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2 - Sommer

Rurik stand an der Reling und studierte den dünnen Landstrich in der Ferne, der sich aus dem Morgengrau hervorhob. Der Wind blies in die Segel und trieb das Schiff sanft aber zügig an. 

Seine Männer sassen zusammengepfercht im Innern des Schiffsrumpfes. Einige stützten sich auf ihre Schilde und summten vor sich hin, andere dankten Odin und baten ihn um einen ertragreichen Beutezug.

Rurik hatte es satt, auf den harten Ruderbänken zu sitzen. Er wollte endlich wieder den Boden unter seinen Füssen spüren und seinen Körper bewegen. Er strich sich durch die Haare, die ihm, von der Sonne gebleicht, mittlerweile bis zum Nacken reichten und kratzte sich an seinem Bart, der durch die Reise beträchtlich gewachsen war. Eine lange Zeit waren sie auf hoher See gewesen, hatten Wind und Wetter getrotzt und das alles, um hier zu landen: Im Frankenreich, ein Land, welches dem Anführer zufolge grosse Reichtümer beherbergte.

Dieser Überfall war ein politischer Schachzug, angezettelt durch den Jarl von Nordjütland, Ragnar Sigurdson, welcher die drohende Ausbreitung der Franken und deren Religion in normannisches Land verhindern wollte. Ragnar hatte den Überraschungsangriff übers Wasser dem über Land vorgezogen und innert kürzester Zeit eine bemerkenswerte Schiffsflotte aufgestellt. Sie sollten die Franken dort verletzen, wo es sie am meisten schmerzte: In den heiligen Stätten ihres Glaubens. Mit einem Angriff würden sie den Franken ihre wertvollsten Heiligtümer rauben und gleichzeitig die Gebetsstätten in Grund und Boden stampfen.

Rurik selbst war zur Truppe beordert worden, weil er als geborener Jäger zu den flinksten und stärksten Kämpfern gehörte. Als junger Mann hatte man nur begrenzte Möglichkeiten, sich gegen einen Kriegseinzug zu wehren. Wenn der Jarl befahl, dann gehorchte man. 

Und dann war da natürlich noch die Ehre, die einem beim Tod im Kampf gebührte: Sich mit Odin — dem Göttervater — und allen anderen gefallenen Krieger in Walhalla versammeln und mit ihnen feiern zu dürfen.

Die grösste aller Ehren.

Rurik mochte zwar den Gedanken, dass er sich eines Tages mit seinen Brüdern wieder vereinen werde, aber sein Interesse während den Beutezügen galt einer ganz anderen Sache: Er konnte damit die Welt besegeln.

Das Langschiff glitt geräuschlos über die Wasseroberfläche. Der Seegang war an diesem Morgen günstig. Das verschaffte ihnen einen grossen Vorteil, denn alles, was zählte, war der Überraschungseffekt. Sie würden sofort angreifen, so schnell wie ein Adler, der seine Beute von Weitem erblickt und sich lautlos in den Sturzflug begibt — die Beute nichtsahnend.

„Sie werden uns nicht kommen sehen", meinte Loki. Er stand hinter Rurik und betrachtete die herannahende Küste mit einem spöttischen Ausdruck im Gesicht.

Rurik wandte sich seinem besten Freund zu. Loki trug eine hellrote Tunika mit schwarzer Hose — die Flamme des Todes, wie er sich selbst immer nannte — und schliff seine Axt.

Loki kicherte. „Die werden dem Tod nicht mal ins Gesicht lachen können!", sagte er und betrachtete seine Waffe.

Die Umrisse der Siedlung wurden immer deutlicher. Rurik klopfte seinem Kameraden freundschaftlich auf die Schulter. Wie sehr sich der über einen kommenden Beutezug freuen konnte, hatte ihn schon immer sehr belustigt. 

Es würde nicht mehr lange dauern und dann würde der Schiffsbug den Boden dieses fremden Landes berühren und Ragnarök über das Dorf in der Ferne ausbrechen.

„Bist du bereit?", fragte Rurik seinen Freund, der vor Aufregung fast schon bebte.

Loki warf seinen lockigen Goldschopf in den Nacken und stiess einen Jubel aus.

„Für Odin!", rief er. „Auf dass wir heute noch nicht nach Walhalla reiten, sondern unsere Taschen mit Schätzen füllen! Wer mich nicht töten kann, der soll davonrennen!"

Darauf stimmten die anderen Männer auf dem Schiff ein und ein dröhnender Tumult aus Rufen und Brüllen brach aus. Sie waren bereit!

Das Schiff streifte den Boden. 

Rurik hielt sich an der Reling fest, seine Axt und seinen Schild auf den Rücken gebunden. Mit Schwung stürzte er sich ins Wasser.

Es war kalt.

Hinter sich hörte er das Klatschen des Wassers, als immer mehr Männer aus den Booten sprangen.

Mit kraftvollen Schritten watete er aus dem Meer und betrachtete den Strand. Weisse, runde Kieselsteine bedeckten das ganze Meeresufer, welches sich an eine karge und flache Graslandschaft schmiegte. Die Steine strahlten hell in der Sonne. Links von ihm erstreckte sich der lange Strand und endete am Fuss einer steilen, kalkweissen Steinwand, an dessen Abhang saftgrünes Gras wuchs. Der Küstenabschnitt war zu Ruriks Rechten kürzer. Ein schmaler Weg führte vom Strand eine Böschung hoch. Dahinter befand sich das Dorf, welches sie angesteuert hatten.

Während Rurik sich die Landschaft und deren Eigenschaften einprägte, erblickte er plötzlich am Uferrand eine blau gekleidete Gestalt.

Eine junge Frau, die mit versteinertem Gesicht in seine Richtung starrte und dann von einem Augenblick auf den anderen davonlief. Er zögerte keinen Moment und hetzte ihr hinterher. 

Die hellgrauen Steine unter seinen Füssen gaben nach. Seine müden Beine mussten sich erst wieder an eine solche Anstrengung gewöhnen. Sein Jagdinstinkt erwachte, das Blut pumpte schneller in den Adern und je weiter er rannte, umso mehr Geschwindigkeit nahm er auf.

Er musste sie einholen, bevor sie irgendjemanden warnen konnte! Sie könnte Ragnars Überraschungsangriff gefährden. 

Die Frau war schon den schmalen Weg hochgehastet, doch Ruriks Kopf war klar. Er fühlte die Zuversicht, dass er sie fangen würde. Ihm konnte niemand entwischen, ihm war noch nie ein Tier auf der Jagd entkommen. 

Sie drehte sich um und schaute ängstlich zurück.

Was für ein Fehler! Kein Tier auf der Flucht würde jemals einen Blick zurück wagen.

Ihr blaues Kleid wehte in der Brise. Ruriks Blick traf den ihrigen. Wie ein Hase machte sie kehrt und rannte weiter den Pfad hinauf. Seine Lungen füllten sich mit Luft, seine Muskeln spannten sich an und sein Puls stieg — in wenigen Schritten hatte er die Distanz zwischen sich und der Frau aufgeholt. Nun rannte sie über ein Feld. Das war seine Gelegenheit. Er flankierte sie und kam ihr so nah, dass er ihren Atem keuchen hörte und ihre Haare ihn beinahe streiften. Er hechtete, packte sie mit beiden Armen und brachte sie seitlich zu Fall.

Der Aufprall auf die Erde war hart, sie rollten durchs Gras und kamen abrupt zum Stillstand. Rurik war mit seinem ganzen Gewicht auf ihr gelandet. Sie lag unter ihm mit dem Gesicht in der Erde, das Kleid verschmutzt und die braunen Haare durcheinander.

Er hielt sie fest, aber spürte keine Bewegung. Sein Atem verlangsamte sich und sein Puls wurde ruhiger. Er wartete noch ein paar Atemzüge, bevor er seinen Griff lockerte — immer noch keine Bewegung. Er liess sie ganz los und richtete sich auf. Seine Kleidung war kaum verschmutzt. Erstaunlich!

Die Frau musste den Sturz der beiden mit ihrem kleinen Körper abgefedert haben. Rurik fragte sich, ob sie noch lebte, denn er war schwer. Er bückte sich zu ihr hinunter und drehte ihren leblosen Körper um. Ein zartes, ovales Gesicht umrandet von kupferbraunen Locken kam zum Vorschein. Rurik stockte der Atem.

Eine Schönheit!

Sie lag auf dem Rücken im hohen Gras, die Arme schlapp neben ihr und die Augen geschlossen. Rurik sah sich ihr Antlitz mit den sanften Konturen genauer an. Ihre Wimpern waren lang und schwungvoll, die Lippen voll und rosa. Sie sah friedlich aus in ihrem blauen Kleid. Er musterte das zierliche Wesen, denn er hatte noch nie in seinem Leben eine so schöne Frau gesehen. Eine junge Frau mit elfenbeinfarbener Haut.

Immer noch über sie gebückt, strich er ihr eine Strähne aus dem faszinierenden Gesicht. Seine Hand wanderte auf ihre zarte Brust. Er spürte, dass ihr Herz noch schlug, zwar schwach, aber ein Pochen war da. Dann legte er sein Gesicht ganz nah an ihres, um ihren rasselnden Atem zu hören. Sie lebte noch.

Ein Rascheln liess ihn seinen Blick von der bewegungslosen Gestalt unter ihm abwenden. Instinktiv drehte er das Mädchen wieder auf den Bauch. Er wusste nicht, warum er dies gerade getan hatte.

„Rurik, ich sehe, du hast das Rehkitz gefangen!", hörte er Loki heiter rufen. Sein Freund war ihm gefolgt. 

Rurik richtete sich wieder auf, klopfte seine Kleidung ab. „Du weisst, bei der Jagd bin ich in meinem Element. Rehe jage ich täglich!", erwiderte er.

Loki kam durchs hohe Gras geschritten und stand nun neben ihm. Er betrachtete den leblosen Körper neugierig, beide Arme in die Hüfte gestemmt.

„Tot?", fragte er und stupste die junge Frau mit seinem Fuss an.

„Ich denke schon", schwindelte Rurik.

Eine Lüge. Notwendig, um Loki nicht auf dumme Gedanken zu bringen.

Ein Horn blies in der Ferne. Es war das Zeichen, dass der Angriff soeben begonnen hatte und sie sich beeilen mussten. Jeder Augenblick zählte, denn nur so konnten sie gewährleisten, dass sie mit möglichst wenig Verlusten möglichst viele wertvolle Habseligkeiten plündern konnten. In ein paar Atemzügen würden alle zweihundert Männer wieder verschwunden sein, bevor die überraschten Opfer zu ihren Waffen greifen konnten. 

Rurik hob das Mädchen über seine Schultern und schleppte sie zur grossen Eiche, die am Ende des Feldes stand.

„Was machst du da?", fragte Loki, während er ihm folgte.

„Ich dachte nur, dieser Baum würde sich gut als letzten Ruheort eignen. Hier wird sie von ihren Göttern abgeholt und kann in Frieden ruhen."

Schon wieder eine Lüge! Doch er wollte seinem Freund nicht erklären müssen, dass seine Absicht eigentlich eine ganz andere war, als das, was er ihm soeben vorgemacht hatte. Loki würde das nicht verstehen.

Wenn die anderen Krieger nur einen Blick auf die Schönheit dieser jungen Frau werfen konnten, dann würden sie wie wildgewordene Biester über sie herfallen. Die Männer konnten selbst ihrem toten Körper Unsägliches antun. 

Das wollte er schlechthin nicht. Rurik wusste nicht, warum ihm das so wichtig war, aber diese Eiche eignete sich gut, um das Mädchen vor der Lust und Schlachtwut seiner eigenen Landsleute zu bewahren. Ein solches Ende hatte sie nicht verdient.

Er lehnte ihren Oberkörper sorgfältig an den Stamm der Eiche und versicherte sich mit einem kurzen Blick über die Schultern, dass die anderen Krieger ihn nicht gesehen hatten. Ihr Kopf hing schlaff herunter und die Haare bedeckten ihr Gesicht.

Loki lachte laut. „Letzter Ruheort!", stiess er aus. „Wie recht du hast. Ehre die Toten, auch die deiner Opfer! Was für ein guter Junge du bist, Rurik." Er tänzelte vor sich hin, denn die Freude kribbelte in seinen Fingern. „Komm jetzt. Lass uns endlich plündern geh'n", drängelte er weiter.

Rurik war froh, dass sein Freund ihm den Schwindel nicht angemerkt hatte und folgte ihm durch das Feld, bis sie einen kleinen Weg erreichten. Er warf einen letzten Blick zurück zur Eiche. Den leblosen Körper der jungen Frau konnte man im hohen Gras von hier aus nicht sehen. Er nickte zufrieden.

Der Weg, den die zwei Wikinger eingeschlagen hatten, führte direkt in die Stadt. Auf halbem Weg trafen sie auf ein altes umzäuntes Steinhaus mit Garten. Zwei Gestalten am Eingang des Hauses hatten sie kommen sehen und flüchteten ins Innere. Loki blieb stehen und grinste seinen Freund erwartungsvoll an. Rurik öffnete die Gartentür, liess Loki mit einer eleganten Handbewegung vor und zog seine Axt vom Rücken. 

Von Weitem konnte man die Schreie und den Lärm der anderen schon hören. Loki schwang seine Axt in die Luft und blies gleichzeitig in sein Horn. Ein ohrenbetäubender Ton schmetterte aus dem Instrument.

„Lauft doch, lauft, wenn ihr könnt!", brüllte er und stürmte ins Haus, Rurik mit gezückter Waffe hinterher.

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