39| Misstrauen an die Welt
Wer hat alles mal Lust auf eine Lesenacht? ;D
Noch immer lag ich wach in den Armen meines Bruders und hing meinem Gedankenwirrwarr nach. Ich fühlte mich überfordert mit der Situation, als würden alle schlechten Dinge zu schnell aufeinanderfolgen. Allem voran Nathan aka Nate. Ich konnte ihn überhaupt nicht durchschauen und das verunsicherte mich. Alles an ihm ließ mich an mich selbst zweifeln. Seit seinem Auftauchen passierten schräge Dinge. Nein, schräge Dinge konnte man es nicht nennen, viel mehr, als wenn ich auf einmal wieder in meiner Vergangenheit war. Und dies ließ mich eine Abneigung ihm gegenüber hegen.
Da mochte ich mich noch so sicher und beschützt in seiner Nähe fühlen und er sich noch so freundlich mir gegenüber benehmen, es gab immer Hintergedanken in meinem Kopf, die ihm vorwarfen, dies alles ausgelöst zu haben. All die Jahre hatten mich alle größtenteils aufgrund meiner Vergangenheit in Ruhe gelassen, sie haben gemerkt, dass ich langsam darüber hinwegkam und sie nur alles wieder an die Oberfläche bringen würden, wenn sie ein falsches Wort sagen würden. Doch wo war die Sicherheit, nicht jede Sekunde von anderen konfrontiert zu werden, nun?
Sie war unerwartet verschwunden. Einfach so von einem auf den anderen Tag, wie mein sorgenlose Leben, welches ein jedes kleines Mädchen besitzen sollte.
Und diesmal würde ich nicht mehr so leicht durch Überspielen und Schweigen herauskommen. Viel so gut kannte ich dafür Dean und Ashley, als auch Aidan. Allein Aidans Verhalten noch wenige Stunden zuvor ließ mich davon ausgehen, dass es von ihm aus nicht das letzte Gespräch war. Nun lag es an mir, alles daran zu setzen, ihm mit diesem Thema aus dem Weg zu gehen.
Seufzend gab ich den Versuch, diese Nacht noch Schlaf finden zu können, auf. Ich erkannte draußen bereits wieder die ersten Sonnenstrahlen, welche den Start in den Samstagmorgen leichter machen sollten. Ich persönlich mochte die Sonnenstrahlen an sich ebenfalls, aber nicht, wenn ich fast 24 Stunden auf Schlaf verzichtet hatte. Und dies war der Fall, da die Uhr auf kurz nach fünf zeigte und ich damit noch eine Stunde hätte, bis ich auch für die Schule aufstehen hätte müssen.
Mir die Augen reibend stand ich vorsichtig auf, um den gleichmäßig atmenden Aidan nicht aufzuwecken. Eilig tapste ich auf dem kalten dunklen Laminat über den Flur zu dem Badezimmer.
Nach einer frischen Dusche und meiner Morgenroutine, in denen ich es stets vermieden hatte, mich im Spiegel anzusehen, lief ich die Treppen herunter.
Mir war auch so bewusst, dass ich momentan schrecklich aussehen musste, da brauchte ich kein Mittel, mich selbst im Selbstmitleid zu baden.
Eine SMS riss meine Aufmerksamkeit auf sich.
‚Hey Süße. Hast du heute Zeit? – Jack'
Verwirrt starrte ich die Reihenfolge der Buchstaben an und versuchte dabei, die Wörter von jeder möglichen Perspektive zu verstehen. Im übertragenen Sinne; es wäre auch ziemlich dumm, würde ich die ganze Zeit mein Handy auf jede mögliche Art und Weise anwinkeln. Ich verstand jedoch nicht, warum er mir schrieb. Auf irgendeine Art und Weise erfreute mich dies aber, da ich somit meine Ablenkung gefunden hätte. So könnte ich Aidan einen weiteren Tag aus dem Weg gehen. Und dies brauchte ich momentan.
Ihm bestätigend, dass ich Zeit hätte, verband ich mein Handy mit dem Akkuladekabel aufgrund des niedrigen Standes. Kein Wunder, die ganze Nacht über war es angeschaltet und litt unter den permanenten Anrufen meiner Freunde. Ich hatte Nachrichten und Anrufe im Vorrat einiger Monate erhalten.
Selbst von Adam. ‚Alles Okay bei dir? Ich wusste ja gar nicht, dass du Zusammenbrüche hast manchmal. Kommt so etwas öfter vor?'
Verwirrt über sein Interesse, beantwortete ich seine Fragen schnell, dass ich nur vom Stress überfordert gewesen wäre, ehe ich mich an die anderen wendete.
Damit sie sich keine Sorgen machten, schrieb ich ihnen kurz über Whatsapp, dass alles in Ordnung sei. Ha! Schön wär's. Im Nachhinein fragte ich mich, warum Jack mir nicht über Whatsapp geschrieben hatte. Schließlich hatten wir die Generation der Smartphones.
‚Ich hol dich gegen eins ab;)'
Seufzend ließ ich mich auf mein Bett nach hinten fallen und starrte die Decke an. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Ich musste anfangen, das alles unter Kontrolle zu bekommen.
Beruhige dich, Claire. Es sind schon Jahre vergangen, er hat bestimmt weitergemacht und dich vergessen. Er wird dich keinen Mord mehr begehen lassen können. Er wird dich nicht verraten können. Er ist weg. Vielleicht ist er weggezogen. Vielleicht. Das gestern war er nicht. Er war es nicht.
Egal, wie sehr ich versuchte, es mir einzureden, es ging nicht. Wem wollte ich bitte etwas vormachen? Wenn ich mich selbst schon anfing zu hassen, wie würden die anderen von mir denken, wenn sie erfuhren, dass ich ein kleines, unschuldiges Mädchen mit meinen eigenen Händen umgebracht hatte.
Ein Schluchzen unterbrach die Stille. Verwirrt fasste ich an mein Gesicht und merkte erst jetzt, dass mir Tränen hinabliefen. Warum? Ich weinte, ohne es zu wollen.
Mit einem Mal tauchten Worte auf, die mir Dean mal einst erzählt hatte, als ich bei ihm weinend aufgetaucht war. Damals hatte ich ebenfalls wegen des Mordes geweint, wusste nicht, was ich tun sollte. Er hatte mich in den Armen genommen und mir gesagt, dass es okay sei, wenn ich weinte. Ich hatte mir Vorwürfe gemacht, wie schwach ich sei. Doch er ließ mich wieder ein bisschen Hoffnung schöpfen.
„Es tut mir leid. Papa wäre jetzt böse auf mich, weil ich so schwach bin", schluchzte ich und rieb mir etwas gewalttätig über die tränenden Augen. Dabei schniefte ich und versuchte mich durch tiefes Ein- und Ausatmen zu beruhigen. Aber nichts.
„Nein, dazu hätte er kein Recht. Du hast nichts falsch gemacht, Kleines. Du bist nicht schwach. Du bist stark, weil du das alles aufhältst, ohne kaputt zu gehen. Weinen heißt nicht, schwach zu sein, sondern dazu zu stehen, was man ist, wie man denkt und fühlt. Das ist Stärke, wenn du du selbst sein kannst. Du bist stark. Manchmal muss man einfach weinen, um sich besser fühlen zu können, okay? All die Trauer und Wut in sich zu behalten macht einen nur kaputt. Und manchmal heißt stark sein, ehrlich über die Erlebnisse sprechen zu können. Bist du stark genug?"
Ich hatte lediglich den Kopf damals geschüttelt und er mich daraufhin wieder umarmt. Wenn er wüsste, dass ich damals nicht zerbrechen konnte, weil ich bereits zerbrochen war. Um es mal erwähnt zu haben, so war mein Vater tatsächlich nicht aus Japan zurückgekehrt.
Starr blickte ich die Decke an und versuchte, mich wieder zu fassen. Es käme nicht gut, wenn ich mit angeschwollenen, roten Augen Jack entgegentrat.
-
So saßen wir nun in einer Eisdiele und schwiegen uns gegenseitig an. Es war nicht so, dass ich die Situation als unangenehm empfand, aber angenehm war sie auch nicht.
Es hatte mich Zeit gekostet, mich so zu schminken, dass man meine höhlenartigen Augenringe nicht auf den ersten Blick erkannte.
Auf den zweiten Blick sah man sie trotzdem.
Er hatte mich charmant lächelnd hierher gebracht mit den Worten, dies hier sei sein Lieblingseisladen. Ich fand es niedlich, wie sehr er sich gefreut hatte, als der Verkäufer am Tresen ihm direkt das gegeben hatte, was er sich auch bestellen wollte. Schien, als sei er ein Stammkunde hier.
„Ehm, ist es okay, wenn ich kurz raus gehe? Ich muss telefonieren, Logan will etwas Wichtiges von mir", räusperte Jack und lächelte mich liebenswürdig an. Das Lächeln erwidernd antwortete ich: „Dann lass ihn nicht warten. Ich wollte sowieso auf Klo gehen."
Grinsend stand er auf, zwinkerte leicht und begab sich dann entspannt aus den Laden. Ich konnte nicht anders als leicht zu lächeln. Er war niedlich. Gemächlich stand ich auf und suchte die Toilette auf. Ich musste nicht auf Klo, hatte dennoch das Bedürfnis, mir die Hände zu waschen, weil sie von dem Eis ganz klebrig waren. Vielleicht sollte ich einfach lernen, ordentlicher zu essen.
Leute, wir haben 18k Reads und 1k Votes erreicht! *-* Ihr seid die besten! Vor allem möchte ich an dieser Stelle Wiinterfire und Drreamcaatcher danken, die beide meine Geschichte verfolgen, wirklich viel kommentieren und einfach Bereitschaft zeigen, aber auch allen anderen Lesern, ohne euch würde ich es nicht schaffen! Im Übrigen kann ich euch schon einmal versichern, dass ich vorhabe, diese Geschichte noch vor Jahresende zu beenden, also werden es wahrscheinlich um die 60 Kapitel.
Hinterlasst mir doch ein Kommentar oder Vote, wenn euch das Kapitel gefallen hat! xxT~
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro