20| Wabbelbacken
Es dauerte nicht lange, da befand ich mich alleine an der Bar - zumindest von den Leuten, die ich auch kannte. Wie erwartet war Dean, welcher eigentlich als bester Freund hätte an meiner Seite bleiben sollen, verschwunden. Generell hatte ich das Gefühl, viel zu wenig Zeit mit Dean zu verbringen zurzeit. Ich vernachlässigte ihn. Ich vermisste ihn.
Jason tauchte plötzlich vor mir auf, direkt hinter ihm auch Nathan. „Claire, unsere hochgeehrte Schulorganisatorin. Hätte nicht gedacht, dass du hier bist. Zumindest werden wichtige Ansprechpartner der Schule immer als ziemliche, prüde Hausmenschen bezeichnet", nervte mich gleich seine verdammt schreckliche Stimme.
„Surprise, princess, denn hier bin ich. Auf einer Party, sogar geschminkt und ich sitze an der Bar. Ich bin keine Spaßverderberin!", verteidigte ich mich sofort und stand dabei auf, um nicht noch kleiner zu wirken.
Dabei hatte ich vergessen, dass die Barhocker sehr viel höher waren als erwartet und ich sitzend größer gewesen wäre als stehend. Wäre es sehr bescheuert, wenn ich mich zurücksetzen würde? Jap, wäre es.
Kein so gutes Argument für meine Partyseite, dass ich hier mit einer Cola saß - mittlerweile stand - und das dazu alleine, aber wen interessierte das schon. Ich wollte ihn lediglich davon überzeugen, dass ich nicht die Schülerin war, von der er dachte, ich wäre sie.
Aber du bist die Schülerin, wie er dich beschreibt.
Auch, wenn ich sie eigentlich war. Ach, ich musste mich hier nicht rechtfertigen, fertig, aus, punkt.
„Und trotzdem bist du hier alleine, eine Cola trinkend. Wetten, du bist zu prüde für Alkohol?", provozierte er mich weiter, woraufhin ich ihm nur mit einem Grummeln antwortete. Sollte mir jemand verraten, warum ich auf diese gottbescheuerte Idee kam, den Barkeeper irgendetwas Alkoholhaltiges für mich machen zu lassen.
Das alles resultierte damit, dass ich das Glas exte und ihm dabei herausfordernd in die Augen schaute. In seine wunderschönen, undefinierbaren Augen, in die ich mich hätte verlieben können, würden sie jemandem Attraktiven gehören.
Während das stechende Kratzen -weswegen ich am liebsten alles ausgespuckt, rausgewürgt und ausgehustet hätte - in meinem Hals auftrat, versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen. Das ließ mein Stolz mir nicht zu. Ich konzentrierte mich ganz allein auf Nathans Augen, die eine Mischung aus Anerkennen und Staunen wiederspiegelten. Innerlich war ich stolz auf mich, seinen Erwartungen widersprochen zu haben. Immerhin konnte ich nicht immer von mir behaupten, jemanden überrascht zu haben, glaubte ich zumindest.
„Idiot", meinte ich Jason gehört zu haben, aber als ich zu ihm blickte, erkannte ich keine Anzeichen davon. War das auf mich bezogen oder auf den Schwarzhaarigen? Er jedoch schaute Nathan bloß unbeeindruckt an und lehnte sich neben mir an die Bar.
„Wer ist hier jetzt prüde?", zischte ich ihm laut entgegen, da er es sonst nicht verstanden hätte. Ich war froh, dass ich noch normal reden konnte, da Alkohol bei mir normalerweise wirklich schnell anschlug. Zu meiner Verteidigung war das aber so, dass ich für gewöhnlich nicht trank. Aber ich konnte es mir dieses Mal einfach nicht nehmen, ihm zu zeigen, dass ich ihm nicht den Gefallen tun würde, seinen Wünschen nachzugehen.
Idiotin. Er wollte doch genau das; dass du dich betrinkst. Wie kann man nur so dumm sein und das nicht merken.
Oh. Na schön, dann habe ich das getan, was er wollte, und jetzt? Will er mich abfüllen und dann entführen oder was? Hier waren einfach zu viele Menschen. Außerdem kannst du mich nicht als dumm bezeichnen, ohne dich selbst auch als dumm zu bezeichnen, du Intelligenzallergiker. Wir sind die gleiche Person.
Du beleidigst dich doch selber als Intelligenzallergiker, du Holzbolzen. Und um es mal gesagt zu haben, ich bin definitiv klüger als du, ja? Du bist nur so dumm, dass es auf mich abfärbt. Du setzt den nächsten Virus in die Welt, ich sag's dir.
„Nathan, bist du das?", wurde ich bei meiner inneren Diskussion gestört. Erst jetzt bemerkte ich, wie eben Angesprochener und sein Kumpel mich verwirrt und verstört anblickten, was mir ein Kichern entlockte.
Hatte ich wieder meine Gesichter zu komischen Mimen verzogen, weil ich mich zu sehr in das Gespräch hineingesteigert hatte? Hoffentlich hatte ich nicht dabei gesprochen. Das wäre verdammt peinlich geworden. Wobei das bestimmt lustig gewesen wäre.
„Oh, hi Süße", rief der Schwarzhaarige über die laute Musik, nachdem er sich umgedreht hatte. Noch konnte ich nicht erkennen, wer sich soeben dazu gesellt hatte, da Nathans große Statur in meinem Sichtfeld war. Aber das hielt mich nicht davon an, deren seltsame Gesichter zu beantworten - sogar noch ziemlich bei Bewusstsein: „Was? Noch nie eine 17-Jährige gesehen, die Selbstgespräche mit ihrem Inneren Ich macht? Wenn nein, dann wurde es mal Zeit!"
„Ach, Claire, du bist auch hier? Hätte ich nicht gedacht", ertönte wenige Sekunden eine Antwort und ein Kopf tauchte hinter Nathan auf. Goldblonde Locken fielen dabei ihre Schultern hinab, wofür ich sie jede Minute beneiden könnte. „Hey Melly", rief ich erfreut und hyperaktiv. Ohoh, die Wirkung des Alkohols fing langsam an.
Wie stark war das Zeug bitte, dass es bereits nach ungefähren zehn Minuten angefangen hatte zu wirken? Hm, aber ich hatte wieder verdammten Durst. Und das Getränk war eigentlich wirklich lecker. Vielleicht sollte ich den Typen auf der anderen Seite fragen, wie es hieß.
„Was redest du nur wieder für peinliches Zeug? Findest du es nicht erbärmlich, dich so kindlich vor Nathan und Jason zu benehmen? Kein Wunder, dass du keinen abbekommst und kein Junge dich leiden mag außer Dean", kicherte sie und zwinkerte mir zu. Sofort erlosch mein Grinsen, welches ich davor die ganze Zeit aufhatte.
Doch nur wenige Sekunden danach fing ich an zu lachen und drehte mich wieder zur Bar, wo mein Glas nachgefüllt wurde. Yummy. Mit einem Zug leerte ich es und grinste den Barkeeper an. „Hello from the other siideee", fing ich an zu singen und streckte dramatisch meine Hand nach ihm aus. Leider sang er nicht mit, sondern zeigte mir nur den Stinkefinger, der in einer krüppeligen Form seinen Weg nach oben fand.
Der Gedanke daran, dass der Mittelfinger langsam wuchs, bis er steif nach oben zeigte, brachte mich zum Lachen. Leider etwas zu sehr, sodass ich mein Gleichgewicht verlor und gegen Jason knallte. „Durst", klagte ich noch immer lachend, blieb aber dennoch an seinen Körper angelehnt. Es war angenehm, seine Wärme zu spüren und ein bisschen zu entspannen, aber hey, das hier war eine Party. Ich war da doch nicht so dumm und genoss es nicht.
„Nein, das reicht für dich. Junge, Nathan, ich hab dir von Anfang an gesagt, dass das eine verdammt dumme Idee ist, du Spast! Sie ist jetzt ja schon besoffen. Ihr Freund wird uns umbringen!", ertönte nahe meines Ohres, während eine Hand sich von hinten nach vorn streckte und mein Glas wegnahm. Im Anbetracht dessen, dass Jason hinter mir stand, konnte das nur er sein. Sein Atem kitzelte mich dabei so sehr, dass ich wieder anfing zu kichern.
„Nathan, lass uns tanzen! Wie es aussieht, kommt Jase alleine mit der kleinen Claire klar", hörte ich, ehe ich mitansehen musste, wie die Goldglocke den Adonisgott hinter sich wegzog, der uns gequält anblickte. „Nenn mich nicht Jase", knurrte es noch von hinten, ehe ich umgedreht wurde. Benommen blickte ich Jason in die braunen Augen. Auch er blickte mit einem ernsten Blick in mein Gesicht, eine Armlänge von sich entfernt.
Seine Augenbrauen hatte er streng zusammengekniffen und Skepsis lag in seinem Blick. Seine Seriosität ließ mich auflachen, da es so fehl am Platz zu sein schien. Meiner guten Laune wegen ließ ich es mir nicht nehmen, seine Falte zwischen den Brauen zu bügeln.
Es war keine leichte Arbeit, da sein verwirrter Blick nun auch Falten auf der Stirn aufwarf und ich leicht überfordert mit den vielen Möglichkeiten zu glätten war. Bei dem Versuch, ihm auch diese zu glätten, klatschte ich ihm meine Hand gegen die Stirn.
Erschrocken zuckte er zurück und blickte mich ungläubig an, weshalb ich lautschallend anfing zu lachen. „Patsch", machte ich das Geräusch nach und demonstrierte es nochmal an mir. Auch er konnte sich diesmal kein Grinsen verkneifen, dennoch drückte er mich kopfschüttelnd auf den Barhocker. „Wie ein kleines Kind", murmelte er, was ich jedoch nicht wirklich an mich ran ließ.
Warum konnten Menschen eigentlich keinen Slowmotion-knopf im Leben drücken, damit alles in langsam geschah? Das würde bestimmt voll heiß aussehen, wenn seine Haare, in denen leichte Schweißperlen waren wegen der Wärme, hin und her fliegen würden.
Oder total scheiße, weil seine Backen wie in den schlechten Komödien aneinander klatschen würden. Du weißt, was ich meine? Dass man wirklich richtig sieht, wie die Wangen hin und her schwabbeln. Und bevor du fragst, ja, ich kann noch klar denken und ja, ich schäme mich gerade verdammt für dich.
Erneut fing ich laut an zu lachen und betrachtete Jasons Wangen. Es wäre ziemlich lustig, wenn diese auch so wabbeln würden. Aber konnten sie das überhaupt? Einige Wangen waren so fest, dass sie nicht wabbeln konnten.
Testend beugte ich mich zu ihm rüber, ließ mich nicht von seinen aufgerissenen Augen irritieren. Hochkonzentriert und mit zusammengezogenen Augenbrauen legte ich meine Hände auf jeweils eine Wange und ließ sie in kreisenden Bewegungen laufen.
Auf jeden Fall bewegte sich etwas mit. Das war etwas Gutes. Prüfend kniff ich noch in seine Wangen rein, was ausgezeichnet funktionierte. Kichernd tätschelte ich ihm beide Wangen und blickte in seine Augen, die mich amüsiert musterten.
„Du bist bestimmt eine Wabbelbacke", brachte ich heraus und piekste ihm in die Wange.
„Schluss damit, wenn Nathan das sieht, wird er dir das ewig vorhalten und dich damit erpressen, glaub mir", lachte auch er. Sofort änderte sich meine Laune, als ich Nathans Namen hörte.
Oh, ein Hoch auf die Stimmungsschwankungen.
Hier ist Kapitel 20; hinterlasst mir doch ein Vote oder ein Kommentar, wenn es euch gefallen hat:)
XX, T~
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