32| Intensität der Neugierde
„Lass mich in Ruhe, du Verräter! Du hast mich angelogen von A bis Z, alles war gespielt!", schrie ich und schubste ihn dabei wenig effektiv nach hinten. Tränen standen mir in meinen Augen, die den Schmerz, die Enttäuschung, Trauer und Wut unterstreichen sollten.
Ein schuldbewusster Ausdruck machte sich in seinem makellosen Gesicht breit und der Blick, den er mir schenkte, versah mich mit einer Gänsehaut. „Lass es mich erklären, bitte! Es ist nicht alles gelogen von dem, was ich dir gesagt habe, ich verspreche es dir", versuchte er mich zu besänftigen und streckte dabei die Hand nach mir aus.
„Wie soll ich dir bitte vertrauen, wenn du mich dermaßen verarscht hast? Ich habe dir quasi mein Leben in die Hände gelegt und dir meine Liebe... Ach, vergiss es. Lass mich einfach in Ruhe", erwiderte ich müde und drehte mich, seinem Blick ausweichend, weg.
Doch seine Hand schloss sich fest um mein Handgelenk, während er mich ruckartig an sich zog. „Ich kann dich nicht in Ruhe lassen", wisperte er gegen mein Ohr. Mein Kopf war auf seiner Brust und überfordert mit der Situation lauschte ich den Klängen seines regelmäßigen Herzschlages, welche mich auf ihre eigene Art und Weise beruhigten.
Er war mir in diesem Moment so nah, dass mir von seinem guten Geruch ganz schwummerig wurde. Sein Atem prallte gegen meine Haut hinter meinem Ohr und verursachte dabei eine Gänsehaut. „Weil ich dich liebe", hauchte er so leise, dass ich augenblicklich unsicher war, ob er dies tatsächlich gesagt hatte.
Doch als ich unsicher hochschaute und in seine Augen blickte, die mich erwartungsvoll anblickten, war mir klar, dass er es tatsächlich gesagt hatte. Zusätzlich dazu führte er seine eine Hand, welche an meiner Taille gelegen hatte, an meinen Armen hinauf, ehe sie meinen Hals mit Berührungen liebkoste und sich anschließend um meine Wange schmiegte.
Und mit einem Mal war mein Kopf wie leergefegt und in mir stieg ein seltsames Kribbeln hoch. Noch nie war ein Junge mir so nahe gekommen. Sein Körper war nahezu schon an meinem gepresst und es waren nur wenige Zentimeter, die unsere Gesichter voneinander trennten. Noch nie hatte ich dieses seltsame Gefühl erlebt.
Dir ist schon klar, dass das hier geschauspielert ist und du dich zu sehr reinsteigerst?
Meine innere Stimme ignorierend senkte ich meinen Blick und versuchte, mich wieder auf meinen Text zu konzentrieren, aber in meinem Kopf lief mein inneres Ich gerade schreiend Amok, die Arme wild wedelnd.
Anscheinend bemerkte Nate meinen verwirrten Gesichtsausdruck, denn löste er geschickt die Situation, indem er mich fragte, ob ich ihn verzeihen könne.
Noch leicht neben der Spur, antwortete ich: „Ich kann nicht... Ich weiß nicht, wem ich vertrauen kann und wem nicht. Und du machst mir die Sache nicht leichter. Ich bin dir dankbar, dass du mich vor diesem Mann gerettet hast, wirklich. Sehr dankbar sogar, aber wie kann ich dir vertrauen, dass das hier das Haus meiner Eltern ist, wenn du einen Brief in deiner Tasche hast, in dem steht, dass ich einer deiner Missionen bin? Ich dachte echt, dir liegt etwas an mir."
Ein irritiertes, bitteres Lachen entfloh mir, während ich schmerzhaft versuchte, mich von ihm zu entfernen. Sein Griff hatte sich stark verfestigt. Ob ihm das bewusst war?
„Aber anscheinend war ich lediglich eine Möglichkeit für dich, Geld zu bekommen. Dann Glückwunsch, hier bin ich, in irgendeinem Haus, von dem ich keine Ahnung habe, wo es ist. Und jetzt? Kommt jetzt irgendwer her, um mich umzubringen und gibt dir danach das Geld?"
Mit einer sanften Handbewegung zwang er mich, wieder zu ihm hochzuschauen. Sein Blick drückte Ernst aus, aber ebenfalls etwas wie... Wie Leidenschaft? Ich merkte, wie er mir immer näher kam, spürte seinen Atem auf meinem Gesicht aufkommen, die Wärme, die von ihm ausgestrahlt wurde. Ich spürte bereits die ausgestoßene Luft auf meinen Lippen und konnte mir einen Blick auf diese nicht nehmen lassen.
Panik machte sich in meinen Knochen breit und ich merkte meine Beine selber zittern. „Okay, reicht! Das reicht, genug geübt. Ich glaube nicht, dass wir den Kuss üben müssen", unterbrach ich die Szene und lachte nervös, während ich ihn mit einem Stoß von mir entfernte.
Mit einem breiten Grinsen schaute er zu mir runter. „Zu schade, ich hatte mich schon darauf gefreut, der kleinen unschuldigen Maria ihren ersten Kuss zu stehlen." Geschockt blickte ich ihn an. „Woher zum Teufel weißt du das?"
„Du warst diesmal ganz akzeptabel, muss ich zugeben. Vor allem als du fast geheult hast, Respekt. Ich hätte dir die ganzen Emotionen auf Anhieb abgekauft. Üben wir morgen die anderen Szenen?", wechselte er das Thema und nahm sich sein Skript, um beschäftigt zu tun. Im Grunde genommen brauchte er mir keine Antwort geben, weil ich ganz genau wusste, wer es ihm verraten hatte. Mel.
„Ja, ich weiß, aber trotzdem danke", grinste ich und realisierte erst dann sein gesagtes. „Uh, noch ein Nachmittag bzw. Abend mit dir? Ich bin mir unsicher, ob ich es schaffe, nach einem weiteren Treffen ohne bleibende Schäden dieses Haus irgendwann wieder verlassen zu können", gab ich keck hinzu und lehnte mich gegen den Türrahmen des Wohnzimmers.
„Oh, so ist das? Du solltest dich glücklich schätzen, dass du deine Wenigkeit mit mir verbringen darfst, okay? Schließlich ist nicht jeder Junge in deinem Umfeld so heiß und schnuckelig wie ich es bin und dazu noch so überaus talentiert im Schauspielern", sprach er übertrieben arrogant gespielt und entlockte mir damit ein Lachen.
Dass er sowas von Recht hatte mit seinem schauspielerischen Talent gab ich auf keinen Fall zu. „Oh, warte, was war das? Hat die Prinzessin gerade über meinen Satz gelacht? Anstatt etwas Dummes von sich zu geben? Ich bin erstaunt", rief er erschüttert aus und stemmte dabei die Hände demonstrativ in die Seiten seiner Hüften.
„Ach, sei leise, ich hab nur über deine Dummheit gelacht, weil du absolut hässlich und stinkig bist und eine Null im Schauspielern", versuchte ich mich herauszureden, obwohl es offensichtlich war, dass ich gelogen hatte. Wissend nickte er nur und schmiss sich grinsend auf den Sessel.
„Bestimmt bist du einfach nur neidisch, weil du es nicht hinkriegst, sexy und zeitgleich süß auszusehen."
Auf diese Aussage hin verdrehte ich nur meine Augen und ließ meinen Blick kurz zu den Fenstern schweifen, als ich dachte, etwas gesehen zu haben. Doch von außen sah ich nichts außer Dunkelheit. Dennoch konnte ich nicht anders, als meine Augenbrauen misstrauisch zusammenzuziehen und abwartend hinauszublicken. Aber als auch nach mehreren gefühlten Minuten nichts auftauche, blickte ich monoton zu Nate.
Dieser blickte mich ernst an, doch als er merkte, dass auch ich ihn anschaute, entschloss er wohl, mir sein sexy und süßes Gesicht zu zeigen. Als ich aber sah, was er für eine dumme Fratze zog, machte sich ein Grinsen in meinem Gesicht breit. Ich war mir nicht sicher, aber ich glaubte, dass er gerade versuchte, ein Duckface zu machen und dabei seine komisch zusammengezogenen Augenbrauen wackeln zu lassen.
„Mal unter uns, Nate, du bist einer der arrogantesten, dümmsten, von sich selbst überzeugtesten Personen, die ich je getroffen habe", warf ich ihn an den Kopf und begab mich zum Sofa. Erwartungsvoll starrte er mich nahezu an: „Aber...?"
Verständnislos guckte ich ihn an. „Es gibt kein aber. Ich wollte dir das nur mal klarmachen."
Verstehend nickte er, ehe er erwiderte: „Ich mag dich auch, wenn du mir das gerade sagen wolltest. Und man kann gut mit dir lernen." – „Ich mag dich nicht, überhaupt nicht. Darum weiß ich auch nicht, weshalb ich überhaupt morgen mit dir lernen sollte?", fragte ich mehr, als dass ich es sagte. Ein Grinsen konnten wir uns beide nicht verkneifen.
„Naja, vielleicht, weil ich cool bin?", versuchte er es, fuhr aber fort, als er meinen unbeeindruckten Gesichtsausdruck erblickte, „Okay, ich habe es ja schon verstanden. Ehrlich gesagt hast du keinen wirklichen Grund, aber ich hoffe einfach, dass deine Gutmütigkeit über unsere Konflikte hinwegsehen kann, weil ich dieses Theater nicht verkacken will. Meine Eltern haben bereits definitiv zu viele Erwartungen, vor allem, weil ich die männliche Hauptperson spielen muss. Aber wenn du nicht willst, dann sag nein, ich werde dich aber ganz bestimmt nicht anbetteln. Das kannst du knicken, ich habe auch noch meinen Stolz."
Interessiert blickte ich ihn an. „Was haben deine Eltern denn für Erwartungen? Und wären die gleich, wenn du die weibliche Hauptperson spielen müsstest?", fragte ich ihn und nahm meine Beine aufs Sofa, um meine Position in den Schneidersitz zu ändern. Doch ich erkannte in seinem Blick, dass er nicht über das Thema sprechen wollte und mich zeitgleich für zweitere Aussage als dumm abstempelte.
Umso überraschter war ich, als er mir einen Kompromiss vorschlug.
„Ich erzähl dir von meiner Familie, worüber ich selten mit jemanden spreche, wenn du mir erzählst, warum du immer so kranke Zusammenbrüche hast."
Und mit diesen Worten beförderte er mich zurück in das kalte Wasser.
Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen. Seid gespannt auf das nächste und hinterlasst mir doch ein Vote oder ein Kommentar. Ich würde mich sehr darüber freuen, xxT~
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