Kapitel 13
»Das macht vierzig Dollar, Sir«, teilte uns der Junge hinter dem Schalter mit. Gelangweilt kaute er laut schmatzend auf seinem Kaugummi herum und warf uns schiefe Blicke zu. Er war noch recht jung. Rote Locken ringelten sich um sein schmales längliches, von Sommersprossen übersätes Gesicht. Logan zückte sein Portemonnaie und warf ein paar Scheine auf den Tresen.
»Dankeschön und viel Spaß«, lustlos ratterte er die Worte wie ein auswendig gelerntes Mantra herunter und schob uns die Tickets rüber. Logan nahm sie entgegen und drehte sich zu mir herum.
»Logan, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist...«, warf ich zweifelnd ein. Was wenn uns jemand sah? Was wenn jemand von unserer Schule hier war und uns erkannte? Zwar schien es ziemlich abwegig, dass sich Mitschüler, oder gar Lehrpersonal ausgerechnet hier aufhielten, aber wenn ich eins gelernt hatte, dann die Tatsache, dass Gefahr hinter jeder Ecke lauerte.
Logan dagegen ignorierte meine Einwände und ging direkt rüber zum Schlittschuhverleih. Diesmal stand eine junge Frau hinter dem Schalter, sie war ungefähr in meinem Alter, womöglich auch ein paar Jahre älter. Sobald sie Logan erblickte, verzogen sich ihre Lippen zu einem breiten Lächeln und sie begann aufreizend mit ihrem blonden Haar zu spielen. Sofort verzog ich grimmig das Gesicht.
»Hallo, Sir, welche Größe haben Sie denn?«, Sie stützte sich mit den Unterarmen ab und lehnte sich weit nach vorn, was freien Blick auf ihr Dekolleté gab. Welche Frau trug bei diesen Temperaturen weder Jacke noch Schal? Unglaublich. Doch als ich zu Logan blickte, bemerkte ich, dass die Flirtversuche des Mädchens keinerlei Wirkung auf ihn hatte. Er sah sie nicht einmal an. Stattdessen schaute er zu mir.
»Welche Schuhgröße hast du?«, wollte er wissen.
»Siebenunddreißig«, erwiderte ich. Logan nannte dem Mädchen unsere Größen und mit einem Augenzwinkern, das wohl mehr für Logan bestimmt war, verschwand sie kurz nach hinten.
»Hör mal, Logan, ich bin mir nicht sicher, ob wir das wirklich...«, begann ich zu sprechen, aber er ließ mich nicht zu Wort kommen.
»Mach dir bitte keine Gedanken.«
Ich seufzte. »Dann lass mich wenigstens meinen Anteil bezahlen«, ich war bereits im Begriff in meine Jackentasche zu greifen, als seine Hand nach meinem Handgelenk griff. Seine Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln. Die Ansätze seiner Grübchen traten hervor.
»Nein, Drea, lass mich das bitte für dich tun. Lass mich heute Abend einfach ein Mann sein, der eine junge Frau zum Schlittschuhlaufen einlädt«, seine Brauen zogen sich zu einer schmalen Linie zusammen und nachdenklich wanderte sein Blick zu Boden. »Ich habe mich wirklich mies benommen dir gegenüber und ich möchte das wiedergutmachen.«
Ich schluckte schwer. Wie sollte das nur funktionieren? Einerseits wollte ich es. Ich wollte zusammen mit Logan über die Eisfläche gleiten, wollte diese Erinnerung mit ihm erleben. Aber wie sollte ich im Nachhinein damit fertig werden, ohne dass der Gedanke an diesen Abend mir das Herz brechen würde?
Also brachte ich, Feigling wie ich war, das einzige Gegenargument hervor, das uns vielleicht davon abhalten konnte einen Fehler zu begehen.
»Aber Logan, du bist mein Lehrer«, mit großen Augen blickte ich gebannt in die seine. Wartete darauf, dass er die ganze Sache sein ließ, obgleich ich mir instinktiv wünschte, dass er es nicht tat. Wie konnte Richtig und Falsch nur so verdreht sein? Wie konnten meine innerlichsten Sehnsüchte und Wünsche sich so richtig anfühlen und gleichzeitig der Inbegriff von Falsch sein?
»Dann lass mich für diesen Abend einfach nicht dein Lehrer sein. Und du nicht meine Schülerin.«
Ich schloss die Augen und nahm einen tiefen Atemzug. Ich spürte, wie der kalte Wind mir die Haare ins Gesicht peitschte, wie kleine Schneeflocken in mein Gesicht rieselten. Wieso tat er mir das an? Er wusste genau, dass ich nicht die Kraft dazu besaß, nein zu sagen. Sein Vorschlag glich einer Kostprobe des Verbotenen. Und ich war Eva aus der Bibel, die von der verbotenen Frucht kostete.
Logans Logik war wirklich mehr als fragwürdig. Im einen Moment machte er mir klar, dass er seinen Job meinetwegen nicht aufs Spiel setzen wollte und dass eine Beziehung zwischen uns nicht möglich war, während er mich im Nächsten zur romantischsten Aktivität schlechthin einlud. Schlittschuh laufen unter Seattles freiem Himmel, ausgerechnet zur Weihnachtszeit. Eine seltsame Art und Weise sein Verhalten wieder gut machen zu wollen.
»Klingt als wäre es unser erstes und gleichzeitig unser letztes Date«, ich konnte mir die Bemerkung nicht verkneifen und lächelte spöttisch über diese Ironie. Auch Logans Lippen verzogen sich zu einem seichten Lächeln, doch gleich darauf nahm sein Gesicht wieder ernsthaftere Züge an.
»Drea, ich zwinge dich zu nichts. Du kannst jederzeit gehen, wenn du willst.«
»Hier Sir«, mit zwei Paar Schlittschuhe in den Händen erschien das Mädchen am Schalter wieder und überreichte sie Logan. Bevor er sie jedoch entgegennahm, warf er mir einen abwartenden Blick zu.
Nervös begann ich meine Hände zu kneten. Mein Verstand schrie mich innerlich an, versuchte mich zur Vernunft zu bewegen. Mein Herz dagegen wollte nichts mehr, als diesen Augenblick zu genießen. Was sollte ich tun? Ja, nein, ja, nein. Herz oder Verstand. Verstand oder Herz.
»Okay«, ich streckte meine Arme aus und griff nach den Schlittschuhen. »Ich bin mal gespannt, wie oft du dich auf den Hintern setzt.«
Logan schmunzelte und nahm seine ebenfalls vom Schalter herunter. Er folgte mir zu einer Bank, um die Schuhe zu wechseln.
»Unterschätzen Sie mich nicht, Miss Dupree«, konterte er, während er sich neben mir nieder ließ.
»Aha, das Schlittschuhlaufen liegt dir also?«, fragte ich, während ich mich nach vorn beugte und meine Schlittschuh zu schnüren begann.
»Naja, so schwierig wird es schon nicht sein.«
»Moment mal«, für einen kurzen Augenblick hielt ich mit meinem Tun inne und sah über meine linke Schulter verdutzt zu Logan auf. »Heißt das du bist noch nie Schlittschuh gelaufen?«
Logan erwiderte meinen Blick. Für ein paar Sekunden sah er mir einfach nur in die Augen. Doch etwas an seinem Blick wirkte ausdruckslos und leer. Ich bekam das Gefühl nicht los, dass mehr dahintersteckte, Logan schien, als würde er sich an etwas erinnern. Gerade, als ich schon damit rechnete, dass er wieder einmal abblockte und das Thema wechselt würde, begann er plötzlich zu reden.
»Ich bin schon einmal Schlittschuh gelaufen«, sein Blick glitt zu Boden und seine Brauen zogen sich zu einer schmalen Linie zusammen. »Es war ein Familienausflug an den Rockefeller Center. Ich war neun Jahre alt, Joanna gerade mal vier. Wir waren beide ganz versessen darauf, endlich eiszulaufen, alleine durften wir aber nicht und unsere Mutter war gerade schwanger mit Caleb. Also ging Dad zusammen mit uns aufs Eis«, Logans Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
»Joanna war bestimmt zehn Mal ausgerutscht, bis sie es endlich schaffte, das Gleichgewicht zu wahren. Mum stand am Geländer und beobachtete uns. Ich erinnere mich noch genau an ihren Gesichtsausdruck, während sie uns zusah. Ich erinnere mich daran, wie sie da stand, mit ihrem kugelrunden Bauch und dem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Zu diesem Zeitpunkt war die Welt noch in Ordnung gewesen. Keiner hatte eine Ahnung von dem Unglück, welches bevorstand, dass Mum und auch Caleb einige Wochen später sterben würden. Und Dad zwei Jahre darauf. Es war das erste und das letzte Mal, dass ich Schlittschuhlaufen war.« Logan endete mit seinen Ausführungen und sah mich an.
Ich konnte den Schmerz regelrecht von seinen Augen ablesen. Das Traurigste daran aber war, dass ich diesen Schmerz zu gut kannte, er war mir mehr als vertraut.
»Hey, du solltest nicht traurig sein, wenn du daran zurückdenkst. Es war ein schöner Moment, ein Moment, in dem ihr alle glücklich wart. Vergiss dieses Gefühl nicht.«
Vorsichtig griff ich nach seiner Hand. Seine Augen wanderten zu unseren Händen, dann wieder zurück zu meinem Gesicht.
»Und jetzt komm, Logan Black, verschaffen wir dir neue Erinnerungen auf dem Eis.«
***
»Du hattest recht. Das war eine ganz schlechte Idee, Drea«, hörte ich Logan hinter mir sagen. Ich konnte mir ein Kichern nicht versagen.
»Du musst dich auch mal trauen loszulassen«, erwiderte ich und drehte mich um die eigene Achse zu ihm herum. Seit genau zehn Minuten waren wir nun schon auf dem Eis und Logan hatte sich nicht einmal für eine einzige Sekunde gewagt, die Sicherheit des Geländers zu verlassen. Ich dagegen hatte bereits ein paar Runden gedreht. Da ich jedes Jahr einige Male hier gewesen war, besaß ich schon ein bisschen Übung. Zwar konnte man mich nicht mit einer Eiskunstläuferin vergleichen, doch ein paar Tricks hatte ich durchaus auf Lager.
Ich liebte das Eislaufen. Kaum hatte ich den ersten Fuß aufs Eis gesetzt, war das Dauergrinsen auf meinem Gesicht nicht mehr zu stoppen. Nachdem ich ein paar Meter weitergelaufen war, drehte ich mich noch einmal zu Logan um, der sich langsam an der Bande vorwärts bewegte. Dann hob ich meine Hände an den Mund.
»Hey Logan, was ist das an deinen Beinen?«, rief ich ihm zu. Verwirrt senkte Logan den Kopf und starrte auf seine Beine.
»Was soll da sein?«
»Du schlägst Wurzeln«, wieder brach ich in Lachen aus und erntete dafür einen mürrischen Blick von ihm.
»Mach dich nur lustig über mich.«
Kopfschüttelnd machte ich mich auf den Weg und fuhr zu ihm rüber.
»Komm schon, lass los, ich helfe dir. Es ist gar nicht so schwierig.« Ich griff nach seinen Händen, mit denen er sich krampfhaft an der Brüstung festhielt. Zögernd ließ er es geschehen und reichte sie mir. Seine Hände waren im Vergleich zu meinen warm. Ein Kribbeln suchte bei unserer Berührung meine Hände auf. Ich sah zu ihm auf. Unsere Blicke trafen sich und mein Herz begann abrupt höher zu schlagen.
Für einen kurzen Moment war ich wieder einmal gefangen von dem Blau seiner Augen. Seine unmittelbare Nähe wurde mir erst jetzt bewusst, insbesondere die Situation, in der wir uns befanden. Es war unglaublich absurd, hätte mir vor ein paar Tagen jemand gesagt, dass ich heute mit Logan zusammen händchenhaltend über die Eisfläche schweben würde, hätte ich ihm wohl den Vogel gezeigt. Doch es war real, es war kein Traum. In diesem Moment dröhnte Driving Home For Christmas von Chris Rea durch die Lautsprecher. Es war eines meiner Lieblingslieder zur Weihnachtszeit. Es hatte diese ruhige, entspannende Wirkung und vor allem aber die Macht, mich sofort in Weihnachtsstimmung versetzen zu können.
»Du musst deine Füße gleichmäßig bewegen und das Körpergewicht immer von einem Bein auf das andere verlagern, ungefähr so«, ich ließ seine eine Hand los und machte es ihm vor. Dann nahm ich meine Position vor ihm wieder ein, sodass ich rückwärts laufen musste. Logan versuchte meine Bewegungen nachzuahmen und wir kamen sogar ein paar Meter voran.
»Hey, das ist gar nicht übel«, lobte ich ihn. Logan sah von seinen Füßen zu mir auf und grinste.
»Schätze jetzt bist du wohl der Lehrer von uns beiden«, im nächsten Moment hob er überraschenderweise seinen Arm nach oben in die Luft und drehte mich um die eigene Achse, sodass ich eine Pirouette vollführte.
Als Logan wieder vor meinen Augen erschien, konnte ich nicht anders als zurück zu lächeln. Dieser Moment war unbezahlbar.
Für gewöhnlich war Logan so unnahbar, immer auf Distanz und stets darauf bedacht, keinen Fehler zu begehen. Aber nun schien er so entspannt und glücklich zu sein, er war ganz anders als sonst. In diesem Moment war es nicht der Mann von sechsundzwanzig Jahren, der vor mir stand. Nein, es war ein Junge. Ein Junge in meinem Alter, womöglich sogar noch jünger, der viel zu schnell hatte erwachsen werden müssen, weil man ihm die Familie nahm und ihn in eine Pflegefamilie steckte, in der man ihm weiß Gott was angetan hatte.
Dieser Augenblick war besonders und ich würde ihn niemals vergessen, ich würde diesen unbeschwerten Logan niemals vergessen.
Die nächsten dreißig Minuten waren wundervoll, zum Sterben schön. Und obgleich ich mir versuchte bewusst zu machen, dass sobald dieser Abend vorüber war, mein Herz nur noch mehr bluten würde, konnte ich nicht anders, als ihn zu genießen.
Logan und ich hatten jede Menge Spaß auf der Eisfläche und schon lange hatte ich nicht mehr so viel gelacht. Ich lernte ihn von einer ganz anderen, neuen Seite kennen, was dazu führte, dass ich ihm nur noch mehr verfiel.
Gegen Ende hin schaffte Logan es sogar, ohne meine Hilfe frei zu laufen. Ich klatschte ihm begeistert Beifall.
»Unsere Zeit ist gleich um, wir sollten so langsam gehen«, hörte ich ihn sagen. Nickend kam ich auf ihn zu.
»Alles klar, dann lass uns gehen«, ich hakte mich bei ihm unter und wollte in meinem gewohnten Tempo loslaufen. Offensichtlich hatte ich die Rechnung aber ohne Logan gemacht. Denn obgleich er nun etwas sicherer auf dem Eis unterwegs zu sein schien, war ihm mein Geschwindigkeit zu schnell. Als nächstes geschah alles wie in Zeitlupe. Logan kam ins Straucheln und krallte sich in letzter Sekunde an meinem Arm fest.
Allerdings war ich viel zu klein und zu schmächtig, um ihn vor einem Fall zu bewahren. Also zog er mich mit sich und ehe ich begreifen konnte, was gerade geschah, wurde ich herum gerissen. Ich ruderte wie wild mit den Armen und stieß einen erstickten Schrei aus, als wir fielen. Instinktiv kniff ich die Augen zusammen und wartete auf den Aufprall. Mein Sturz wurde jedoch abgedämpft und mit einem dumpfen Knall landete ich auf Logans Brust.
Benommen blinzelte ich und schlug die Augen wieder auf. Unter meinen Handflächen spürte ich die nasse, frostige Kälte der Eisbahn. Langsam richtete ich mich ein Stück weit auf und sah auf Logan herab. Als ich in sein verdutztes Gesicht blickte, konnte ich nicht mehr an mir halten und brach ich schallendes Gelächter aus.
»Du solltest dein Gesicht sehen«, brachte ich zwischen meinem Lachen mühsam hervor. Logan kniff mich in die Seite und ich zuckte zusammen.
»Das ist nicht meine Schuld. Du warst viel zu schnell, als du mich mitgezogen hast«, schimpfte er mit mir, aber das Grinsen auf seinen Lippen verriet mir, dass er das Ganze genauso amüsant fand, wie ich.
»Tut mir leid«, gestand ich lächelnd. Mein Gesicht schwebte unmittelbar über seinem und für einige Sekunden lang sahen wir uns in die Augen. Die Stimmung schlug augenblicklich um. Ich blickte hinab in diese eisblauen Augen, die die Fähigkeit besaßen, meinen Puls im Bruchteil einer Sekunde in die Höhe zu jagen. Es war wie ein Bann, dem ich mich nicht mehr entziehen konnte.
Meine Sicht wanderte weiter bis hin zu seinen perfekt geschwungenen Lippen. Sofort spürte ich, wie sich die Schmetterlinge in meinem Bauch zu regen begannen. Ich wollte mehr, wollte ihn küssen, wollte seine Lippen auf den meinen schmecken. Ich konnte sogar seinen heißen Atem auf meinen Lippen fühlen.
Ich spürte Logans Körper unmittelbar unter mir. Diese Nähe entfachte trotz der kalten Temperaturen eine Hitze in mir, die kaum zu ertragen war. Unzählige Gedanken schwirrten in mir und bevor ich den kleinen Abstand zwischen unseren Gesichtern verringern konnte, schossen mir Logans Worte in den Kopf.
»Ich will dich damit nicht belasten. Und das werde ich auch nicht. Ich bin nicht imstande eine Beziehung zu führen. Ich kann und will es nicht. Es tut mir leid, dass ich für dich nicht der Mann sein kann, den du verdienst. Aber was ich dir versprechen kann, ist, dass ich dich nie wieder so mies behandeln werde, ich werde immer für dich da sein und dir zuhören, wenn es dir nicht gut geht. Ich bin für dich da, wenn du mich brauchst. Ich hoffe, dass du das verstehst. Ich weiß, dass es für dich nicht genug ist, aber es ist alles was ich dir geben kann.«
Ich räusperte mich und zog mich ein paar Zentimeter zurück, ehe ich mich auf die Knie fallen ließ. Auch Logan setzte sich auf und starrte zu mir rüber. Sein Gesichtsausdruck war undurchdringlich. Ich konnte nur erahnen, was gerade in seinem Kopf vor sich ging.
Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was soeben passiert war, was mit mir passiert war. Üblicherweise war Logan derjenige, der sich in solch einem Moment zurückzog. Er war immer derjenige gewesen, der diese magischen Momente zwischen uns zerstörte. Doch dieses Mal hatte ich einen Rückzieher gemacht. Ich war diejenige, die den Moment hat verstreichen lassen, nicht er.
Der Grund dafür war nicht, dass ich es nicht wollte. Gott, ich wünschte mir nichts sehnlicher, als diesen Kuss. Aber mir war klar geworden, dass egal wie oft Logan und ich uns küssten, oder näher kamen, es würde nichts an seiner Meinung ändern. Das Einzige, was ein Kuss zwischen uns einher bringen würde, wäre noch mehr Herzschmerz für mich und Gewissensbisse seitens Logan.
»Wir sollten gehen«, nuschelte ich.
»Ja«, erklang es von Logan. Er richtete sich auf und streckte mir dann seine Hand entgegen, um mir aufzuhelfen. Dankend nahm ich sie an und ließ mir von ihm auf die Füße helfen. Seine andere Hand an meiner Taille, die mir beim Aufstehen half, war mir nur allzu sehr bewusst. Geflissentlich versuchte ich seine Wirkung auf mich jedoch zu ignorieren.
Nachdem wir beide wieder auf den Beinen waren und unser Gleichgewicht zurückerlangt hatten, fuhren wir auf den Ausgang zu. Ganz der Gentleman, der er war, half Logan mir natürlich bei allem. Überall ließ er mir den Vortritt, oder gab mir Unterstützung. Kurz gesagt, sein rücksichtsvolles Verhalten brachte mich auf die Palme. Denn es sorgte dafür, dass ich Logan nur noch mehr mochte. Und das war nicht gut. Es war ganz und gar nicht gut.
Nachdem wir die Schlittschuhe wieder gegen unsere Straßenschuhe eingetauscht hatten, liefen wir noch einmal gemächlich um die Eisfläche herum Richtung Ausgang und beobachteten die Leute. Der Schnee rieselte noch immer vom Himmel herab und im Schein der Weihnachtslichter erkannte man die kleinen kristallförmigen Flöckchen in der Luft.
»Ich danke dir, Logan.«
»Wofür?«, verwundert sah er mich von der Seite her an.
»Du weißt schon, für heute. Dafür, dass du für mich da warst. Das bedeutet mir viel«, ich blickte zu ihm rüber und lächelte. Logan erwiderte es.
»Jederzeit.«
Langsam aber sicher näherten wir uns dem Ausgang und mit jedem Schritt mehr, den ich tat, wurde mir bewusst, dass dieses erste und letzte Date allmählich vorüber ging. Logan würde in sein Apartment gehen, das ich schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Und ich musste zu mir nach Hause. Unsere Wege würden sich wieder trennen und wir mussten beide in unsere eigene Realität zurück. Eine Realität, in der Logan mein Lehrer und ich seine Schülerin war.
Das Ende des Abends schwebte wie eine dunkle Gewitterwolke über unseren Köpfen. Ich versuchte allerdings so gut es ging nicht darüber nachzudenken.
»Drea...«, Logan blieb plötzlich stehen. Ich stoppte ebenfalls und drehte mich verwundert zu ihm um. Seine blauen Augen blickten direkt in meine. Sie glühten und schienen direkt in mich, viel mehr in meine Seele, hineinzuschauen.
»Ist es egoistisch, wenn ich dir jetzt sage, dass ich noch nicht will, dass dieser Abend zu Ende geht?«
Ich hielt die Luft an und erwiderte seinen Blick. Seine Worte riefen wieder einmal dieses altbekannte Gefühl in meinem Magen hervor, das mein Herz zum rasen zwang, meine Handflächen zum Schwitzen brachte und meine Knie weich wie Butter werden ließ.
Dann seufzte ich laut und drehte mich von Logan weg in Richtung der Eisfläche. Verdammt ja, es war unfair von ihm mir so etwas zu sagen. Dieser ganze Abend war im Prinzip unfair gewesen. Auch wenn Logan es getan hatte, um sein vorheriges Fehlverhalten wieder gut zu machen. Er selbst hatte diesen Abend genauso gewollt wie ich und im Grunde würde die Erinnerung daran mich nur noch mehr auffressen.
Doch es war meine eigene Schuld. Ich hätte absagen können, hätte verweigern können, diese Stunden mit Logan zu verbringen, aber ich hatte es nicht getan. Denn ich war meinen Gefühlen ebenso unterliegen wie Logan seinen unterliegen war.
»Ja, es ist egoistisch. Aber mir geht es genauso«, antwortete ich wahrheitsgemäß und ließ meinen Blick wieder zu ihm wandern. Kurz sahen wir uns an, ehe seine Augen sich zu schmalen Schlitzen verengten und er in eine Überlegung vertieft schien.
»Was ist los?«, fragte ich.
»Was hältst du davon, wenn ich dich noch auf ein Eis einlade?«
»Auf ein Eis? Jetzt? Bei diesen Temperaturen?«, überrascht hob ich die Brauen und stieß ein kurzes Lachen aus. »Wir haben Dezember und es schneit. Bist du verrückt?«
»Warum nicht?«, er zuckte mit den Schultern und dieses schiefe Lächeln erschien auf seinen Lippen.
Okay, dieser spontane, unbeschwerte Logan war mir in der Tat neu und beinahe schon etwas gruselig zumute. Doch die Frage, die ich mir wohl eher stellen musste war, ob ich tatsächlich einwilligen sollte, mit Logan Black ein Eis essen zu gehen?
Mir war klar, dass mit jeder Sekunde, die verstrich und die ich in Logans Gegenwart verbrachte, mein Herz im Nachhinein ein Stückchen mehr schmerzen würde. War es das wert? War die Zeit, die ich mit ihm erlebte, den anschließenden Kummer wert? War ich überhaupt in der Lage, sein Angebot auszuschlagen? Die Wahrheit war, dass ich es durchaus konnte. Ich wollte es nur nicht. Noch nicht.
»Okay, gehen wir ein Eis essen.«
Hey meine Lieben!
Tut mir wahnsinnig leid, dass ihr so lange warten musstet, aber mich hat es echt übel erwischt. Habe mir eine fiese, hartnäckige Erkältung eingefangen. Aber ich musste unbedingt das nächste Kapitel hochladen! Ich hoffe es gefällt euch. Freue mich über jedes Kommentar & Vote!
GLG :)
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