Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

Kapitel 30

Grelles Licht traf ungehindert auf meine Iriden und ließ mich meine Augen zusammenkneifen. Im gesamten Raum war es still geworden, was mich jede Sekunde nervöser werden ließ. Ich spürte sämtliche Blicke auf mir ruhen, als ich meine Augenlider dazu zwang, sich zu öffnen. Ich musste einige Male gegen das Licht blinzeln, um wieder etwas erkennen zu können. So viele verschiedene Gesichter musterten meine Erscheinung. Keiner wagte es auch nur, einen Mucks von sich zu geben.

Die weißen Haare in der vordersten Reihe erregten als Erstes meine Aufmerksamkeit. Es war Ilvy, die mich gezwungen anlächelte und mir zunickte. Neben ihr saß Dorian, der ganz und gar nicht zufrieden aussah. Die Wut stand ihm offen ins Gesicht geschrieben. Als ich mein Augenmerk auf Dimitri legte, schien mich sein Blick zu durchdringen. Jegliche Emotionen seinerseits blieben mir verborgen. Ich hatte damit gerechnet, dass ein dreckiges Grinsen oder gar Eifersucht sein Gesicht verzerren würde, doch dieses Mal überraschte er mich. Samantha und Logan konnten im Gegensatz dazu nicht aufhören, wie Honigpferde vor sich hin zu grinsen und genossen das Schauspiel vor ihnen sichtlich. Der kleine Kamal blickte ausschließlich zu Boden, was sofort mein Herz zusammenziehen ließ.

Ebenfalls ganz vorne mit dabei war Lian, der mir, kaum merklich, aufmunternd zunickte. Auch Akuma betrachtete meine Erscheinung eindringlich, ließ sich jedoch nichts anmerken. Ich schluckte, als mir der Ernst der Situation langsam klar wurde.

Ein Schluchzen aus dem Publikum ließ mich zu meiner Linken blicken. Es brauchte nicht lange, um zu der Quelle dieser starken Emotion zu finden. Bei dem Anblick vor mir erstarrte ich. Ebenfalls in der vordersten Reihe saßen meine liebsten fünf Menschen, die ganz und gar nicht in diesen Kontext passten. Meine Augen weiteten sich, als ich meine Oma dabei beobachtete, wie sie sich das Weinen verkniff. Mein Magen rebellierte, als ich die Tränen von meinem Opa sah, die ihm stumm über die Wangen liefen. Suz hatte ihre Hände schützend vor das Gesicht gelegt, während Max ihr beruhigend über den Rücken fuhr. Stefan schien der Einzige in der Runde zu sein, der kurz davor war, wütend aufzuspringen und jemanden zu erdolchen.

Mit voller Wucht drehte ich meinen Kopf in Michails Richtung und warf ihm einen Blick zu, der ihn sofort hätte töten sollen. Doch zu meinem Leid wurde das Grinsen auf seinem bleichen Gesicht bei meinem Anblick nur noch dreckiger.

In keinem einzigen Szenario, das ich mir vorgestellt hatte, waren meine Großeltern oder meine besten Freunde vorgekommen. Niemals hatte ich es für möglich gehalten, dass Michail solche Geschütze auffahren würde, nur um mich noch mehr zu quälen. Innerlich lachte ich über diesen Umstand, da ich mittlerweile hätte wissen müssen, dass Michail vor Nichts und Niemandem Halt machte. Wie hatte ich da nicht vorher drauf kommen können?

Keinem von den hier Anwesenden konnte ich länger in die Augen sehen. Es war eine Sache, Michail zu töten, wenn fast ausschließlich mir Fremde im Publikum saßen. Doch es war eine gänzlich andere Sache, wenn meine Großeltern, die mich mit gewissen Werten aufgezogen hatten, dabei zusehen sollten, wie ich Michail ein Ende bereitete. Mit Feuer, das aus meinen eigenen Händen kam.

Eines wurde mir mit voller Wucht klar. Ich hatte das Spiel bereits verloren, noch bevor ich die Bühne betreten hatte. Entschuldigend blickte ich zu Lian herauf, nur um meinen Kopf wieder vollends sinken zu lassen. Froh darüber, dass die geglätteten Haare einen undurchdringbaren Vorhang zwischen mir und dem Publikum schafften, atmete ich einige Male tief durch, was sich in dem engen Einteiler und mit angeketteten Extremitäten als sehr schwerfällig herausstellte.

"Das hier, meine werten Mitglieder, ist unsere liebe Cassandra", hörte ich Michail palavern, was ich versuchte, so gut wie mir möglich war, zu ignorieren. Mein Herz pumpte weiterhin fleißig und schnell das Blut durch meinen Körper und ließ mich nicht zur Ruhe kommen.

"Sie ist Teilnehmerin in unserem Phönix-Projekt und möchte Ihnen gerne etwas von ihren Fähigkeiten präsentieren."

Schritte kamen auf mich zu. Im nächsten Moment wurde mein Gesicht angehoben, was mir geradewegs einen Blick auf eisblaue Augen verschaffte. Meine Augen verengten sich zu Schlitzen.

"Dir ist schon klar, dass ich gefesselt nichts anstellen kann, oder?", fragte ich ihn mit hochgezogener Augenbraue und zeigte mit dem Kopf zu einer der Metallfesseln.

Das Grinsen auf Michails Lippen wurde wieder hämisch.

Seine Lippen kamen meinem Ohr immer näher, bis sie schließlich leise, doch durch das Mikrophon für alle hörbar, flüsterten: "Das kleine Täubchen ist noch zu wild, um sich frei entfalten zu dürfen."

Seine kalte Hand ließ wieder von meinem Gesicht ab. Er marschierte geradewegs auf die andere Seite der Bühne zu, während ich versuchte, einen Sinn aus seinen Worten zu ziehen. Karina war derart freundlich und drehte mich seitlich zur Wand, sodass ich sowohl direkt auf einen enormen Bildschirm sehen konnte, der sich über die gesamte Wand erstreckte, als auch das Publikum im Blick behalten konnte. Ein ungutes Gefühl beschlich mich, weswegen ich nicht einfach wieder wegsehen konnte. Im nächsten Moment wurde der Raum abgedunkelt. Nur noch der Bildschirm spendete Licht in dem Saal voller Menschen.

Es begann mit einem Video, auf dem ein kleines Mädchen mit rotblonden Locken lachend durch das unscharfe Bild lief. Das Mädchen berührte jede einzelne Blume im blühenden Garten, bis es schließlich zur Schaukel lief. Erst als eine jüngere Version meiner Oma nach dem Mädchen rief, drehte es sich wieder um und blickte geradewegs strahlend in die Kamera. Dabei war es ihm vollkommen gleichgültig, dass ausschließlich zwei Zähne hervorlugten. Das Bild wurde umgebrochen und zeigte ein etwas älteres Mädchen im Prinzessinnenpyjama, wie es neben dem Weihnachtsbaum stand und ein Geschenk, größer als es selbst, auspackte. Es begann vor Freude zu weinen, als es die Spielküche erblickte, die es sich, wie ich nur zu gut wusste, um alles in der Welt gewünscht hatte. Wieder wurde die Sequenz umgebrochen und eine schnelle Abfolge von Bildern wurde gezeigt, die das Mädchen immer älter werden ließen, bis es schließlich auf dem letzten Bild eine Version von mir zeigte, die ich noch vor einigen Monaten gewesen war. Bei dem Anblick dieser mir nun fremden Person wurde mir schlecht. Tränen bildeten sich langsam in meinen Augen. Ich fühlte mich so entblößt wie noch nie zuvor.

Die nächste Sequenz zeigte mich, wie ich, etwas verloren, in meinem zu großen, blauen Kleid auf der Bühne neben meiner Professorin stand und im nächsten Moment überrascht ins Publikum sah. Wie ich nur zu gut wusste, war es Michail, den ich bei der Vernissage zum ersten Mal erblickt hatte, auf dem meine Augen ruhten. Der nächste Ausschnitt zeigte mich auf meiner liebsten Lichtung im angrenzenden Wald und wie ich die Kerzen um mich herum für Suz entfachte. Im nächsten Moment war der Fokus näher auf mich gelegt worden und jeder in diesem Publikum konnte dabei zusehen, wie der Feuerball, der in meinen Händen zu Leben erwacht war, in lebendigen Flammen in meinen Händen umherkreiste. Das Raunen im Publikum wurde immer lauter. Der nächste Ausschnitt zeigte meine Entführung von der eben besagten Lichtung, in der ich mich zuvor sicher gewähnt hatte.

Obwohl es mir unerträglich war, meinen Blick weiter auf dem Bildschirm verharren zu lassen, konnte ich mich nicht gegen das Gefühl wehren, dass ich die nächsten Bilder ebenfalls sehen musste.

In der nächsten Sequenz sah ich mich bereits mit einem Teil meiner anderen Mitstreiter in einer Reihe stehen, während wir zu dem Kampfring sahen, wo Dorian bereits darauf wartete, von Dimitri verdroschen zu werden. Ich fühlte mich genauso wie beim ersten Mal, als ich Dorian dabei beobachtete, wie seine Hose allmählich eine andere Farbe annahm. Leichtes Lachen im Publikum zwang mich dazu, meine Hände zu Fäusten zu ballen. Im nächsten Moment konnten alle in dem Raum auf dem Bildschirm beobachten, wie ich einen Kreis aus Feuer um Dimitri heraufbeschwor. Dieses Mal ertönte sogar Applaus im Publikum, was mich bloß meinen Kopf schütteln ließ. Die nächste Sequenz zeigte mich in einem Raum mit Karina, wo ich, wie jetzt auch, gefesselt an der Wand auf die nächste Tracht Prügel wartete. Auch jetzt hörte ich vereinzelt Lachen, was mir nurmehr die Tränen in die Augen trieb.

Die nächsten Bilder zeigten mich mit Dimitri, wie wir eng umschlungen in eben diesem Saal tanzten, während Señora Liberta uns dabei Instruktionen lieferte. Darauf folgte sofort ein Bild, auf dem Dimitri mich hart gegen die Wand presste und mir einen unfreiwilligen Kuss stahl. Kurz musste ich meine Augen schließen, da mir die Erinnerung immer noch eine Gänsehaut der ungewollten Art bescherte. Außerdem wurde mir unfassbar schlecht, weil ich mir bereits denken konnte, in welche Richtung das Video fortgesetzt werden würde. Der nächste Abriss zeigte Dimitri und mich beim Tango tanzen auf Giulias Hochzeit, während im Publikum ein missmutiger Gabe den noch vollen Drink in einem Zug hinunterstürzte. Es folgte eine Nahaufnahme von meinem aufgelösten Gesicht in der Limousine, während tatsächlich mitleidsvolle Laute aus dem Publikum ertönten. Wenn der Anblick dieser Bilder nicht derartig weh getan hätte, wäre ich vermutlich schon lange explodiert. Doch mein Blick blieb weiterhin gebannt auf dem Bildschirm.

Die letzten Sequenzen des Videos zeigten Akuma und mich in dem feuerfesten Trainingsraum, in denen ich ein Feuerspiel nach dem anderen vollführte. Die Spannung in dem Raum schien mit jedem weiteren Bild zu wachsen, bis das Video mit einem dunklen Bildschirm endete und das Licht in dem Saal wieder eingeschaltet wurde. Tosender Applaus ertönte von den Bänken unter mir, während ich meinen Kopf sacken ließ. In diesem Moment war es mir vollkommen gleichgültig, dass durch das zusätzlich Gewicht der Schmerz in meinen Armen noch stärker wurde. Es war mir auch vollkommen egal, das jeder, der mir etwas bedeutete, diese intimen Einblicke in mein Leben bekommen hatte. Die Demütigung, die meinen gesamten Körper malträtierte, war das Einzige, was ich wirklich fühlen konnte. Es half auch nicht, wieder Michails Stimme durch den gesamten Raum hallen zu hören.

"Das war nur ein kleiner Einblick in das Leben dieser reizenden, jungen Dame und was wir alles mit unserem Projekt Phönix erreichen können, wenn wir nur die richtigen Mittel anwenden."

Stille war wieder im gesamten Raum eingekehrt. Gebannt lauschten alle den Worten Michails.

"Um Ihnen zu zeigen, wie Ernst ich meine jährlich vorgestellten Pläne über die Ausweitung unserer Gemeinschaft meine, habe ich eine weitere Überraschung für Sie alle vorbereitet."

Im nächsten Moment hörte ich das Geräusch von quietschenden Rollen hinter mir, bis es schließlich an mir vorbeifuhr, nur um neben mir stehen zu bleiben. Neugier ließ mich wieder meinen Blick anheben, nur um ein enormes Regal aus Metall zu erblicken. Das Regal war bis obenhin mit Reagenzgläsern vollgestellt, die allesamt mit einer bläulichen Flüssigkeit befüllt worden waren. Meine Augen weiteten sich. Auch im Publikum war ein überraschtes Raunen zu hören.

Bitte lass es alles sein, nur nicht das, was ich gerade denke!

"Dies ist eine großzügige Spende von unserem wertesten Gabriel Delanotte. Jede und jeder in diesem Raum wird sich nach der Zeremonie fünf Portionen des Universalheilmittels mitnehmen dürfen, als ein kleines Geschenk unsererseits."

Alle im Publikum schienen auf einmal loszureden. Es wurde immer lauter in den einzelnen Reihen. Keiner der hier Anwesenden schien mit solch einer Enthüllung gerechnet zu haben. Lians Augen waren bis aufs Äußerste geweitet. Auch Akuma schien überrascht zu sein, da seine Stirn in Falten gelegt war. Viele Personen lachten glücklich über die gerade dargebotene Enthüllung. Ich meinerseits erstarrte.

Mit einem Mal wurde mir klar, warum Gabe mir bei unserem gedanklichen Gespräch nicht geantwortet hatte. Mein Gefühl, das er sehr wohl meine Frage gehört hatte, war die ganze Zeit richtig gewesen. Doch eine Antwort von ihm hatte ich trotz allem nicht erhalten. Jetzt kannte ich auch den Grund dafür.

Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich auf das Gefühl von warmer Sommersonne, die meine Haut erwärmte. Es dauerte nicht lange, bis ich mir sicher war, wieder eine Verbindung zu Gabe hergestellt zu haben. Plötzlich wusste ich ganz genau, wo ich ihn finden würde. Mein Blick glitt über die Menschenmenge daher, bis er ziemlich in der Mitte an tiefgrünen Augen hängen blieb. Ich musste mich zusammenreißen, um mein verräterisches Herz bei diesem Anblick nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. Stattdessen schüttelte ich leicht mit dem Kopf.

Wie konntest du nur, Gabe?

Bevor ich eine Antwort von ihm erhalten konnte, kappte ich die Verbindung zwischen uns und drehte meinen Kopf geradewegs zu Michail, der bereits zu einer weiteren Rede ansetzte.

"Was in dem kleinen Video zuvor nicht deutlich genug wurde, möchte ich gerne noch ergänzen. Unser Gabriel dahinten hatte sich in die junge Frau hier unsterblich verliebt, doch er wusste, dass es niemals gut gehen würde. Vor allem, weil er bereits in ihre Mutter verliebt gewesen war. Und so hat sich Cassandra hier, trotz gebrochenen Herzens, den nächstbesten Mann geschnappt, den sie finden konnte. Meinen Sohn Dimitri!"

Mit der Hand deutete er zu Dimitri, der keineswegs glücklich darüber schien, plötzlich im Mittelpunkt zu stehen. Stirnrunzelnd betrachtete ich ihn dabei, wie er kaum merklich in seinem Stuhl einsank, während das Licht des Spots ihn einkesselte. Entschuldigend sah Dimitri zu mir hinauf. Obwohl jedes einzelne Wort, das aus Michails Mund entwichen war, eine Lüge darstellte, spürte ich trotzdem, wie mein Herz sich schmerzlich zusammenzog.

"Dabei hat Gabriel dir doch derartig sein Herz ausgeschüttet."

Ich blickte zu Michail, der seine Aufmerksamkeit ausschließlich mir schenkte. Während seine Hand in die Hosentasche glitt, ließ er mich keine Sekunde aus den Augen. Erst als er mit dem eierschalenfarbenen Papier vor seinem Gesicht herum wedelte, wusste ich, welche Grausamkeit als Nächstes auf mich zukommen würde. Ich runzelte die Stirn und schüttelte mit dem Kopf. 

Bitte nicht, flehte ich mit meinen Augen, doch Michail war total in seinem Element.

Langsam faltete er die ineinander gefalteten Blätter auf, die ich immer und überall wiedererkannt hätte. Michail räusperte sich, bevor er anfing, aus dem Brief zu rezitieren.

"Micina, obwohl ich dich damit aufziehen wollte, dass Jane Austen wohl die einzige klassische Autorin ist, die du kennst, muss ich mich selbst als großer Austen-Fan outen."

Dieses Mal setzte mein Herz einen Schlag aus. Noch nie in meinem Leben hatte ich mir so sehr gewünscht, mein Gehör einfach ausschalten zu können. Wenn ich nicht sehen wollte, konnte ich einfach meine Augen schließen. Wenn ich nichts fühlen wollte, konnte ich mit Alkohol aushelfen. Doch das Gehör blieb einem leider immer erhalten.

Ich konnte nicht genau sagen, was Michail damit bezweckte. Schließlich hatte er mit dieser Zeremonie, wie ich von Lian wusste, ein größeres Ziel vor Augen gehabt. Doch alles, worauf er sich zu konzentrieren schien, war die pure Demütigung, sowohl von mir, als auch von Gabe. Möglicherweise wähnte er sich nun, mit dem Heilmittel in seinem Besitz, bezüglich der vollsten Unterstützung aller Langlebigen sicher. Es war mir vollkommen egal, was die Konsequenzen waren, doch ich musste ihn bremsen. Länger hielt ich diese Tortur nicht aus.

"Stopp!", schrie ich Michail entgegen. Alle in dem Raum verstummten. Nur noch das Surren der Belüftungsanlage war zu hören.

"Wann hältst du endlich mal deine Klappe?", spie ich ihm entgegen. Aus mir sprach die reinste Wut, die ich nicht mehr bremsen wollte.

"Deine Stimme ist wirklich penetrant und nervtötend! Dass dir das noch keiner ins Gesicht gesagt hat. Wahrscheinlich haben sie alle solche Angst vor dir, dass du..."

Im nächsten Moment spürte ich, wie etwas hart gegen meine Wange prallte und mein Gesicht voller Wucht auf der andere Seite der Metallplatte aufkam. Ein metallischer Geschmack breitete sich allmählich in meinem Mund aus. Ein entsetztes Raunen ging durch die Menge, woraufhin sofort wieder Stille einsetzte.

Langsam wandte ich mich der Person zu, die mir einen festen Hieb verpasst hatte. Es wunderte mich keineswegs, Karina vor mir stehen zu sehen. Mit aller Kraft saugte ich jegliche Flüssigkeiten in meinem Mund zusammen und spuckte ihr geradewegs ins emotionslos dreinblickende Gesicht. Blut und Speichel glitten langsam ihre Wange hinunter, während sich ein schiefes Grinsen über mein Gesicht legte. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. Das Publikum blieb weiterhin still. Jeden Moment, das wusste ich, würde sie ihr Versprechen mir gegenüber, mich nicht unbeschadet davon kommen zulassen, einlösen. Dabei war es ihr vollkommen gleichgültig, wer dabei zusehen würde.

"Karina, mach sie los."

Michails Worte hallten zu uns herüber und ließen Karina einen verwirrten Schritt nach hinten treten. Entgeistert blickte sie ihn an.

"Wie bitte?"

Auch ich konnte nicht umhin, die Szene voller Neugier zu betrachten. Wieso zur Hölle sollte Michail mich, nach alldem, was er mir gerade angetan hatte, einfach gehen lassen? Hielt er so wenig von mir, dass er noch nicht einmal in Betracht zog, dass ich ihm Feuer unter dem Hintern machen würde?

"Ich mag es nicht, mich zu wiederholen", sagte er an Karina gerichtet. Sie nickte, bevor sie sich schnellen Schrittes wieder auf den Weg zu mir machte.

Im nächsten Moment schnellten die Metallschnallen zurück. Überrascht von den plötzlich befreiten Gelenken konnte ich mein Gleichgewicht nicht halten und fiel geradewegs auf den Boden zu. Ein überraschtes Raunen ging durch die Menge. Erst im letzten Moment konnte ich mich mit den Händen auf dem Boden abstützen. Meine Arme zitterten aufgrund des langen Blutverlustes und konnten mein Gewicht nicht länger halten, sodass ich kurze Zeit später vollends auf den Boden glitt. Lange jedoch war mir diese Position nicht vergönnt. Dünne Arme schlangen sich um meine und zerrten mich schmerzhaft wieder nach oben. Selbst als ich Karina mit voller Wucht auf den Fuß trat, ließ sie nicht von mir los.

"Weißt du, Täubchen? Ich hatte bereits zu Beginn gewusst, dass du die Wende sein würdest. Deshalb werde ich dir deinen sehnlichsten Wunsch erfüllen."

Er kam einen Schritt auf mich zu.

"Du bist frei."

"Was?", riefen Karina und ich im Einklang. Ich spürte, wie Karinas Hände entgeistert meine Arme gehen ließen, während wir beide gleichermaßen fassungslos zu Michail starrten und seine geistige Verfassung hinterfragten.

"Na los, geh schon!", ermunterte mich Michail weiterhin.

Meine Augen verengten sich. Was wurde hier gespielt? Von Lian wusste ich, dass Michail mich im Kampf gegen die Sterblichen einsetzen wollte. Warum sollte er mich, mir nichts dir nichts, gehen lassen?

Es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Mein Blick glitt zu Gabe, der sich langsam aus seinem Sitz erhob und mich keine einzige Sekunde aus den Augen ließ. Er hielt mir seine Hand entgegen. Selbst aus der Entfernung konnte ich die Muschel erkennen, die darin lag und der Muschel aus meiner Sockenschublade ziemlich glich.

Komm zu mir. Es ist vorbei.

Gabes Worte fanden ihren Weg zu mir. Ich sah in seine smaragdgrünen Augen, in den ein tiefer Sturm brodelte. Doch das Einzige, das ich fühlen konnte, war das Gefühl, endlich, in Sicherheit, nach Hause zu kommen. Dieses Gefühl, in das mich Gabe mit seinen Gedanken einlullen wollte, würde ich jedoch nicht zulassen. Dieses Mal nicht. Denn das, was Gabe getan hatte, war nicht mehr so einfach wieder gut zu machen.

Ich wusste zwar nicht, auf welchem Weg Gabe mitbekommen hatte, was sie hier mit mir anstellten. Jedoch hatte es dazu geführt, das wir jetzt in einer Misere steckten, die schlimmer war als alles, was ich mir zuvor in meinen schlimmsten Albträumen erträumt hatte.

Gabe hat das Heilmittel, ohne mit der Wimper zu zucken, gegen meine Freiheit eingetauscht.

Ich begann, lauthals zu lachen. Die Ironie des Schicksals hatte mich nicht hängen gelassen. Ich starrte geradewegs zu den bunten Glasfenstern hinauf, die die gesamte Kuppel des Saals zierten. Die ganzen, letzten Tage hatte ich mir Gedanken gemacht, wie ich dieses Drecksschwein namens Michail aufhalten konnte. Niemals hatte ich damit gerechnet, das es dafür bereits zu spät sein würde.

Wenn Michail erst einmal die Formel hatte, war er unaufhaltsam. Ein Blick in sein selbstsicheres Gesicht bestätigte mir, was ich mir gerade zusammengereimt hatte. Wir alle waren verloren.

Ich sah zu Lian, der mir immer noch aufmunternd zunickte. Dann blickte ich zu Ilvy, die nicht mehr aufhören konnte, zu weinen. Meine Großeltern sowie mein besten Freunde mussten mittlerweile von Kolossen zurückgehalten werden, um nicht zu mir auf die Bühne zu rennen. Ich schenkte ihnen ein letztes Lächeln, bevor ich mich wieder Michail zuwandte. Obwohl Michails Plan voll und ganz aufgegangen war, hatte er etwas nicht bedacht. Meine Reaktion. Mit dem Wissen, dass ich rein gar nichts mehr zu verlieren hatte, atmete ich einmal tief ein und aus.

Ein schiefes Lächeln legte sich auf meine Lippen.

"Du glaubst doch nicht wirklich, dass du mich so schnell los wirst, oder?"

"Micina!", hörte ich Gabe rufen. Dieses Mal war es nicht in meinem Kopf zu hören, denn auch Michail hatte seinen Blick in Gabes Richtung gewandt.

Ruckartig drehte auch ich mich zu Gabe, nur um ihn mit verengten Augen anzusehen und ihm entgegen zu brüllen: "Halt. Du. Bloß. Deine. Verdammte. Klappe!"

Gespenstische Stille füllte den gesamten Raum aus. Spätestens jetzt hatte jede einzelne Person in dem Raum bemerkt, dass es gleich spannend werden würde. Michail war der Erste, der amüsiert zu lachen begann.

"Im Paradies der Turteltäubchen kriselt es wohl."

Damit hatte er wieder meine vollste Aufmerksamkeit erreicht.

"Soll ich dir etwas sagen, Michail?"

Ich machte einen Schritt auf ihn zu. Dieses Mal würde ich es sein, die einen Spruch heraushaute, der mehr als nur poetisch klang. Dabei war es mir vollkommen gleichgültig, ob er überhaupt verstand, was ich damit meinte. Denn er würde es schon bald am eigenen Leib spüren.

"Was lange währt, wird endlich gut!"

Ohne zu zögern ließ ich das kleine, lachende Mädchen, das dem Schmetterling hinterher lief, in meinem Inneren erwachen und richtete die Aufmerksamkeit auf das mit Heilmittel gefüllte Regal. Mit voller Energie ließ ich binnen Sekunden das Feuer jede einzelne Ecke des Regals einnehmen. Die Reagenzglashalter, die aus Holz bestanden, hielten dem Feuer nicht lange stand. Schneller als erwartet, landeten die Gläschen auf dem Boden und zerbrachen in unendlich vielen Scherben, während die blaue Flüssigkeit sich auf der gesamten Bühne verteilte. Das Publikum wurde allmählich unruhig. Sie ahnten, dass dies nicht zur geplanten Show dazugehörte.

Ich spürte, wie etliche Hände versuchten, meinem Körper Einhalt zu gebieten, doch sie hatten keinerlei Chance. Jedes Mal verbrühten sie sich an meiner erhitzten Haut, durch die ich ebenfalls einen schützenden Feuerimpuls entließ.

Michails Lachen brachte mich fast dazu, meine Konzentration zu verlieren. Doch, wie Akuma mich gelehrt hatte, richtete ich weiterhin meine gesamte Konzentration auf das gute Gefühl in meinem Inneren, das dem Feuer zu Leben verhalf.

"Du glaubst doch nicht, dass mich deine kleine Feuernummer im Entferntesten aufhalten wird", rief mir Michail amüsiert entgegen. 

Das Regal war mittlerweile fast vollkommen leer, weshalb ich meine volle Aufmerksamkeit wieder Michail schenken konnte. Mit einem Schmunzeln und einem Zwinkern sagte ich schließlich: "Für so dämlich kannst noch nicht einmal du mich halten."

Michails Blick wanderte gemächlich zu meinen Händen, in denen immer noch das Feuer loderte. Langsam sah ich dabei zu, wie sein Grinsen Stück für Stück kleiner wurde, bis er schließlich tief zu schlucken schien. Mit einem letzten, konzentrierten Blick ließ ich die gesamte Energie in meinen Händen entweichen. Mein Ziel hatte ich stets im Blick. Es dauerte keine Sekunde, bis Michails Schreien einsetzte. Auch das Schreien aus der wild gewordenen Menge mischte sich dazu. Doch kein Laut um mich herum war so laut wie das Lachen, das meiner Kehle entwich.

Die gesamten Feuerträume, die mich seit Monaten verfolgt hatten, hatten mich genau auf diesen Moment vorbereitet. Stets hatte ich die Angst verspürt, selbst im Feuer zu stehen und bei lebendigem Leibe zu verbrennen. Dabei war das Feuer die ganze Zeit über mein Freund gewesen. Erst jetzt begriff ich, dass nicht ich diejenige gewesen war, die sich auf dem Scheiterhaufen befunden hatte. Die gesamte Zeit war ich es gewesen, die lachend in der Menge dagestanden hatte, während die Gestalt vor mir, durch meine Hand, in Flammen aufging. 

"Cassandra!"

Verwundert darüber, etwas in dem schreienden Chaos herauszuhören, runzelte ich die Stirn. Ich drehte meinen Kopf in die Richtung, aus der mein Name gekommen war. Obwohl ich dabei zusehen konnte, wie Menschen aufgelöst aus ihren Sitzen sprangen und um ihr Leben schrien, konnte ich ganz genau die Person vor mir sehen, die diesen Namen gerufen hatte. Rotblonde Locken umrahmten das traurig dreinblickende, runde Gesicht. Die rot umrandeten Iriden der Frau waren wie flüssiges Karamell. Es war, als hätte jemand einen Spiegel zwischen mich und die Frau in der aufgelösten Menschenmenge aufgestellt.

Das ist unmöglich.

Ihre Hand lag in der Hand eines Mannes mit dunklen Locken und ebenso dunklen Augen, die mich voller Trauer anblickten. Auch ihn kannte ich von dem einen Bild, das mir von ihnen übrig geblieben war.

Das kann einfach nicht wahr sein.

Vergessen war der Rest des Publikums, der immer noch wild umher schrie. Vergessen waren meine Großeltern und meine Freunde, die vermutlich glaubten, den Verstand zu verlieren. Vergessen war Michail, der immer noch schreiend im von mir ausgelösten Feuer brannte. In meinem Kopf begann sich alles zu drehen. Schweiß rannte in Tropfen von meiner Stirn herunter. Meine Hände begannen zu zittern. Lange würde ich nicht mehr durchhalten.

Im nächsten Moment traf etwas hart auf meinen hinteren Schädel. Alles vor mir begann, gefährlich zu flackern. Die Finsternis, die mich wenige Augenblicke später einnahm, erlöste mich schlussendlich aus dem Albtraum, der mich für immer verändert hatte.

Puuuh... in diesem Kapitel ist so viel passiert, dass ich noch nicht einmal die Fragen in meinem Kopf sortieren kann.  Was zur Hölle ist bloß in Gabe gefahren, dass er Michail die Formel für das Heilmittel herausgegeben hat? Cassies Eltern sind tatsächlich noch am Leben? Und das Wichtigste... Ist Michail jetzt wirklich tot? 🤯

Auf all diese Fragen und viele weitere werden wir Antworten im letzten Band finden 😉

Mir ist bewusst, dass dieser Band vollkommen anders war als der erste Band. Doch es freut mich, dass die Romantikliebhaber unter euch der Mangel an Romantik in diesem Band nicht abgeschreckt hat und ihr es bis hierher geschafft habt.

Danke euch allen für euren Support, der mir immer wieder ein Lächeln auf die Lippen zaubert! 🙀😻🎉

Im finalen Band dürft ihr euch auf viele Emotionen,  viel Action und natürlich auch viele weitere Überraschungen und Wendungen freuen.

Vergesst nicht, Band 3 Phönixchroniken - Erleuchten in eure Bibliothek hinzuzufügen! Ich erwarte euch dort bereits mehr als nur gespannt!

Nächsten Donnerstag geht es wie gewohnt weiter 😍

Eure federwunsch ❤️

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro