Kapitel 26
Achtung! Der Inhalt dieses Kapitels enthält Szenen der Gewalt.
Instinktiv wich ich einige Schritte zurück.
Furcht ergriff Besitz von meinem Körper und meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich konnte meinen Augen kaum trauen. Eiskalt überlief es mich und es fühlte sich an, als wäre die Temperatur im Raum um zehn Grad gesunken.
Adams Augen blitzten amüsiert auf. Er strahlte das absolut Böse aus.
»Adam?«, meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Was...«
»Was ich hier mache?«, Adam grinste hämisch, während er Madison einen Stoß in den Rücken versetzte und die Tür hinter sich zuknallte. Madison stolperte nach vorne und wäre um ein Haar gestürzt, hätte ich nicht meine Arme ausgestreckt, um sie aufzufangen. »Tja Cousinchen, ich dachte ich statte dir und deinen...«, er ließ seinen Augen durch den Raum schweifen. »Freunden einen kleinen Besuch ab.«
»Du Arschloch! Was willst du hier?«, hörte ich Poppy hinter mir fauchen. Und auch Danny mischte sich lauthals mit ein. Ich drehte mich kurz zu ihnen um und bedeutete ihnen, Ruhe zu bewahren. Poppys und Dannys Gesichter waren verzerrt vor Wut, während Timmy und Ruby sichtlich verwirrt zu sein schienen über die Situation.
Ich drehte mich wieder zu Adam um und mein Blick glitt über ihn hinweg. Er sah noch immer genauso aus wie damals und wiederum nicht. Alles an ihm war mir vertraut und fremd zugleich. Er trug eine dunkle Jeans und eine... Bulldog Collegejacke? Wie zum Teufel kam Adam an eine Jacke unseres Football Teams? Er bemerkte wohl meinen Blick.
»Schicke Jacke, was?«, er sah an sich herab und zog den Saum zurecht. »Madison hat sie mir organisiert. Damit konnte ich mich unbemerkt hier auf dem Gelände bewegen. Ziemlich clever, huh?«
Plötzlich begann es mir zu dämmern. Ich erinnerte mich daran zurück, als ich vor zwei Wochen mit Poppy in der Umkleidekabine gewesen war. Poppy hatte jemanden erwischt, der uns beobachtete. Wir hatten vermutet, dass es einer der Jungs aus der Football Mannschaft gewesen war. Doch in Wahrheit handelte es sich wohl um niemand geringeres als ...
»Du warst das vor zwei Wochen in der Mädchenumkleide!«, warf Poppy ein. Ich drehte mich zu ihr um. Ihr Gesicht war wutverzerrt.
»Schlaues Mädchen!«, Adam zwinkerte Poppy zu. »Übrigens, hübsche Unterwäsche hattest du an.«
»Du mieses Stück Scheiße! Ich zeig dir gleich mal wie hübsch meine Faust in deinem Gesicht aussieht...«, Poppy trat vor und hob die Faust.
»Poppy, beruhige dich, er ist es nicht wert«, sofort ergriff ich ihren Arm und hielt sie zurück.
Adam ließ sich von Poppys Drohungen nicht beeindrucken. Stattdessen richtete sich seine Aufmerksamkeit wieder auf Madison. Er strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
»Maddy ist ein braves Mädchen, richtig?«
»Wie konntest du nur?«, blaffte ich Madison an. In meinem Bauch sammelte sich Wut und Enttäuschung. Doch Madison rührte sich keinen Zentimeter, stattdessen starrte sie mit ausdrucksloser Miene noch immer zu Boden.
»Na na na, Drea, wie immer ziehst du voreilige Schlüsse. Madison hatte keine andere Wahl«, wieder zeichnete sich dieses gehässige Lächeln in Adams Gesicht ab. »Aber bleiben wir bei der Sache. Hier geht es nicht um Madison, richtig Cousinchen?«
Mein Herz schlug mir bis zum Hals und auch wenn die Angst beinahe meinen gesamten Körper lähmte, so nahm ich all meinen Mut zusammen. Ich hatte mir ein Versprechen gegeben. Ich hatte mir geschworen, mein Leben niemals wieder von Adam bestimmen zu lassen. Meine Hand glitt in meine Hosentasche. Fest umgriff ich die Visitenkarte, die mir Detective Carter vor einigen Wochen zugesteckt hatte und die ich seither immer bei mir trug.
»Du machst mir keine Angst mehr, Adam. Du hast hier nichts verloren, entweder verschwindest du auf der Stelle oder ich rufe die Polizei!«, um meiner Aussage Nachdruck zu verleihen, zog ich mein Smartphone aus der Hosentasche und hielt es symbolisch in die Höhe.
»Das würde ich an deiner Stelle nicht tun. Gib mir das Telefon«, Adams Gesicht verdüsterte sich. Doch nun war ich diejenige, die ihm ein spöttisches Lächeln schenkte.
»Ach ja? Dann schau mal genau hin«, ich entsperrte mein Smartphone und war im Begriff, Detective Carters Karte aus der Hosentasche hervorzuziehen, als Adam Madison plötzlich blitzschnell mit einem Ruck an sich zog und ihre eine Waffe an den Kopf hielt.
»Gib mir das scheiß Telefon oder ich knall sie ab!«, schrie Adam.
Ich zuckte zusammen und ein unterdrückter Schrei entwich meiner Kehle. Hinter mir konnte ich die fassungslosen Laute meiner Freunde hören.
Adam hatte eine Waffe!
»Bist du jetzt völlig durchgeknallt?«, brachte ich atemlos über die Lippen, während mein Puls sich ins Unermessliche steigerte. Eine Mischung aus Adrenalin und Angst pumpte durch meine Adern.
Adam erwiderte meinen Blick. Doch dieses Mal spiegelte sich auf seinem Gesichtsausdruck der pure Hass wider.
»Dasselbe könnte ich dich fragen. Du hast mich bei der Polizei angezeigt! Ich werde mit einem gottverdammten Haftbefehl gesucht, du hast mein Leben zerstört, du dreckige Schlampe!«, spie Adam mir entgegen. Seine Nasenlöcher bebten vor Zorn. Sein Würgegriff um Madisons Hals verstärkte sich, woraufhin sie nach Luft ringend versuchte seinen Griff zu lockern.
»Meine Freunde haben damit nichts zu tun, Adam. Das ist eine Sache zwischen uns, lass sie bitte gehen«, flehte ich, in der Hoffnung, zumindest meine Freunde in Sicherheit bringen zu können. Ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn ihnen etwas geschah.
»Aber dann wäre es doch nur halb so spannend!«, Adam lächelte diabolisch.
»Verdammt Adam! Was willst du?«, rief ich, während meine Stimme vor Angst regelrecht bebte.
Adam sah mich ein paar Sekunden lang wortlos an.
»Was ich will? Ich sage dir was ich will. Ich will Gerechtigkeit«, er legte eine bedeutungsvolle Pause ein. »Du hast mein Leben zerstört, Drea, und nun werde ich deins zerstören. Ich werde dir das nehmen, was du am meisten liebst.«
Mein Herz blieb für einen kurzen Moment stehen, während sich eine dunkle Vorahnung wie eine Gewitterwolke in meinem Innern zusammenbraute. Ich musste nicht lange überlegen um zu verstehen, was Adam mir zu sagen versuchte.
»Gib mir dein Handy, Drea«, verlangte Adam.
»Nein«, brachte ich mühsam hervor. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter, während mir Tränen in die Augen stiegen.
»Adam, bitte nimm die Waffe runter und lass uns in Ruhe darüber reden, okay?«, hörte ich Dannys Stimme hinter mir. Er trat einige Schritte nach vorn in meine Richtung.
Im Bruchteil einer Sekunde nahm Adam die Waffe von Madisons Kopf und richtete sie auf Danny.
»Halt die Fresse und hör auf den Helden zu spielen«, blaffte Adam zornerfüllt und richtete nach und nach die Waffe auf jeden einzelnen meiner Freunde.
»Das gilt für euch alle, kapiert? Ihr werdet jetzt schön artig zuhören und machen, was ich von euch verlange«, wieder richtete er die Pistole gegen Madisons Schläfe. »Sonst ist eure Freundin hier tot!«
Adam legte eine kurze Pause ein, ehe er weitersprach.
»Es holt jetzt jeder sein Handy und schiebt es über den Boden zu mir, alles klar? Dann setzt ihr euch alle da rüber an die Wand!«, er deutete mit der Pistole rüber an die Fenster.
Ich nahm ein Rascheln und Bewegungen hinter mir wahr. Ein paar Sekunden später schlitterten mehrere Smartphones über den Boden in Adams Richtung.
»Los, geh und heb sie auf«, wies Adam Madison an, wobei er ihr einen weiteren Stoß versetzte. Madison tat wie ihr befohlen und sammelte alle Handys ein.
Ich beobachtete sie.
Madison war starr vor Angst.
»Lege sie hier auf den Tisch und dann komm sofort zurück«, forderte Adam sie auf. Nachdem Madison seinen Befehlen Folge geleistet hatte, richtete sich Adams Blick wieder auf mich.
Noch immer stand ich regungslos vor ihm, während ich mein iPhone fest umklammert hielt.
»Dasselbe gilt für dich, Cousinchen. Gib mir dein Handy«, seine Stimme war kalt und fordernd, während sein hasserfüllter Blick mich zu erdolchen schien und keinen Widerspruch zuließ.
Doch so leicht würde ich mich nicht geschlagen geben.
So leicht durfte ich nicht aufgeben.
Denn ich wusste genau, was Adam vor hatte.
Ich hatte ihn durchschaut.
Und ich konnte es nicht zulassen.
»Adam bitte, er hat nichts damit zu tun. Lass ihn in Ruhe. Das ist eine Sache zwischen uns beiden, lass ihn da raus, ich flehe dich an!«
»Lass ihn da raus, ich flehe dich!«, Adam äffte meine Stimme nach und stieß ein irres, lautes Lachen aus.
»Die kleine Drea fleht mich an, wer hätte das gedacht?«
Er lachte erneut. Dann verdunkelte sich seine Miene wieder und er sah mich auffordernd an.
»Gib mir jetzt das Telefon.«
»Adam bitte, halte ihn da raus«, wimmerte ich, während immer mehr Tränen in meine Augen stiegen.
»Gib mir jetzt sofort das scheiß Telefon!«, brüllte Adam und richtete die Pistole nun auf mich. »Gib es mir oder ich mach dich kalt!«
»Nein!«, schrie ich verzweifelt und umklammerte das Telefon in meinen Händen noch etwas fester.
Unzählige Bilder rasten mir in diesem Moment durch den Kopf. Ich dachte an meine Mom, ob ich sie wohl bald wieder sehen würde? An Dad, Mia und Lukas, an Poppy und all meine Freunde, daran, wie unendlich traurig sie sein würden.
Doch das letzte Bild, das vor meinen Augen aufflammte, war das Bild von Logans Gesicht.
Ich erinnerte mich an das letzte Mal, als wir miteinander gesprochen hatten. Es war an seinem Geburtstag.
»Bye Bye Logan«, Joanna zog ihren Bruder in eine herzliche Umarmung. Als sie ihn wieder losließ, begegneten sich unsere Blicke.
Wie sollte ich mich nun von ihm verabschieden? Sollte ich ihn umarmen? Oder sollte ich eher auf Abstand bleiben?
Die Türen des Aufzuges öffneten sich und lenkten meine Aufmerksamkeit für einen kurzen Augenblick von Logan ab. Lukas und Joanna traten ein.
»Bis bald, Drea. Ich habe mich wirklich gefreut, dass du mitgekommen bist.«
Ich wandte mich Logan wieder zu. Seine Augen glühten, als er mich ansah.
Mir fielen unendlich viele Dinge ein, die ich jetzt gerne gesagt und getan hätte. Beispielsweise, Logan mitzuteilen, wie sehr ich mich freute, wenn die nächsten vier Wochen vorbei waren. Oder wie gerne ich ihn in diesem Moment geküsst hätte. Oder... wie sehr ich ihn liebte.
Doch stattdessen sagte ich nichts davon.
»Ich auch. Bis bald, Logan.«
Ich schenkte ihm ein letztes Lächeln, ehe ich meinem Bruder und seiner Freundin in den Aufzug folgte. Die Türen schlossen sich.
Tja, welch Ironie des Schicksals. Jetzt hatte ich nicht einmal mehr die Gelegenheit, mich richtig von ihm zu verabschieden.
Ihm noch einmal zu sagen, dass ich ihn liebte.
Es mochte egoistisch klingen, doch lieber wollte ich sterben, als in einer Welt zu leben, in der Logan nicht mehr existierte.
Ich zitterte am ganzen Körper, während ich die Augen in der Erwartung schloss, dass Adam jeden Moment abdrückte, dass er meinem Leben ein Ende bereiten würde. Hinter mir hörte ich noch das Flehen meiner Freunde an Adam, doch bitte die Pistole wegzulegen. Ich hörte Poppys Weinen, Dannys letzter Versuch, Adam zur Vernunft bringen zu wollen...
Plötzlich legte sich ein sonderbarer Moment der Stille über das Klassenzimmer.
Dann löste sich der Schuss, dessen Knall die Luft wie ein stummes Versprechen durchschnitt.
Ein Versprechen, das ich mir selbst gegeben hatte.
Und ein Versprechen, das ich nicht hatte halten können.
Es würde alles gut werden.
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