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24 - Winter

Ragnar Sigurdson sass in seiner grossen Kupferwanne und drehte die Perlen an seinem geflochtenen Bart zwischen den Fingerspitzen. Er murmelte gedankenverloren vor sich hin und nahm die Diener, die ihm die Badewanne mit Wasser füllten, gar nicht wahr.

Sachte leerte Luca seinen Kessel in die Wanne und begab sich mittlerweile schon zum fünften Mal nach draussen zum Brunnen, um den Behälter mit Wasser zu füllen und diesen dann wieder ans Feuer zu stellen, damit sich das eiskalte Grundwasser erwärmte. Die Wanne war gross, er und die anderen zwei Sklaven würden noch mehrfach in die eisige Kälte treten müssen, bis Ragnar zufrieden war.

Es war ein eisiger Wintermorgen in Vestervig. Schnee war noch keiner gefallen, aber der Boden war hart vom Frost und an den kahlen Ästen und Sträuchern wuchsen Eisblumen. Am Strand hatten sich erste Eisbrocken gebildet von Wellen, welche nicht rechtzeitig zurück ins Meer fliessen konnten, bevor sie gefroren. Die Natur hatte sich verkrochen, es schien alles stiller als sonst. Auch die Strassen und Gassen waren wie ausgestorben. Niemand hatte bei der Eiseskälte Lust, einen Schritt nach draussen zu wagen.

Luca lief über den zu Stein gewordenen Boden. Jeder Atemzug stach ihm in der Lunge und wenn er ausatmete, bildete sich ein sanfter Dunstnebel vor seinem Gesicht. Seine Lippen waren an den Rändern violett angelaufen. Mit hastigen Griffen band er das Brunnenseil an den Kessel, warf ihn in die Tiefe und hievte ihn mit kräftigen Zügen wieder zu sich hoch. Das eiskalte Wasser schwappte über und nässte sein Hemd.

Als er an den Pfählen mit den aufgespiessten Köpfen der Schweden vorbeilief, starrte er auf den Boden. Er ertrug den Anblick nicht. Schon seit zwei Vollmonden verrotteten die dreizehn Köpfe an den Pfahlspitzen. Es war ein Mahnmal für Vestervig — für das, was bei dem Angriff passiert war. Hauptsächlich jedoch war es eine Warnung für alle Feinde, die sich in die Nähe von Ragnars Stadt wagten. Man sollten sehen, dass Ragnar seine Sippe zu schützen wusste.

„Los. Macht schneller!", rief Durup den drei Sklaven zu. Er stand an der Eingangstür zu Ragnars Wohnhaus und trippelte ungeduldig mit dem Fuss.

Durup war Ragnars persönlicher Diener und schon seit Ewigkeiten im Dienst des Jarls. Man munkelte, dass er bei Ragnar einen solchen guten Stellenwert hatte, dass ihm dieser seine Essensreste manchmal gab. Ob das wirklich stimmte, wusste Luca nicht, aber er fand den Gedanken ekelhaft. Durup war stolz darauf, Ragnar dienen zu dürfen. Ganz anders als Luca, welcher es so hasste für diesen Verbrecher schuften zu müssen.

Luca eilte mit dem vollen Kessel an Durup vorbei. Hinter ihm die zwei anderen Sklaven. Sie zitterten vor Kälte.

„Ans Feuer. Näher!", befahl Durup und schob die Kessel in die Glut. Die Vorkammer, in welcher sie die Eimer aufheizten, war über einen Zugang direkt mit der Wohnstube verbunden.

„Das Wasser wird kalt! Verdammt nochmal!", rief Ragnar in die Vorkammer. Durup zuckte zusammen und trat in die Wohnstube, während sich Luca und die anderen zwei Sklaven am Feuer die Hände wärmten.

„Entschuldigung, mein Jarl", hörten sie Durup murmeln. „Der Frost der letzten Nacht hat das Brunnenwasser stark abgekühlt. Es dauert, bis es angenehm warm ist."

Ragnar nahm diese Information grummelnd zur Kenntnis. Dann kam Durup wieder in die Vorkammer und gab den Sklaven zu verstehen, dass sie ihre Kessel aus der Glut nehmen und sie in die Wanne giessen sollten. Luca hob seinen Eimer ächzend auf und trat in die Wohnstube.

Die Wanne hatte man in der Mitte des Raumes aufgestellt. Ragnar fläzte sich darin mit geschlossenen Lidern. Eine junge Frau mit schwarzen Haaren, die bis auf ihre goldene Taillenkette nichts trug, stand hinter ihm und massierte seine Schultern. Sie war vollbusig und kräftig gebaut. Zwei weitere nackte junge Frauen sassen links und rechts neben der Wanne. 

Als Luca näher trat, um seinen Eimer in die Wanne zu giessen, streckte Ragnar ein Bein aus dem Wasser und liess es über den Rand baumeln. Die schlanke Frau mit den roten Locken, welche zu seiner Linken sass, begann mit seinen Zehen zu spielen. Sie streichelte die Fusssohlen mit ihren Fingerspitzen und nuckelte am grossen Zeh. Das gefiel Ragnar. Er grunzte zufrieden. Die Blonde, die rechts neben der Wanne kniete, kämmte ihr langes Haar, das ihr bis zu den Oberschenkeln reichte.

„Ihr zwei holt mir nochmal zwei Kessel voll", scheuchte Durup die anderen beiden Sklaven auf. „Und du", meinte er an Luca gerichtet, „du machst das Feuer stärker. Ein paar grosse Holzscheite sollten reichen. Und bring deinem Herrn eine Kanne Met."

Luca nickte stumm und machte sich an die Aufgaben. Derweilen verlangte Ragnar einen Lagebericht seines treusten Dieners.

„Irgendwelche Neuigkeiten aus der Bevölkerung, die mich interessieren sollten?", hörte Luca Ragnar sagen.

Durup hatte seine Augen und Ohren überall, so munkelte man. Er wusste immer über das neuste Geschwätz in der Stadt Bescheid. Nichts konnte ihm entgehen. Er war für Ragnar das, was Hugin und Munin für Odin waren: Ein Bote, der ihm über die Geschehnisse in der Welt berichtete. Es war nicht das erste Mal, dass Ragnar seinen Diener um Informationen bat.

Luca kam mit dem Met herein und füllte seinem Herrn einen Becher ein. Dann stellte er sich neben Durup, die Kanne in der Hand, und wartete auf weitere Anweisungen. Er starrte angestrengt auf den Boden. Lange war es her gewesen, seit er die süssen Rundungen einer schönen Frau hatte sehen dürfen. Es war nicht einfach, keinen Blick auf die nackten Weiber zu werfen, die sich um den Jarl schlängelten.

„Der alte Steinmetz ist vorletzte Nacht seinen Verletzungen erlegen", vermeldete Durup.

„Thorvald?", hakte Ragnar nach. „Das arme Schwein. Was wird aus seinem Geschäft?"

„Sein Sohn Ivar wird die Steinmetz weiterführen, wie es scheint."

„Gut. Sonst noch Verluste, die mit den Schweden im Zusammenhang stehen?"

„Nein. Keine."

Ragnar schwieg einen Moment und genoss die knetenden Berührungen seiner dicklichen Hure hörbar. Er ächzte und stöhnte.

Luca hatte damals alles mitbekommen. Wie man Ragnar vor zwei Vollmonden einen Bericht über die Verluste des Überfalls gegeben hatte. Ein Dutzend Personen seiner Sippe waren während der Attacken ums Leben gekommen — die Sklaven ausgeschlossen, natürlich. Fünf weitere Stadtbewohner starben in den Tagen danach. Der Angriff der Schweden hatte den Jarl in ein überaus schlechtes Licht gestellt. Es wurde in der Stadt darüber getuschelt, dass Ragnar Freund von Feind nicht voneinander unterscheiden könne und die Leute fragten sich, wie er diese Hinterlistigkeit nicht erkannt haben konnte. Die geplanten Handelsbeziehungen mit dem Schweden Gustav dem Blauen waren ins Wasser gefallen. Viele Bewohner waren für eine Privataudienz zu Ragnar gekommen und hatten ihn angefleht, kriegerisch gegen den Schweden vorzugehen, um ihre verstorbenen Familienangehörige zu rächen.

Aber Ragnar hatte sich noch nicht entschieden und alle warteten gespannt darauf, wie sein Beschluss ausfallen würde. Man wusste, dass ihm sein Ruf wichtig war. Wichtiger als alles andere auf dieser Welt. Lieder sollten über Ragnar Sigurdson gesungen werden und dafür würde er bestimmt alles tun.

„Sonst noch was?", fragte Ragnar seinen Diener nach einer Weile der Stille.

„Die Bauern melden, dass aufgrund der verwüsteten Lauch- und Zwiebelfelder wir mit einem Lebensmittelmangel gegen Ende des Winters rechnen müssen."

Ragnar seufzte und sank tiefer in die Wanne, als wäre die Bürde des Jarl-seins zu viel für ihn. „Wir werden die Jäger und Fischer wieder gegen Ende des Winters mobilisieren", grummelte er sodann. „Für ihren Einsatz kriegen sie eine zusätzliche Portion Silber."

Durup nickte. „Welch brillante Idee, mein Jarl!"

„Ach, lass sein mit dem Geschmeichel", winkte Ragnar ab. „Sonst noch was?"

Durup überlegte einen Moment und meinte dann: „Ja, ich habe auch Gutes zu berichten. Die Familie Erikson hat einen Nachkommen bekommen. Sveín soll sein Name sein. Ein starker kleiner Krieger. Er hat die ersten Wochen überlebt, wurde von seinem Vater akzeptiert und nun soll zu Ehren seines Lebens ein Geburtsfest bei den Eriksons und Jarsons gefeiert werden."

„Die Geburt eines weiteren Sippenmitglieds — wie erfreulich", brummte Ragnar deutlich zufriedener.

„Ja, sehr erfreulich. Das wird in ein paar Jahren ein starker Krieger für die Raubzüge werden", pflichtete ihm Durup bei.

„Erikson. Das ist Hjalmar Eriksons Sohn?"

„Korrekt."

Der Jarl schnaubte durch die Nase. Es klang verächtlich. „Der wird eine Ausrede finden, warum sein Sohn nicht auf Raubzug soll. Er verabscheut unsere Reisen", murrte er.

„Vielleicht kann sich der Junge etwas von seinem Onkel abschauen." Durup trat auf seinen Jarl zu und blickte ihm direkt in die Augen. Er war der einzige Sklave, der es wagte, seinem Herrn beinahe auf Augenhöhe zu begegnen. „Rurik ist einer Eurer vielversprechenden Krieger, nicht wahr, mein Jarl?"

Ragnar legte den Kopf schief. „Rurik?" Er nickte gedankenverloren. „Ja, er ist einer meiner Besten."

„Der wird bestimmt einen guten Einfluss auf den kleinen Sveín ausüben können."

„Wann soll dieses Geburtsfest sein?", wollte nun Ragnar wissen.

„In zwei Tagen, wurde mir gesagt."

„Ich werde der Familie einen Besuch abstatten, um sie mit meiner Anwesenheit zu ehren und um ihnen für das freudige Ereignis zu gratulieren. Hatten die Eriksons und Jarsons während des Angriffs der Schweden irgendwelche Verluste zu verzeichnen?"

„Hm, ja. Eine Hilfskraft wurde getötet."

Lucas Brust verkrampfte sich bei den Worten. Aveline? Aveline war umgekommen? Er glaubte, nicht mehr atmen zu können und liess den Krug fallen. Die Tonkanne zerklirrte am Boden und liess alle aufschrecken. Durup warf Luca einen tödlichen Blick zu, Ragnar zuckte in seiner Wanne heftig zusammen, sodass das Wasser überschwappte und zwei seiner Weiber anspritzte.

„Was in Odins Namen machst du?", brüllte Ragnar. „Schüttest mein wertvolles Met aus?"

Er wollte sich wieder aufsetzen, rutschte jedoch aus und sank tiefer in die Wanne, schluckte Wasser. Die schwarzhaarige Dame half ihm, sich aufzurichten. Er schnaubte und hustete.

Durup packte Luca am Oberarm. „Entschuldigung, mein Jarl!", sagte er und schob den Sklaven aus der Stube. „Ich kümmere mich sofort darum."

Ragnars Fluchen war von Weitem noch zu hören, als Durup Luca in die Vorkammer schubste und ihm sogleich zwei Ohrfeigen verpasste. Die Schläge kribbelten auf seinen Wangen.

„Reiss dich gefälligst zusammen, wenn du vor Ragnar Sigurdson stehst!", herrschte ihn Durup an. In seinen Augen glänzte die Wut wie ein heisses Feuer. „Sowas kannst du dir nicht ein zweites Mal leisten, hast du gehört? Ich akzeptiere keine Tollpatschigkeiten!" Seine Stimme war beinahe schrill. „Was soll Ragnar bloss von mir denken? Dass ich ihm irgendwelche einfältigen Sklaven als Gehilfen hinstelle?"

Luca antwortete nicht, sondern starrte bloss ins Leere. Aveline war nicht mehr da. Er konnte es nicht glauben. Wollte es nicht.

Durup strich sich mit der Hand übers Gesicht. Er wirkte ausgelaugt und erschöpft. „Verschwinde einfach und komm erst wieder, wenn ich dich rufe", zischte er und kehrte zurück ins Wohnzimmer.

Luca verzog sich in die Sklavenkammer und fiel auf seiner Schlafdecke auf die Knie.

So viele Vollmonde waren vergangen, seit er mit Aveline das letzte Mal gesprochen hatte. Er hatte sie seit dem Tag, an dem sie für ihn die Nägel beim Schmied geholt und ihm dabei das Leben erleichtert hatte, nicht mehr wieder gesehen. Zu hören, dass sie ums Leben gekommen war — und das wahrscheinlich auf schreckliche Weise — schmerzte sehr. Er hatte sie so sehr gemocht.

Gemeinsam hatten sie die Überfahrt von Fécamp nach Vestervig überstanden und sich — wenn immer möglich — gegenseitig aufgebaut. Immer, wenn sie sich von Weitem über die Strassen oder Felder erspähten, hatten sie sich zugewinkt. 

Aveline war das letzte Stückchen Heimat für Luca gewesen. Sie hatte ihm das Gefühl gegeben, dass alles irgendwie gut kommen würde. Wenn er sie traf, vergass er all das körperliche Leiden der anstrengenden Arbeit und den seelischen Schmerz, so fern von der Heimat zu sein. Sie hatten oft über ihre Vergangenheit gesprochen und über die Merkwürdigkeiten ihres neuen Lebens gelacht. Ihre Ausstrahlung und ihr herzliches Lachen waren für ihn ein Zufluchtsort gewesen. 

Er zog die Knie an und schluchzte. Der Verlust stach sehr in seiner Brust.

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