht, das Manu endlich etwas eingeworfen hatte.

"Hört doch alle einfach auf euch zu streiten, das ist doch echt schrecklich! Ihr seit alle Idioten und ich will mit keinem von euch  noch irgendwas zu tun haben, wenn ihr nicht langsam damit aufhört!"

Weiteres angespanntes schweigen herrschte, bis Taddl irgendwann seufzte.

"Es ist wirklich so..."

"Das stimmt doch nicht!" Micha hatte sich so sehr in den Streit hinein gesteigert, das er nun nicht einfach so aufhören konnte.

Auch Palle schaukelte das ganze nun wieder hoch, in dem er unnötigerweise wie ein Papagei wiederholte, was Micha zuvor gesagt hatte.

Dadurch fingen sie wieder an zu streiten und verpassten die folgenden Minuten komplett. So bemerkten sie auch nicht, das Taddl und Manu abhauten, weil sie bereits ins Flugzeug steigen konnten. Sie bemerkten erst kurz vor Start von eben diesem, das die beiden verschwunden waren.

Doch dann war es bereits zu spät.

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Vuelo = Flucht

Por lo demás = Anders