Kapitel zwei: Boyfriends. Kill me.
Ich versuchte auszumachen, ob Taehyung schon von dem Buch erfahren hatte. Ich wusste nicht, was mir lieber wäre: Er hatte es und somit wusste ich wenigstens, wo es war, oder er hatte es nicht und ich somit auch keine Ahnung, wo es rum schwirrte. Mein Herz wurde schwer, wenn ich daran dachte, dass die ganze Arbeit vielleicht umsonst gewesen war. Ich wusste gar nicht, was ich machen sollte. Die Story war fast fertig, zumindest eben in der ersten Version und ich hatte jetzt alles verloren.
Mir fest auf die Lippe beißend, versuchte ich den Drang darüber zu weinen, zu unterdrücken. Ich konnte mir nicht leisten unglücklich auszusehen, denn ich hatte schließlich ständig wen um mich herum, der es nicht verstehen würde, wenn ich den Kopf hängen ließe. Ich hatte extrem viel Aufmerksamkeit durch den Theaterclub und ich wollte niemanden enttäuschen. Die Mädchen behandelten mich manchmal, wie einen Star, was je nach Art und Weise süß bis anstrengend sein konnte.
Das war auch der Grund, warum ich mich in Freistunden oft irgendwohin zurück zog, wo man mich nicht sofort finden konnte. Ich nahm mir dann nicht selten ein Buch vor, las und tauchte in die Gedankenwelt eines anderen ein. Das war es doch, was Autoren schließlich machten? Sie ließen Leser teilhaben an ihrer Fantasie, malten Bilder mit Worten, direkt in die Köpfe ihrer Leser. Ich fand das extrem cool und ich wollte das auch versuchen.
Ich zog mich in einen Raum in den Kellern zurück, wo man sich aufhalten konnte, wenn man eine Freistunde hatte und ich war so ziemlich allein, zumindest bis mir mein Notizbuch auf mein Buch, welches ich gerade las geworfen wurde. Ich hatte niemanden kommen hören, viel zu vertieft war ich in Madeleines Schicksal gewesen.
Das Erste, was ich sah, war, dass es mein Buch war und instinktiv griff ich danach, dann sah ich auf und mein Herz blieb ganz stehen. Mein Blick traf die dunkeln Augen von Kim Taehyung und ich wusste für einen Moment nicht, was ich tun sollte. Ich sagte einfach erst mal gar nichts, in der Hoffnung, dass ich einfach ohnmächtig werden würde. Oder einfach gleich ganz im Boden versinken, das war doch was.
Ich versuchte mein Gesicht im Griff zu behalten, aber ich war mir nicht sicher, ob mir das auch gelang, denn ich war im Inneren viel zu aufgedreht, peinlich berührt und verängstigt. Wie würde er reagieren? Zu meinem Erstaunen zeigte er mir eines seiner breiten, wunderschönen Kastenlächeln.
"Hi", begrüßte er mich und ich blinzelte geschockt. Er kletterte, einzigartig, wie er nunmal war, einfach auf den Tisch und setzte sich im Schneidersitz vor mich. Versucht, mich zusammenzureißen, ließ ich meine Augen kurz über seine Gestalt wandern und sah ihn dann wieder an. "Hi", erwiderte ich den Gruß nur unsicher und das leichte brennen in meinen Wangen verriet mir, dass ich wohl doch nicht geschafft hatte, nicht rot zu werden. Verdammt. Peinlich.
Was sollte ich jetzt tun? Danken, dass er mir mein Buch wieder brachte? So tun, als wüsste ich von nichts? Er schien nicht zu wissen, dass es meins war und ich wollte ihn bestimmt auch nicht drauf stoßen. Das war alles viel zu peinlich. Wie sollte ich ihm das auch erklären?
Hey Tae Bae, mich halten zwar alle für einen Frauenheld, aber heeeey, ich bin stockschwul und du bist schon ein Leckerchen, wie mein bester Freund es formulieren würde.
Swiggidy swoothy, I'm coming at ya boothy.
(Jemand musste mal einen Teil von dem abkratzen, was von Hosoek auf mich abgefärbt hatte, das ging so nicht weiter, haha.)
Nein. Nein, auf keinen Fall. Ich würde es ihm niemals sagen können, also versuchte ich es, mein Buch verkrampft fest haltend, mit einem: "Was ist das?" Ich spielte den Ahnungslosen, doch meine Anspannung konnte ich wohl kaum verstecken. Ich biss mir leicht auf die Lippe und wartete ab. Taehyung schien einfach nur beste Laune zu haben.
"Das verrate ich dir gleich, das wird dich sicherlich auch amüsieren", meinte er und ich schluckte. Total. War nie so amüsiert wie gerade. "Aber zuerst: Falls du mich nicht kennst, ich bin Taehyung." Er reichte mir die Hand und ich wusste wirklich nicht, was ich davon halten sollte. Plus, mein innerer Fanboy schrie schon: NIMM DIE HAND UND LASS SIE NIE WIEDER LOS!! ARHGH! Ich sperrte diesen Teil von mir galant in meinen Hinterkopf und nahm seine Hand zögerlich. "Jeder kennt dich, Kim Taehyung", bemerkte ich und er grinste nur schief. "Dich doch auch, Jeon Jungkook. Deswegen auch das hier", er tippte auf mein Notizbuch.
"Jemand an dieser Schule hält uns zwei Hübschen für ein noch hübscheres Paar." Hehe, innerliche nervöse Lache und andere komische innere Reaktionen. Paar. Er hatte es also bereits angefangen zu lesen. "Paar?", stellte ich mich dumm. "Partner." "Partner?"
Er gab ein kleines Zischen von sich und lächelte eine Spur anzüglich. "Boyfriends."
Töte mich.
Ich gab mich erstaunt, aber das was mich wirklich erstaunte war eigentlich, wie locker er damit umging. Solange er weiter dachte, dass ich nichts weiter damit zu tun hatte, würde er wohl cool mit mir sein, immerhin. "Boyfriends", echote ich schließlich und nahm das Buch möglichst unauffällig an mich und überflog ein paar Zeilen. Vielleicht konnte ich ihm mein Buch ja einfach klauen. Doch nicht mit Taehyung, wie mir schien, denn er schnappte mir das Buch wieder weg und ich bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick.
"Das ist jetzt meins", erklärte er mit einem leisen Lachen, welches mir direkt unter die Haut ging, "zumindest bist ich herausfinde, wem es gehört." Oh glory. Es ist meins. Gib es her und dann entferne ich mich rückwärts, sodass ich dich im Auge habe und wenn ich durch die Tür bin siehst du mich nie wieder. Ich runzelte die Stirn.
"Wozu denn?", fragte ich und versuchte nicht allzu nervös zu klingen. "Derjenige würde sich nie melden. Gib es doch einfach im Sekretariat ab, dann kann es sich der, der es verloren hat, dort wieder abholen", schlug ich vor und schöpfte Hoffnung. Vielleicht war er ja vernünftig, gab das Buch bei seiner Mom ab und ich konnte es dann abholen und hatte meine Sachen wieder. Juhu. Hoffentlich war er vernünftig. "Wo bleibst denn da der Spaß?" Nevermind.
Auf dem Buchrücken herum tippend sah er mich an. Ich sah zurück. "Es gehört dir nicht", versuchte ich es mit einem Argument und immerhin schien er kurz drüber nachzudenken, wenn auch nur kurz.
"Technische gesehen habe ich Copyright auf mich. Und du auf dich." Och, komm schon.
"Also gehört die Stroy uns." Nein Mann, es ist meine.
"Bist du denn gar nicht neugierig, wer über uns beide schreibt?" Erneute, innere nervöse Lache.
"Ich sollte dir was vorlesen, die ist gar nicht so schlecht und diese Weiberschrift kann man echt gut lesen. Ich bin schon im zweiten Kapitel." "Um Himmels Willen nein!"
Ich konnte mich gar nicht stoppen. Die Worte entfleuchten mir einfach und ich räusperte mich. "Ich meine... Bitte mach das nicht, das wird nur awkward." Jap. Schon wenn ich nicht er Autor dieses Dingens wäre. Aber ich war es und das machte alles noch viel schlimmer. Ich starb vor Scham. Musste er das wirklich lesen? Es war das erste, was ich überhaupt je geschrieben hatte und ich hatte keinen Plan ob es gut war, oder lesenswert oder... ja keine Ahnung. Dass er es las war schlimm.
Ich wich seinem Blick jetzt ganz aus und lehnte mich zurück, zumindest bis er mir gegen die Schulter stupste. Verwundert sah ich wieder zu ihm auf. "Hey", sagte er sanft und ich wollte ihn gern heiraten, allein, weil er wie ein junger Gott klang und sich einfühlsam zeigte. "Keine Sorge, ist nicht so, als würde das deiner Reputation schaden oder so. Würde es nicht mal, wenn ich das öffnetlich machen würde." Ich schluckte. Nein, bitte nicht, nein, nein, nein. Er schien zu überlegen, dann erzählte er weiter.
"Ist ja nicht unsere Schuld, dass wir zwei Schnuckelchen sind."
Hmmm, vor allem er.
"Wissen doch alle, dass wir hetero sind."
Hmmm, haha, vor allem ich.
Ich sah zu ihm auf und nickte nur entrückt.
"Du würdest das doch nicht veröffentlichen?", fragte ich unsicher und war auch ein bisschen zu hysterisch, aber hey, ich konnte gerade nicht dagegen an. Er schüttelte jedoch den Kopf, was mich aufatmen ließ. Was er wohl jetzt dachte? Dass ich auf keinen Fall wollte, dass man mich für schwul hielt? Hielt er den schwulen Typen jetzt für homophob? Das wäre witzig und traurig zugleich. Ich wollte tatsächlich nicht, dass es jemand wusste. Weniger wegen meinem Ruf, auf keinen Fall, weil ich dachte es wäre falsch, mehr weil es niemanden verdammt noch mal zu interessieren hatte.
"Nein auf keinen Fall", sagte er schließlich, was mich erleichterte. "Nicht weil ich Angst hätte oder so, aber für so einen Bitchmove habe ich dann doch zu sehr Respekt vor der Autorin." Ich sah ihn erstaunt an. "Warum?", hakte ich nach. "Weil sie ganz gut schreibt und weil es dann doch ihr Geheimnis ist." Ich lächelte ein wenig. Er war doch wohl sowas von liebeswert, wenn er so weiter machte, dann erstickte ich noch an meiner Affinität zu ihm.
"Was wirst du ihr sagen, falls du sie findes?", fragte ich, nachdem ich eine Sekunde überlegt (und nebenbei meinen inneren Fanboy sorgfältig in Ketten gelegt) hatte. Er rutschte an mir vorbei vorm Tisch runter und unsere Arme berührten sich leicht. Ich würde heute sowas von nicht duschen gehen (wie war das mit dem Fanboy?).
"Das sie es veröffentlichen soll." Er zwinkerte mir zu und ich musste mich nicht mehr um meinen inneren Fanboy kümmern, denn der war gerade eben verstorben.
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