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Kapitel 28

Vor der Haustür nahm ich noch einmal einen tiefen Atemzug, ehe ich den Schlüssel aus meiner Tasche angelte und aufschloss. Mein Blick fiel zuallererst auf die vielen Umzugskartons, die sich im Flur türmten. Erleichterung machte sich in mir breit. Morgen. Morgen war es so weit. Morgen wäre ich Adam los. Vielleicht sollte ich Poppy bitten, heute bei mir zu übernachten. Zwar hatte Adam mich in der letzten Woche nicht mehr weiter belästigt, aber wer wusste schon, was in seinem kranken Kopf vorging? Zu welchen Taten er sich in seiner letzten Nacht bei uns zuhause noch hinreißen ließ?

Kaum fiel die Tür ins Schloss, hörte ich auch schon ein Rumpeln aus der Küche. Im nächsten Moment streckte Lukas den Kopf aus der Tür. Sofort senkte ich den Blick und spürte auch schon die Schuldgefühle in mir aufkeimen. Schnell setzte ich zum Sprechen an, um Schadensbegrenzung zu betreiben.

                »Okay«, ich hob beschwichtigend die Hände. »Bevor du ausrastest, solltest du wissen, dass es mir wirklich wahnsinnig leid tut. Ich weiß, ich hätte Bescheid sagen sollen.« Ich machte eine kurze Pause, um mir eine plausible Ausrede für die letzte Nacht einfallen zu lassen. Ich holte tief Luft und hob langsam wieder den Kopf, um in Lukas' Gesicht schauen zu können. Merkwürdigerweise war auf seinen Lippen der Ansatz eines Lächelns zu sehen und seine Augen blitzten belustigt. Wieso lächelte er? Irgendetwas stimmte hier nicht. Normalerweise wäre er schon längst durchgedreht und hätte mir eine seiner typischen Standpauken gehalten.

»Wieso sagst du nichts?« Verwirrt runzelte ich die Stirn, woraufhin Lukas' Schmunzeln nur noch breiter wurde.

»Keine Sorge, Poppy hat mich heute Nacht noch angerufen. Sie hat mir erzählt, dass du ordentlich einen in der Krone sitzen hattest und ihr daher zusammen bei Timmy übernachtet habt.« Lukas grinste breit und lehnte sich gegen den Türrahmen. In diesem Moment wusste ich nicht, ob ich Poppy für ihre Geistesgegenwärtigkeit danken, oder ihr lieber den Hals umdrehen sollte. Denn wie ich Lukas kannte, würde er keine Gelegenheit verstreichen lassen, um mich damit aufzuziehen. Doch leider blieb mir nichts anderes übrig, als Poppys Spiel mitzuspielen, ihre Ausrede klang immerhin gar nicht mal so unglaubwürdig.

»Ähm ja... «, ich zog die Brauen zusammen und nickte bestimmt. »Ich habe wohl ein klein bisschen zu viel getrunken.«

»Ein klein bisschen?«, wiederholte Lukas amüsiert und seine Brauen schossen nach oben. »Poppys Aussagen deuteten mehr darauf hin, dass du um zehn Uhr schon friedlich vor dich hin geschlummert hast. Als ich heute Nacht mit ihr telefonierte, konnte sie dich jedenfalls nicht einmal mehr ans Telefon holen.«

»Ich hab was?« Entsetzt riss ich die Augen auf. Ich hatte vielleicht einen über den Durst getrunken, aber musste Poppy es derart übertreiben? Okay, Hals umdrehen war eindeutig die bessere Option.

»Komm schon, Drea«, Lukas lachte laut auf. »Ich weiß doch wie es ist, wenn man versucht mit Poppy mitzuhalten. Man endet so oder so über der Kloschüssel. Ich spreche da aus Erfahrung.«

                Ich verrollte die Augen und gab lediglich ein gebrummtes »Ich bin oben.« zur Antwort. Während ich auf die Treppen zuhielt, hörte ich Lukas' laute Lache in meinem Rücken, die ich geflissentlich ignorierte. Ich brauchte erst mal eine heiße Dusche, um wieder einigermaßen zur Ruhe zu kommen.

»Ach, bevor ich es vergesse«, rief Lukas mir hinterher, als ich bereits die Hälfte der Treppe hinter mir hatte. »Morgen müssen wir beim Umzug helfen. Du kannst gegen Vormittag mit Dad rüber fahren. Ich komme mit den Jungs nach.«

                »Mit den Jungs?« Ich hielt mitten in der Bewegung inne und schoss sofort wieder zu Lukas herum. Mein Herz begann aufgeregt zu klopfen und aus großen Augen starrte ich zu meinem Bruder runter.

»Ja«, er hob eine Braue. »Dad meinte wir brauchen noch ein paar zusätzliche Hände, also habe ich die Jungs gefragt.«

                »W-welche Jungs?« Fragte ich und ahnte bereits, was Lukas im nächsten Moment aussprach.

»David, Michael und Logan. Sie helfen morgen. Hast du damit ein Problem?« Als sich Lukas' Gesichtszüge zu einer argwöhnischen Grimasse verzerrten, wurde mir bewusst, dass ich mich etwas zurückhalten musste. Lukas wusste, dass ich Logan mehr mochte, als ich vorgab. Er ahnte ohnehin schon, dass zwischen uns mehr war, als ein übliches Lehrer-Schüler-Verhältnis. Obwohl ich ihm bereits klipp und klar mitgeteilt hatte, dass da nicht mehr lief, sah ich dennoch eine gewisse Vermutung in seinen Augen aufflackern. Darüber hinaus konnte Lukas' gestriger Zwischenstopp bei Logans Wohnung kein Zufall gewesen sein. Nein, Lukas misstraute Logan und mir noch immer, das konnte ich in seinen Augen erkennen. Er wollte mich testen, wollte nur meine Reaktion auf Logans Anwesenheit abschätzen. Ich durfte in ihm nicht noch mehr Verdacht schüren oder ihn in irgendeiner Weise bestätigen. Also bemühte ich mich um eine möglichst gelassene Miene, wenngleich mein Herz in diesem Moment meine Brust zu sprengen drohte.

                »Nein, wieso sollte ich? Je mehr mithelfen, desto schneller sind wir schließlich fertig.« Ich zwang mir ein lässiges Lächeln auf die Lippen.

»Ja, das sehe ich genauso.« Lukas Augen verengten sich und er sah mich noch immer ermittelnd an. »Also wie gesagt, ich komme mit den Jungs etwas später, da wir noch die Umzugskisten«, er deutete auf die vielen Kartons neben der Garderobe, »transportieren müssen. Du kannst dann mit Dad, Tante Carolyn und Adam rüberfahren.«

                Mir wurde etwas mulmig beim Gedanken daran, Adam morgen so lange zu sehen, so viel Zeit mit ihm verbringen zu müssen. Doch Gott sei Dank waren Dad und Tante Carolyn dabei. Ich wollte mir erst gar nicht ausmalen was passieren würde, wenn ich mit Adam alleine in dieser Wohnung wäre. Sofort wurde mir übel und schnell verdrängte ich diesen Gedanken.

                »Wo ist Dad eigentlich?« Fragte ich schließlich und warf einen Blick über das Treppengeländer in Richtung Wohnzimmer.

»Der bringt Mia zu einer Freundin und geht anschließend mit Tante Carolyn und Adam Möbel für die Wohnung kaufen.« Erklärte Lukas noch, bevor er wieder in der Küche verschwand. Mit schnellen Schritten erklomm ich die Stufen und ging hoch in mein Zimmer. Ohne Adam im Haus fühlte ich mich sogleich um einiges wohler. Damit das auch so blieb, schnappte ich mir mein Handy und wählte Poppys Nummer. Normalerweise nahm sie sofort ab, dieses Mal aber dauerte es eine halbe Ewigkeit.

»Ich hoffe du hast einen guten Grund mich mitten in der Nacht anzurufen.« Hörte ich Poppys kratzige Stimme vom anderen Ende der Leitung. Sie klang, als hätte man sie gerade aus dem Schlaf gerissen, was, wie ich sie kannte, wahrscheinlich auch der Fall war.

»Selber Hallo.« Ich grinste und klemmte mir das Handy zwischen Ohr und Schulter, um mit den Händen in meinem Kleiderschrank nach etwas Gemütlichem zum Anziehen suchen zu können.

»Wenn deine Ausrede nicht beinhaltet, dass du heißen Sex mit Mr. Adonis hattest, von dem du mir dringend berichten musst, lege ich gleich wieder auf.« Brummte Poppy in den Hörer und im Hintergrund hörte ich das Rascheln der Bettdecke, was meine Vermutung, dass sie noch geschlafen hatte, bestätigte. Bei ihren Worten sprang mir sofort die Erinnerung an die Nacht mich Logan vor Augen. Ich dachte daran, wie seine Hände über meinen Körper geglitten waren, erinnerte mich an den glühenden Blick, mit dem seine Augen mich verschlungen hatten, seine Lippen, die meinen Hals liebkosten. Ich räusperte mich, um die Gedanken daran zu vertreiben und mich auf das Gespräch zu konzentrieren.

                »Naja also...«, ich schluckte schwer und unterbrach mein Tun im Kleiderschrank kurz. Was sollte ich Poppy sagen? Ich konnte ihr vertrauen und sie anzulügen stand außer Frage, also entschied ich mich für die Wahrheit. Allerdings wäre es mir lieber, mit ihr persönlich darüber sprechen zu können. »Lass und nachher darüber sprechen, ich...«, doch noch ehe ich aussprechen konnte, fiel Poppy mir ins Wort.

»Heilige Scheiße! Ernsthaft? Ihr habt es wirklich miteinander getrieben?« Mit einem Mal schien sie hellwach zu sein. Augenblicklich schoss mir das Blut in den Kopf und vehement schüttelte ich den Kopf, auch wenn sie diese Geste durch das Telefonat nicht sehen konnte.

                »Nein, Poppy, um Gottes Willen! Ich rufe eigentlich nur an, weil ich fragen wollte ob wir heute Abend etwas unternehmen wollen, du kannst auch hier schlafen.« Ich schnappte mir eine bequeme Leggings und einen Pullover. Poppy stöhnte laut in den Hörer und ich konnte hören, wie sie sich zurück in die Kissen fallen ließ.

»Ernsthaft? Das hättest du mir nicht in einer SMS mitteilen können? Wir haben gerade mal ein Uhr, Drea! Ich bin erst heute Morgen um neun schlafen gegangen!«

                »Um neun Uhr? Was zum Teufel habt ihr die ganze Nacht getrieben?« Schockiert riss ich die Augen auf, während ich mich mit meinen Kleidern ins Bad begab. Wieder hörte ich Poppy am anderen Ende seufzen.

»Jemand meinte er müsste den Flachbildschirmfernseher in Timmys Wohnzimmer in zwei Stücke hacken«, Poppy hielt kurz inne. »Ach und die Tür vom Schlafzimmer seiner Eltern hat es auch abbekommen, aber halb so schlimm, wir haben sie wieder eingehängt.« Poppy sprach, als wäre das alles keine große Sache. Bestürzt schossen meine Brauen in die Höhe.

»Wie kommt man bitteschön auf die Idee, einen Fernseher in zwei Stücke zu zerlegen? Oder eine Tür aus den Angeln zu heben?« Fragte ich und schüttelte fassungslos den Kopf.

»Frag mich nicht«, Poppy gähnte laut, bevor sie wieder zum Reden ansetzte. »Also, hier ist mein Vorschlag: Ich hau mich jetzt nochmal aufs Ohr und komme so gegen sechs Uhr zu dir. Wir könnten ja noch ins Barney's gehen und du erzählst mir von deiner heißen Nacht mit Mr. Adonis. Deal?«

                »Deal.« Stimmte ich zu und war sogleich beruhigt, dass ich den Abend nicht alleine verbringen musste. Wir verabschiedeten uns voneinander und als das Telefonat beendet war, verzog ich mich unter die Dusche. Der heiße Wasserstrahl prasselte auf meinen Körper herab und lockerte meine angespannten Muskeln. Ich genoss die Wärme, die meine Haut umgab und hob mein Gesicht dem Wasserstrahl entgegen. Die kleinen Tropfen verfingen sich in meinen Wimpern und ich musste einige Male blinzeln, um wieder eine klare Sicht zu erlangen.

                Unwillkürlich wanderten meine Gedanken zu Logan. Wie sollte es nun weiter gehen? Was war das zwischen uns? Ich konnte nicht verleugnen, dass ich mich körperlich zu ihm hingezogen fühlte. Nicht einmal auf Danny hatte ich derart heftig reagiert, was mir wirklich furchtbar Angst bereitete. Denn diese Lust, dieses Verlangen, es war völliges Neuland für mich. Ich hatte noch nie zuvor etwas Vergleichbares gefühlt und wusste folglich auch nicht, wie ich damit umgehen sollte. Aber was war mit meinem Herzen? Was empfand ich wirklich für Logan? Beruhte diese Anziehung zwischen Logan und mir nur auf einer rein physischen Ebene, oder hatte ich aufrichtige Gefühle für ihn? War es überhaupt möglich, sich in jemanden zu verlieben, den man kaum kannte? Die Antwort darauf wusste ich nicht. Gut, zwar hatte ich mittlerweile durchaus einige persönliche Dinge über Logan herausgefunden, allerdings kam es mir so vor, als würde ich nur an der Oberfläche kratzen und jedes Mal, wenn ich weiter in sein Inneres einzudringen drohte, stieß er mich von sich. Das beste Beispiel hierfür war das Familienfoto auf seinem Nachttisch. Er hatte seine Eltern noch nie mit einem Wort erwähnt. Hinzu kam seine Reaktion, als ich ihn auf das Bild angesprochen hatte. War seinen Eltern vielleicht etwas Schlimmes zugestoßen? Lebten sie überhaupt noch? Wenn ja, hatten sie womöglich etwas mit den Narben auf seinem Rücken zu tun? Fragen überlagerten meinen Kopf. Fragen, auf die ich schlussendlich doch wieder keine Antwort fand.

Erneut wünschte ich, meine Mum wäre noch am Leben. Ich wünschte ich könnte mich jetzt einfach anziehen und runter ins Wohnzimmer gehen, wo sie wie jeden Samstag hinter ihrem Bügelbrett stand und die Wäsche machte, während sie sich eine neue Folge ihrer schnulzigen Telenovelas reinzog. Niemand verstand ihre Schwäche für diese lächerlichen Seifenopern. In diesem Moment hingegen wünschte ich mir nichts sehnlicher, als mich in ihre Arme kuscheln zu können, um gemeinsam mit ihr den holprigen Weg dieses fiktiven Liebespaares zu verfolgen, von dem sie immerzu geschwärmt hatte. Mum war eine unverbesserliche Romantikerin gewesen. Von ihr hatte ich meine Liebe zur Literatur. Sie war der größte Jane Austen Fan gewesen, der es auf diesem Planeten gegeben hatte. Zu gern hätte ich ihr von Logan erzählt, hätte ihr von all meinen Gefühlen und Ängsten berichtet. In dieser Hinsicht war Mum mehr wie eine Freundin, als eine Mutter gewesen, was wahrscheinlich auch einer der Gründe dafür war, weshalb sie sich so gut mit Poppy verstanden hatte. Doch jetzt war sie tot. Sie würde nie wieder unten im Wohnzimmer die Wäsche bügeln, während ihre Augen gespannt auf den Fernseher gerichtete waren. Niemals würde ich ihr von Logan erzählen können, davon, dass mein Herz wie verrückt in meiner Brust klopfte, sobald ich ihn sah, dass er mich vollkommen aus dem Gleichgewicht brachte.

Tränen stiegen mir in die Augen und liefen meine Wange hinab, vermischten sich mit den Wassertropfen des Duschstrahls. Es hatte keinen Sinn in der Vergangenheit zu schwelgen, ich durfte nicht in Selbstmitleid versinken. Das brachte mich weder weiter, noch half es mir meinen Blick endlich nach vorne zu richten, mich auf die Zukunft zu fokussieren. Ich sollte nicht weinen, weil sie weg war, sondern mich über die Zeit freuen, die ich mit ihr hatte erleben dürfen. Seufzend stellte ich das Wasser ab und trat aus der Dusche heraus. Ich versuchte die Gedanken an meine Mum und Logan vorerst beiseite zu schieben und widmete mich meinem Spiegelbild. Ich war noch immer dünn, sehr dünn. Ein paar Pfunde mehr auf den Rippen hätten mir nicht geschadet. Zudem war nach wie vor der Ansatz von dunklen Ringen unter meinen Augen zu erkennen. Sie erzählten die Geschichte meines Schmerzes. Aber sie wirkten nicht mehr so stumpf, wie noch ein paar Wochen zuvor, stattdessen erstrahlten sie in einem warmen Braun, das von dichten schwarzen Wimpern umgeben war. Der wiederkehrende Glanz in ihnen war ein Zeichen dafür, dass es von nun an bergauf gehen musste.

Ich wandte mich wieder von meinem Ebenbild ab und zog mich an. Anschließend vergrub ich mich in meinem Zimmer und erledigte noch ein paar Hausaufgaben. Als ich das Buch zuklappte und einen Blick auf die Uhr warf, stellte ich fest, dass es gerade mal vier Uhr am Mittag war. Seufzend setzte ich mich auf und überlegte, was ich mit mir anstellen sollte. Mein Blick schweifte zu meinem Bücherregal, das aus allen Nähten zu platzen drohte.  Plötzlich kam mir eine Idee. Ich hüpfte vom Bett und schlich rüber in Dads Schlafzimmer. Nachdem ich die Tür geöffnet hatte, lugte ich vorsichtig hinein. Seit Mums Tod war ich nicht mehr hier drinnen gewesen. Alles war noch genauso, wie vorher, so wie sie es zurückgelassen hatte. Auf dem Bett lagen zwei fein säuberlich gefaltete Decken. Auch ihr Lieblingsfoto von Lukas, Mia und mir, das sie letztes Jahr an Weihnachten aufgenommen hatte, stand auf dem Nachttisch. Selbst die vielen Bücher, die sie aktuell gelesen hatte, türmten sich wie immer auf dem kleinen Tischchen neben ihrem Bett. Ich verspürte einen Kloß im Hals und gab mir alle Mühe, nicht wieder in Tränen auszubrechen. Ein stechender Schmerz breitete sich in meinem Herzen aus, sie fehlte mir so sehr. In diesem Raum war ihre Abwesenheit am meisten spürbar und instinktiv fragte ich mich, weshalb Dad sich das antat, tagtäglich ein Zimmer zu betreten, das ihn jedes Mal an seine verstorbene Liebe erinnerte.

Ich nahm einen tiefen Atemzug und trat ein. Die Tür quietschte hinter mir und langsamen Schrittes ging ich auf das Bücherregal zu, das ein paar Meter von dem Bett entfernt an der Wand stand. Ganz vorsichtig, als könnten sie zerbrechen, fuhr ich mit den Fingern über die Einbände der Bücher, bis ich bei Jane Austen stoppte. Doch das Buch, wegen dem ich mich überwunden hatte in das Schlafzimmer meiner Eltern zu gehen, stand nicht im Regal. Noch einmal studierte ich die Jane Austen Reihe, ließ meine Augen für den Fall, dass ich es übersehen hatte über jedes einzelne Buch im Regal wandern. Aber es war nicht da, meine Augen täuschten mich nicht. Das war wirklich merkwürdig, wo sollte es denn sonst sein? Verwirrt zog ich die Brauen zusammen und drehte mich einmal um die eigene Achse, um zu sehen, ob irgendwo im Zimmer noch andere Bücher herumlagen. Abgesehen von den dreien, die auf ihrem Nachttisch lagen, waren nirgends welche aufzufinden. Da begann es mir plötzlich zu dämmern. Mit zwei schnellen Schritten stand ich vor dem kleinen Tischchen neben dem Bett und nahm die Bücher, die Mum zuletzt vor ihrem Unfall noch gelesen hatte in die Hand. Und tatsächlich, da war es.

Jane Austen, Verstand und Gefühl.

Das konnte doch nicht wahr sein! Mum hatte Jane Austens Romane schon unzählige Male verschlungen. Wieso also hatte sie ausgerechnet dieses Buch kurz vor ihrem Tod noch einmal gelesen? Ungläubig schüttelte ich den Kopf, während mein Herz aufgeregt zu klopfen begann. Zufall oder Schicksal? Mein Blick wanderte über den Einband. Einige Eselsohren, die die unteren Ecken zierten, sowie die Falten im Rücken des Buches deuteten darauf hin, dass es schon mehrmals gelesen worden war. Behutsam schlug ich die erste Seite um. Meine Finger glitten über das vergilbte Papier und die verblassten Buchstaben, über jedes einzelne Wort, dass Mum vor ein paar Monaten noch gelesen hatte. Ein Lesezeichen steckte ziemlich am Ende zwischen zwei Seiten, offenbar war sie nicht mehr dazu gekommen, den Roman zu Ende zu lesen. Diese Tatsache ließ meine Sicht wieder verschwimmen. War es ein Zeichen? Ein Wink des Schicksals? Wieso hatte sie gerade dieses Buch gelesen, dessen Inhalt mir seit ein paar Wochen im Kopf herumgeisterte, das Buch, das Logan und mich miteinander verband. Das konnte doch kein Zufall sein. Benommen drückte ich es gegen meine Brust und versuchte meine Tränen zu unterdrücken. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich Mum mit einem Mal näher. Es fühlte sich an, als würde ihr Geist in diesem Buch stecken, als wollte mir die Tatsache, dass sie Verstand und Gefühl vor dem Unfall gelesen hatte, sagen, dass sie noch hier war. Jetzt verstand ich auch, weshalb Dad all ihre Sachen noch nicht weggeräumt hatte.

                Ich wusste nicht, wie lange ich so da saß und mich an das Buch klammerte, als sei es das letzte, was mir von Mum geblieben war. Es war gut möglich, dass Minuten, ja sogar Stunden vergingen, aber es war mir egal. In diesem Moment genoss ich einfach nur das Gefühl, mich in ihrer vertrauten Umgebung zu befinden, ihr ein Stückchen näher zu sein.

                Als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legte, schreckte ich hoch und starrte in Dads Gesicht. Ein sanftes Lächeln zierte seine Lippen, doch in seinen Augen stand ein so tiefer Schmerz, dass es mir beinahe das Herz brach. Seine Haare standen ihm in alle Richtungen und dunkle Halbkreise waren unter seinen Augen zu sehen. Er wirkte erschöpft und völlig ausgelaugt. Langsam ließ er sich neben mir nieder und die Matratze senkte sich leicht unter seinem Gewicht.

                »Mir geht es genauso.« Sagte Dad, während seine braunen Augen über das Bücherregal wanderten.

»Was?« Verwirrt sah ich zu ihm auf.

                »Die Bücher«, erklärte er. »Durch sie fühle ich mich Beth näher. Sie erinnern mich an sie.« Dad schien völlig versunken in seinen Gedanken und der glasige Blick aus seinen Augen wirkte verträumt, als schwelgte er in Erinnerungen. Man sah ihm an, wie sehr er Mum geliebt hatte. Wieder verspürte ich diesen Kloß im Hals.

»Ja.« Sagte ich knapp und richtete meine Sicht wieder auf den Roman in meinen Händen. Für kurze Zeit herrschte Stille zwischen uns, eine angenehme Stille. Jeder war mit seinen Gedanken für sich. Doch ein paar Sekunden darauf durchbrach Dad wieder das Schweigen.

                »Dieses Buch hat es dir angetan, was?«

Als ich wieder zu ihm rüber sah, erkannte ich, dass seine Augen ebenfalls auf dem Roman in meinen Händen ruhten.

                »Ja«, bestätigte ich. »Das Buch ist wirklich sehr schön.« Die Tatsache, dass Logan die Liebe zu diesem Roman in mir entfacht hatte, ließ ich geflissentlich außer Acht.

»Es war auch eins von Beths Lieblingsbüchern.«

                »Ehrlich?« Überrascht blickte ich zu Dad hoch, auf dessen Lippen ein kleines Lächeln entstanden war.

»Ja«, er nickte. »Sie hatte es unzählige Male gelesen.«

                »Scheint wohl in der Familie zu liegen«, ich erwiderte sein Lächeln. In diesem Moment genoss ich es, mit Dad über Mum zu sprechen. Natürlich war da noch immer dieser tiefe Schmerz in mir, diese unüberwindbare Sehnsucht nach ihr. Doch zu wissen, dass ich mit meiner Trauer um sie nicht alleine war, dass es jemanden gab, der meinen Kummer verstand, fühlte sich unglaublich gut an. Mein Blick senkte sich wieder auf das Buch. Fragend hob ich es in die Höhe.

»Darf ich das mit rüber nehmen?«

»Drea, du musst nicht einmal fragen. Beth hätte sicherlich gewollt, dass du es bekommst.« Sanft strich er mir eine Strähne aus dem Gesicht.

                »Danke, Dad.« Entgegnete ich und wischte mir einige Tränen aus dem Augenwinkel. Dad legte einen Arm um mich und drückte mich leicht an seine Brust. Für ein paar Sekunden verharrten wir in dieser Position, genossen einfach nur die Wärme und die Geborgenheit des jeweils anderen, gaben uns gegenseitig Halt. Es war genau das, was ich gebraucht hatte. Nach und nach lösten wir uns wieder voneinander und Dad erhob sich langsam von dem Bett.

»Ich gehe dann mal nach unten zu Carolyn, um ihr beim Packen der letzten Kartons zu helfen.«

                »Okay.« Ich nickte und sah zu, wie er auf die Tür zuhielt. Als er bereits das Zimmer verlassen wollte, drehte er sich noch einmal zu mir um. »Übrigens, Poppy ist schon da. Sie wartet drüben in deinem Zimmer.«

                »Was? Ist es schon so spät?« Erschrocken warf ich einen Blick auf die Uhr und tatsächlich, es war bereits kurz nach sechs. Schnell schnappte ich mir das Buch und trat hinter Dad durch die Tür. Kaum war ich in meinem Zimmer angekommen, entdeckte ich auch schon Poppy, die es sich auf meinem Bett gemütlich gemacht hatte und gelangweilt in einem Modemagazin herumblätterte. Ohne aufzuschauen begann sie auch schon drauf los zu plappern.

»Mann, ich verstehe echt nicht, was an diesen hässlichen Schlaghosen so toll sein soll, die sehn doch aus, als hätte man zwei riesige Stempel an den Füßen.« Kopfschüttelnd blätterte sie weiter, erst dann hob sie den Blick und das Grinsen schwand augenblicklich aus ihrem Gesicht. »Drea, was ist los? Hast du geweint?« Ihre Züge verzogen sich bekümmert. Sofort warf sie das Magazin achtlos beiseite, um sich aufzusetzen.

                »Es ist alles okay«, ich winkte ab. Doch so schnell gab Poppy sich nicht geschlagen.

»Erzähl, was ist los?« Sie klopfte auf die Bettdecke neben sich, um mir zu signalisieren, dass ich mich setzen sollte. Seufzend kam ich näher und ließ mich neben ihr auf der Kante nieder. Dann begann ich zu sprechen.

                »Es ist wirklich alles in Ordnung. Ich habe nur gerade mit meinem Dad über... über Mum gesprochen.« Erwiderte ich ehrlich und begann nervös meine Hände zu kneten.

»Oh«, vorsichtig schielte sie aus ihren braunen Augen zu mir rüber. »Geht's dir gut? Willst du darüber reden?

                »Es ist schon in Ordnung, Poppy. Mir geht es gut. Das Gespräch war irgendwie... befreiend.« Ich sah zu ihr rüber und erwiderte das sanfte Lächeln, das sich auf ihren Lippen gebildet hatte.

»Das freut mich, ehrlich.« Poppys Augen schimmerten aufrichtig und erfüllten mich mit Wärme. Doch auf ihrem Gesicht konnte man ebenfalls einen gewissen Schmerz erkennen. Auch sie bedauerte Mums Verlust sehr. Die beiden hatten sich immer blendet verstanden und Poppy war wie eine dritte Tochter für Mum gewesen. »Du bist stark, Drea. Du schaffst das. Ich vermisse Beth auch furchtbar, aber es wird von Tag zu Tag besser und ich werde immer für dich da sein, wenn du mich brauchst. Das verspreche ich dir.«

                »Danke Poppy.« Gerührt von ihren Worten schlang ich meine Arme um ihren Hals und drückte sie fest an mich. Sofort erwiderte sie meine Umarmung. Ihre grauen Strähnen kitzelten an meiner Wange und Poppys Arme schienen mich förmlich zu erdrücken. Doch das machte mir nichts aus. Denn ich würde dieses Mädchen niemals mehr in meinem ganzen Leben loslassen. Sie war nicht nur meine beste Freundin, sie war auch wie eine Schwester für mich, mein Fels in der Brandung, meine bessere Hälfte. Sie war meine Seelenverwandte.

***

Hallo meine Lieben <3

Dieses Kapitel war jetzt nicht ganz so spannend, aber dafür wird das nächste umso aufregender. Denn das Ende des Buches rückt näher ;) In diesem Sinne möchte ich euch auch gleich etwas sehr wichtiges mitteilen: *Trommelwirbel*

Es wird einen 2. Band geben!

Ich werde ihn in ein paar Minuten hochladen. Ihr findet ihn dann auf meiner Seite und könnt ihn gleich in eure Bibliothek einfügen, sodass Wattpad euch beim Start von Band 2 umgehend informiert. Die Inhaltsangabe dagegen wird natürlich erst nach dem Ende von "Please love me" folgen. Schließlich will ich ja nichts vorweg nehmen ;)

Ich hoffe ihr freut euch darüber und nochmal ein riesiges Dankeschön an euch alle! Nur durch eure Reads, Votes und euer tolles Feedback habe ich es so weit geschafft. Danke dafür! <3 Ich hoffe natürlich, dass ihr weiterhin fleißig euer Sternchen abgibt und mir eure Meinungen hinterlässt! :)

GLG <3

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