48. Kapitel: Sommer
„Bitte legen Sie die Stifte beiseite. Ihre Zeit ist abgelaufen!", erklärte Mr. Dathum, der die Mathe Abschlussprüfungen unter anderem mit beaufsichtigt hatte. Jenna hatte die Prüfungen mit diesen Worten hinter sich gebracht und so streckte sie sich erleichtert und nachdem sie ihren Bleistift weg gelegt hatte.
„Bitte halten Sie sich noch ruhig, bis die Prüfung von jedem eingesammelt wurde!", allgemeines Stimmengewirr war losgebrochen und die Worte von Mr. Dathum wirk-ten nur sehr begrenzt. Eigentlich achtete, wenn man es genau nahm, kein Mensch auf ihn.
Noch bevor Jennas Prüfung eingesammelt wurde, kam Maria von weiter vorne zu ihr und umarmte sie strahlend.
„Wir haben ganz offiziell unsere letzte Prüfung hinter uns gebracht Jenna! Jetzt ist Zeit zu feiern!", Maria machte in der letzten Zeit einen sehr gelösten Eindruck und so konnte Jenna sich nicht erwehren und lächelte sie ebenfalls an. Jenna konnte von sich zwar eher nicht behaupten wirklich gelöst zu sein, aber immerhin hatte das Trübsal blasen über die Abschlussprüfungen nachgelassen. Sie hatte häufig mit Liam gelernt, sie hatten sich regelmäßig gesehen waren dabei jedoch nicht immer alleine gewesen. Ihr Verhältnis konnte bestenfalls als seltsam bezeichnet werden, denn im Grunde genommen ging Liam mit ihr wie mit jedem anderen Mädchen auch um. Der Unterschied war nur, dass er ab und an wenn sie alleine waren ihre Nähe suchte. Es konnte aber genauso gut vorkommen, dass er sie einen ganzen Abend lang nicht ein-mal wirklich beachtete. Jenna war von diesem ganzen Heiß und Kalt schon ganz schwindelig, doch sie traute sich nicht, nach einer Definition von dem, was sie waren, zu fragen. Sie hatte sich bisher aber auch erfolgreich eingeredet, dass es das nicht brauchte. Sie waren eben das, was sie waren. Doch was sie wurmte war die Tatsache, dass sie überhaupt nicht darüber sprachen. Es konnte genauso gut sein, dass Liam mit der nächstbesten ins Bett sprang. Nicht das Jenna das glaubte, aber es konnte gut möglich sein, schließlich waren sie schlicht und ergreifend nicht zusammen. Zumin-dest glaubte sie das.
„Jenna...denkst du schon wieder über Liam nach?", Maria sah sie skeptisch an und hatte dabei eine Augenbraue hochgezogen. Jenna hasste diesen Ausdruck, denn da kam sie sich immer total bescheuert vor.
„Was? Nein, natürlich nicht! Ich schwelge gerade in nostalgischen Gefühlen was die Schule betrifft!", antwortete sie, weil sie Maria die Genugtuung, richtig gelegen zu haben, einfach nicht geben wollte. Doch Maria glaubte ihr nicht. Das konnte Jenna bereits nach einer Sekunde sehen.
„Klar, nostalgische Gefühle. Du hasst diese Schule Jenna, also verarsch mich nicht!", meinte Maria und zog sie am Arm nach oben. Ihre Prüfung war mittlerweile ver-schwunden, was Jenna bis gerade nicht einmal bemerkt hatte. Sie schweifte immer vollkommen ab, wenn es um Liam ging. Befand sich nicht mehr in der Realität.
„Du hast gut reden. Ich habe dir schließlich alles erzählt über Liam, du hingegen er-zählst mir gar nichts!", warf Jenna ihrer Freundin vor. Sie wusste genau, dass da ir-gendwas im Busch war, doch Maria behauptete felsenfest es sei gar nichts. Alles wäre ganz normal. Pah! Von Wegen normal. Jenna wusste es besser!
„Also bitte. Wie lange hast du gebraucht um mir von dir und Liam zu erzählen?", wieder die hochgezogene Augenbraue.
Leider musste Jenna ihrer Freundin recht geben. Sie hatte es Maria erst erzählt, als sie die Spannung kaum noch ausgehalten hatte. Der Abend mit Liam und Chris lag nun mittlerweile drei Wochen zurück und seitdem gab es dieses auf und ab. Chris hatte sie versucht einmal darauf anzusprechen, doch Jenna hatte ihm klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass ihn das rein gar nichts anging. Seitdem hielt sich Chris in seinen Bemerkungen zurück, sprach jedoch generell nicht viel mit Jenna. Er ging ihr aus dem Weg doch Jenna war der Meinung, wenn er spinnen wollte dann sollte er das tun. Sie würde nicht den ersten Schritt machen!
„Ja ist ja in Ordnung.", Jenna schulterte ihren Rucksack und wandte sich dann zum gehen, Maria schloss augenblicklich auf. Um vom Thema abzulenken fragte Jenna stattdessen „Und, was wollen wir zur Feier des Tages machen? Wir sind freie Men-schen Maria!", Jenna liebte dieses Gefühl. Es schien ihr beinahe so, als könnte sie fliegen. Als könnte sie in diesem Moment alles erreichen. Es war noch besser als das Gefühl zu wissen, dass man in die Sommerferien startete. Diesen Freitag wäre der Abschlussball und um der Peinlichkeit aus dem Weg zu gehen, Liam fragen zu müs-sen ob sie nun zusammen hingingen hatte Jenna einfach beschlossen, dass sie als Gruppe gehen würden und so waren bis jetzt Maria, Eric, Chris, Liam und sie selber an Bord. Das würde mit Sicherheit ein witziger Abend werden, so hoffte sie zumin-dest.
„Lass uns zum See fahren, was meinst du? Einige aus der Abschlussklasse haben eine Party dort angekündigt. Es wird gegrillt, ein wenig was getrunken. Was besseres gibt es doch für heute gar nicht!", meinte Maria und zog Jenna nach links den Gang run-ter. Eigentlich hatte Jenna noch zu ihrem Spind gehen wollen, doch Maria hatte ganz offensichtlich andere Pläne denn schon steuerten sie auf den Ausgang zu der sie in einen wunderschönen Sommertag entließ. Freitag war der Abschlussball, nächste Woche kämen dann noch die Präsentationen und dann wäre es das bis zur Abschluss-feier für sie. Sie konnte die Tage genießen, faulenzen oder auch was auch immer ihr gerade beliebte tun. Sie lächelte bei dem Gedanken und folgte Maria unbeirrt. Diese ließ sich eine Minute später auf einer Bank im Schulhof nieder, lehnte sich zurück und schloss die Augen.
„Ich liebe es. Ich liebe es einfach die Sonne im Gesicht zu spüren, vor allem wenn ich weiß, dass ich nicht lernen muss und am nächsten Tag nicht mehr früh aufstehen muss.", Jenna setzte sich zu ihrer Freundin fand jedoch nicht sofort ihre Ruhe, denn jemand packte sie von hinten an den Schultern und jagte ihr damit einen Mords-schrecken ein.
„Carson wir haben es geschafft! Diese Scheißschule kann uns jetzt mal!", Liam sprang leichtfüßig über die Bank drüber und setzte sich neben sie. Seine Arme hatte er hinter ihrem Kopf platziert, der andere war zur anderen Seite ausgestreckt. Und dabei lächelte er breit.
„Also gehen wir was trinken oder gehen wir was trinken?", fragte er die beiden Mä-dels von denen nur eine wirklich entspannt war. Und diese antwortete auch als erstes.
„Jenna und ich haben beschlossen zum See raus zu fahren. Das heißt wenn du Zeit mit deiner Süßen verbringen möchtest dann musst du dich uns wohl oder übel an-schließen!", Maria hatte nicht einmal die Augen geöffnet doch Jennas Herzschlag setzte einen Moment aus bei diesen Worten und so versetzte sie ihrer besten Freun-din einen harten Schlag auf den Oberschenkel.
„Autsch! Sag mal spinnst du?", fragte Maria und sprang dabei auf wie von der Taran-tel gestochen. Was sollte Jenna denn jetzt bitte dazu sagen? Liam hingegen schien das Ganze nicht so dramatisch zu sehen denn seine Augen waren genau wie die von Maria vor zehn Sekunden geschlossen.
„Klar ich komm mit. Hab nichts besseres vor!", erklärte er und bevor Jenna sich lä-chelnd zu ihm umdrehen konnte gefror dieses auf ihren Lippen, als sie Steph sah die sich genau in diesem Augenblick neben Liam niederließ. In seinen Armen quasi, denn der Arm war immer noch ausgetreckt und Steph kuschelte sich grad darin ein.
„Na? Abschlussprüfungen sind vorbei meine Lieben. Wir sind vogelfrei!", erklärte Steph und sah dabei Liam von der Seite an. Er lächelte noch breiter.
„Vogelfrei oder vögelfrei?", fragte er und lehnte sich schließlich nach vorne. Jenna schluckte schwer, denn sie wusste nicht was sie darauf antworten sollte.
„Das kannst du dir aussuchen!", raunte Steph ihm ins Ohr und Liam wandte sich grinsend zu ihr.
„Wie dem auch sei. Wollen wir dann los?", fragte Maria, die die Szene genaustens beobachtet hatte und offenbar festgestellt hatte, dass Jenna jeden Moment explodie-ren würde. Und sie hatte Recht damit. Jenna war eigentlich nicht der eifersüchtige Typ doch sobald es um Steph ging schalteten ihre Verstandssensoren ab. Liam mach-te häufig solche Scherze. Sehr häufig wenn man es genau nahm und das auch in Ge-genwart von anderen Mädchen, diese fühlten sich deswegen jedoch nicht gleich darin bestärkt ihn zu verführen. Steph hingegen war gerade schon damit beschäftigt ihn in Gedanken auszuziehen!
„Ja klar gehen wir!", meinte Liam, wuchtete sich hoch, nahm seinen Rucksack den er sich über die Schulter schmiss und griff anschließend nach Jennas Hand.
„Kommst du MEINE SÜßE?", diese Worte sprach er mit einem Seitenblick auf Maria aus und Jenna wurde klar, dass Liam sie vorhin sehr wohl gehört hatte. Er sprach es aus, als wäre da nichts dabei, doch er hatte damit gerade drei Dinge erreicht: Maria sah ihn verblüfft an, Jenna wollte gerade Freudensprünge vollziehen und Steph hatte er gerade Mental K.O. geschlagen. Jenna konnte nicht anders als lächeln und so nick-te sie schnell, nahm ihren Rucksack in die Hand und spazierte mit Liam davon. Maria folgte ihnen mit ein paar Sekunden Verzögerung.
„Dir ist klar, dass die arme Steph da hinten gerade in tausend Teile zerbrochen ist, oder?", fragte Maria ihn von der Seite doch Liam zuckte nur mit den Schultern.
„Und das ist mein Problem weil? Steph weiß, dass zwischen uns nichts laufen wird. Ich hab ihr das ziemlich klar gesagt!", erklärte er und Jenna staunte dabei nicht schlecht. Er hätte sich nicht erklären müssen doch er tat es Maria gegenüber. Warum auch immer. Doch normalerweise hatte Liam das seiner Ansicht nach gar nicht nötig. Seit geraumer Zeit jedoch schon, war das Verhältnis zwischen Liam und Maria ziem-lich seltsam, doch Jenna hatte keine Idee, was dahinter stecken konnte.
„Ok, aber nur weil du es ihr gesagt hast, heißt das noch lange nicht, dass sie keine Gefühle mehr für dich hat oder? Ist es da wirklich in Ordnung?", Maria stichelte an ihm herum, mal wieder, und, mal wieder, ließ sich Liam nicht provozieren. Er hielt aber inne und sah Maria direkt an.
„Nehmen wir mal an sie hätte Gefühle für mich, was ich nicht glaube, aber ich habe ihr gesagt, dass ich nichts von ihr will. Ich bin nicht der Typ dafür, ok? Ist es jetzt meine Schuld, wenn sie sich trotzdem noch an mich ranschmeißt? Muss ich jetzt so tun, als hätte ich Interesse nur damit ich sie nicht verletze obwohl es nicht das ist was ich will? Und, ja nehmen wir mal an, sie hat Gefühle für mich, darf ich dann nicht offen sagen, wenn ich mit jemand anderem lieber meine Zeit verbringe? Nur um sie zu schonen?", das waren viele Fragen, was Maria mit Sicherheit auch gerade festge-stellt hatte denn sie öffnete den Mund, klappte ihn wieder zu nur um ihn zwei Sekun-den später nochmal zu öffnen. Schließlich entschloss sie sich dazu, Liam einfach nur einen giftigen Blick zuzuwerfen.
„Dann hätte ich viel zu tun damit immer das zu tun, was andere Menschen wollen und auch der Typ bin ich nicht. Also, falls du dich erinnerst, du wolltest uns provo-zieren mit dem Süße Ausspruch und da ich nicht finde, dass das Steph gegenüber ir-gendwie unhöflich war, würde ich jetzt gerne ohne diesen Mädchenkram losfahren, ok?", Liam lächelte, doch Jenna wusste, dass er sich ein klein wenig in Rage geredet hatte und gerade ziemlich genervt von Maria war. Sie selber war bisher nur ein teil-nahmsloser Part in dieser ganzen Angelegenheit.
„Wenn du meinst!", keifte Maria und ging voran auf ihr Auto zu.
„Wir sehen uns um fünf am See, ok?", rief sie Jenna noch zu bevor sie die Tür auf-schloss und ihr Auto stieg.
„Ok!", rief Jenna zurück und wandte sich dann skeptisch an Liam, der immer noch ihre Hand in seiner hatte.
„Was genau war das da gerade bitte?", fragte sie ihn, er hingegen ging weiter und zog sie mit sich mit.
„Ich weiß nicht, vielleicht hat deine Freundin ihre Tage?", fragte er Jenna und steuer-te auf seinen Wagen zu. Er hatte sie heute in der Früh schon mitgenommen, worüber Jenna sehr froh gewesen war.
„Oh Liam, du kannst nicht jedes Mal wenn ein Mädchen stinkig ist wegen dir behaup-ten, es würde an ihren Tagen liegen! Wenn du mal eine Freundin haben solltest wird diese dir in den Arsch treten für so einen Kommentar!", Liam ließ ihre Hand los, als sie beim Wagen ankamen und ging auf die Fahrerseite.
„Tja, dann ist es ja gut, dass ich vorhabe bis dahin ein wahrer Gentleman zu wer-den!", er grinste schon wieder breit und brachte Jennas Herz ein klein wenig zum flattern. Dieser Idiot! Konnte er nicht einfach so ein Arschloch sein wie früher, so dass Jennas Gefühle wieder nachließen. Wenn er sie hingegen so anlächelte wie eben dann würde das niemals der Fall sein.
„Ich glaube, da ist bei dir Hopfen und Malz verloren!", Jenna hob eine Augenbraue an und bedachte Liam mit einem, ihrer Meinung nach, vernichtenden Blick.
„Das sagst du!", bevor er einstieg zwinkerte er ihr einmal zu, dann schloss er die Tür. Jenna tat es ihm nach und schnallte sich schnell an, denn sie wusste, dass Liam ein stürmischer Fahrer sein konnte. Vor allem wenn er so gelaunt war wie gerade.
„Liam?", Jenna hatte beschlossen Liam, jetzt da sie ja sowieso bei dem Thema waren, auf Maria anzusprechen. Es konnte ja wohl kaum was schaden, oder?
„Was ist los?", gerade sah er über seine Schulter und versuchte das Auto auszupar-ken.
„Du und Maria. Irgendwas stimmt doch nicht zwischen euch, oder?", Jenna beobach-tete ihn und achtete auf irgendeine Reaktion in seinem Gesicht, doch die kam nicht.
„Naja, es ist ja nicht so als wären wir vorher beste Freunde gewesen oder so. Maria mischt sich meiner Ansicht nach in Dinge ein, die sie nichts angehen und das kann schon mal nerven.", erklärte Liam ruhig und bog rechts ab.
„In was für Dinge zum Beispiel?", Jenna war neugierig und wollte zu gerne wissen, was genau geschehen war doch so wie sie Liam kannte, würde er ihr mit Sicherheit nicht alles in jeder kleinen Einzelheiten preisgeben.
„Dinge eben. Ist ja auch egal, sie ist deine Freundin, nicht meine. Ich muss gar nicht klar kommen mit ihr!", wieder mal ein kleiner Schlag in die Magengrube. Jenna woll-te am liebsten rausrufen, dass es aber ihr wichtig war, dass sich zwei Menschen die ihr beide sehr wichtig waren, gut verstanden. Doch Liam dieser Klotz verstand mal wieder gar nichts.
„Wenn du meinst.", mit vor der Brust verschränkten Armen wandte sich Jenna zum Autofenster und sah nach draußen, nur um Liam nicht wieder ansehen zu müssen. Liam hatte diesen Wink offenbar verstanden, denn er sprach sie nicht mehr an.
Immer wenn Liam an das Gespräch mit Maria dachte, ging seine Stimmung in den Keller. Genau dasselbe geschah, wenn er an Chris dachte, mit dem er in der letzten Zeiten eher weniger zu tun gehabt hatte. Ob das daran lag, dass er so viel mit Jenna unternahm oder daran, dass er Chris irgendwie aus dem Weg ging konnte er nicht mit
Hundertprozentiger Sicherheit sagen doch er wusste, dass es so war. Chris hatte ihn und Jenna beobachtet als sie sich in ihrem Haus geküsst hatten, was natürlich ein sel-ten blöder Fehler gewesen wäre. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn Liam sich si-cher wäre, dass sie zusammenbleiben würden, doch das war er nicht und Chris wusste es. Liam konnte in Jennas Augen immer wieder sehen, dass sie Gefühle für ihn hatte. Vermutlich starke Gefühle und diese konnte er in diesem Rahmen einfach nicht er-widern. Doch immer wenn er auch nur kurz daran dachte, eine Zukunft mit ihr haben zu können wurde ihm ganz flau im Magen. Er hatte Angst davor. Und zwar panische. Denn die anderen hatte Recht. Er verletzte die Menschen, meistens unbewusst doch was noch schlimmer war, häufig auch bewusst. Er wollte ihnen weh tun, wenn sie ihm zu nah kamen. Und Jenna kam ihm immer näher, doch er wollte sie nicht verletzen. Er wollte sie glücklich machen, so lange er das konnte denn der große Knall würde früher oder später unweigerlich kommen. Er hätte die Sache mit ihr auch gleich be-enden können doch er wollte nicht in ihre verletzten Augen sehen, wollte kein rie-sengroßes Theater heraufbeschwören. Und, wenn er ganz ehrlich zu sich selber war, wollte er selber nicht, dass es endete denn das erste Mal konnte er wirklich so sein wie er war. Stellte sich nur die Frage, ob er in dieser Angelegenheit egoistisch sein durfte. Denn dadurch trat er so manchen Personen auf die Füße, das wusste er, denen er eigentlich nicht auf die Füße treten wollte. Chris zum Beispiel. Dieser war für ihn wie ein Bruder und diesen wollte er keinesfalls verlieren. Er konnte ihn ja verstehen. Seiner Schwester gegenüber hatte er einen starken Beschützerinstinkt, den kein Bru-der einfach so mal abschalten konnte und der bei einem Typen wie Liam natürlich laute Warnsignale von sich gab. Dennoch enttäuschte es ihn, denn Chris war einer derjenigen gewesen, die ihm immer gut zugeredet hatten. Auch nach der Sache mit Kevin.
„Also wir sehen uns dann später, oder?", Jennas Stimme riss Liam aus seinen Gedan-ken und er bemerkte, dass er vollkommen geistesabwesend bis zu sich nachhause gefahren war. Das Auto stand bereits in der Einfahrt und der Motor war aus.
„Ja, klar. Bis später. Ich hol dich in zwei Stunden ab, ok?", Liams Stimme war belegt, nach all den Dingen, die ihm durch den Kopf gegangen waren und es kam ihm un-wirklich vor, hier auf einmal neben Carson zu sitzen.
„Alles in Ordnung?", fragte sie ihn jetzt mit zusammengezogenen Augenbrauen. „Ja alles bestens!", erklärte er schnell und zog den Zündschlüssel raus. Als er ausstieg war er froh um die frische, warme Luft die ihm ins Gesicht blies.
Er hörte die Beifahrertür zuknallen und sah Jenna, die ihn besorgt ansah.
„Dann bis später!", sie winkte noch einmal halb zum Abschied und wandte sich dann ab. War dieses Mädchen tatsächlich dasselbe, mit dem er sich bis aufs Blut gestritten hatte? War sie tatsächlich noch dieselbe, in der er sich damals verliebt hatte? Auf die sich seine gesamte Wut und sein ganzer Hass bezogen hatte? Er konnte es kaum glauben.
Mit in den Hosentaschen versenkten Händen schlenderte auf seine Haustür zu und ließ sich nochmal den Tag durch den Kopf gehen und dabei blieben seine Gedanken erneut an Maria hängen und an das was sie ihm vorgeworfen hatte, als sie sich im Schulgang über den Weg gelaufen waren. Auch die Sache mit Steph wollte ihm nicht aus dem Kopf gehen, doch anstatt sich Vorwürfe zu machen fragte er sich, warum er überhaupt diese Andeutung gemacht hatte, wenn er doch keinerlei Interesse an Steph hatte. Und warum, wenn Jenna neben ihm saß wo er doch ahnte, was in ihr vorging. Steph gegenüber hatte er sich bestimmt nicht falsch verhalten aber wahrscheinlich Jenna gegenüber. Denn er wusste was Steph in ihr auslöste. Er hatte selber schon ver-sucht sie vor ihrem Einfluss zu bewahren und jetzt? Er konnte einfach nicht anders. Er war einer dieser Typen, die zuerst handelten und danach erst darüber nachdach-ten. Das würde er vermutlich immer sein.
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