Kapitel 8
Es waren nur einige Meter, die zwischen meinen Freunden und meinen ehemaligen Mitstreitern lagen. Trotzdem reichte bereits diese geringe Distanz, um das Monster in mir wieder aus dem Schlaf zu reißen. Obwohl ich versuchte, ruhig zu bleiben und alles um mich herum so gut wie möglich zu ignorieren, drangen immer noch Eindrücke zu mir durch, die mir ganz und gar nicht gefielen. Getuschel hinter vorgehaltener Hand. Blicke, die mich von allen Seiten taxierten. Ich hatte zwar schon manches Mal Anfeindungen von Anderen mir gegenüber gespürt. Beispielsweise als meine Oberweite sich viel zu früh ausgeprägt hatte und ich damit ungewollt zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit geworden war. Doch die Art von Aufmerksamkeit, die mir in diesem Trainingsraum geschenkt wurde, überstieg alles.
Das Tempo meiner Schritte wurde schneller und das Verlangen, irgendetwas gegen die Wand zu werfen, nahm zu. Dabei war mir vollkommen bewusst, dass ich nicht auf die Personen in diesem Raum sauer war. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, konnte ich ihre Skepsis mir gegenüber vollkommen nachvollziehen. Mein Auftritt während der Jahreszeremonie war wohl kein guter, erster Eindruck gewesen. Diese Tatsache machte mich umso wütender. Wütender auf mich selbst und darauf, dass mich die Meinung anderer mehr interessierte, als ich zuvor angenommen hatte.
"Ist alles in Ordnung?"
Erschrocken blickte ich auf, nur um in Ilvys fragendes Gesicht zu sehen. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich bereits meine Destination erreicht hatte. In Ilvys blauen Iriden spiegelte sich, wie so oft in letzter Zeit, Sorge. Ich seufzte und fuhr mit den Händen durch die Haare.
"Ich weiß es nicht. Aber das ist jetzt auch nicht wichtig."
Ich ließ meinen Blick über den gesamten Trainingsraum schweifen. Keine einzige Sekunde war ich unbeobachtet. Ich fragte mich, ob dies bald nachlassen würde und rollte mit den Augen, da ich die Antwort zu kennen glaubte.
"Schauen die euch auch so... komisch an?", fragte ich in die Runde. Zu meinem Erstaunen blickte sich keiner von ihnen um. Stattdessen sah ich, wie sich ein humorloses Grinsen auf Dimitris Lippen ausbreitete, während er Tape um seine Hände wickelte.
"Ich persönlich kenne es gar nicht anders."
Was sich bei anderen sicherlich überheblich angehört hätte, entsprach bei ihm der vollkommenen Wahrheit. Er sagte es, weil es eine Tatsache war und das hörte man ihm sofort an. Auch wenn es mir nicht gefiel, spürte ich einen Funken Mitleid ihm gegenüber aufsteigen. Schließlich stand er bereits sein gesamtes Leben unter Beobachtung der nicht so schönen Art. Ich nickte, wobei ich ihn nicht einen Moment aus den Augen ließ. Als er aufblickte und feststellte, dass ich ihn immer noch beobachtete, fügte er hinzu: "Trotzdem ist es angenehm, dass es jemanden gibt, der noch viel mehr Aufmerksamkeit bekommt als ich."
Auch wenn dies sicherlich als eine verquere Art von Zustimmung - oder sogar Aufmunterung - gemeint war, ließ ich seine Aussage unkommentiert. Nicht so jedoch Ilvy.
"Ach, komm schon. Du verdrängst vollkommen, dass so ziemlich jede Single-Frau in diesem Raum die ganze Zeit abwartend in deine Richtung schaut, nur um dir beim Training zuzusehen."
Mein Blick schnellte zu Ilvy. Meine volle Aufmerksamkeit galt jetzt ihr. Natürlich war mir selbst nicht entgangen, welches Glück Dimitri mit seinen Genen gehabt hatte. Denn von seinem Vater konnte er die Statur sowie den Großteil seines Aussehens nicht vererbt bekommen haben. Trotzdem gehörte meiner Meinung nach mehr dazu als gutes Aussehen. Niemals im Leben waren meine Gedanken in eine Richtung abgedriftet, in der ich mit Dimitri nur einen gutaussehenden Mann in Verbindung gebracht hatte. Umso schwerer fiel es mir zu glauben, dass Ilvy dazu in der Lage war.
Ein einnehmendes Lächeln schmückte Dimitris Gesicht und ein Funkeln trat in seine Augen.
"Eifersüchtig, kleine Tinker?", fragte er mit einem Zwinkern.
Ilvys Mund öffnete und schloss sich wieder, ihre Kulleraugen stets auf Dimitri gerichtet. Er nutzte ihre Verdutztheit, um seinen Arm über ihre Schultern zu legen. Seine hohe und breite Statur neben ihrer viel kleineren und zarten ließ in mir die Befürchtung aufkeimen, dass er sie mit einem leichten Drücken verletzten könnte, obwohl ich genau wusste, dass Ilvy sich souverän in einem Kampf behaupten konnte. Es war eine andere Tatsache, die meine Augen groß werden ließ. Ich blickte abwechselnd von Dimitri zu Ilvy und zum Arm, der die beiden zusammenhielt. Ilvys Wangen färbten sich rot. Ein spitzbübisches Lächeln legte sich auf Dimitris Lippen. Ich schluckte. In den zwei Monaten meiner Abwesenheit hatte ich noch mehr verpasst, als zuvor erwartet.
Mit gehobenen Augenbrauen sah ich weg. Es stand mir nicht zu, ein Urteil zu dem zu fällen, wovon ich dachte, es gesehen zu haben. Trotzdem konnte ich getrost auf das Kopfkino verzichten, das nicht lange auf sich warten ließ. Vor allem, weil ich nicht bereit war, Dimitri unbedingt länger als nötig meine Aufmerksamkeit zu schenken. In der Hoffnung, die Bilder aus meinem Kopf zu vertreiben, blinzelte ich mehrfach und ging stattdessen auf Dorian zu. Mit einem Schmunzeln verfolgte er das Gezanke zwischen Ilvy und Dimitri und richtete seinen Blick nur zögerlich in meine Richtung. Mit verschränkten Armen blieb ich vor ihm stehen, nicht jedoch ohne vorher seine schlaksige Gestalt von Kopf bis Fuß zu mustern. Meine Augen bohrten sich in seine.
"Zeig mir, was du drauf hast."
Dorian schüttelte abwehrend den Kopf und blickte zu Boden. Ich runzelte die Stirn und fragte mich nicht zum ersten Mal, warum Dorian diese Reaktion an den Tag legte, wenn es um seine Fähigkeiten ging. Meine Neugier wurde immer größer. Außerdem war ich etwas erleichtert, zu wissen, dass ich nicht länger die Einzige war, die mit solchen Gedanken zu kämpfen hatte. Etwas versöhnlicher trat ich näher auf ihn zu und nahm eine seiner kalten Hände in meine.
"Wir können uns nur dann gegenseitig helfen, wenn ich weiß, was deine Fähigkeit ist."
Dorians Blick huschte über den gesamten Trainingsraum, doch bei keiner Person schien er besonders lange hängen zu bleiben. Diesen Blick kannte ich nur zu gut. Er wollte nicht angestarrt werden. Mit einem Räuspern lenkte ich seine Aufmerksamkeit wieder zu mir.
"Wenn du es mir nicht zeigen möchtest, dann sag es mir einfach."
"Das ist schwer zu beschreiben", murmelte Dorian und begann, abwechselnd seine schwarz lackierten Nägel zu begutachten. Wieder schüttelte Dorian langsam mit dem Kopf, als würde er mit sich selbst ringen. Er nahm einen tiefen Atemzug und seufzte schließlich. Im nächsten Moment bohrten sich seine Augen unerbittlich in meine.
"Hiermit warne ich dich, dass es schlimm wird. Und wage es ja nicht, danach zu sagen, dass ich dich nicht gewarnt hätte."
Gegen Ende der Warnung zeigte er mit seinem Zeigefinger auf mich, seine Augen immer noch auf meine fixiert. Gespielt eingeschüchtert nahm ich beide Hände nach oben. Das sich anbahnende Schmunzeln konnte ich jedoch nicht unterdrücken.
"Ich meine es wirklich Ernst, Cassie", ergänzte Dorian. Ich schaute zu Dimitri und Ilvy, die unverkennbar dazu übergegangen waren, unserem Gespräch zu lauschen, und staunte nicht schlecht, als ich bemerkte, dass beide bereits einige Schritte zurückgetreten waren. Ihre Gesichter waren in keinster Weise zu einer Grimasse verzogen. Ich zog eine Augenbraue empor und schaute wieder zu Dorian.
"Schlimmer als eine geballte Ladung Feuer?"
Dorian schenkte mir nur ein Schulterzucken. Mittlerweile hatten auch andere Personen in dem Raum von unserem Gespräch Wind bekommen und sich zum Starren dazugesellt. Ich rollte mit den Augen.
Wenn jetzt nicht irgendetwas wirklich Weltbewegendes passiert, bin ich enttäuscht.
"Was muss ich tun? Soll ich angreifen? Oder einfach abwarten?", fragte ich, immer noch motiviert. Ich spürte, wie der neugierige Teil in mir vergnügt in die Hände klatschte, weil er wusste, dass bald das lang ersehnte Geschenk offenbart werden würde.
Dorian trat einen Schritt zurück, schloss seine Augen und streckte seine Handfläche in meine Richtung aus. Seine Finger waren bis aufs Äußerste verkrampft. Abwartend starrte ich auf seine Hand. Doch es geschah... nichts. Ich rollte mit den Augen.
"Also, ich muss zugeben, dass ich mehr erwar...", setzte ich an. Doch ein sich langsam ausbreitendes, lähmendes Gefühl zwang mich dazu, innezuhalten. Allmählich kroch es von meinem Kopf, über meine Arme, bis hin zu den Zehen und hinterließ ein unangenehmes, wenn auch erträgliches Kribbeln. Wenn es mir möglich gewesen wäre, hätte ich geklatscht. Meine Augen waren immer noch auf Dorian gerichtet. Seine Hand war immer noch verkrampft und zeigte in meine Richtung. Ich begann mich gerade zu wundern, wieso er noch nicht aufhörte, als es einsetzte.
Ein Intermezzo aus den schlimmsten Schmerzen, die ich jemals in meinem Leben verspürt hatte, vereinigten sich zu einem allesverzehrenden Loch. Sämtliche negativ behafteten Bilder aus meiner Vergangenheit fingen an, sich vor meinem geistigen Auge abzuspielen. Angefangen bei der panischen Angst davor, anders wie die anderen Kinder - ohne Eltern - aufzuwachsen. Sämtlicher, noch so kleiner Kummer, der mein Herz schwer gemacht hatte und mich bis heute noch belastete. Selbst kleine Vorfälle wie das Auslachen durch bösartige, ältere Mädchen, weil mein Bikini hochgerutscht war, blieben nicht aus. Selbstredend ließ das Bild von Michails Grinsen nicht lange auf sich warten und verpasste mir einen weiteren, mentalen Stoß in den Magen. Die Bilder der Folter durch Karina im Keller, die mein Unterbewusstsein sehr gut zu verstecken gewusst hatte, machten aus dem mentalen Stoß einen echten, unnachgiebigen Hieb. Es war, als würde ich sämtliche, schmerzhaftesten Momente auf einen Schlag in Endlosschleife wieder erleben. Gerade wenn ich dachte, dass es vorbei war, setzte das Schmerzkarussell zu einer neuen, noch schlimmeren Runde an.
"Oh Gott...", entfuhr es mir. In diesem Moment blieb mir nichts anderes, als zu hoffen, dass ich mich die gesamte Zeit geirrt hatte und ein barmherziger Gott existierte, der dieser Folter ein Ende bereiten würde. Doch stattdessen wurden die Erinnerungen zahlreicher. Schmerzhafter. Mein lachendes Ich, während Michail vor mir verbrannte. Das Geschrei der in dem Saal Anwesenden Personen. Ich spürte regelrecht, wie die frischen, kaum verheilten Wunden meiner Seele aufklafften und anfingen zu bluten.
"Hör auf!", schrie ich. Jegliche Kontrolle über meinen Körper war mir verloren gegangen. Selbst wenn ich mir die Ohren hätte zudrücken können, hätte es nichts gebracht. Einen Ausweg aus dieser mentalen Hölle gab es nicht.
"Bitte", krächzte ich ergänzend.
Von einem auf den anderen Moment ließ der Schmerz nach. Meine Beine konnten mich nicht länger halten. Unsanft ließ ich mich auf mein Kehrseite fallen, zog meine Beine heran und umklammerte sie. Je kleiner ich mich machte, umso weniger anfällig fühlte ich mich. Eines war klar: Noch nie in meinem Leben hatte ich derart viele negative Emotionen auf einmal empfunden und ich war mir sicher, dass keine Folter Karinas so schmerzhaft sein konnte wie das, was Dorian mit mir gemacht hatte. Diese Erkenntnis ließ mich meinen schweren Kopf von den Knien heben und langsam zu dem Verursacher blicken. Ich war nicht die Einzige, die vergeblich nach Luft schnappte wie ein gestrandeter Fisch.
"Du hast nicht zu wenig versprochen", krächzte ich mit ausgetrockneter Kehle.
Anstatt mir eine Antwort zu schenken, blickte Dorian beschämt zu Boden. Erst jetzt, wo ich das Ausmaß seiner Kräfte am eigenen Leib gespürt hatte, bekam ich eine ungefähre Ahnung davon, warum er sich derart für seine Fähigkeiten schämte. Genauso wie ich konnte er innerhalb weniger Augenblicke unaussprechliche Schmerzen zufügen. Ich fühlte mit ihm.
Als er zu mir blickte, glänzten Tränen in seinen Augen. Ich sah ihm dabei zu, wie er langsam auf mich zuging und sich vor mich setzte. Ein Blick in seine traurigen, blauen Augen erinnerten mich an den gebrochenen Jungen, den ich am ersten Tag in der Hölle kennengelernt hatte. Seine Augen fixierten meine. Seine Arme breiteten sich aus. Und er umklammerte mich.
"Wie hältst du das bloß aus?", hörte ich sein schluchzendes Flüstern ganz nah an meinem Ohr. Er brauchte mir nicht zu sagen, dass er nicht direkt meine eigenen, inneren Dämonen meinte. Denn ein jeder empfand seine eigenen Probleme als die schlimmsten. Seine Frage zielte darauf ab, wie man mit diesem tief verwurzelten Schmerz umgehen sollte.
"Ich glaube gar nicht", war die einzige Antwort, die ich ihm geben konnte.
Die Dämme, die zuvor mein eigenes Schluchzen zurückgehalten hatten, brachen. Je tiefer wir uns der gegenseitigen Umklammerung hingaben, umso intensiver wurde das Schütteln, das durch unsere Körper fuhr.
Am liebsten wäre ich in eine dieser neuartigen, mit Wasser gefüllten Boxen geklettert, in denen man als erwachsene Person noch einmal das Gefühl bekommen konnte, wie es sich im Mutterleib anfühlte. Dieser Gedanke trug jedoch nicht zur Besserung meines Gemütszustands bei. Vielmehr erinnerte es mich daran, dass selbst meine Mutter nicht für mich dagewesen war. Ich schluchzte.
Dorian hatte das Unausweichliche geschafft. Er hatte mich gebrochen. Alles um mich herum nahm ich nur noch dumpf wahr. Als würde ich die Welt nur durch einen dichten Schleier sehen, der die bunten Farben in der Welt abstumpfen ließ, das Dunkle jedoch kaum erträglicher machte.
Ich weiß nicht, wie lange wir dort saßen. Von der Außenwelt abgeschirmt. Doch eine gefühlte Ewigkeit später änderte sich etwas. Etwas in meinem Inneren schien sich zu erhellen und damit einige Schatten zu vertreiben. Ein erleichtertes Seufzen entfuhr meinen Lippen. Ich spürte seine Anwesenheit, noch bevor ich ihn hörte.
"Habt ihr nicht etwas anderes zu tun? Sta Minghia!"
Ich konnte mich nicht daran erinnern, Gabe jemals so wütend erlebt zu haben. Und das, obwohl ich nur seine Stimme hören konnte und die schließenden Worte nicht verstand. Meine Mundwinkel zuckten.
"Das ist aber nicht nett", stichelte ich, auch wenn es nicht mit dem gewohnten Enthusiasmus geschah.
Noch bevor seine Hand meinen Rücken berührte, spürte ich, dass er bei mir war. Das Leuchten in meinem Inneren war abermals stärker geworden. Doch es war die innere Wärme, die mir von der Körpermitte bis zu den Extremitäten hin etwas Stärke zurückgab.
"Die sollen sich gefälligst um ihren eigenen Scheiß kümmern!", entfuhr es Gabe. Genauso wie er meine Emotionen spüren konnte, wusste ich, wie es um ihn stand. Ganz vorne mit dabei war, neben Wut, auch Sorge. Diese fraß sich derart in seinen Körper, dass er alles andere um sich herum ausblendete.
Noch nie hatte ich Gabe so sehr aus seiner eigenen Haut fahren gesehen. Dank seiner Anwesenheit und dem Erstaunen über seinen Ausbruch gelang es mir, endlich meinen Kopf anzuheben. Wie ein Heiligenschein umgab der LED-Spot über ihm seine gottgleiche Erscheinung. Seine ausgestreckten Hände reichte er sowohl Dorian als auch mir. Zögernd ließ ich meine Hand in seine gleiten und mir von ihm aufhelfen. Während meine Hand in seiner lag, wusste ich, dass alles wieder gut werden würde. Vielleicht nicht heute. Vielleicht auch nicht morgen. Solange wir gemeinsam durch die Welt gingen, würden wir uns gegenseitig helfen.
"Ich danke dir", wisperte ich. Obwohl es nur sein Daumen war, der über meinen Handrücken strich, konnte ich kaum fassen, wie intensiv sich diese Berührung in meiner Bauchgegend bemerkbar machte. Seine grünen Tiefen bohrten sich in meine.
"Vielleicht solltest du für heute eine Pause einlegen."
Ich wusste nicht genau, was genau es war, aber die Blase, in der wir uns gerade noch befunden hatten, zerplatzte. Obwohl seine Augen immer noch voller Gefühl waren und seine Wärme mein Herz einlullte, hatte er etwas in mir getriggert. Es störte mich immer noch genauso sehr wie damals in Sizilien. Ich brauchte schlicht und einfach keinen Beschützer. Jedenfalls glaubte ich das. Und das wollte Gabe aber für mich sein. Sanft aber bestimmt ließ ich meine Hand aus seiner gleiten.
"Ich komme klar, Gabe", entfuhr es mir mit einer unbeabsichtigten Kälte in der Stimme.
Gabe wich zurück. Ich spürte, wie Fassungslosigkeit seinen Körper übermannte und wie groß das Verlangen war, mir unversöhnliche Worte an den Kopf zu knallen. Doch seine Beherrschung fand er schnell wieder und die Barriere zwischen uns war innerhalb weniger Augenblicke aufgebaut. Bevor ich ihn in eine versöhnliche Umarmung ziehen konnte, wandte er sich von mir ab. Schnellen Schrittes verließ er den Trainingsraum und mein Herz zog sich zusammen. Ich brauchte seine Wut nicht zu spüren. Jeder konnte sehen, dass ich ihn verletzt hatte. Es war Ilvys Stimme, die mich wieder zu meinen ehemaligen Mitstreitern sehen ließ.
"Er wollte doch nur helfen, Cassie."
Schlechtes Gewissen nagte an mir, doch er würde mir dieses eine Mal verzeihen müssen.
"Er wird schon drüber hinwegkommen", erwiderte ich. Für kindergartenreife Auseinandersetzungen hatten wir schlicht und einfach keine Zeit. Jetzt, wo ich wieder einigermaßen Kontrolle über meine Gedanken hatte, war Akumas Warnung von einem baldigen Angriff mein stetiger Begleiter. Ich wandte mich wieder vollends Dorian zu.
"Deine Schminke ist verlaufen", stellte ich mit einem Schmunzeln fest, als ich die schwarzen Schlieren unter seinen Augen bemerkte. Ich wollte gar nicht erst wissen, wie es um mein wasserfestes Make-Up stand.
"Das ist jetzt zweitrangig", erwiderte Dorian mit einem ebenso amüsierten Schmunzeln. Ich nickte und begann bereits, Dorians Fähigkeiten zu rekapitulieren. Schließlich hatten wir noch jede Menge zu tun.
Während ich mit der Kontrolle über das Feuer nur von Außen Zerstörung anrichten konnte, war es Dorian möglich, die Menschen von Innen heraus zu quälen. Auch wenn ich mir vorstellen konnte, dass Dorian es nicht gerne hören wollte, war es uns mit seinem Talent möglich, innerhalb weniger Sekunden einen überaus notwendigen Vorteil zu erlangen, ohne dafür töten zu müssen. Vorausgesetzt, er würde seine Fähigkeiten in der kurzen Zeit, die uns noch blieb, weiterentwickeln können. Deshalb war klar, was ich zu tun hatte.
"Kannst du dieses - wie auch immer man diese Fähigkeit bezeichnet - auf mehrere Personen ausweiten?"
Dorian begann, von einem Fuß auf den anderen zu treten.
"Ich habe es noch nicht probiert."
Ich nickte. Genauso wie von Akuma angeordnet, dachte ich an seine Lektionen zurück, in denen er mir den sicheren Umgang mit meinen Fähigkeiten näher gebracht hatte. Vor allem die Lektion, als ich die Flamme hatte zu ihm wandern lassen sollen, kam mir in den Sinn.
"Okay, wir sollten damit anfangen, dass du dich...", begann ich. Doch Lians Stimme hinter mir unterbrach mich: "Cassandra. Ich muss dich einen Moment sprechen."
Mit einem Seufzen drehte ich mich um die eigene Achse.
"Lian... Das ist gerade nicht der richtige Zeitpunkt!"
Unbeeindruckt von meiner Aussage trat er noch einen Schritt näher.
"Dorians Fähigkeit ist Morgen auch noch da. Deine Fähigkeiten allerdings..."
Unmerklich hatte dieses Mal ich den Abstand zwischen uns verkleinert. Meine Aufmerksamkeit hatte er vollends erregt. Vergessen waren die Personen um mich herum.
Was meint er damit?
Schließlich hatte ich noch vor wenigen Momenten im Kreis meiner Freunde ohne Schwierigkeiten das Feuer beschwören können.
"Was soll damit sein?", fragte ich stirnrunzelnd.
Im nächsten Moment blickte sich Lian in dem Trainingsraum um. Als er sich wieder mir zuwandte, erwiderte er mit gedämpfter Stimme: "Nicht hier. Folge mir."
Hallo ihr Lieben 🤗
Lang ist es her. Ich weiß. Seitdem Wattpad mein 8. Kapitel gefressen hat, habe ich es zeitlich lange nicht mehr geschafft, mich aufzuraffen und dieses neu zu schreiben. Ab heute geht es wieder im zuvor gewohnten Wochenrhythmus weiter. Versprochen! Mein Ziel ist es, bis zum Ende des Jahres die Phönixchroniken zu beenden. Das heißt ihr müsst euch auch nicht mehr lange gedulden, bis ihr die Auslösung dieser Reihe erfahrt.
Was sagt ihr zu Dorians Fähigkeit? Ich persönlich muss ja sagen, dass ich ihn nicht wirklich darum beneide 😥
Was Lian genau meint, erfahrt ihr im kommenden Kapitel 🙃
Wir lesen uns nächste Woche wieder 😋
Eure federwunsch ❤️
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