27. Kapitel: Mal locker werden
27. Kapitel: Mal locker werden
„Das hat er nicht wirklich gesagt oder?“, fragte Maria erstaunt. Sie lag bäuchlings auf Jennas Bett und hatte ihre Beine überkreuzt während sie den Erzählungen ihrer Freundin gelauscht hatte und ziemlich beeindruckt gewesen war.
„Doch hat er! Wo warst du nur? Wenn du da gewesen wärst hätte er gar nicht erst die Möglichkeit gehabt mich dauernd zuzulabern!“, erklärte Jenna ihrer Freundin empört. Sie hatte seit Freitag nicht mehr wirklich mit Maria gesprochen und heute hatte sie Sport einfach sausen lassen, was vollkommen untypisch für sie war.
„Naja, ich hatte eben einfach etwas anderes zu tun!“, meinte Maria und zog gedankenverloren an ihrem Kaugummi den sie im Mund hatte. Jenna fand diese Geste ziemlich ekelhaft, sagte jedoch nichts dazu, stattdessen ging sie auf das ein, was ihre Freundin gerade eben zu ihr gesagt hatte.
„Und was könnte bitte wichtiger sein als Schule?“, fragte sie also entgeistert und vergaß für einen kurzen Moment all die Dinge, die Liam ihr heute an den Kopf geschmissen hatte.
„Naja, was anderes eben!“, antwortete Maria und schien dabei nicht vorzuhaben Jenna zu erzählen was eigentlich los war.
„Maria jetzt komm schon, was ist eigentlich los mit dir? Du warst am Freitag schon seltsam drauf und seither haben wir nicht mehr miteinander gesprochen, also?!“, Jenna ließ sich auf ihrem Bett nieder und wartete ab, dass ihre Freundin reagierte. Diese verdrehte die Augen und setzte sich jetzt ebenfalls auf, steckte sich den Kaugummi zurück in den Mund und zog die Beine an.
„Ok, also da gibt es diesen Collegetypen…“, begann sie ihre Erzählung und wirkte dabei direkt aufgeregt.
„Collegetypen? Wo hast du den denn kennengelernt?“, fragte Jenna doch Maria hob beschwichtigend die Arme und bedeutete ihr den Mund zu halten und einfach zuzuhören.
„Also, da gibt es diesen Collegetypen den ich beim letzten Mal, als wir unterwegs waren, kennengelernt habe und oh Jenna, er ist einfach unglaublich!“, erklärte Maria träumerisch.
„Ok, er ist unglaublich…hab verstanden. Und warum warst du dann am Freitag so schlecht drauf?“
„Weil er mich versetzt hat!“, meinte Maria als wäre dies eigentlich total einleuchtend.
„Weil er dich versetzt hat?!“, wiederholte Jenna tonlos und sah ihre Freundin an.
„Und was läuft mit diesem Typen genau? Wie heißt er überhaupt?“, fragte Jenna ihre Freundin weiter aus. Sie wollte alles erfahren! Wenn sie schon selber nichts Aufregendes in ihrem Leben erlebte, dann wollte sie zumindest an den Stories ihrer Freundin teilhaben.
„Er heißt Tyler und naja, was soll da schon laufen?!!“, meinte ihre Freundin lachend. Dabei hob sie ihre Augenbrauen mehrere Male an und sah Jenna eindringlich an.
„Oh, du willst mir doch nicht erzählen, dass du mit einem Typen vom College schläfst, oder??“, fragte Jenna ungläubig und stockte. Chris hatte einen Kumpel der Tyler hieß. Offen gestanden sah dieser Tyler wirklich sehr gut aus und auch in Jennas Vorstellungen war sie das ein oder andere Mal mit ihrer Hand über seinen unglaublichen Körper gefahren aber, das konnte doch nicht sein, oder?
„Doch tue ich…“, sagte Maria und kreischte dabei ein klein wenig auf weil sie so lachen musste. Sie vergrub ihr Gesicht für einen Augenblick in Jennas Kopfkissen bevor sie es wieder fallen ließ und erneut das Wort ergriff.
„…Und ich schwöre dir Jenna, es ist einfach unglaublich!“
Jenna wusste nicht, was sie davon halten sollte. Nicht im Geringsten.
„Maria, es handelt sich dabei aber nicht um Tyler Smith, den Kumpel von meinem Bruder, oder?“, fragte Jenna vorsichtig und dabei sah Maria ertappt auf.
„Vielleicht?“, sagte sie ein wenig kleinlaut.
„Maria!! Dieser Kerl pennt doch mit jeder zweiten die ihm über den Weg läuft!“, sagte Jenna empört. Ihre Freundin hatte sich doch wohl nicht ernsthaft auf einen Typen eingelassen der sie nach Strich und Faden verarschen würde?
„Jenna jetzt komm schon, verdirb mir nicht den Spaß, ok? Ich meine, ich will ihn doch nicht gleich heiraten oder so was in der Art! Es ist einfach….es passt im Moment genau so wie es ist, mach also nicht mehr oder weniger daraus als es ist!“, verteidigte sie sich. Jenna war nicht im Geringsten überzeugt doch Maria hatte Recht. Jenna musste mal locker werden! Nicht jeder Kuss oder jede Nacht mussten gleich zu einer Beziehung führen, sie wusste auch nicht, weshalb sie immer sofort an so was dachte.
„Aber du magst ihn doch, oder?“, fragte Jenna Maria dennoch, denn sie konnte sich ihre Freundin einfach nicht vorstellen, wie sie bedeutungslosen Sex mit irgendeinem Typen in dessen muffigem Zimmer hatte.
„Natürlich mag ich ihn!“, erklärte Maria. Bevor Jenna jedoch etwas darauf erwidern konnte wurde die Tür ihres Zimmers aufgerissen und Chris sprang herein.
„Schwesterherz! Dir geht’s also gut? Ich dachte schon, ich hätte dich an die Nacht verloren…“, erklärte er und ließ sich neben Maria auf dem Bett nieder so als hätte er nicht gerade ein Gespräch unter Frauen gestört. Maria hatte Jennas Bettkissen in einer festen Umarmung vor sich gedrückt und sah Chris einfach nur mit hochgezogenen Augenbrauen an während Jenna zunächst nicht verstand wovon Chris da gerade wieder sprach.
„Was zum Teufel meinst du? Ich schwöre dir Chris, ich habe den Eindruck seit du auf dem College bist, bist du noch durchgedrehter als vorher!“, meinte Jenna und schüttelte fassungslos den Kopf.
„Das liegt daran, dass ich tun und lassen kann was ich will!“, meinte er schulterzuckend und setzte dann zu einer Erklärung an.
„Na, du bist doch gestern mitten in der Nacht mit David verschwunden! Ich hab heute noch nichts von ihm gehört da dachte ich mir, ich frage einfach dich was das für eine Nacht und Nebel Aktion war!“, sagte Chris und dabei schoss Marias Blick zu Jenna. Sie schien überrascht.
„Du brauchst gar nicht so zu schauen! Wenn ich dich heute gesehen hätte, dann hättest du das alles schon längst erfahren Madame!“, meinte Jenna lediglich und verschränkte dann ihre Arme vor der Brust. Sie blickte aus dem Fenster und stellte erfreut fest, dass die Bäume mittlerweile schon richtig grünten, sie liebte den Sommer. Sie liebte es wenn die Wärme sich langsam über dem Land ausbreitete! Selbst wenn die Nächte immer noch eiskalt waren, so waren die Tage mittlerweile von einer angenehmen Wärme getränkt die einen wohligen Schauer durch ihren Körper fahren ließ.
„Liam hat sich gestern betrunken und weil ich versucht hatte ihn zu erreichen, da Mrs. Welsh sich riesige Sorgen gemacht hat, und mein lieber Bruder ebenfalls nichts besseres zu tun hatte als sich volllaufen zu lassen…“, einen kurzen Moment hielt Jenna inne um diesen zu nutzen, ihren Bruder etwas giftig anzusehen. Er fühlte sich anscheinend jedoch nicht im Geringsten angesprochen denn er wartete nur gespannt darauf, dass Jenna weiter erzählte.
„…hat er mich zurückgerufen und mich dann darum gebeten ihn abzuholen!“, erklärte Jenna als wäre das alles schon alles.
Chris nickte so als verstünde er alles. „Klar und nur weil Liam dich anruft heißt das, dass du sofort in die Nacht davonschwebst und ihn auch holst, da ihr ja so super gute Freunde seid, nicht?“, offenbar hatte er nichts verstanden, stellte Jenna etwas genervt fest.
„Genau dasselbe hat dein Kumpel auch gesagt! Ich hab das alles nicht so ganz durchdacht, ok? Ich hab mir einfach Sorgen gemacht und aus diesem Grund bin ich sofort los als ich wusste, dass es Liam gut ging! Hauptsache wir sind heil wieder zuhause angekommen, der Rest ist doch eigentlich vollkommen egal, oder?“, meinte Jenna stirnrunzelnd. Warum zum Teufel verstand nur nie irgendjemand warum sie so handelte wie sie es tat? Sie hatte es so satt sich ständig rechtfertigen zu müssen! Chris war schließlich mitten unter der Woche beim saufen gewesen und Maria schlief mit einen von seinen Kumpels. Einem Kumpel der bestimmt schon eine dreistellige Anzahl von Frauen flachgelegt hatte! SIE waren eigentlich diejenigen die sich hätten rechtfertigen müssen!
„Und jetzt hab ich eigentlich gar keine Lust mehr darauf über Liam zu reden!“, endete sie und für einen kurzen Moment wurde es still im Zimmer. Maria sah sie so an als beobachte sie gerade etwas unglaublich spannendes das im Fernseher lief und Chris hatte seine Stirn in Falten gelegt so als denke er sich „Irgendwas läuft hier und das gefällt mir gar nicht!“, doch er sprach es nicht aus. Die Stille wurde durch ein auffälliges Klingeln gestört und Jenna stellte fest, dass sie eine SMS erhalten hatte. Sie schnappte sich ihr Handy, das auf ihrem Nachttisch lag und betätigte den Powerknopf ihres Smartphones. Sofort wurden die Nachricht und der Absender angezeigt.
„Liam…“, murmelte sie ohne bestimmten Grund. Sofort waren Chris und Maria zu beiden Seiten aufgetaucht und sahen auf den Bildschirm der vor ihnen hell aufleuchtete. Jenna konnte nichts mehr sehen.
„Und schreibt er was interessantes?“, fragte sie trocken und wartete darauf, dass die Beiden erkannten was sie da gerade taten.
„Naja, er fragt was du so treibst!“, meinte Chris und Maria fügte hinzu „Und ob du Bock hast irgendwas zu unternehmen!“
„Seit wann genau seid ihr zwei eigentlich so dicke?“, fragte Chris schließlich nach einigen Sekunden der Stille und sah auf.
„Wir sind nicht ‚so dicke‘ wie du sagst, sondern wir haben ein gemeinsames Projekt. Wahrscheinlich will er nur wieder mal etwas dafür machen….“, erklärte Jenna und zog ihr Handy jetzt wieder an sich, damit sie den Text selber durchlesen konnte.
Liam: „Hey Carson, alles klar bei dir? Was treibstn so gerade? Eric und ich haben uns gedacht wir könnten was unternehmen und da ich weiß, dass du sonst nur zuhause rumhockst dachte ich, ich frag dich mal ob du auch Bock hast?“
Ob sie auch Bock hatte? Auf was denn genau?
„Jetzt schreib ihm schon zurück, uns ist eh langweilig also können wir genauso gut etwas machen!“, meinte Maria die offenbar ihren Gefallen daran fand, dass Liam und Jenna sich so gut verstanden. Ein wenig zu großen Gefallen ihrer Meinung nach.
Jennas Finger schwebten über den Touchscreen und sie tippte ihre Nachricht ein. Ohne groß darüber nachzudenken schickte sie sie ab.
Jenna: „Maria ist grad da also, wenn das was du vorhast uns nicht gerade in den Knast bringt und du mir dabei nicht allzu sehr auf die Nerven gehst, kannst du mir ja mal sagen was genau ihr vorhabt!“ , lautete der Text und erneut hörte sie sich wieder giftiger an als sie eigentlich hatte sein wollen. Sie hatte heute selber schon darüber nachgedacht, dass sie dringend ein wenig Spaß nötig hatte, doch die Art und Weise wie Liam ihr dies heute an den Kopf geschmissen hatte, hatte ihr gar nicht gefallen. Sie war in seinen Augen immer noch die langweilige alte Streberin die nichts mehr wünschte, als ein langweiliges und langes Leben zu führen. Am besten ohne jegliche Spannung. Doch genau das wollte sie nicht! Sie wollte etwas erleben, wollte endlich einmal der Mittelpunkt von irgendwas sein und vor allem wollte sie unbedingt das, was Liam ihr heute versprochen hatte. Sie wollte endlich mal ein wenig locker werden! Die zwei Jahre mit Richard hatten sie so ausgebremst in ihrem eigenen Dasein, dass sie durchaus verstehen konnte, dass Liam sie als Langweilerin sah doch das musste er ihr ja wohl kaum so direkt an den Kopf knallen! Es verletzte sie, auch wenn sie dies niemals ihm gegenüber zugeben würde. Wenn sie das über sich dachte oder sagte war es schließlich etwas vollkommen anderes wie wenn jemand anderes das von ihr behauptete.
„Was hast du ihm geschrieben?“, fragte Maria, weil Jenna nichts sagte und ihr Handy zur Seite legte.
„Dass er sich in irgendein Loch verkriechen und mich in Ruhe lassen soll!“, antwortete Jenna ernst und Maria stöhnte auf während Chris sich mit der flachen Hand gegen die Stirn schlug.
„Schwesterchen du bist echt nicht mehr zu retten!“, gab er von sich während Maria „Warum zum Teufel hast du das gemacht?“, fragte. Ohne es auch nur annäherungsweise in Frage zu stellen glaubten sie den Scheiß, den Jenna ihnen erzählte. Kein Wunder. Sie hätte sich wahrscheinlich selber auch geglaubt!
Ein Klingeln bewahrte sie davor irgendwas darauf zu antworten, stattdessen las sie konzentriert seine Antwort und sah dann hinaus. Sie hatte den Eindruck, dass es langsam zu dämmern begann und so fragte sie sich was genau Liam eigentlich vorhatte doch dann beschloss sie sich einfach mal darauf einzulassen. Er war auf die Sache mit dem Knast nicht eingegangen also konnte Jenna sich schon vorstellen was er tun wollte doch genau wissen konnte sie das erst, wenn sie dort waren. Also tippte sie ein schnelles „Ok, bis gleich!“, ins Handy und sah auf die Beiden die ihr gegenüber saßen.
„Maria, du brauchst einen Bikini! Chris, geh und pack deine Badesachen ein. Wir gehen schwimmen!“, erklärte Jenna lächelnd und überraschte die Beiden damit vollends.
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Es hatte definitiv seinen Vorteil, wenn man in der Schwimmhalle Kurse gab, denn so bekam man den Schlüssel und jederzeit Zugang. Selbst wenn das Hallenbad eigentlich geschlossen hatte, doch das wusste Carson nicht. Liam beobachtete sie, wie sie aufgeregt von einem Bein auf das andere trat, während sie darauf wartete, dass alle aus Erics Wagen stiegen. Nervös blickte sie sich um und Liam fragte sich, was sie dazu bewogen hatte, überhaupt mitzukommen.
„Carson geht’s dir gut? Du schaust nämlich ziemlich scheiße aus!“, sagte er von der Seite und forderte damit ihre gesamte Aufmerksamkeit. Bitterböse sah sie ihn an und überlegte anscheinend, was sie darauf erwidern konnte.
„Ich sehe genauso aus wie immer! Sprich mich heute bitte einfach nicht mehr an, ok? Jedes Mal wenn Worte deinen Mund verlassen stinkt es nach Kuhmist!“, erklärte sie ihm und lächelte daraufhin eiskalt. Liam zuckte mit den Schultern und meinte dann „Ich weiß ja, dass du das nicht so meinst! Deine Menstruation spricht aus dir….wobei, es wundert mich ja schon, dass du dann zum schwimmen gehst!“
Jenna riss die Augen auf und holte schließlich aus, um Liam gegen den Arm zu boxen.
„Du widerst mich an Welsh!“, erklärte sie lediglich und als alle endlich ausgestiegen waren und ihre Sachen gepackt hatten fügte sie hinzu „Und wie wollen wir jetzt da rein kommen?“
Eric zog fragend die Augenbrauen nach oben, schließlich wusste er sehr genau, dass Liam einen Schlüssel besaß doch Liam bedeutete ihm, die Klappe zu halten.
„Ich hab da eine Idee, wartet einfach hier, ich bin gleich wieder da! Eric, du kannst mitgehen, ich brauche jemanden der eine Räuberleiter hinbekommt!“, sagte er und zog seinen Freund mit sich, bevor er noch irgendeinen Scheiß erzählen konnte und so verschwanden sie hinter der Schwimmhalle, wo sich der Hintereingang befand.
„Warum tust du so, als würden wir hier einbrechen?“, fragte Eric seinen Kumpel, sobald sie außer Hörweite der anderen waren.
„Weil ich Carson ein wenig aus der Fassung bringen möchte!“, gab Liam zwinkernd zu und während er die hintere Tür aufsperrte, verschränkte Eric die Arme vor der Brust und meinte „Findest du nicht, dass du ein wenig zu viel Energie auf Carson aufbringst, nur um sie ein wenig zu ärgern und ab und an mal aus der Fassung zu bringen?“
Liam zuckte mit den Schultern und beide betraten sie den Eingangsbereich.
„Ne, eigentlich nicht!“, entgegnete er und ging zielstrebig auf die Haupteingangstür zu. Er legte den Hebel um, doch Eric hielt ihn noch einmal zurück.
„Liam, du hast dich nicht…“, bevor Eric seinen Gedanken zu Ende äußern konnte unterbrach ihn Liam.
„Nein hab ich nicht!“, antwortete er kurz und knapp und schüttelte bei dem Gedanken den Kopf.
„Ok, wenn du meinst…“, gab Eric abschließend von sich, bevor Liam auch den zweiten Hebel umlegte und die Tür so öffnete. Carson schien äußerst nervös zu sein.
„Warum nochmal tue ich das Ganze hier?“, fragte sie Maria, die lächelnd neben ihr stand.
„Um ein wenig Action in dein Leben zu bringen?“, meinte sie, doch gleichzeitig hatten auch Chris und Liam geantwortet und so blickten sie sich alle kurz an bevor sie in Gelächter verfielen.
Jenna versuchte diese Aussage zu ignorieren und wandte sich stattdessen an Liam.
„Und du? Wirst du nicht gefeuert, wenn sie dich hier drinnen erwischen?“, fragte sie ein wenig schnippisch, doch Liam zuckte erneut nur mit den Schultern.
„Ich denke wohl eher nicht…“, antwortete er und musste sich ein Grinsen verkneifen. Was hatte er nur all die Jahre vorher getan? Es machte solch einen Spaß Jenna ein wenig an der Nase herum zu führen.
„Ok, also gut…na dann los, würde ich mal sagen!“, sagte Jenna schließlich entschlossen und tappte an Liam vorbei, doch nicht ohne ihm einen kleinen Schubser mit der Schulter zu geben.
„Pass auf die Laser auf!“, rief er ihr hinterher und sie verharrte in der Bewegung.
„Laser?“, sie hob die Arme ein wenig an, so als würde sie sofort den Alarm auslösen, sollte sie auch nur einen einzigen Schritt weiter gehen.
„Welche Laser?“, fragte sie noch einmal und blickte sich zu den Anderen um. Sie war sich anscheinend sicher, dass jeden Moment eine ganze Razzia an Polizeiautos vor dem Schwimmbad stehen und sie für den Rest ihres Lebens einsperren würde. Liam musste sich erneut ein Grinsen verkneifen.
„War nur ein Scherz Carson, mach dich mal locker!“, meinte er kopfschüttelnd. In seinem Rücken hörte er, während er die Türen wieder verschließ, die nachhallende Stimme Jennas, die seine letzten Worte wiederholte.
„Das dürfte lustig werden!“, murmelte er vor sich hin und überlegte, wie er dieser verbohrten und notorisch schlechtgelaunten Zimtzicke nur endlich ein wenig Freude ins Leben bringen konnte.
„Kommst du oder was?“, rief ihm Eric zu, der Rest war bereits in den Umkleidekabinen verschwunden.
„Geh schon mal vor, ich schalt noch kurz das Licht an!“, antwortete er und schlenderte auf den Stromkasten zu, der sich hinter der Kasse befand. Je mehr Zeit er mit Carson verbrachte, desto mehr hatte er das Gefühl, dass sie eigentlich aus ihrem schnöden und langweiligen Dasein ausbrechen wollte, nur leider keine Mittel und Wege hatte, dies auch in die Tat umzusetzen. Der Vollidiot Bres hatte ihr dabei natürlich auch nicht wirklich weiter geholfen und sich stattdessen seinerseits irgendwann bewusst gemacht, dass es Zeit wurde, das Leben zu genießen. Leider hatte er dies auf Kosten von Jenna getan, die ziemlich an ihm gehangen hatte. Vielleicht plagte Liam nach wie vor das schlechte Gewissen wegen der Sache in der Shopping Mall, vielleicht war ihm aber auch einfach nur langweilig, vielleicht aber, und bei diesem Gedanken würde er niemals zugeben, dass er ihn überhaupt gehabt hatte, wollte auch einfach er derjenige sein, der Jenna Carson die Freude ins Leben brachte.
Er hatte sich häufig mit Chris unterhalten und natürlich hatte Chris, während ihrer langjährigen Freundschaft, auch das ein oder andere mal über seine Schwester gesprochen. Liam wusste also sehr genau, dass Jenna ein Einsiedler war, dass sie kaum jemanden außerhalb des Bekanntenkreises ihres Bruders kannte und, dass sie sich immerzu zuhause verkroch. Es war ihr Abschlussjahr und dieses würden sie beide in Frieden beenden. Danach würde ein neues Kapitel ihres Lebens starten.
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„Ist irgendwie ziemlich genial hier ganz alleine zu sein, oder was sagst du?“, fragte Maria Jenna, während sich beide an den Beckenrand klammerten um nicht unter zu gehen.
Jenna wartete einen Moment mit der Antwort und drehte sich stattdessen um, die Ellbogen stütze sie am Beckenrand ab. Sie beobachtete die drei Jungen, die herumblödelten, sich gegenseitig nass spritzten oder untertauchten und überlegte, wann sie das letzte Mal so etwas in dieser Art erlebt hatte. Sie musste zugeben, dass sie das Einzige mal, dass sie auch annäherungsweise etwas in dieser Art mitgemacht hatte, das Mal gewesen war, als sie mit Liam auf dem Footballfeld erwischt worden war. Dieser Junge hatte definitiv keinen guten Einfluss auf sie. Das auf jeden Fall, doch gleichzeitig wusste sie genau, dass sie auch noch sie viel Spaß innerhalb so kurzer Zeit gehabt hatte.
Sie lächelte und nickte, während sie Liam dabei beobachtete, wie dieser gerade ihren Bruder tauchte und gefährlich lange unter Wasser hielt.
„Ok, ja! Es hat was!“, fügte sie zu ihrem Nicken hinzu, da sie sich nicht sicher war, ob Maria sie überhaupt ansah.
„Ok, ja…es hat was! Ach komm Jenna, gib doch zu, dass du echt Spaß hast!“, meinte Maria ein wenig herablassend. Sie kannte diese Art ihrer Freundin sehr gut und wollte, auch wenn es nur ein einziges Mal war, von ihr hören, dass sie etwas wirklich glücklich machte. Für Jenna war immer alles ‚Ok‘, oder ‚nicht schlecht‘, doch ‚genial!‘ hatte sie von Jenna selten gehört. Sie fand es wirklich schade, dass sie immer so zurückhaltend war, musste jedoch zugeben, dass sich dies in den letzten Wochen sowieso schon gebessert hatte. Sie plagte immer noch das schlechte Gewissen, wegen ihrem Betrug bei den Projektgruppen, doch wenn sie Liam und Jenna so ansah dann wusste sie genau, dass sie das Richtige getan hatte.
„Mädels kommt schon! Nicht faulenzen, schwimmen!“, rief Liam den beiden zu und schon kamen alle drei Jungs auf sie zugeschwommen. Chris mit großen und schnellen Kraulbewegungen und keine drei Sekunden später war er bereits bei Maria angelangt, hatte sie gepackt und über die Schulter geschmissen. Vollkommen durchnässt und atemlos tauchte sie wieder auf. Jenna hatte das alles still beobachtet und dabei in sich hinein gelächelt. Böser Fehler, denn schon hatte Liam sie um die Hüfte gepackt, sie an sich gezogen und hatte ihren Kopf nach unten gedrückt, während er selber ebenfalls dabei tauchte. Sie riss die Augen auf und sah sein Gesicht knapp vor ihrem eigenen, kurz darauf durchbrach sie wieder mit geschlossenen Augen die Wasseroberfläche und schnaufte schwer. Sie strich sich das Wasser aus dem Gesicht und blickte Liam an, der gerade eben ebenfalls wieder aufgetaucht war.
„Warum war mir nur klar, dass so was kommt?“, fragte Jenna ihn und strich sich erneut mit der Hand über das Gesicht.
„Na, weil du mich so gut kennst, würde ich mal sagen?“, entgegnete Liam lachend und riss sie mit einem Mal an sich. Ihr Rücken klebte an seinem Oberkörper und genau in dem Moment, bekam sie einen Schwall Wasser ins Gesicht. Sie prustete und hustete einige Sekunden, während Liam sie immer noch festhielt, damit sie nicht unterging.
„Sorry Jenna, ich wollte eigentlich Liam erwischen!“, meinte Eric entschuldigend und widmete sich Chris und Maria, die sich einen erbitterten Kampf lieferten.
„Das war unfair Liam!“, meinte sie jetzt ein wenig trockener, da ihre Nase immer noch von dem Wasser brannte. Seine Finger glitten ihre Hüfte entlang, nur kurz nach vorne zum Bauch und wieder zurück, doch sie spürte diese Berührung wie einen kleinen Blitzschlag. Seine Nähe war ihrem Körper nur allzu bewusst und so drückte sie sich ein wenig von ihm weg um ihm wieder ihr Gesicht zuwenden zu können.
„Du solltest doch wissen, dass ich unfaire Mittel anwende!“, meinte er und sie sah die Wassertropfen, die sein Gesicht entlang flossen.
„Nein das tust du nicht…“, sagte sie bevor sie darüber nachdenken konnte. Dabei riss Liam ein wenig überrascht die Augen auf.
„Du tust immer nur so, als wärst du ein übler Kerl, aber ich glaube in dir steckt wesentlich mehr, als du einem zeigen möchtest!“, sagte sie in einem Anflug von Geisteskrankheit und sah ihm direkt in die Augen. Die blauen Augen starrten sie überrascht an und er kam ein wenig näher.
„Weißt du Carson, bei dir weiß man nie woran man ist und genau das, macht die ganze Sache auch so spannend!“, sagte er nach einigen Sekunden. Er streifte ihre Wange mit seinem Finger und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Dies überraschte Jenna so sehr, dass sie zu atmen vergaß.
„Das dürfte wohl noch recht spannend werden…“, murmelte er anschließend und zog seine Hand zurück.
„Hey ihr zwei, seid ihr dann bald fertig mit dem Turteln?“, rief Chris ihnen zu und schickte einen Schwall Wasser hinterher. Der Zauber, der für ein paar Sekunden über ihnen gelegen hatte war gebrochen und beide wandten sich in die Richtung der anderen.
„Turteln…wir zwei turteln doch nicht! Wenn dann kommen wir gleich zur Sache!“, sagte Liam und zwinkerte Jenna zu, bevor er los schwamm und Chris erneut zu tauchen begann.
Wenn dann kommen wir gleich zur Sache!, was zum Teufel sollte das denn nun wieder bedeuten?
Jenna wurde einfach nicht schlau aus diesem Kerl und so zuckte sie die Schultern, verbuchte gerade eben gesagtes als ‚mal wieder sinnloses Geschwafel‘ und schwamm los. Wäre sie ehrlich zu sich selber gewesen hätte sie zumindest zugegeben, dass sie es sich irgendwie wünschte, zur Sache zu kommen.
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Viele Grüße eure lullaby1988
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