Kapitel 22
Soo, wie versprochen, wird auch Kapitel 23 heute noch hochgeladen ;) Allerdings benötige ich ein bisschen Zeit, um es noch einmal zu überprüfen! Ich freue mich schon auf eure Votes & Kommentare! :) Scheut euch nicht eure Meinungen zu hinterlassen ;)
GLG <3
Eine hübsche Blondine mit brustlangen Locken und strahlend grünen Augen erschien hinter den Türen des Aufzuges. Ich war wie vor den Kopf gestoßen und konnte sie nur mit offenem Mund anstarren. Was machte diese Frau in Logans Apartment? Plötzlich spürte ich einen heftigen Stich in der Magengegend. Das Kribbeln in meinem Bauch erstarb und mit einem Mal fühlte sich alles in mir taub an. Ich war noch nie groß der eifersüchtige Typ gewesen, doch in diesem Moment spürte ich sie mit aller Heftigkeit in mir aufbrodeln.
Sofort glitten meine Augen an ihr herab. Sie schien noch recht jung zu sein, ich schätzte sie auf Anfang zwanzig. Sie trug lediglich eine kurze Stoffhose und einen Oversize Pullover. Irgendwie machte es auf mich den Eindruck, als würde sie sich in Logans Penthouse zuhause fühlen, denn ihre Haltung war entspannt und sogar ihre Füße waren barfuß, wie ich feststellte.
»Hey Joanna«, grüßte Lukas die Frau und schockiert richteten meine Augen sich nun auf Lukas. Er kannte sie? In diesem Moment begann ich zu begreifen und setzte die Puzzleteile in meinem Kopf zusammen. Oh Gott, wahrscheinlich hatte Lukas mir deshalb die ganze Zeit versucht einzureden, dass Logan nichts für mich war. Sie war der Grund, weshalb Logan sich so krampfhaft von mir fernzuhalten versuchte, mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass er obendrein auch noch mein Lehrer war.
Logan hatte... er hatte eine Freundin. Ich atmete zischend ein und versuchte das schmerzende Gefühl in meiner Brust zu unterdrücken. Stattdessen erwiderte ich den Blick der Frau und zwang mich zu einem Lächeln, auch wenn mein Herz in diesem Moment zu bluten begann.
»Hey, ich bin Joanna.« Auch ihre Lippen verzogen sich zu einem strahlenden Lächeln, während ihre grünen Augen mich neugierig musterten. Sie hielt mir die Hand entgegen. Zu allem Übel musste ich mir auch noch eingestehen, dass sie wirklich hübsch war.
»Drea.« Entgegnete ich schlicht und erwiderte den Druck ihrer Hand.
»Ihr wollt sicher zu Logan, nicht wahr?« Erwiderte sie und warf einen Blick über ihre Schultern in Richtung der Treppen.
»Ja, ist er denn zuhause?«, fragte Lukas und ließ seine Augen durch die Wohnung wandern.
»Er ist zuhause, ja, aber er wollte gerade duschen gehen.« Erklärte Joanna und drehte sich wieder zu uns herum. Sofort wurde mir übel. Der Schmerz und die Eifersucht übermannten mich und ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augenwinkeln zu sammeln begannen.
Sei stark, Drea!
Unmerklich stieß ich die Luft aus und versuchte all meine Willenskraft in mir zu bündeln, um gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Natürlich war mir klar, dass die Sache zwischen Logan und mir keine Zukunft gehabt hätte, dass wir nicht zusammen sein durften. Aber niemals hätte ich gedacht, dass er eine Freundin hatte. Immerhin waren wir uns bereits ziemlich nahe gekommen, Himmel, wir hatten uns sogar geküsst! Er hatte mir gestanden, dass er Gefühle für mich empfand und nun erfuhr ich, dass er in einer Beziehung war? Kurz wurde mir beim Gedanken daran schwindelig und ich konnte der jungen Frau mir gegenüber kaum mehr in die Augen blicken. Ich fühlte mich miserabel. Wieso war ich nicht schon früher darauf gekommen, oder hatte Logan zumindest danach gefragt? Natürlich hatte er eine Freundin! Wie sollte jemand, der so attraktiv war wie er auch nicht mit jemandem liiert sein? Wie dumm war ich eigentlich? Wie naiv zu denken, dass Logan keine Freundin hatte, dass er anders war, als Danny.
Mit einem Mal wollte ich nur noch hier raus, raus aus diesem Apartment, in dem mich alles an ihn erinnerte, raus an die frische Luft, weg von Logan und weg von dieser wunderschönen Frau mir gegenüber. Meine Gedanken überschlugen sich und noch immer spürte ich dieses stechende Gefühl in meinem Herzen, das mir den Atem abschnürte.
»Dann gebe ich das hier einfach mal an dich weiter, es ist das Geschenk für Michaels Verlobungsfeier. Logan weiß Bescheid.« Sprach mein Bruder, während er Joanna die kleine Schachtel überreichte. Sie nickte und nahm den Gegenstand entgegen.
»Na dann gehen wir auch gleich wieder, ich habe noch einiges in der Firma zu erledigen.« Lukas schenkte der Blondine ein letztes Lächeln, ehe er wieder zurück in den Aufzug trat. Ich tat es ihm gleich und konnte es kaum erwarten, endlich aus diesem Penthouse raus zu kommen.
»Ich werde es an Logan weiterreichen«, erwiderte Joanna lächelnd und winkte uns noch einmal zu, bevor die Fahrstuhltüren sich wieder schlossen. Im Aufzug gab ich mir alle Mühe meine hektische Atmung unter Kontrolle zu bekommen und mir nichts anmerken zu lassen. Das letzte was ich in diesem Moment gebrauchen konnte, war eine Inquisition seitens Lukas. Dafür hatte ich nun absolut keine Nerven. Doch glücklicherweise war er wieder einmal komplett von seinem Smartphone eingenommen und tippte wild darauf herum. Kaum dass wir aus dem Fahrstuhl traten, eilte ich schnellen Schrittes hinaus in den Nieselregen. Die kalten kleinen Tropfen landeten sofort auf meinem Gesicht und verfingen sich in meinen Wimpern. Ich hob den Kopf und blickte hinauf in den Himmel, der von dicken grauen Wolken verhangen war und meine Stimmung exakt widerspiegelte. Ich wollte nur noch nach Hause, mich in meinem Bett vergraben und nie wieder an Logans blaue Augen denken müssen, an seine Nähe, seine Berührungen. Mein Herz wurde immer schwerer und ein Kloß bildete sich in meinem Hals.
»Alles okay bei dir?« Hörte ich Lukas sagen, der bereits an seinem Wagen angekommen war und mir die Tür aufhielt. Er warf mir einen forschenden Blick zu. Schnell räusperte ich mich und setzte meinen Körper wieder in Bewegung.
»Klar, alles in Ordnung.« Ich stieg in den Wagen ein und biss die Zähne fest aufeinander. Ich durfte mich jetzt auf keinen Fall diesem Schmerz hingeben. Lukas würde es sofort bemerken. Um mich auf andere Gedanken zu bringen, kramte ich mein Handy aus der Schultasche hervor und warf einen Blick auf das Display. Poppy hatte mir geschrieben, dass sie gleich bei mir wäre, um sich für Timmys Geburtstagsparty fertig zu machen. Ich simste ihr zurück, dass ich einverstanden war und verstaute mein Handy wieder in der Tasche. Den Rest der Fahrt verbrachte ich mit Schweigen und bemühte mich, den Schmerz, der mein Herz innerlich verkrampfen ließ, zu unterdrücken.
Als wir endlich zuhause ankamen, entdeckte ich auch schon Poppys Opel.
»Was macht Poppy denn hier?« Fragte Lukas und riss meine Aufmerksamkeit somit auf sich. Seine Augen waren geweitet und interessiert musterte er das Auto, das in unserer Auffahrt stand.
»Wir machen uns zusammen fertig für Timmys Party.« Erklärte ich knapp und löste den Gurt, um aussteigen zu können. Lukas tat es mir gleich, ehe er mir jedoch zur Tür folgte, warf er einen Blick auf sein Spiegelbild in der Fensterscheibe des Autos. Er richtete nochmal seine Jacke und fuhr sich schnell durch das dunkle Haar.
»Lukas, das macht dich auch nicht schöner.« Ich verdrehte die Augen und sah ihn erwartungsvoll an, da ich keinen Haustürenschlüssel dabei hatte. Lukas hob lediglich eine Braue, riss sich jedoch von seinem Spiegelbild los und kam auf mich zu geschlendert.
»Vergiss nicht, wir haben dieselben Gene.«
Seine Aussage ignorierend trat ich ein. Ich hatte kaum einen Schritt gemacht, als Poppy und Mia auch schon um die Ecke geschossen kamen. Poppy ging voran. Ein genervter Ausdruck lag auf ihrem Gesicht, während Mia sich an ihrer Jeans festklammerte und immer wieder daran zupfte.
»Ich will aber auch so Schuhe haben!« Rief Mia aufgebracht und zog einen Schmollmund. Poppy verrollte die Augen und verschränkte seufzend die Arme vor der Brust.
»Mia, hör auf mich zu nerven und geh mit deinen Puppen spielen.«
Mias Züge entgleisten und sie schenkte Poppy einen letzten vernichtenden Blick, ehe sie ihr die Zunge rausstreckte und beleidigt Richtung Wohnzimmer davon stürmte. Ihre dunklen Locken wippten bei jedem Schritt mit. Ich schmunzelte bei dem Anblick der beiden. Poppy mochte Mia sehr, aber aus irgendeinem Grund, kam sie mit Kleinkindern einfach nicht besonders zurecht. Kopfschüttelnd wandte Poppy sich mir zu.
»Hey.« Begrüßte ich sie und zog meine Jacke aus.
»Lass uns gleich nach oben gehen, bevor dieser kleine Quälgeist beschließt, mich wieder auf die Palme zu bringen.« Erwiderte Poppy und in diesem Moment sah sie Lukas hinter mir reinkommen. Sofort stellte sie sich aufrechter hin und strich ihre Haare glatt.
»Hey Lukas.« Grüßte sie nun auch meinen Bruder und ihre dunklen Augen begannen zu leuchten.
»Hallo Gandalf.« Lukas' Augen blitzten amüsiert auf. Die beiden starrten sich für ein paar Sekunden einfach nur an, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Ich spürte die Spannung die zwischen den beiden in der Luft lag.
»Okay das reicht jetzt. Poppy, wir gehen nach oben.« Ich griff nach ihrem Handgelenk und zerrte sie hinter mir her zur Treppe.
»Was hast du denn?« Fragte sie völlig empört, als wir die Treppen erreichten. Ich sah sie vielsagend über die Schulter hinweg an.
»Ich weiß, dass du und Lukas aufeinander steht, aber bitte tauscht diese Ich-stelle-mir-dich-gerade-nackt-vor-Blicke nicht vor mir aus.«
Ich bemerkte, dass Poppys Wangen sich bei meinen Worten rosa verfärbten.
»Das ist absoluter Schwachsinn.« Sie schnaubte und folgte mir in mein Zimmer. Auf meinem Bett lag wieder eine riesige Tasche, die bis oben hin mit Klamotten gefüllt war. Ich hob die Braue und drehte mich zu Poppy um.
»Guck nicht so, ich konnte mich nicht entscheiden, also hab ich eben ein paar Sachen mitgenommen.« Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern und ließ sich auf meinen Schreibstuhl plumpsen. Dort griff sie nach der Nachotüte und schob sich eine Handvoll in den Mund. Seufzend drehte ich mich um ließ mich mit dem Bauch auf mein Bett fallen.
»Poppy, ich bin absolut nicht in Stimmung für eine Modenschau.« Murmelte ich in die Kissen und schloss die Augen.
»Okay, was ist los? Geht es wieder um Mr. Adonis?« Fragte Poppy und leckte sich das Salz der Nachos von den Fingern. Bei ihren Worten fuhr mir sofort wieder ein Schmerz in die Brust und ich musste an die junge Frau denken, die Lukas und mich in Logans Apartment begrüßt hatte. Sofort versteifte ich mich und schloss gequält die Augen. Allein bei der Erinnerung daran zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen.
»Deiner Reaktion nach zu urteilen gehe ich mal stark davon aus.« Hörte ich Poppy sagen. Im nächsten Moment kam sie bewaffnet mit dem Schreibstuhl und der Tüte Nachos näher gerückt, stützte ihre Füße gegen die Bettkante und warf mir einen erwartungsvollen Blick zu.
»Ich will wirklich nicht darüber reden.« Natürlich war mir klar, dass Poppy sich so leicht nicht abwimmeln ließ. Stattdessen lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück, griff in die Tüte und bewarf mich mit einem Nacho.
»Jetzt hör auf zu schmollen und erzähl mir, was passiert ist!«
Ich seufzte laut, beseitigte den Nacho und versuchte mich dazu überwinden, die Worte auszusprechen.
»Logan hat eine Freundin.« Für ein paar Sekunden herrschte Stille im Zimmer, dann brach die Hölle aus.
»Verdammte scheiße! Dein ernst?« Ruckartig saß sie aufrecht auf dem Stuhl und warf die Nachotüte beiseite. In meinem Kopf spukten ununterbrochen Logans blaue Augen, unser Kuss... Doch dann musste ich an diese Joanna denken, die Frau aus seinem Penthouse.
»Ich bin so furchtbar blöd.« Wieder drückte ich mein Gesicht zurück in die Kissen und versuchte mein Inneres zu beruhigen, kämpfte gegen die Tränen an, die mir in die Augen stiegen.
»Quatsch, du bist nicht blöd, Drea«, Poppy hielt kurz inne, ehe sie zu mir aufs Bett kam. Ich spürte, wie sich die Matratze unter ihrem Gewicht leicht senkte. Beruhigend legte sie mir eine Hand auf die Schulter und in diesem Moment konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie flossen mir unaufhaltsam über die Wangen. Ich fühlte mich schrecklich. Ich hatte Gefühle für jemanden, der mit einer anderen Frau zusammen war. Als wäre es nicht schon schwer genug, ihn als meinen Lehrer zu haben, ihn jeden Tag sehen zu müssen, nein, das Schicksal hatte es noch schlimmer mit mir gemeint.
»Bist du dir auch ganz sicher, dass es nicht nur eine normale Freundin war?« Fragte Poppy und langsam löste ich mich von dem Kissen, um ihr in die Augen schauen zu können.
»Ich weiß es nicht genau...«, ich schüttelte den Kopf. Der Gedanke war mir noch gar nicht gekommen, jedoch hatte es einfach nicht den Eindruck gemacht, als wäre sie nur eine gewöhnliche Freundin, die mal vorbeischaute. Dafür hatte sie sich viel zu vertraut und heimisch bewegt.
»Erzähl mal genau, was passiert ist.« Forderte Poppy nun sanft und setzte sich im Schneidersitz neben mich. Ich folgte ihrem Beispiel und nahm einen tiefen Atemzug. Dann begann ich ihr die ganze Geschichte zu erzählen. Ich berichtete ihr von dem zweiten Beinahekuss in seinem Auto und von Lukas' und meinem heutigen Besuch in seinem Penthouse. Bei Joanna angekommen, schilderte ich ihr jedes kleine Detail, so unwichtig es auch sein mochte. Aufmerksam hörte Poppy mir zu, hob hier und da mal eine Braue oder schnaubte abfällig. Als ich endete, rieb sie sich nachdenklich das Kinn.
»Ich bin mir trotz allem nicht sicher, ob sie wirklich seine Freundin ist. Ich finde du solltest ihn darauf ansprechen.«
»Ihn darauf ansprechen?«, entgeistert riss ich die Augen auf. »Poppy, im Grunde dürfte mich sein Liebesleben nicht das Geringste interessieren.«
»Im Grunde hättet ihr euch auch nicht küssen dürfen und es ist trotzdem passiert, fast sogar zweimal.« Sie hob zwei Finger in die Höhe, um ihre Aussage zu unterstreichen. Frustriert ließ ich mich wieder zurück in die Kissen sinken.
»Ich weiß nicht...«, meine Augen richteten sich an meine Zimmerdecke. »Wie sollte ich denn überhaupt Kontakt zu ihm aufnehmen? Ich sehe ihn erst wieder am Montag in der Schule und eigentlich wollten wir Abstand zueinander halten.«
»Falsch«, korrigierte Poppy. »Keiner von euch will wirklich Abstand halten, es wäre nur besser wenn ihr es tätet. Außerdem hast du doch seine Handynummer oder nicht?« Poppys Brauen begannen verschwörerisch zu wackeln.
»Ich kann ihm doch nicht einfach eine SMS schicken! Das letzte Mal, als ich das getan habe war er nicht gerade sehr kommunikativ.«
»Na und? Ihr habt euch geküsst, du verdienst die Wahrheit. Von diesem anderen Weib will ich gar nicht erst anfangen.« Sagte Poppy mürrisch und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich weiß nicht...«, erwiderte ich lediglich und starrte weiterhin zur Decke. Meine Gedanken überschlugen sich. Ich konnte Logan doch nicht einfach eine SMS schicken und fragen, wer diese Joanna war. Es lag ohnehin auf der Hand, dass sie seine Freundin war, wer sonst sollte sie wohl sein? Ich wartete darauf, dass Poppy wieder auf mich einzureden begann. Doch es kam keine weitere Antwort. Irritiert hob ich den Kopf und sah zu ihr herüber. In diesem Moment rutschte mir das Herz in die Hose. Poppy tippte seelenruhig auf ein Handy ein, mein Handy.
»Poppy, was zum Teufel machst du da?« Meine Stimme klang gefährlich hoch. Mit einem Ruck hatte ich mich aufgerichtet und befreite mein Handy aus ihren Klauen.
»Gern geschehen.« Erwiderte sie und grinste hämisch vor sich hin. Mit klopfendem Herzen richtete ich meine Aufmerksamkeit auf den Bildschirm.
Hey,
können wir uns vielleicht mal unterhalten?
Es ist wichtig.
Drea
Peinlich berührt schloss ich die Augen und versuchte mein rasendes Herz unter Kontrolle zu bekommen. Mein Puls schlug auf Hochtouren und ich unterdrückte das Bedürfnis, Poppy an die Gurgel zu springen.
»Bist du von allen guten Geistern verlassen?« Schnauzte ich sie an und raufte meine Haare zusammen.
»Ach komm schon, du hättest dich sowieso nicht getraut. Ich hab dir nur einen Gefallen getan.« Erwiderte sie und zuckte mit den Achseln. Ich konnte nur den Kopf schütteln. Manchmal übertrieb Poppy es wirklich.
»Poppy du kannst nicht einfach...«, in diesem Moment begann mein Handy zu vibrieren und zeigte den Eingang einer neuen Nachricht an.
»Das ging ja schnell.« Auf Poppys Gesicht zeichnete sich ein Grinsen ab und mein Puls schoss erneut in die Höhe. Ehe Poppy sich mein Telefon wieder unter den Nagel reisen konnte, schnappte ich es mir und warf ihr einen warnenden Blick zu. Dann las ich die Nachricht.
Drea,
ich glaube nicht, dass das eine gute Idee wäre.
Bitte versteh das.
Das Kribbeln in meinem Bauch schwand sogleich wieder und eine Kälte breitete sich in meinem Herzen aus. Natürlich, es war wegen seiner Freundin. Aus diesem Grund sah er den Kuss als einen Fehler und wollte sich von mir fernhalten. Poppy bemerkte meine Enttäuschung und griff nach meinem Handy, um die Nachricht lesen zu können. Ich ließ es geschehen. In diesem Moment wünschte ich mir nichts mehr, als Logan einfach vergessen zu können. Ich wollte endlich mit all den Rückschlägen in meinem Leben abschließen, wollte endlich wieder nach vorne blicken können, ohne ständig verletzt zu werden.
»Was ein Arschloch.« Brummte Poppy und warf das Handy beiseite. Sie sah mich aus ihren warmen Augen an und legte ihre Hand auf meine.
»Alles okay bei dir?«
Nein. Ich hatte Gefühle für jemanden, der absolut unerreichbar war. Meine Mutter war gestorben und würde nie wieder zurückkommen. Mein perverser Cousin, der mich sexuell bedrängte, war plötzlich wieder auf der Bildfläche aufgetaucht. Also nein, es war absolut nichts okay.
»Ja, alles in Ordnung«, log ich und nahm einen tiefen Atemzug, um jegliche Schmerzen in meinem Innern zu vertreiben. »Sprechen wir nicht mehr darüber. Wir haben eine Modenschau vor uns.« Ich erhob mich vom Bett und kippte Poppys Tasche um, sodass sich ihre gesamten Kleider auf meinem Bett verteilten. Ich spürte Poppys argwöhnischen Blick auf mir ruhen. Offenbar war sie von meinem plötzlichen Stimmungswechsel nicht sehr überzeugt, doch sie schien zu bemerken, dass ich über dieses Thema wirklich nicht mehr sprechen wollte und ließ es auf sich beruhen. Stattdessen erhob sie sich ebenfalls und gesellte sich zu mir. Gemeinsam durchwühlten wir ihren Klamottenberg und suchten mögliche Outfits heraus. Nach einer Weile schnappte Poppy sich meinen Ipod und schloss ihn an die Musikanlage an. Hot Skin von Sam Feldt und Kav Verhouzer dröhnte durch die Boxen und erfüllte den Raum mit sanften Bassklängen. Ich liebte dieses Lied, es war genau die Art Musik, die ich mochte. Poppy dagegen verzog grimmig das Gesicht. Alles was nicht Black Music war, stieß bei ihr auf taube Ohren.
Nachdem wir Poppys Outfit gefunden hatten, sprang ich noch schnell unter die Dusche. Als ich zurückkam, saß Poppy mit einem breiten Grinsen auf dem Bett. Neben ihr lag ein bauchfreies schwarzes Shirt und ein weißer Rock, der mit dunklen Quadraten bedruckt war. Dazu schwarze Wedges, deren weißes Plateau perfekt mit dem Outfit harmonierte. Ich stöhnte innerlich beim Gedanken daran, dass ich schon wieder Poppys Drang mich einzukleiden zum Opfer gefallen war.
»Muss das wirklich sein?« Fragte ich und deutete mit einem Nicken auf die Kleider neben ihr. Sie grinste lediglich ihr typisches Poppy-Grinsen, womit die Diskussion auch schon ein Ende fand. Ich ergab mich meinem Schicksal und kleidete mich an. Währenddessen begann Poppy ihr Makeup aufzulegen. Anschließend ließ auch ich mich an meinem Kosmetiktisch nieder und begann mich zu schminken. Kurzerhand nahm Poppy mir die Utensilien vor der Nase weg.
»Ich kann dir dabei nicht zusehen.« Entgegnete sie kopfschüttelnd und machte sich selbst daran, mein Gesicht zu bearbeiten. Ich hatte aus irgendeinem Grund einfach kein Talent für das Auftragen von Makeup. Nachdem auch der letzte Strich gesetzt war, nickte sie anerkennend und drehte mich zum Spiegel um. Meine dunklen Augen hatte sie mit braunem Liedschatten und schwarzem Eyeliner noch mehr zur Geltung gebracht. Durch die Mascara wurden meine Wimpern, die ohnehin schon recht lang waren, noch etwas mehr betont und meine Lippen strahlten in einem dunklen Weinrot. Zwar war es ungewohnt mich mit so viel Makeup zu betrachten, allerdings musste ich ausnahmsweise zugeben, dass es mir gefiel. Ich bedankte mich bei Poppy und warf einen schnellen Blick auf die Uhr.
»Wir müssen gleich los.« Erwiderte ich, während Poppy sich in ihre knallenge Jeans robbte und mir aller Mühe versuchte, den Knopf zu schließen.
»Bin... gleich soweit.« Nuschelte sie unter großer Anstrengung und lächelte triumphierend, als sie den Knopf ihrer Hose zubekam. Wir schnappten uns unsere Taschen und Timmys Geschenk, ehe wir auch schon die Treppen nach unten stiegen. Ich achtete peinlichst darauf, mit den mörderischen Absätzen nicht zu stürzen. Ich war es einfach nicht mehr gewohnt in hohen Schuhen zu laufen.
Unten angekommen streckte Dad den Kopf aus der Küchentür. Seine Augen wanderten über Poppy und mich hinweg und ein abfälliger Ausdruck trat auf sein Gesicht.
»Ihr seid ja beide bauchfrei!«, sein Blick richtete sich wieder auf mich und er deutete mit dem Zeigefinger auf meinen Aufzug. »Und dieser Rock ist viel zu kurz.«
»Dad.«, ich verrollte die Augen und trat auf ihn zu, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Er musterte mich lediglich noch einmal und schüttelte unverständlich den Kopf. »Die Jugend von heute.« Nuschelte er und zog sich wieder etwas zurück. »Viel Spaß und richtet Timmy meine Grüße aus.« Rief er uns noch über die Schulter zu, ehe er in der Küche verschwand. Poppy und ich traten hinaus und hielten auf ihren silbernen Opel zu. Seufzend ließ ich mich in die Polster sinken. Es dauerte nicht lange, bis die tiefen Bassklänge von Drake das Auto zum Vibrieren brachten. Diesmal verzichtete ich darauf, die Musik leiser zu drehen. Im Gegenteil, ich genoss die hohe Lautstärke, denn sie übertönte somit meine eigenen Gedanken und Grübeleien über Logan.
Am Himmel hatte bereits das Dämmern eingesetzt und verdunkelte die Stadt. Die grellen Scheinwerfer der Autos schienen uns entgegen und blendeten mich. Es war relativ viel los auf den Straßen Seattles und somit benötigten wir eine gute halbe Stunde, bis wir bei Timmys Haus ankamen. Poppy betätigte die Klingel und begann Sturm zu klingeln. Es dauerte nicht lange, bis Timmy uns auch schon mit einem breiten Grinsen die Tür öffnete. Sein Haar waren ausnahmsweise einmal ordentlich gegelt und er trug ein weißes T-Shirt, auf welchem in großen Lettern THE BEATLES stand.
»Kommt rein, Noah ist gerade noch dabei die Musikanlage aufzubauen. Timmy hielt uns dir Tür auf und Poppy stürmte an ihm vorbei direkt ins Wohnzimmer. Wahrscheinlich haftete sie sich an Noahs Fersen, um für Black Music sorgen zu können. Gerade als Timmy die Tür hinter sich schloss und bereits im Begriff war, Poppy ins Wohnzimmer zu folgen, hielt ich ihn zurück. Ich wollte den Moment der Zweisamkeit mit Timmy nutzen, um ihn auf ein gewisses Thema anzusprechen, das ich vor Poppy nicht erwähnen wollte.
»Hör mal, Timmy«, setzte ich an und wusste nicht so recht wie ich anfangen sollte. »Wegen gestern. Ich habe... Ich habe gesehen, wie du meinen Bruder angesehen hast.«
Sofort versteifte Timmy sich und sein Kopf lief hochrot an. Es war ihm sichtlich unangenehm darüber zu sprechen. Auch ich fühlte mich etwas unbehaglich, doch ich wollte Timmy unbedingt wissen lassen, dass ich ihn für seine Sexualität auf keinen Fall verurteilte. Ich wollte ihm verdeutlichen, dass er immer mit mir reden konnte.
»Du sollst wissen, dass ich immer für dich da bin, du kannst über alles mit mir reden, ja? Ich verurteile dich nicht für deine Gefühle.« Ich sah ihn aus ernsten Augen an und legte mitfühlend eine Hand auf seine Schulter.
»Drea«, setzte er an und senkte beschämt den Blick auf seine Füße. »Ich weiß nicht, ob ich schon bereit bin darüber zu reden. Ich habe es selbst erst vor ein paar Wochen bemerkt.«
»Das ist völlig in Ordnung, Timmy. Du sollst nur wissen, dass ich es akzeptiere und wenn du so weit bist, solltest du auch mit Poppy darüber reden.«
Sofort schoss Timmys Kopf wieder hoch. »Nein, auf gar keinen Fall, ich kann es ihr nicht sagen.« Vehement schüttelte er den Kopf und warf schnell einen Blick über die Schulter, um zu sehen, was Poppy und Noah gerade trieben.
»Timmy, sie wird es verstehen. Niemand kann etwas für seine Sexualität.« Ich wählte meine Worte mit Bedacht, nur für den Fall, dass Timmy sich noch nicht so ganz an das Wort schwul gewöhnt hatte. Immerhin musste es eine riesige Umstellung für ihn sein, sich dies endlich einzugestehen.
Bei meinen Worten drehte Timmy sich wieder zu mir um und sah mich mit einem verwirrten Gesichtsausdruck an.
»Sexualität?«, fragte er verdutzt und zog seine Brauen zu einer Linie zusammen. Ich seufzte und warf ebenfalls sicherheitshalber einen Blick zu Poppy und Noah rüber, doch diese waren schwer mit der Musikanlage beschäftigt, also wandte ich mich wieder Timmy zu.
»Naja... Du weißt schon, ich rede davon, dass du schwul bist.«
Für einen kurzen Moment entgleisten Timmys Gesichtszüge und seine Augen weiteten sich erschrocken. Bestürzung zierte sein Gesicht und es schien als hätte er die Sprache verloren. Hatte ich irgendetwas Falsches gesagt?
»Schwul?«, brachte er schließlich hervor, als er seine Stimme wieder gefunden hatte. »Drea... «, fassungslos schüttelte er den Kopf. »Ich bin nicht schwul.«
Zweifelnd hob ich eine Braue und schaute ihm bedeutungsvoll in die Augen.
»Timmy, ich habe deine Blicke gestern bemerkt. Ich habe gesehen, wie du Lukas angeschaut hast. Wieso streitest du es jetzt ab?«
Timmys Augen wurden noch größer als sie es ohnehin schon waren. »Du denkst... Du denkst ich wäre in deinen Bruder verliebt?« Im nächsten Moment brach Timmy in schallendes Gelächter aus. Er lachte so sehr, dass er sich bereits den Bauch hielt und kleine Lachtränen in seinen Augenwinkeln entstanden.
»Was soll das jetzt? Findest du das etwa lustig?« Verärgert sah ich ihn an und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Drea«, setzte er an, als er sich von seinem Lachanfall wieder einigermaßen erholt hatte. »Ich schwöre dir, ich bin weder schwul, noch in deinen Bruder verliebt.« Er lächelte kopfschüttelnd und fuhr sich über seine gegelten Haare. Nun war ich es, die verwirrt war.
»Weshalb hast du Lukas dann so gemustert?« Fragte ich und verzog fragend das Gesicht, während ich auf seine Antwort wartete. Wieder begannen sich seine Wangen zu röten und verlegen kratzte er sich am Hinterkopf.
»Naja... weil...«, druckste er herum, konnte die Worte aber offensichtlich nicht über seine Lippen bringen. In diesem Moment hörte ich Poppy nach uns rufen.
»Hey, über was redet ihr denn die ganze Zeit? Kommt endlich rein.« Ich sah nach drinnen zu Poppy, die uns über den DJ Pult hinweg ungeduldig zuwinkte.
»Wir kommen gleich«, rief ich zurück und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Timmy. Doch der starrte noch immer zu Poppy. Und in diesem Moment begriff ich es. Ich sah Timmys Blick, das verträumte Glitzern in seinen Augen, das breite Lächeln auf seinen Lippen... Von wegen schwul, Timmy war bis über beide Ohren in Poppy verliebt!
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