~125~
Felix P.O.V.
Seufzend lehnte ich meinen schweren Kopf gegen die kühle Scheibe des Flugzeuges, die Wolken unter uns zogen vorbei wie kleine dunkle Schäfchen. 5 Stunden hatte das Unwetter nun schon angedauert, ehe wir endlich aus Korea rauskamen. Mit jeder Minute die verstrichen war, hatte ich mehr Angst, meine Bandmitglieder würden auftauchen, versuchen mich zurück zuhalten.
Denn sobald ich ihre verzweifelten Gesichter gesehen hätte, wäre ich eingeknickt. Den Gedanken, dass ich vielleicht sogar gehofft hatte, sie wären gekommen um mich zurück zu holen, verbannte ich nach ganz hinten in mein Gehirn. Jedesmal wenn wir flogen, fühlte ich mich befreit, sorglos, und für einen Moment einfach unbeschwert.
Das war diesmal jedoch ganz anders, denn mein Kopf steckte voller grausamer Gedanken. Wohin sollte ich in Australien überhaupt gehen? Würden die anderen mich vermissen? Immer mehr Fragen über die Zukunft der Gruppe schlugen übereinander, als wären sie die Wellen tief unter mir, gefährlich, angsteinflößend und zerstörend. Doch ich wollte im jetzt und hier leben, denn das hatte ich mir gut überlegt.
Und je weiter sich das Flugzeug vom Festland entfernte, desto gleichmäßiger ging mein Atem, mein Puls beruhigte mich, ich schwitzte nicht mehr so sehr. Endlich hatte ich geschafft, was ich mir vorgenommen hatte, was ich als einzigen Ausweg betrachtete. Auch jetzt bereute ich es kein Stück meine Gruppe verlassen zu haben, denn es würde mir besser gehen. Uns allen.
Der schwarze Himmel behinderte die Sicht auf die Welt unter uns, wir befanden uns nach 4 Stunden Flug ganz weit oben. Meine Kapuze noch tiefer ins Gesicht ziehend versuchte ich weiter aus dem kleinen Fenster zu schauen, doch dies gelang mir nicht direkt, da ein stechender Schmerz durch meinen Kopf fuhr.
Verdammt, jetzt begannen all diese Gedanken auch noch damit, meinen gesamten Körper mit Qualen außer Gefecht zu setzen. Seufzend stützte ich meinen Kopf zurück auf meine Handfläche, dachte weiter über meinen Flug nach, und versuchte die pochenden Schläfen zu ignorieren.
Gegen 9 Uhr morgens würden wir in Sydney ankommen, danach müsste ich erst einmal in ein Hotel ziehen, mich umschauen eine Arbeit zu finden, doch das wichtigste: mich nicht zu erkennen geben. Wir waren zwar noch nicht berühmt, sodass mich direkt jeder erkennen würde, aber auch nur ein Fan könnte es an alle Stays weitertragen. Damit wäre für einen Skandal auf jeden Fall gesorgt.
Das ist doch egal, jetzt ist es ja nicht mehr dein Problem!
Ja, das stimmte zwar, aber war war ja trotzdem mit in die Sache verwickelt, genauer gesagt bin ich der ausschlaggebende Punkt für das ganze gewesen. Jede Silbe, jedes Wort welches die Stimme sprach, setzte sich in Form von einem Stechen in meinem überforderten Schädel ab.
Mein Blick glitt von meinem eigenen, trostlos verschwommenen Spiegelbild hinaus in die Weite der Sterne. Helle Lichtpunkte, welche manche Menschen als gemeinsames Zeichen benutzten, schienen umherzufliegen, wechselten aber trotzdem nicht ihre Position. Wir waren die, die uns bewegten, weit weg von Korea, zurück nach Hause.
Bei diesem Gedanken musste ich unverzüglich Lächeln, denn ja, ich hatte Australien schrecklich vermisst. All die Zeit im anderen Land, in der anderen Kultur, schien mir zwar nie als falsch, aber sie war fremd. Alles war fremd: Die Menschen, die Sprache, die Gesetze, die Zeit, die Temperatur, einfach alles.
Und trotzdem hatte ich mich bis hierher vor gekämpft, trat gegen andere an, aber besiegte am Ende vor allem mich selbst. Ich war wirklich stolz auf mich, auf meinen Weg, meine Fähigkeiten, alles was ich erreicht hatte. Und ich war stolz, dass ich den Schritt gegangen war, meine Gruppe zu verlassen, um wieder zurück zu meiner Familie zu finden.
Zufrieden zog ich mein Handy aus der kleinen schwarzen Tasche, schaltete das Display ein, und bemerkte unverzüglich all die Benachrichtigungen.
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Aber keine Reaktion von ihm. Irgendwie war das zu erwarten...
Leise seufzte ich auf, da mir Mal wieder bewusst wurde, wie egal ich Changbin eigentlich war. Nicht einmal gesimst hatte er mir, und das, obwohl ich nun schon mehrere Stunden weg gewesen war.
Aus dem ewigen Seufzen wurde ganz schnell ein ekelhaft starker Hustenreiz, welchen ich krampfhaft versuchte zu unterdrücken. Gleichzeitig begann mein Kopf wieder heftig zu Pochen, was ein unangenehmes Schaudern an meinem Rücken mit sich zog. Fröstelnd kuschelte ich mich enger in meinen weiten schwarzen Pullover, welcher nach wie vor den Geruch von leichter Minze behalten hatte.
"Woah! Ich bin so aufgeregt!" vernahm ich da eine erfreute Stimme neben mir, weshalb ich kurz dachte, ich wäre gemeint. Doch mit einem schnellen Seitenblick stellte ich fest, dass die kleine Asiatin neben mir bloß angeregt in ihr Telefon sprach. Sprachnachricht oder so.
"Meine Zeit in Korea verging so schnell! Ich freue mich schon wieder zu euch nach Hause zu kommen." Konnte die nicht einfach ein bisschen leiser reden? Und warum wartete sie nicht einfach, bis wir in Australien angekommen waren? Schließlich war fast die Hälfte unserer Flugzeit vorbei.
Aber Moment. Sie sprach gar nicht Koreanisch, sondern Englisch! Australisches Englisch, soweit ich dies beurteilen konnte. Doch da mein Kopf wieder begann unkontrolliert zu Pochen, beschloss ich mir keine weiteren Gedanken über dieses mysteriöse Mädchen zu machen.
Wären die anderen hier, würde sich bestimmt einer um mich und meine Sorgen kümmern, aber diese waren nicht da. Mit einem Blick in den dunklen Himmel wurde mir plötzlich etwas klar. Ich war im Moment völlig allein auf mich gestellt, und plötzlich hatte ich das Gefühl, mein Plan war nicht sehr gut durchdacht. Ich hatte nur mich, und sonst niemanden, diese Erkenntnis lag mir wie ein Stein im Magen.
Er drohte meinen Körper von innen zu zerreißen, drückte auf meine Lunge, presste die Luft aus allen Organen, zwang mich dazu, stoßweise zu atmen. Der plötzlich entstandene Druck, der Ballast in meinem Verstand trieb mir Tränen in die Augen, welche meinen Blick verschleierten.
Wenn ich hier und jetzt wieder eine Panikattacke bekommen würde, wäre dies recht unvorteilhaft. Meine kleinen Hände drückten sich gegen meinen Bauch, versuchten den festsitzenden Stein in ihm zu lösen, probierend, den Druck zu zerstören. Blinzelnd versuchte ich meine Umgebung abzusuchen, und zwang mich dazu meine Atmung zu beruhigen.
Mit verschwommenem Blick nahm ich wieder das Schwarzhaarige Mädchen neben mir wahr, deren Augen auf das hell erleuchete Display ihres Handys gerichtet waren. Mit letzter Kraft zwang ich mich meinen Arm zu heben, ihre Schulter zu berühren, um sie auf mich aufmerksam zu machen. Kurz geschockt blickte sie mich an, legte ihre Hand, welche ein Regenbogenfarbes Armband zierte, an die Brust bevor sie ein 'Hast du mich erschreckt' murmelte.
Bevor sie sich abwenden konnte, griff ich fester um ihren Knochen, drehte sie schweratmend zu mir, und sah sie flehend an. "Bitte, hast du was zu trinken?" Mit großen Augen nickte sie nach einiger Zeit verstehend und griff nach der kleinen Wasserflasche, welche sie vorhin von der Stewardess bekommen hatte.
Hastig schraubte ich den Deckel auf, zog mir keuchend den Mundschutz vom Gesicht und kippte den restlichen Inhalt des Getränkes in meinen Mund.
Sicher war dies nicht überaus freundlich, aber schreiend auf dem Boden des Flugzeuges zu liegen, wäre für sie auch nicht absolut angenehm geworden. Erst als der letzte Schluck durch meine Kehle geflossen war, wendete ich meinen Kopf wieder nach unten, wischte mir einmal über das Kinn, an welchem eine Vielzahl verschütteter Tropfen hing und drehte die Flasche wieder zu.
"Danke dir. Wirklich!" erklärte ich peinlich berührt und reichte dem Mädchen die Flasche zurück. Nun, als mein Blick wieder klarer war, konnte ich sie genauer betrachten, was absolut kein Fehler war, denn die Kleine war auffällig Anders!
Ihre dunklen Haare waren zu einer modernen Kurzhaarfrisur geschnitten, ihre Augen schwarz umrandet, und mehrere Piercings zierten ihre Ohren sowie ihre Lippe. Ein Tattoo mit der Aufschrift: 'Don't hate me, for being myself!' prangte auf ihrem Oberarm, um welchen eine Tasche mit einer bunten Flagge hing. Ich schätzte sie auf Anfang 20.
Obwohl sie offensichtlich Asiatischer Abstammung war, kam sie wohl nicht aus dieser Gegend. Doch trotz dieses ungewöhnlichen Aussehens, welches kaum in Korea geduldet wurde, war sie wirklich unglaublich hübsch. Das konnte sogar ich beurteilen, egal ob ich schwul war oder nicht.
Die leere Wasserflasche, die ich ihr vor einigen Sekunden rüber reichen wollte, hing jedoch noch immer trostlos in der Luft. Stattdessen musterten mich zwei Augen völlig geschockt, wanderten über mein ganzes Gesicht und blieben dann an den meinen hängen.
Überrascht schnappte das Mädchen nach Luft, öffnete den Mund, als wolle sie etwas sagen, errötete dann aber einfach nur. "D-du bist Felix, oder? Lee Felix?!" keuchte sie nach einiger Zeit hysterisch, wedelte sich mit den Händen dramatisch Luft zu, weshalb ich nur leicht grinsen musste.
Ja, das war allerdings scheiße gelaufen, denn das ich erkannt wurde, war nicht mit eingeplant. Deshalb legte ich kurzerhand meine Finger um ihren Arm, und zwang sie somit aufzuhören über zu reagieren. Sicherheit war oberste Priorität.
"Ja, der bin ich. Bitte beruhige dich, okay?" Lachend beobachtete ich, wie ihr Blick geschockt von meinem Gesicht zu meiner Hand wanderte, und sie tief durch die Nase einatmete um runter zu kommen. "I-ich... Oh mein Gott, ich bin seit Anfang an ein Fan von euch. Ihr seid einfach Klasse! Wo sind die anderen?"
Mit leuchtenden Augen wippte sie auf ihrem Sitz hin und her, machte ihrem Image, welches ihr Aussehen verkörperte damit aber kein passendes Bild. Sofort entgleisten meine Gesichtszüge, ich musste erneut an die anderen denken. Ohne auf ihre Anwesenheit zu achten, setzte ich mich wieder ordentlich hin, starrte auf meinen Schoß, und versuchte meine Gedanken zu ordnen.
Sie war ein Fan, hatte mich natürlich erkannt, was absolut schlecht war, doch ich lachte sie auch noch an. Sollte ich mich nicht viel lieber wie ein Arschloch benehmen, um sie davon abzuhalten mit mir zu reden? Sie sah so lieb aus, wäre aber sicher so enttäuscht von mir, wenn sie wüsste, was ich als Idol anrichtete.
Womöglich würde auch sie versuchen mich abzuhalten, was jetzt natürlich ein wenig zu spät war. Vielleicht sollte ich mir überlegen, was ich sagte. Lügen vielleicht? Dass ich nur meine Eltern besuchen wollte?
Ja, lügen kannst du doch super!
Das stimmte. Ich hatte die anderen so oft angelogen in letzter Zeit, doch egal wie sehr es schmerzte, es war immer notwendig. Sie hatten mir vertraut, das hatte ich missbraucht. Obwohl sie mich zurück gebeten hatten, reagierte ich nicht. Das war eigentlich mehr als nur unfair.
Wieder einmal teilte sich meine Meinung, und es war, als müsste ich erneut gegen mich selbst kämpfen, um eine entgültige Antwort zu finden. Doch ich war es Leid, ständig gegen etwas antreten zu müssen. Könnte ich nicht einfach fröhlich sein, oder nichts fühlen? Weder Liebe, noch Reue, noch Trauer. Nur Glück und Zufriedenheit.
Doch das Schicksal war wohl nicht so auf meiner Seite, denn ich saß hier, in Flugzeug, neben einem Fan, und begann zu heulen.
Wie ein kleines Kind, welches mit Stimmungswechseln zu tun hatte, presste ich nun meine Augen zusammen und ließ die Tränen feuchte Wege über meine Wangen bahnen.
Manchmal ist man einfach zu schwach um die ganze Zeit stark zu bleiben.
Vielleicht war ich einfach in dieser Zeit für alles alleine zu schwach. Doch als ich einen festen Griff an meiner Schulter spürte, wusste ich auf einmal, dass ich nicht mehr für lange auf mich allein gestellt bleiben musste.
"Hey; nicht weinen! Was ist denn passiert?" Mit dieser sanften Stimme gefiel mir die Kleine, welche vielleicht sogar etwas älter war als ich, schon viel besser. Ihr Ton war beruhigend, und hätte ich sie nicht gerade eben erlebt, hätte ich nicht geglaubt, dass sie so quietschen konnte.
Zunächst schüttelte ich langsam den Kopf, ehe ich mich aber dazu entschloss, die Wahrheit zu sagen, denn vielleicht konnte sie ja wirklich helfen. "Die andern," schluchzte ich, "sind nicht mit... Versprich mir, dass du nichts dagegen sagst, und mir bis zum Ende hin zuhörst!"
Leicht flehend sah ich auf sie herab, was ihre mitleidige Miene etwas Lächeln ließ, und ihre makellosen Zähne entblößte. Zärtlich nickte sie. "Aber klar, wir haben doch Zeit. Und ich bin sicher, du hast einen Grund."
Nickend holte ich tief Luft, überlegte wie ich am besten starten sollte. Was ich alles erzählen konnte, und was besser ein Geheimnis blieb. "Aber schwöre, dass du es niemandem weiter erzählen wirst! Das wäre das Ende von Stray Kids..." Nicht, dass es mich noch weiter interessierten sollte, aber diese Gruppe war einfach eine zweite Familie für mich, das konnte ich nicht vergessen.
Stumm wurde mir ein kleiner Finger vor das Gesicht gehalten, der so lange abwartete, bis ich meinen zum Indianerschwur mit ihrem verknotete. "Keine Sorge. Das würde ich niemals jemandem erzählen! Eure Privatsphäre ist mir das wichtigste. Ich habe dich praktisch gar nicht gesehen." Lächelnd löste ich meinen Finger wieder von ihrem, war mir nun auch ganz sicher, was ich ihr erzählen würde. Nämlich alles.
"Übrigens," grinste sie mich noch einmal breit an, "Ich bin Cat."
Helluuuuu
Und, wie findet ihr Cat so?
Mal sehen, wie wir das mit den Updates machen, denn eigentlich habe ich nächster Zeit absolut kein Internet haha... Wir kriegen das schon hin!
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