❀6
Noch eine ganze Weile blickte ich den beiden hinterher. War er das wirklich?
Keine Frage. Nachdem ich das Polaroid aus meiner Handy Hülle rausgeholt hatte, war ich mir sicher.
Das war Leon.
Und wie es aussah hatte er eine Freundin.
Je länger ich darüber nachdachte, desto blasser wurde ich. Hatte ich mit einem Typen geschlafen, der vergeben war?
"Oh mein Gott" stöhnte ich leise und vergrub mein Gesicht in den Händen. Konnte es denn noch schlimmer werden?
Ich blickte dem luxuriösen Auto nach, das nun vom Parkplatz fuhr.
Im nächsten Moment beschloss ich Luisa anzurufen, sie wusste mir am ehesten zu helfen, in dieser misslichen Lage. Und um ehrlich zu sein lag meine einzige Hoffnung bei ihr, wenn meine beste Freundin mir nicht helfen konnte, wer dann?
Also wählte ich ihren Kontakt und es dauerte keine Sekunde, bis sie abnahm "Oh Gott, Alisa, ist alles gut bei dir? Ich habs schon gehört. Wo bist du?" bestürzt meldete sie sich.
Tief atmete ich durch und meinte dann kleinlaut "Kannst du bitte einfach vorbei kommen?"
Natürlich bejahte sie dies und fragte gottseidank auch nicht weiter nach.
Während ich auf Luisa wartete, suchte ich die Toilette auf.
Der freundliche junge Polizist diktierte mir den Weg, den ich dann auch ganz einfach fand.
Auf dem kleinen Klo schloss ich die Türe hinter mir ab, stütze meine Arme auf der Wasch-Armatur ab und starrte mein Spiegelbild an.
An meinem Körper trug ich immernoch die Sport Klamotten von heute Morgen, ich musste bestimmt stinken, so wie ich geschwitzt hatte.
Meine Haare waren fettig und ein einziges Chaos, dass ich mir vorhin in einen Dutt gebunden hatte. Ich war gestresst und vorallem war ich geliefert, wie würde ich aus der ganzen Sache nur wieder rauskommen?
Im nächsten Moment klingelte mein Handy.
Seufzend fischte ich es hervor, warf einen letzten Blick in den Spiegel und trat dann auf den Gang hinaus. Es half alles nichts.
Luisa hatte mir geschrieben, dass sie draußen stehen würde, was mir gerade recht kam.
Ein wenig frische Luft würde nicht schaden.
Herr Jahn war sowieso noch auf Einsatz Fahrt.
"Hey" rief meine Freundin, als sie mich die Stufen hinab laufen sah. "Ich hab dir was zu essen mitgebracht." sie wedelte mit einer McDonald's Tüte in der Luft herum.
Erst jetzt merkte ich, dass ich einen riesen Hunger hatte. Es war schließlich fast Nachmittag und das Frühstück schon lange verdaut.
"Du bist ein Schatz." seufzte ich und schlang meine Arme um die Blondine. Mir war grade recht, dass sie mich noch nicht mit den Geschehnissen konfrontierte. Aber damit musste sie wohl gerechnet haben, so gut kannte sie mich schon.
"Na komm schon, gehen wir wieder rein." Luisa legte ihren Arm um mich und schob mich in das Gebäude. Auf der kleinen Couch in Herr Jahns Büro machten wir es uns bequem und stopften die fettigen Pommes und chicken nuggets in unsere Münder. Ich achtete extra darauf nichts schmutzig zu machen, schließlich wusste ich nicht wie der Polizist sonst so drauf war.
Nachdem wir schweigend aufgegessen hatten, brachte meine Freundin die Tüten zum Müll. "Also, willst du es mir erzählen." meinte sie, als sie sich wieder auf das Sofa setzte. Ihre Miene war sanft und weich, sie wollte mich nicht überfordern. Und trotzdem traf genau dies zu.
Unbeholfen nickte ich.
"Hast du's nicht schon in den Live Tickern, der ganzen Klatsch Zeitschriften, gelesen?" fragte ich, bevor ich ihr alles erzählen wollte.
Zögerlich nickte Luisa "Ich möchte aber deine Version hören." erwiderte sie und strich mir aufmunternd übers Knie.
Seufzend straffte ich meine Schultern und wandte mich ihr zu.
Die nächsten paar Minuten ließ sie mich reden, ohne mich auch nur ein einziges Mal zu unterbrechen. An einigen Stellen ließ sie ein 'Oh' und ein 'Ah' oder ein 'Hm' von sich, nichts hochrangiges, aber das war auch gut so. Ich konnte mir wenigstens etwas Angst von der Seele reden und das an einem Stück. Schnell und schmerzlos, so wie man ein Pflaster abreißt. Wobei das 'schmerzlos' auch besser gesagt, als getan war.
Weh tat es trotzdem, wenn auch nur kurz.
"Wow, das ist echt-" sie stockte, suchte nach den richtigen Worten "heftig." stieß sie hervor.
Ich vergrub mein Gesicht zum wiederholten Male in meinen Händen. "Ich weiß." hauchte ich verbittert "Es ist nur-" eine kurze Pause verdeutlichte den Kampf, den ich innerlich mit mir selbst austrug "Ich verstehe einfach nicht wieso."
Ein gequälter Laut verließ meinen Mund.
Luisa zuckte mit den Schultern "Kann ich auch nich verstehen. Er war doch schon reich." ließ sie ungehobelt von sich und entlockte mir ein kleines Lachen.
Mit der Hand schlug ich leicht spielerisch gegen ihren Arm, woraufhin sich ein schiefes Lächeln sich auf ihr Gesicht legte "Sorry, du weißt wie ich das meine." entschuldigte sie sich.
"Und weißt du schon, wie es jetzt weitergeht?" nach einer kurzen Stille hatte sie interessiert ihre Augenbrauen zusammen gezogen. Unentschlossen nickte ich und zuckte gleichzeitig mit den Schultern, was wohl der Bewegung eines Fisches auf Land gleich kam. "Sie werden so schnell wie möglich einen Gerichtstermin vereinbaren-" setzte ich an und seufzte kurz "und so lange werden sie ihn hier behalten. Wenn er als schuldig erklärt wird muss er in den Knast." beendete ich die nicht sehr rosigen Prognosen.
"Hm." nachdenklich sah mich meine beste Freundin an und griff nach meiner Hand, um diese fest zu drücken.
"Wie handfest sind denn die Beweise? " hakte Die Blondine weiter nach. "Scheinbar ziemlich. Zumindest so, dass sie Papa hinter Gitter befördern werden." schnaubte ich argwöhnisch.
Luisa zog mich in ihre Arme "Ach Mausi, alles wird gut werden." ich unterdrückte ein Schluchzen. "Ich hab doch noch nie alleine gewohnt."stammelte ich hilflos.
Beruhigend strich sie mir über den Rücken "Hey, du bist doch nicht alleine. Wenn du Hilfe brauchst, werde ich stets zu Stelle sein." meinte sie sanft. Langsam richtete ich mich wieder auf "Danke" flüsterte ich.
"Aber jetzt müssen wir erstmal abwarten." versuchte sie mich zu besänftigen. Wobei uns beiden bewusst war, dass die positiven Aussichten quasi nicht vorhanden waren.
Im nächsten Moment flog die Tür auf, weshalb ich erschrocken zurück zuckte. Es war jedoch bloß Herr Jahn, der wohl wieder von seinem Einsatz zurück sein musste. Auf seiner Haut hatte sich ein leichter Schweißfilm gebildet und generell sah der Polizist sehr geschafft aus.
"Oh, du hast dir Verstärkung geholt, schön." dennoch lächelte er uns zu und schüttelte Luisas Hand. "Ich würde mich erstmal frisch machen gehen, dann erkundige ich mich mal bei der Staatsanwaltschaft, ob schon ein Termin gefunden werden konnte."Okay, danke." ernüchternd setzte ich ein Lächeln auf, was den Beamten dazu veranlasste, wieder aus dem Büro zu verschwinden.
"Ich hab Leon vorhin gesehen." stieß ich unter einem tiefen Atemzug hervor. Ich konnte das nicht länger für mich behalten und außerdem lenkte es ein bisschen vom Thema ab.
Luisa hob eine Augenbraue, bevor man förmlich sehen konnte, wie ihr ein Licht aufging.
"Den Leon?" sie klopfte auf die Rückseite meines Handys, wissend, dass das Polaroid noch immer dort drin verweilte.
Ich nickte "Er hat glaube ich eine Freundin." ließ ich die Katze aus dem Sack.
~~~
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro