Kapitel 2
Jin gab sich wirklich Mühe, ihn so sanft wie nur möglich ins Zimmer zu befördern.
Normalerweise hätte er ihm eher zugetraut, dass er ihn wie bei den anderen immer einfach huckepack nahm.
Aber tatsächlich er Namjoons Arm um seine eigene Schulter gelegt, ihn so nicht nur mit Leichtigkeit vom Stuhl gehoben, sondern stützte ihn jetzt hilfsbereit ab, während sie den Flur durchquerten.
Und das machte er wirklich jedes Mal so?
Regelrecht gerührt versuchte Namjoon, sich ein bisschen leichter zu machen, unauffällig natürlich. Er wollte seine Farce noch immer nicht aufgeben. Zu groß war der Ekel vor diesen furchtbaren Tee.
Gegen Jins Schulter gelehnt, öffnete er die Augen einen Spalt breit. Nur, um sich orientieren zu können. Dabei nahm er einen blumigen leicht frischen Duft wahr, bei welchem es sich scheinbar um das Parfüm von Jin handeln musste.
Hatte er schon immer so gut gerochen?
Oder war so warm?
Scheinbar waren seine Sinne vernebelt, wenn ihm schon solche merkwürdigen Gedanken kamen. Möglicherweise ebenfalls eine negative Eigenschaft dieses Gebräus. Die er bisher nur nicht mitbekommen hatte, weil er sich quasi schon halb im Tiefschlaf befand.
Schön, wenn die Kopfschmerzen weg waren, aber musste deshalb sein Denkvermögen darunter leiden? Wieder ein weiterer Grund, schnellstmöglich davon loszukommen.
Unabhängig davon, was Jin davon hielt.
Der war mittlerweile mit ihm im Schlepptau am Zimmer angekommen, das Namjoon sich mit Taehyung teilte.
Obwohl es eigentlich zum Einzelzimmer mutiert war, seitdem Taehyung quasi nur noch bei Jungkook hockte, um Videospiele zu zocken oder eben auch direkt dort zu schlafen.
Seinen eigentlichen Schlafplatz nutzte er seitdem nur noch als Kleiderschrank und Aufbewahrungsort für irgendwelche Duftkerzen.
Selbige löschte Jin auch als erstes beim Betreten des Raumes, ließ die Tür zufallen. Und schloss direkt ab.
Wie rücksichtsvoll von ihm. Er sorgte dafür, dass Namjoon nicht gestört wurde.
Halt.
Warum schloss er ab, wenn er selbst noch im Raum war?
Bestimmt nur, damit in der ersten Einschlafphase niemand ins Zimmer stürmte und direkt wieder für Lärm sorgt. Dass ihm das nicht direkt klar gewesen war.
Am liebsten hätte er sich direkt für seine dummen Gedanken entschuldigt, aber er musste ja weiterhin den Schlafenden spielen. Zumindest, bis Jin wieder raus war.
Danach könnte er sich ja diesem Buch widmen, das er seit einer Ewigkeit endlich mal lesen wollte. Zeit hatte er dann immerhin genug.
Innerlich aufjuchzend bei dem Gedanken an die kommende Entspannung ließ Namjoon sich auf sein Bett legen.
Er war fasziniert, wie liebevoll, man könnte fast meinen zärtlich, Jin dabei vorging, ihn genau mittig platzierte, die viel zu dicke Bettdecke ans Fußende legte und ihm das Shirt aus der Hose zupfte. Wohl, damit es beim Schlafen nicht drückte.
Dennoch musste Namjoon sich das Grinsen verkneifen, zumindest äußerlich. Irgendwann würde er Jin von diesem Schauspiel erzählen und dann damit aufziehen, dass er sich wie eine liebevolle Mutter benahm.
Mit geschlossenen Augen wartete er darauf, dass die Prozedur beendet war und er endlich allein gelassen wurde. Allein mit seinem Buch. Vielleicht schaffte er sogar zwei, wenn er die Nacht ausnutzte.
Schon ein klein wenig ungeduldig spürte er plötzlich die Hand von Jin wieder in seinem Haar. Das schien wohl eine heimliche Schwäche von ihm zu sein. Obwohl Namjoon sich nicht erinnern konnte, dass sein Hyung sonst das Bedürfnis hatte, Haarsträhnen zu sortieren. Oder gar liebevoll über die Stirn zu streicheln.
Schon irgendwie süß. Und tatsächlich entspannend.
Genauso wie die Fingerspitzen, welche über seinen Nasenrücken huschten, bis hinunter zu seinem Mund streichelten.
Okay, das war jetzt schon ein bisschen seltsamer. Sollte das sowas wie eine Massage sein?
Nicht unangenehm, das musste Namjoon allerdings zugeben. Was wohl aber auch unter anderem an Jins wirklich weichen Händen lag, die jetzt über die Wangen des anderen strichen, diese sorgsam umfassten.
Bestimmt sah das witzig aus. Kein Wunder, dass er das wohl nur machte, wenn niemand dabei war.
Hätte Namjoon die Augen nicht bereits geschlossen, würde er es spätestens jetzt tun. Weil die Berührungen derart beruhigend und angenehm waren, er in eine Art Halbschlaf abdriftete. Wenn Jin das jedes Mal machte, war es kein Wunder, dass die Nächte, nachdem er den Tee trinken musste, so erholsam waren.
Die streichelnden Fingerkuppen des Älteren hinterließen wärmende Spuren, hüllten ihn ein wie Watte. Fast wäre er tatsächlich weggenickt.
Hätte er nicht die plötzliche Berührung auf seinen halb geöffneten Lippen gespürt.
Namjoon fror in der Bewegung ein.
Was zum…
Das war ein Versehen, oder? Ganz bestimmt war es das.
Vielleicht war Jin abgerutscht. Oder er wollte lediglich eine Strähne wegstreichen.
Von der Unterlippe.
Auffällig langsam. Und intensiv.
Sollte er die Augen öffnen? Nur um sicherzugehen, dass seine Gedanken absurd waren und Jin sich lediglich um sein Wohlergehen sorgte.
So sehr, dass er ihn küsste?
Das hatte Namjoon sich ganz bestimmt nicht eingebildet. Jins Fingerkuppen mochten weich sein, aber nicht so sehr, dass sie mit Lippen verwechselt werden konnten.
Träumte er?
Mit Sicherheit.
Dieser Tee war Schuld. Der benebelte seine Sinne, sorgte dafür, dass er unter Halluzinationen litt.
Weshalb sollte Jin ihn sonst küssen?
Zum Einschlafen vielleicht. Ein unschuldiger Gute-Nacht-Kuss.
Mit einer Zungenspitze. Die über Namjoons Unterlippe leckte.
Großer Gott, was passierte hier?
Und warum regte er sich nicht?
Er sollte die Augen aufreißen, womöglich sogar aufschreien und mit den Armen wedeln.
Aber warum konnte er einfach nicht?
Wieso lag er einfach nur da, die Augen weiterhin geschlossen, als würde er tief schlafen? Während Jin über ihn gebeugt sich an seinem Mund verging.
Mit der Zunge die Lippen teilte und äusserst vorsichtig das Innere der Mundhöhle erkundete, dabei immer wieder gegen Namjoons eigene Zunge stupste.
Aber der regte sich noch immer nicht.
Nicht, weil er dazu nicht in der Lage gewesen wäre. Testweise hob er unauffällig einen Finger, auch mit den Zehen konnte er wackeln.
Sollte er dann nicht endlich zur Besinnung kommen und Jin von sich schieben?
Stattdessen lag er weiterhin sich schlafend stellend einfach nur da, musste sich gar zurückhalten, das intensive und überhaupt nicht mehr so unschuldige Zungenspiel nicht sogar zu erwidern.
Was war los mit ihm?
Und vor allem: was war los mit Jin?
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