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Kapitel 15




Blitzschnell entzog ich Logan meine Hand. Obwohl wir nicht sehr nahe beieinander standen, wichen wir beide instinktiv voneinander zurück. Doch diese schuldbewusste Geste schien Lukas nicht entgangen zu sein, denn sein Gesicht verdunkelte sich nur noch mehr und seine Züge verzerrten sich zu einer drohenden Grimasse. Wie immer wenn er verärgert war, verfärbten sich seine Wangen und nahmen einen beunruhigenden roten Farbton an. Die Hände hatte er an seinen Seiten zu Fäusten geballt, sie bebten regelrecht. Sein gesamter Körper stand unter Hochspannung, während in seinen Augen ein wütendes Feuer zu brodeln schien. Sein Blick sprach Bände, drückte pure Verachtung aus. Schon lange hatte ich Lukas nicht mehr derart in Rage erlebt. Irgendetwas stimmte nicht. Ein ungutes Gefühl machte sich in meinem Bauch breit.

                »Lukas...«, setzte ich an, allerdings kam ich nicht dazu meinen Satz zu beenden. Denn im nächsten Moment setzte sich Lukas in Bewegung und machte einen Satz nach vorn. Er kam die Veranda herunter gedonnert, wobei er nicht ein einziges Mal seinen unheilvollen Blick von Logan nahm. Noch ehe ich realisieren konnte was gerade geschah, hatte Lukas Logan am Kragen gepackt und drückte ihn mit einem kräftigen Ruck gegen sein Auto. Mit einem lauten Knall krachte Logan gegen die Beifahrertür. Augenblicklich begann mein Herz aufgeregt zu rasen und das Adrenalin pumpte so schnell durch meine Adern, dass mir schon beinahe schwindelig wurde.

                »Du beschissener Lügner, warum hast du mir nicht gesagt, dass du ihr verdammter Lehrer bist?«, Brüllte Lukas in Logans Gesicht. Was hatte er gerade gesagt? Mein Herz setzte für einen Schlag aus und rutschte mir buchstäblich in die Hose. Wie betäubt stand ich vor den beiden und konnte nur mit offenem Mund zusehen, was passierte. Wie in einem Film spielte sich die Szene vor meinen Augen ab, ohne dass ich etwas unternehmen konnte, ich war wie erstarrt.

Logan selbst konnte offenbar auch noch nicht so ganz fassen, was gerade geschah, denn seine Augen waren vor Erstaunen weit geöffnet und der Ausdruck auf seinem Gesicht drückte pure Fassungslosigkeit aus. Für ein paar Sekunden starrten die beiden sich einfach nur an. Dann riss Lukas abermals an Logans Kragen und erteilte ihm erneut einen gewaltvollen Ruck.

                »Antworte gefälligst!«

»Lukas, hör auf damit!«, hörte ich mich schreien, als ich meine Stimme wieder gefunden hatte. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Es war schrecklich mit anzusehen, wie Lukas Logan derart behandelte. Sofort sah mein Bruder zu mir herüber, sein Gesicht noch immer verzerrt vor Wut.

»Halt du dich da raus, Drea.« Lukas' Augen funkelten und seine Nasenlöcher bebten regelrecht vor Zorn. Gerade als ich zu erneutem Protest ansetzen wollte, ergriff Logan das Wort.

                »Lukas, das...«, Logan schüttelte erschüttert den Kopf. »Ich wollte es dir ja sagen, es tut mir leid, Mann.«

Sofort schoss Lukas' Kopf wieder zu ihm herum. Ihre Gesichter waren sich so nahe, dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten.

»Für Entschuldigungen ist es etwas zu spät, nachdem du dich an meine Schwester ranmachst und das obendrein auch noch als ihr Lehrer, findest du nicht?« Er spie ihm die Worte geradewegs entgegen. Logan schien völlig verstört zu sein, denn seine Lippen öffneten sich, als wollte er etwas sagen, doch fand er nicht die richtigen Worte.

»Gott Lukas, es ist nicht so wie du denkst!« Rief ich entgeistert und unterdrückte die Übelkeit, dir in mir aufstieg. Frustriert fuhr ich mir über die Stirn und überlegte krampfhaft nach einer Lösung aus diesem Dilemma. Lukas schnaubte verächtlich und sah mich mit einem spöttischen Ausdruck an.

»Hör auf zu lügen, Drea. Denkst du ich merke nicht was hier vor sich geht? Verkauf mich nicht für blöd.«

»Lukas, bitte, lass ihn einfach los und wir reden darüber in Ruhe.« Bettelte ich. Gott, Adam befand sich drinnen im Haus, wenn er auch nur etwas von dieser Auseinandersetzung mitbekam, würde Logans Job auf Messers Schneide stehen. Und alles nur meinetwegen.

Lukas schüttelte den Kopf und sah mich an, dann nahm sein Gesicht jedoch weichere Züge an, fast schon mitleidig.

»Drea«, versuchte er es nun in einem sanfteren Tonfall. »Ich will dir doch nur helfen, du hast keine Ahnung, in welche Lage du dich hiermit bringst. Du bewegst dich auf dünnem Eis, schließlich geht es hier um deine Zukunft, um deinen Ruf.«

»Herrgott Lukas, da ist nichts zwischen Logan und mir, er hat mich nicht einmal angefasst.« Fuhr ich ihn an und war überrascht darüber, wie leicht mir diese Lüge über die Lippen glitt. Lukas warf mir einen durchdringenden Blick zu, doch ich erkannte Zweifel in seinen Augen aufflackern, Zweifel darüber, ob ich womöglich recht haben könnte. Selbst Logan schien aus seinem tranceähnlichen Zustand zu erwachen und wandte den Kopf nun in meine Richtung. Auch in seinen Augen flammte kurz etwas auf, was jedoch sogleich wieder verschwunden war. War es  Verwunderung über meine Lüge? Missfallen darüber, dass ich gerade meinem eigenen Bruder ins Gesicht log? Oder vielleicht die Angst davor, seinen Job verlieren zu können? Ich hatte nicht die geringste Ahnung, sein Gesicht war wie immer bedeckt von dieser üblichen distanzierten Maske, die niemandem einen tieferen Einblick in sein Inneres gewährte.

Lukas' Sicht wanderte langsam wieder von mir zu Logan herüber und er unterzog ihn einer kritischen Musterung. Doch wie es schien wurde auch mein Bruder nicht aus Logans reservierter Mimik schlau. Er schenkte Logan einen letzten hasserfüllten Blick, wobei sich seine Nasenlöcher erneut blähten und ließ schließlich mit einem Ruck von ihm ab. Erleichtert atmete ich auf und stieß die Luft aus, von der ich bisher gar nicht wusste, dass ich sie angehalten hatte. Es war Ewigkeiten her gewesen, dass ich Lukas derart streitsüchtig erlebt hatte. Es kam selten vor, dass er so aus der Haut fuhr, für gewöhnlich war Lukas nicht gewalttätig. Er gehörte mehr zu dem Typus Mann, der es bevorzugte mit Worten und nicht mit den Fäusten zu reden.

»Drea, bitte geh nach drinnen.« Sprach Lukas forsch, ohne den Blick von Logan zu nehmen. Dieser stieß unmerklich die Luft aus und fuhr sich frustriert durchs Haar, eher er die Arme vor der Brust verschränkte und sich zurück an seinen Wagen lehnte. Doch sein Gesicht verriet nach wie vor nicht das Geringste über seine Gedanken.

»Drea, hast du mich gehört?«Ertönte es nun wieder ungeduldig seitens Lukas. Warum wollte er, dass ich rein ging? Immerhin betraf mich diese Sache hier ebenfalls, hatte ich also nicht auch das Recht anwesend zu sein? Außerdem musste ich Logan irgendwie aus dieser Misere befreien. Es war allein meine Schuld. Hätte ich mich gestern Abend nicht zu  ihm geflüchtet, wäre das alles nicht passiert, die Szene auf dem Balkon, unser Gespräch von heute Vormittag und nun das. Es war nicht so, dass ich es bereute. Ich wollte nur nicht dafür verantwortlich sein, Logans und Lukas' Freundschaft auf dem Gewissen zu haben, oder noch schlimmer, Logans Job zu gefährden.

»Ich gehe nicht rein, Ich will doch nur...«, und wieder fuhr mir mein Bruder über den Mund, langsam aber sicher wurde das zur Gewohnheit.

»Ich sagte, du sollst jetzt rein gehen.« Erwiderte er mit einer schneidenden Stimme, die jeglichen Protest im Keim erstickte. Lukas' Kopf drehte sich wieder zu mir herum und seine Augen blitzten. Sofort verstummte ich, ließ es mir aber nicht nehmen, seinen Blick wütend zu erwidern. Doch es hatte keinen Sinn ihm jetzt zu widersprechen, es würde nichts nützen. In Lukas' jetzigem Zustand würde ich lediglich einen Streit vom Zaun brechen. Widerwillig ergab ich mich und lief kopfschüttelnd zur Haustür. Das durfte doch nicht wahr sein. Ich verstand Lukas' Reaktion. Er machte sich Sorgen um mich und meine Zukunft. Ich konnte sogar nachvollziehen, weshalb er so wütend war. Herauszufinden, dass die eigene Schwester bei seinem acht Jahre älteren Freund übernachtete, bei dem es sich zudem noch um ihren Lehrer handelte, war schon recht gewöhnungsdürftig. Dennoch gab es ihm nicht das Recht sich so aufzuspielen und derart gewalttätig gegenüber Logan zu werden.

                Missmutig stapfte ich die Stufen zur Veranda hinauf, während ich Lukas' Augen, die mich auf Schritt und Tritt verfolgten geflissentlich mied. Bevor ich unser Haus betrat, warf ich allerdings noch einen letzten Blick über die Schulter zu Logan. Er lehnte noch immer mit verschränkten Armen gegen seinen Mercedes und fixierte mit den Augen einen Punkt vor sich auf dem Boden. Als hätte er meinen Blick bemerkt hob er den Kopf und sah mich ein letztes Mal an. Unsere Blicke trafen sich. Sogleich wich die Wut in meinem Bauch und machte einem Kribbeln Platz. Seine glühenden blauen Augen brannten sich in mein Gedächtnis und erweckten die Schmetterlinge in meinem Bauch zum Leben. Als Lukas sich wieder zu ihm herumdrehte, wandte Logan den Blick sofort wieder ab und richtete seine Aufmerksamkeit auf meinen Bruder. Ich unterdrückte das Bedürfnis an der Tür stehen bleiben zu wollen, um ihrem Gespräch zu lauschen. Ich konnte nur hoffen, dass Lukas nicht wieder die Kontrolle verlor und handgreiflich wurde. Allein schon beim Gedanken daran wurde mir übel.

                Ich schloss ich die Tür hinter mir und ließ mich erschöpft mit dem Rücken dagegen sinken. Die Augenlieder fielen mir zu und ich fuhr mir mit den Händen übers Gesicht. Was hatte ich nur angerichtet? Woher wusste Lukas überhaupt, dass Logan mein Lehrer war? Ich war mir ziemlich sicher, dass er es während unseres gestrigen Telefonats noch nicht gewusst hatte. Am Telefon war er verglichen mit seinem eben erlebten Ausbruch viel zu ruhig gewesen. Seiner Reaktion nach zu urteilen, musste er es erst vor kurzem erfahren haben. Ich fragte mich nur woher.

                »Sieh an, sieh an. Die kleine Drea ist wohl doch nicht so brav wie sie immer tut.«

Erschrocken riss ich die Augen auf und direkt vor mir stand niemand geringeres als mein Cousin. Das Blut in meinen Adern gefror und meine Hand schnellte sofort zur Klinke der Haustür, bereit dazu, jeden Moment die Flucht ergreifen zu können. Adam sah mich aus seinen kalten grünen Augen an, während sein Gesicht sich zu einer spöttischen Grimasse verzerrte. Die braunen Haare standen ihm wirr vom Kopf und unterstrichen die geraden Züge seines Gesichtes. Unter den Ärmeln seines rot-schwarz gestreiften Hemdes ragten seine muskulösen Unterarme hervor. Adam war schon damals recht groß und gut gebaut gewesen, daher hatte ich niemals eine wirkliche Chance gehabt, mich gegen ihn zur Wehr zu setzen.

Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde immer breiter. Hatte er etwas von dem Trubel vor der Haustür mitbekommen? Angst lähmte meinen Körper und meine Hand um den Türgriff verkrampfte sich. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.« Erwiderte ich steif und presste meinen Rücken so fest gegen die Haustür, dass es bereits schmerzte. Adam lachte leise und trat noch einen Schritt näher.

»Ich spreche von deiner...«, er verzog gespielt das Gesicht als würde er nach den richtigen Worten suchen. »Eher unkonventionellen Beziehung zu unserem Englischlehrer«, lachend schüttelte er den Kopf. »Mr. Black, ernsthaft? Diesen Langweiler lässt du ran und mich nicht?«

                Ich sog scharf die Luft ein und das Herz schlug mir bis zum Hals. Adam hatte den Vorfall zwischen Lukas und Logan vor der Tür also mitbekommen.  Für ein paar Sekunden war ich wie vor den Kopf gestoßen. Kein einziges Wort wollte mir über die Lippen kommen, während die Gedanken in meinem Kopf zu kreisen begannen. Wenn ich Adam nicht vom Gegenteil überzeugte, dann stand Logans Job auf dem Spiel. Adam war eiskalt, er hatte keine Skrupel und wusste genau, wie er andere Menschen benutzen und sie manipulieren konnte. Und ich hatte die Befürchtung, dass genau dies geschehen würde, wenn ich ihm diese Vermutung nicht austrieb.

»Rede keinen Schwachsinn. Er ist einer von Lukas' Freunden. Ich habe ihn auf dem Nachhauseweg zufällig getroffen. Er hat mich mitgenommen, das war's.« Ich bemühte mich um eine möglichst gleichgültige Miene und zuckte betont lässig mit den Schultern. Ich konnte nur hoffen, dass er mir die Geschichte abkaufte. Adams Grinsen wurde breiter und er seufzte theatralisch.

»Schöne Geschichte. Aber weißt du was, Drea? Getroffene Hunde bellen.« Er beugte sich vor und nahm eine meiner Haarsträhnen zwischen seine Hände, zwirbelte sie um seine Finger. Augenblicklich wurde mir übel und ich konnte nur mit Mühe ein Würgen unterdrücken. Ich wollte nicht dass er mich anfasste, nirgends.

»Hör auf mit diesen Spielchen.« Wütend schlug ich seine Hand weg und funkelte ihn an. Doch das schien ihn nur noch mehr anzuspornen, denn er erwiderte meinen Blick voller Belustigung.

»Oh, Schätzchen, die Spiele haben gerade begonnen und die Regeln bestimme ich. Aussteigen streng untersagt«, Seine grünen Augen wanderten lasziv an meinem Körper hinab und taxierten mich. Ich spürte, wie sich die Härchen auf meinen Armen aufstellten und es mir eiskalt den Rücken runter lief. Es gab nichts und niemanden, den ich mehr verachtete als Adam Chandler.

                »Geh mir aus dem Weg, Adam.« Stieß ich mit zusammengebissenen Zähnen hervor, während ich ihn mit meinen Blicken regelrecht erdolchte. Innerlich dagegen zitterte ich vor Furcht. Wieder erklang Adams hämisches Lachen und er kam einen weiteren Schritt auf mich zu, sodass uns nur noch wenige Zentimeter voneinander trennten. Meine Hände begannen zu zittern, während die Panik meine Glieder erstarren ließ. Er beugte sich nach vorn und vergrub das Gesicht in meinem Haar. Ich spürte seinen warmen Atem im Nacken und an meinem Ohr. Sofort spürte ich Ekel in mir aufkeimen und den Drang mich übergeben zu müssen. Doch ich schloss die Augen, versuchte mich nicht einen Zentimeter zu rühren, versuchte stark zu sein. Ich durfte mir meine Furcht nicht anmerken lassen.

                »Ich werde herausfinden was da läuft«, flüsterte er. »Darauf kannst du Gift nehmen.« Seine Drohung kam laut und deutlich an, doch mein Gehirn wollte diese Information nicht verarbeiten, weigerte sich auch nur zu verstehen, was Adam mir gerade gesagt hatte. Ich wollte erst gar nicht an die Konsequenzen denken, sollte Adam sein Versprechen wahr machen.

                Langsam zog er sich wieder zurück, stoppte jedoch einige Zentimeter vor meinem Gesicht. Sein Blick richtete sich auf meine Lippen. Im nächsten Moment umfasste er in einer groben Geste mein Kinn und hob mein Kopf an, sodass ich gezwungen war, ihm in die begierigen Augen zu sehen. Er kratzte mit seinem Daumen über meine Lippen und ich spürte, wie sein Atem sich beschleunigte Der Ekel in mir wuchs immer mehr an und ich musste mich konzentrieren, um der Übelkeit, die in mir hochkroch nicht nachzugeben. Stattdessen erwiderte ich seinen Blick voller Verachtung, legte all die Abscheu hinein, die ich für ihn empfand. Dann nahm ich meinen ganzen Mut, den ich aufbringen konnte, zusammen, um seine Hand erneut weg zu schlagen.

                »Nimm deine Pfoten von mir.« Zischte ich und nutzte die Gelegenheit, um mich an ihm vorbei zu drängen. So schnell ich konnte, stürmte ich an ihm vorbei. Ich kam lediglich bis zur Treppe, als er mich wieder eingeholt hatte. Er bekam eines meiner Handgelenke zu fassen und zerrte mich mit einem gewaltigen Ruck von der Stufe zurück. Ich verlor das Gleichgewicht und konnte mich im letzten Moment wieder fangen, ehe ich gestürzt wäre. Das Adrenalin schoss wie Pfeile durch meine Adern und die Angst streckte ihre Fühler nach meinem wild schlagenden Herzen aus. Ich sog erschrocken die Luft ein, als ich den Schmerz an meiner Hand spürte. Adams Griff um mein Handgelenk schmerzte und war so fest, dass ich mir ein Stöhnen unterdrücken musste und mit Sicherheit blaue Flecken davon tragen würde.

                »Wir sind noch nicht fertig miteinander, merk dir das, Cousinchen.« Wisperte er in mein Haar, bevor er mein Handgelenk wieder losließ und mir ein letztes drohendes Lächeln schenkte. Seine Augen blitzten amüsiert, als sein Blick auf mein Handgelenk fiel. Dann ging er ein paar Schritte rückwärts Richtung Wohnzimmer. Im nächsten Moment war er verschwunden. Lediglich die Genugtuung, die ich in seinen Augen gesehen hatte, blieben mir im Gedächtnis, trieben mir die Tränen in die Augen. Ich musste mich zusammenreisen, um nicht mitten auf dem Hausflur zusammenzubrechen. Langsam senkte ich den Blick auf mein Handgelenk und sah die roten Striemen, die sich durch Adams Handabdruck in meine Haut versengt hatten. Ich erinnerte mich daran, dass ich damals, vor vier Jahren, unzählige dieser Flecken auf meinem Körper getragen hatte. Überall verstreut. Ich erinnerte mich auch daran, wie Adam mich angefasst hatte, auf dieselbe Art und Weise wie er noch eben mein Handgelenk umfasste. Der einzige Unterschied war, dass er damals noch viel schlimmere Dinge mit mir tat. Er hatte mich benutzt, mich behandelt wie Dreck, wie ein Spielzeug.

                Zitternd fuhr ich mit den Fingern meiner rechten Hand über die Blessuren und im nächsten Moment verspürte ich das Bedürfnis, die Flecken wegwischen zu wollen. Ich fühlte mich auf gewisse Art und Weise schmutzig, genau wie damals. Langsam aber sicher setzte ich mich wieder in Bewegung. Mechanisch und unter dem Schleier aus Tränen stieg ich die Stufen nach oben. Wie ich es schaffte, einen Fuß vor den anderen zu setzen, war mir ein Rätsel. Ich steuerte auf das Badezimmer zu und schloss die Tür hinter mir. Dann befreite ich mich aus meiner Kleidung und stellte mich unter den heißen Wasserstrahl der Dusche, der jeglichen Schmutz von meinem Körper wischte. Was würde ich dafür geben, wenn er doch nur die Erinnerungen und den Schmerz meiner Seele davon spülen könnte...

                Ich wusste nicht, wie lange ich auf dem kalten harten Duschboden saß und mir das heiße Wasser auf den Körper prasseln ließ. Meine Haut war schon gerötet und brannte von der erstickenden Hitze. Der Dampf beschlug die Scheiben und die Luft war drückend. Meine Haare klebten mir an den Wangen und ich hatte die Arme um meinen Leib geschlungen, als könnte er jeden Moment auseinanderfallen. Ich musste es jemandem erzählen, ich musste jemanden von den schrecklichen Erlebnissen mit ihm erzählen. Wenn ich mich nicht überwand, würde es ewig so weiter gehen, es war ein Teufelskreis. Adam würde sein Spiel mit mir weiter spielen und ich würde noch mehr leiden, als je zuvor. Adam war skrupellos und ich hatte keine Zweifel daran, dass er bereit war bis zum Äußersten zu gehen. Ich konnte dieser Folter nur ein Ende bereiten, indem ich etwas tat, mit dem er am allerwenigsten rechnete, mich jemandem anvertrauen. Allerdings hatte ich keinen Schimmer, wie ich das anstellen sollte. Allein schon der Gedanke daran, mit jemandem über die Dinge zu reden, die er mir angetan hatte, verursachte in mir eine schreckliche Übelkeit, die mich erstarren ließ. Ich fühlte mich so unglaublich schmutzig und benutzt.

                Tränen vermischten sich mit den Wassertropfen auf meinem Gesicht und rannen mir über die Wangen. In diesem Moment wünschte ich, Mum wäre noch am Leben. Sie hätte gewusst was zu tun wäre. Sie war eine der wenigen Personen, die genau wusste, was in mir vorging. Sie hatte mich auf eine Art und Weise verstanden, wie es nie jemand tun würde. Sie war die Einzige die im Bilde von Adams Taten gewesen war, oder zumindest hatte sie einen leisen Verdacht gehabt. Nicht ein einziges Mal hatte sie mich gedrängt darüber zu reden. Sie war einfach da gewesen, hatte mich in ihren Armen gehalten, wenn die Erinnerungen an ihn mich übermannten. Sie hatte mir geholfen darüber hinweg zu kommen, mir gezeigt, wie ich mit diesen Erinnerungen leben konnte, sie lernte mich zu vergessen. Doch nun war sie weg, für immer, sie würde nie wieder zurück kommen. Ich konnte mich nie mehr wieder in ihre behüteten Arme werfen, nie wieder würde sie mir liebevoll übers Haar streichen und mir beruhigende Worte ins Ohr flüstern. Ihr Schutz und ihre erwärmende Liebe waren verschwunden. Ich konnte nicht einmal ansatzweiße in Worte fassen, wie sehr sie mir fehlte. Ein Stück meines Herzens, meiner Seele, war mit ihr gestorben und ich würde es nie wieder zurück bekommen. Stattdessen erfüllte nun eine klaffende Leere den Teil meines Herzens. Ich vermisste sie so sehr, dass es weh tat und mich innerlich zu zerreißen drohte.

                Ich zuckte erschrocken zusammen, als ich ein Hämmern an der Tür vernahm. Sogleich schnellte mein Herzschlag in die Höhe und Panik kroch in meine Glieder. Ich erstarrte und entsetzt richtete sich meine Aufmerksamkeit auf die Tür.

                »Drea? Wie lange willst du noch unter dieser verdammten Dusche stehen?«, als ich Lukas' zornige Stimme erkannte, atmete ich erleichtert aus. »Wir müssen reden. Beeil dich, ich warte in deinem Zimmer.« Gedämpft vernahm ich Schritte, die immer mehr verklangen und schließlich verstummten. Lukas wollte sicherlich über Logan sprechen. Ich hatte absolut keine Nerven, um mir auch noch eine plausible Geschichte für Lukas auszudenken, aber irgendwie musste ich ihm die Sache mit Logan ja erklären. Ich kannte Lukas, er würde keine Ruhe geben, ehe ich ihm nicht eine glaubhafte Begründung darlegte. Doch vielleicht konnte ich von dem Thema ablenken, indem ich mir endlich ein Herz fasste und mit Lukas über Adam redete. Ich musste es tun, es führte kein Weg dran vorbei. Wenn ich es nicht tat, dann war ich eine Gefangene meines eigenen Leids.

Unter großer Anstrengung zwang ich meinem Körper sich aufzurichten und schaltete den Wasserstrahl ab. Dann öffnete ich die Türen der Duschkabine und schnappte mir ein Handtuch. Im Augenwinkel sah ich mich im Spiegel. Ich drehte mich ganz herum und betrachtete mein Ebenbild. Zwar hatte ich in den letzten zwei Wochen wieder ein paar Pfunde zugelegt, doch noch immer stachen die Knochen unter meiner Haut stark hervor und waren der sichtbare Beweis dafür, dass die letzten drei Monate der reinste Horror für mich gewesen waren. Meine großen braunen Augen, die von dichten schwarzen Wimpern umrahmt wurden, waren vom Weinen etwas gerötet. Dunkle Ringe zeichneten sich allmählich unter ihnen ab. Im Vergleich zu dem lebenslustigen und fröhlichen Mädchen, das ich noch vor den Sommerferien gewesen war, war diese Drea hier lediglich ein trauriges und jämmerliches Abbild dieser Person. Was würde die alte Drea wohl jetzt über mich denken? Ich wünschte mir so sehr, dass ich wieder sein konnte wie zuvor, für jeden Spaß zu haben, immer auf Partys, immer am Herumalbern mit Poppy, Timmy und Danny. Doch diese ältere Version von mir gab es nicht mehr, sie war den Rückschlägen meines Schicksals erliegen.

Mit einem resignierten Seufzen wandte ich mich ab und zog mich an, um Lukas gegenübertreten zu können. Als ich im Bad fertig war, nahm ich einen tiefen Atemzug und trat hinaus auf den Flur. Wieder zuckte ich bei jedem Geräusch zusammen und konnte gar nicht schnell genug in mein Zimmer kommen.

Ich öffnete die Tür zu meinem Zimmer und sah Lukas bereits auf dem Schreibstuhl sitzen. Die Ellbogen hatte er auf seine Beine gestützt und das Gesicht in den Händen vergraben. Als er mich Eintreten hörte, sah er sofort auf. Mir entging nicht, dass er unglaublich müde und geschafft wirkte, offenbar nahm ihn die ganze Sache mit Logan furchtbar mit. Mein schlechtes Gewissen meldete sich an, da mir klar war, dass ich ihn anlügen musste. Mir blieb gar nichts anderes übrig, ich konnte es nicht riskieren Lukas' und Logans Freundschaft aufs Spiel zu setzen, ganz zu schweigen von Logans Job. Ich würde es mir niemals verzeihen können, wenn ich eines davon zerstörte. 

»Was hast du so lange unter der Dusche gemacht?« Lukas zog die Brauen zusammen und warf mir einen verständnislosen Blick zu. Ich zuckte bloß mit den Schultern und schlenderte zu meinem Bett rüber, wo ich mich auf der Kante niederließ. Die Augen hielt ich fest auf meine Füße gerichtet und traute mich nicht aufzuschauen. Mein Herz begann zu pochen und eine innere Unruhe breitete sich in mir aus. Nervös begann ich meine Hände zu kneten. Ich hörte meinen Bruder laut aufseufzen und im nächsten Moment schob er den Stuhl näher zu mir heran, sodass er nun direkt vor mir saß.

»Drea.« Sprach er sanft und befreite meine Hände voneinander. Sie waren ganz kalt und schwitzig. »Drea, sieh mich an.« Wiederholte er, um meine ungeteilte Aufmerksamkeit zu erhalten. Widerwillig sah ich zu ihm auf und erkannte den Kummer auf seinem Gesicht. Eine tiefe Sorgenfalte hatte sich zwischen seinen Brauen gebildet.

»Du magst ihn, oder?« Fragte er. Verständnislos erwiderte ich seinen Blick.

»Logan, meine ich.« Beantwortete er meine unausgesprochene Frage und sogleich begann mein Herz bei seinem Namen etwas schneller zu schlagen. Eilig senkte ich den Blick wieder auf meine Hände, die nun in seinen lagen.

                »Ja.« Entgegnete ich knapp und wahrheitsgemäß. Was diese Frage anging, konnte ich Lukas ohnehin nicht belügen, er würde es sofort bemerken. Für ein paar Augenblicke herrschte Stille zwischen uns und ich spürte, wie sich Lukas instinktiv anspannte. Meine Antwort gefiel ihm ganz und gar nicht. Erneut stieß Lukas einen tiefen Seufzer aus, bevor er mit seiner Ansprache fortfuhr.

»Dir muss klar sein, dass das keine Zukunft hat. Er ist dein Lehrer, verstehst du das? Er hat Aufgaben und Verpflichtungen dir gegenüber. Er darf diese Grenze unter keinen Umständen überschreiten«, Lukas schenkte mir einen ernsten Blick aus seinen blauen Augen. »Daher frage ich dich, und ich möchte, dass du mir ehrlich antwortest«, erneut machte er eine bedeutungsvolle Pause. »Hat er dich angefasst?« Für ein paar Sekunden lang hielt ich den Atem an. Es herrschte Totenstille im Zimmer, einzig und allein das Ticken des Sekundenzeigers der Wanduhr über meiner Tür war zu hören. Unzählige Gedanken rauschten durch meinen Kopf. Wahrheit oder Lüge, Wahrheit oder Lüge. Ich entschied mich für letzteres.

                »Nein, Lukas. Das hat er nicht.«

Mein Bruder stieß erleichtert die Luft aus und ein schwaches Lächeln erschien auf seinen Lippen. Seine Finger strichen behutsam über meine Hände und ich versteifte mich innerlich. Ich hatte es getan, ich hatte meinem Bruder knallhart ins Gesicht gelogen. Schuldgefühle nagten an meinem Gewissen und ich konnte Lukas kaum in die Augen sehen, so sehr schämte ich mich dafür. Doch es gab keine andere Möglichkeit. Ich musste es tun. Am liebsten würde ich diesem Gespräch hier und jetzt ein Ende bereiten, da die Schuld der Lüge zu sehr auf meinen Schultern lastete. Allerdings brannte mir noch eine Frage auf der Zunge, die mir keine Ruhe ließ.

                »Woher weißt du es überhaupt?« Fragte ich und hob zögernd meinen Blick, um Lukas' Reaktion abschätzen zu können.

                »Adam. Er hat mir vorhin von seinem ersten Schultag erzählt und davon, dass ihr zusammen in einem Englischkurs seid, bei einem gewissen Logan Black«, Lukas hob die Brauen und warf mir einen vielsagenden Blick zu. »Ich kann eins und eins zusammenzählen, Drea.«

                Ich nickte wissend. Natürlich, Adam. Von wem auch sonst. Ich unterdrückte den Ekel, der beim Fallen von Adams Namen in meinem Magen rebellierte. Wie sollte ich Lukas nur von Adam erzählen? Scham kochte in mir und ich wusste kaum, wo ich anfangen sollte, wie ich mich dazu überwinden konnte, das Thema anzuschneiden. Jede Faser meines Körpers wehrte sich dagegen, wollte nicht über diese schrecklichen Erlebnisse sprechen, wollte sie tief in mir verschlossen halten und nie wieder ausgraben. Ich konnte es nicht, ich brachte die Worte nicht über meine Lippen.

                »Drea... Was?« Riss mich Lukas' Stimme wieder aus den Gedanken und ich spürte, dass er aufhörte über meine Hand zu streichen, stattdessen packte er sie sogar fester und zog mich am Arm näher zu sich heran. Sofort richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf Lukas und ich sah, dass ihm alle Farbe aus dem Gesicht gewichen war. Sein Blick war starr nach unten gerichtet. Ruckartig schob er den Ärmel meines Shirts nach oben und betrachtete mein Handgelenk. Seine Augen weiteten sich und blankes Entsetzen spiegelte sich in seinem Blick. Ermittelnd drehte er meinen Arm herum, um den Handabdruck besser inspizieren zu können. Blitzartig entriss ich ihm meinen Arm und zog den Ärmel meines Shirts prompt wieder nach unten über meine Hand. Das Blut schoss mir in den Kopf und die Scham brannte in meinem Innern wie Feuer. Lukas' Sicht wanderte wieder hoch und er sah mich aus seinen blauen Augen geschockt an. Seine Brauen waren zu einer geraden Linie zusammengezogen und der Mund vor Bestürzung leicht geöffnet.

                »Drea... Was?« Fassungslos schüttelte er den Kopf und ich erkannte an seinem Gesichtsausdruck, dass sich seine Gedanken regelrecht überschlugen. Plötzlich entgleisten ihm die Gesichtszüge und Erkennen spiegelte sich auf seinem Gesicht wider. Wie aus dem Nichts sprang Lukas von dem Schreibstuhl auf, sodass der Stuhl einen guten Meter nach hinten über den Boden schlitterte und ein schrilles Quietschen von sich gab. Dieselbe Wut wie zuvor, als er handgreiflich gegen Logan war, legte sich nun wieder über sein Gesicht und Zorn blitzte aus seinen Augen wie giftige Pfeile.

                »Er war es, nicht wahr?« Er spuckte mir die Worte geradezu entgegen, während seine Hände wieder zu zittern begannen. Er ballte sie so fest zu Fäusten, dass die Fingerknochen weiß hervortraten.

                »Ich weiß nicht was du meinst, Luk...« Setzte ich im verzweifelten Versuch an, vom Gespräch abzulenken, doch zum widerholten Mal schnitt Lukas mir das Wort ab.

                »Hör verdammt nochmal auf für ihn zu lügen und ihn in Schutz zu nehmen!« Brüllte Lukas in einer Lautstärke, dass es womöglich der ganze Haushalt mitbekam. Sein Gesicht lief knallrot an und an seiner Stirn begann eine Zornesader zu pochen. Erschrocken zuckte ich zusammen.

»Das tue ich nicht, Lukas. Logan war das nicht, du musst mir glauben.« Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich konnte nicht fassen, welche Wendung dieses Gespräch gerade einnahm. Vor ein paar Minuten hatte ich noch darüber nachgedacht, Lukas von Adams Übergriffen zu erzählen und nun ging diese ganze Aussprache nach hinten los, verlief alles andere als geplant.

                »Dieses Arschloch, ich kann es nicht fassen.« Lukas fuhr sich in einer gehetzten Geste durchs Haar und tobte in meinem Zimmer herum.

»Lukas, herrgott, jetzt hör mir doch zu!« Schrie ich und schoss ebenfalls von meinem Bett auf. »Logan war das nicht. Bitte glaub mir doch.« Vor Wut sammelten sich Tränen in meinen Augen. Das durfte doch nicht wahr sein. Logan war für mich da gewesen, er versuchte doch nur das Richtige zu tun und nun verurteilte Lukas ihn für etwas, das er gar nicht getan hatte. Im Gegenteil, Logan versuchte sich sogar mit allen Kräften von mir fernzuhalten, damit diese Grenze zwischen uns nicht verschwamm. Wie konnte Lukas nur so von ihm denken? Die beiden waren doch befreundet. Wie konnte ich Lukas nur begreiflich machen, dass Adam mir das angetan hatte?

                Innerlich wollte ich schreien, Lukas anbrüllen, ihm davon erzählen was mir widerfahren war. Doch äußerlich blieb ich stumm, war außerstande auch nur ein einziges Wort über Adam zu verlieren. Es war wie ein Bann, der es mir unmöglich machte darüber zu sprechen.

Lukas hörte auf, im Raum herum zu tigern und drehte sich wieder zu mir um.

                »Ich kann nicht glauben, dass du mich auch noch anlügst.«, fassungslos schüttelte er den Kopf.

Wie sollte ich ihm erklären, dass Logan nichts damit zu tun hatte? Es schockte mich noch immer, dass Lukas nicht einmal für einen einzigen Augenblick innehielt, um mir Gehör zu schenken, sondern Logan postwendend verurteilte. Lukas war völlig außer sich, wie in einem Wahn, er hörte mir gar nicht zu. Es war, als spräche ich gegen eine Mauer.

So lange er sich in solch einer Verfassung befand, war schlicht und ergreifend nicht mit ihm zu sprechen. Einerseits konnte ich ihn ja verstehen. Er fand heraus, dass ich bei einem seiner Freunde übernachtete, darüber hinaus brachte er auch noch in Erfahrung, dass es sich bei Logan um meinen Lehrer handelte und nun entdeckte er diesen Abdruck an meinem Handgelenk. Ich konnte mir denken, wie die ganze Sache auf ihn wirken musste. Nichtsdestotrotz gab es ihm nicht das Recht, derart auszuflippen, mich nicht einmal ausreden zu lassen.

                »Okay, das reicht jetzt!«, Donnerte ich und konnte meinen Zorn kaum noch im Zaum halten. »Entweder du beruhigst dich und wir reden, oder du kannst wieder gehen.« Ich deutete mit dem Zeigefinger auf die Tür und sah ihn mit funkelnden Augen an. Den ganzen Tag schon fuhr er mir über den Mund, ließ mich nicht zu Wort kommen und hörte mir kaum zu. Es war an der Zeit, dass auch ich endlich einmal angehört wurde, immerhin betraf mich diese ganze Sache ebenfalls. Lukas verstummte und war sichtlich überrascht von meinem Ausbruch. Dann seufzte er und fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht, offenbar musste er sich erst wieder sammeln und kurz beruhigen, um einen klaren Gedanken fassen zu können. Ich gab ihm diese Sekunden, um wieder zu sich zu kommen.

                »Na schön.« Er kam wieder zurück zu dem Stuhl und ließ sich darauf nieder, mein Wutanfall hatte seine Wirkung offensichtlich nicht verfehlt. Lukas' Haltung war noch immer angespannt, jeder einzelne Muskel. Selbst sein Gesicht hatte den entrüsteten Ausdruck nicht verloren, doch er wirkte schon etwas ruhiger. Als er aufsah und in meine Augen blickte wusste ich, dass er bereit war mir zuzuhören und ich begann zu reden.

                »Du musst mir glauben, dass Logan nichts damit zu tun hat. Ich schwöre es dir, Lukas. Er war das nicht. Er hat mich nur bei sich übernachten lassen, weil es mir nicht gut ging und ich hatte niemand anderen, zu dem ich gehen konnte.« Ich schüttelte verzweifelt den Kopf und spürte, wie erneut Tränen meine Augen zu füllen drohten. Lukas verzog nachdenklich die Brauen und zum ersten Mal innerhalb dieses Gesprächs hatte ich das Gefühl, dass er mir wirklich zuhörte.

                »Drea, du weißt, dass du auch immer zu mir kommen kannst.« Ertönte es nun seitens Lukas. Natürlich wusste ich, dass ich immer auf meinen Bruder zählen konnte, doch wie sollte ich ihm verständlich machen, dass es gestern keinen anderen Ausweg für mich gegeben hatte? Ich fühlte mich in meinem eigenen Haus nicht mehr wohl, ich konnte keinen einzigen Schritt mehr wagen, ohne Schweißausbrüche zu bekommen. Wie sollte ich ihm von der Angst erzählen, dass Adam hinter jeder Ecke auf mich lauern könnte?

                »Ich... Das weiß ich.« Meine Hände begannen zu schwitzen und nervös wischte ich sie an meinen Jeans ab.

»Drea, wenn Logan es nicht war, wer hat dir das dann angetan? Du kannst es mir sagen.« Lukas lehnte sich vor und wieder nahm er meine Hände in seine. Vorsichtig fuhr er über die Male an meinem Handgelenk, als könne er sie auf diese Weise verschwinden lassen. Ich entgegnete seinem Blick, der wiederum auf meine Hand  gerichtet war. Auf seinem Gesicht spiegelten sich unzählige Empfindungen wider; Sorge, Wut, Entsetzen. Allein an diesen Gefühlen, die sein Gesicht nun beherrschten erkannte ich, wie sehr er mich liebte. Beinahe ertrug ich es kaum, ihn anzusehen und wandte den Blick ab. Ich öffnete die Lippen, wollte mich ihm anvertrauen, alles schnell hinter mich bringen, aber kein Laut ertönte. Meine Stimme war weg, weigerte sich zu reden. Weitere Tränen vernebelten mir die Sicht und alles was ich tat, war den Kopf zu schütteln. Ich konnte es nicht.

                »Ich kann nicht...«, mehr brachte ich nicht heraus, ehe die Tränen über mein Gesicht strömten.

»Wenn du nicht mit mir redest, dann kann ich dir nicht helfen.« Lukas klang verzweifelt. Er wollte mir helfen, doch konnte es nicht, niemand konnte das. Als ich das Mitleid in seinen Augen erkannte, wollte ich nur noch alleine sein, meine Ruhe haben, diese schrecklichen Erinnerungen aus meinem Kopf löschen.

                »Kannst du mich bitte alleine lassen?« Brachte ich erstickt heraus und konnte gerade noch so einen Schluchzen unterdrücken. Lukas wirkte völlig hilflos und selbst er ließ mutlos die Schultern hängen. Der Kummer, der sich in mir ausbreitete, war auf seinem Gesicht wiederzuerkennen. Doch Lukas akzeptierte meinen Wunsch und erhob sich von dem Stuhl. Bevor er ging drückte er ein letztes Mal meine Hand. »Wenn du bereit bist darüber zu reden, dann bin ich da.«

                Schniefend nickte ich und erwiderte den sanften Druck seiner Hand auf meiner. Dann verließ er den Raum und ließ mich alleine zurück. Alleine mit meiner Qual, alleine mit den Erinnerungen an Adams Berührungen und alleine mit meiner Furcht. Ich brach in Schluchzen aus und schlang die Arme um meinen Körper. Minutenlang saß ich auf meinem Bett und weinte. Weinte um meine Mutter, weinte wegen den schrecklichen Dingen die Adam mir angetan hatte, weinte, weil ich mich einfach nicht überwinden konnte mit jemandem darüber zu sprechen, mich jemandem anzuvertrauen, weil ich mich so unfassbar schämte. Wieder einmal wusste ich nicht, wie lange ich so auf meinem Bett saß und mich in meinem Selbstmitleid suhlte. Es konnten Sekunden, Minuten, womöglich sogar Stunden vergangen sein, ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Erst als mich das Vibrieren meines Handys aus dem tranceähnlichen Zustand riss, kam ich langsam wieder zu mir. Ich griff nach dem Telefon neben mir und sah auf das Display, es war Dannys Nummer. Gott, das Abendessen, ich hatte völlig vergessen abzusagen. Ohne darüber nachzudenken was ich tat, nahm ich das Gespräch an. Ich wusste nicht warum, vielleicht weil Danny der einzige Mensch war, dem ich von Adam erzählt hatte, der einzige, der über diese schreckliche Zeit in meinem Leben Bescheid wusste.

                »Hallo?« Meine Stimme klang rau vom Weinen, so gar nicht wie sie sonst klang. Schnell räusperte ich mich und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht.

»Drea? Was ist los? Weinst du etwa?« Dannys tiefe Stimme am anderen Ende der Leitung klang alarmiert und voller Sorge. Ich konnte nicht antworten, stattdessen liefen mir nur noch mehr Tränen die Wange herunter und ein leises Schluchzen entrang meinen Lippen.

                »Ich bin in zehn Minuten bei dir.« Waren Dannys einzigen Worte, ehe das Telefonat unterbrochen wurde und ein stetiges Piepsen das Ende des Gesprächs verkündete.


So, natürlich muss ich mich auch nochmal bei euch bedanken. 4k! Ich kann es gar nicht glauben. DANKE! Danke für die unzähligen Kommentare, die Votes und eure Unterstützung. Das motiviert mich so sehr! Ich hoffe das 15. Kapitel hat euch gefallen und ihr hinterlässt mir auch dieses Mal ein paar Votes oder ein kleines Feedback! ;)

GLG :)

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