Kapitel 11
Kyra
Chris hakte seinen eigenen kurz ein, dann biss er sich wieder unbehaglich auf die Unterlippe. „Jetzt rede, Hexer!" wies ich ihn an, weil ich seine Geheimniskrämerei langsam satt hatte. Chris hatte anscheinend die Ungeduld in meinen Augen gesehen, dann er verzog kurz das Gesicht, bevor an fing zu reden. „Also es ist so, dass..."
„... wir vorhin eine Nachricht von Alice bekommen haben. Sie schreibt, dass der Anführer des Werkatzen Hauses auf den Weg hierher ist und sie behauptet, dass er eine Geisel dabei hat." „Was?! Hast du eine Ahnung, wer das sein kann? Warte. Ist es vielleicht Nick? Mist! Ich hätte ihn aufhalten sollen!" plapperte ich drauf los und das nicht gerade leise. Einige fragende Blicke richteten sich auf mich, doch ich war zu sehr in meine Gedanken, um sie wirklich zu bemerken. „Beruhig dich, Kyra. Du machst die anderen nervös." meinte Chris, aber auch ihn nahm ich kaum wahr.
Da umfasste jemand von hinten meine Taille und zog mich an sich. „Alles gut, meine Süße. Wir kriegen das hin. Ganz ruhig. Schsch." flüsterte Lukas und strich mir von hinten über die Wange. Ich drehte mich zu ihm um und schmiegte mich an ihn. „Bring mich woanders hin und sorg dafür, dass Deborah uns folgt." flüsterte ich immer noch unter Schock. Ich spürte, wie Lukas nickte und mir dann einen Kuss auf die Stirn gab. Er nahm mich um Brautstile hoch und sah sich im Speisesaal um. Er sah Deborah tief in die Augen und die Vampirin nickte kurz, dann lief Lukas aus dem Gebäude und über den Campus Richtung Jungs-Trakt.
„Was ist los?" fragte Deborah und lief jetzt neben uns her. „Ich weiß nicht so genau. Ich hab nicht alles mitbekommen, aber sie wollte, dass du uns folgst." meinte Lukas und setzte mich dann auf einem Baumstumpf ab. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass wir im Wald waren. Lukas ging vor mir in die Hocke und sah mich besorgt an. „Was ist los, meine Süße?" wollte er wissen und strich mir eine Strähne hinters Ohr. „Der Anführer des Werkatzen Hauses ist auf dem Weg hierher und hat eine Geisel." sagte ich knapp.
Lukas' Augen weiteten sich und ich sah Angst aufblitzen, die er aber schnell wieder versteckte. „Du denkst, dass Nick diese Geisel ist?" fragte Deborah und auch sie schien etwas verunsichert zu sein. Ich nickte nur und beobachtete Lukas weiter. Er schien innerlich mit sich zu ringen und senkte den Kopf. Ich blendete die Vampirin aus und hob Lukas Kopf mit Zeigefinger und Daumen wieder auf meine Höhe. Ich sah Schmerz in seinen wunderschönen Augen und es sah so aus, als würde ein Wirbelsturm aus Gefühlen darin wüten. „Ich werd versuchen ihn zu erreichen." meinte Deborah, aber ich ignorierte sie einfach weiter.
„Was ist los? Was haben sie dort mit dir gemacht?" fragte ich Lukas eindringlich, aber er war in seinen Erinnerungen gefangen. „Lukas. Lukas! Lukas?!" sagte ich und rüttelte ihn leicht. Trotzdem blieben seine Augen aber noch so voller Gefühlen, die mir einfach nur Angst einjagten. Ich atmete tief durch und öffnete mich unsrem Werkatzen-Band. Sofort schlugen mir die ganzen Emotionen entgegen und ich schreckte zurück. Es waren nicht nur panische Angst, verletzter Stolz und tiefer Hass, sondern auch etwas, das ich davor noch nie gespürt hatte. Es war undefinierbar. Eine Mischung aus diesen drei Emotionen nur mindestens zehn mal stärker.
Ich hatte Angst das nochmal zu spüren, also griff ich nach einer anderen Fähigkeit. Ich sah Lukas tief in seine Augen und griff nach der Macht, die in meinem Bauch brodelte. Lukas, komm zurück! Du bist nicht mehr dort! Du bist bei mir! In Sicherheit!, sandte ich ihm in Gedanken. Der Gestaltwandler blinzelte kurz und einen Moment schien er sich beruhigt zu haben, doch dann stiegen die Erinnerungen wieder auf. Verzweifelt krallte ich mich in seine starken Arme. Komm zurück, komm zurück, dachte ich immer wieder, aber es half nichts. Ich spürte, wie mir eine Träne über die Wange lief.
„Kyra? Kyra! Lass ihn los. Du tust ihm weh." durchdrang Deborah's Stimme meine Verzweiflung. Sofort ließ ich von Lukas ab und sah ihm wieder in die Augen. „Was ist mit ihm los?" fragte Deborah mit einem ruhigen Tonfall. „Er erinnert sich und ich kann ihm nicht zurück helfen." sagte ich verzweifelt. „Dann beruhige dich. So wirst du es sicher nicht schaffen. Sind es nicht Gefühle, wie Verzweiflung und Angst, die ihn in diesen Zustand versetzt haben?" meinte die Vampirin. Natürlich, dachte ich. Sie hatte Recht. „Ja. Stimmt." hauchte ich und blendete sie dann wieder aus.
Ich wusste jetzt, welche meiner Fähigkeiten ich benutzen musste. Ich schloss konzentriert die Augen und beruhigte mich wieder. Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich tief in Lukas' und schickte ihm über unser Band alle Ruhe und Geborgenheit, die ich jetzt in mir hatte. „Alles gut. Du bist bei mir. Ganz ruhig." flüsterte ich und beobachtete, wie sich der Wirbelsturm ganz, ganz langsam zurück zog. „Danke." raunte Lukas und am Ende brach seine Stimme. Er ließ den Kopf kraftlos herunter fallen.
„Ähm... Alles wieder okay?" fragte da Deborah unbehaglich. Ich sah sie erst kurz an, bevor ich wieder Lukas musterte. Er nickte kaum merklich und griff nach meiner Hand. Ich nahm seine und strich ihm beruhigend über den Handrücken. „Es geht." antwortete ich der Vampirin ohne sie anzusehen. „Ich hab eben mit Nick telefoniert. Ihm geht's den Umständen entsprechend gut. Er ist im Moment in einer Bar nicht allzu weit weg." erklärte sie immer noch unbehaglich. Ich atmete erleichtert auf und sagte „Danke, dass du mir geholfen hast. Kannst du mir die Adresse dieser Bar besorgen?"
Verwirrt runzelte Deborah die Stirn. „Wieso?" wollte sie wissen. „Ich werd ihn zurück holen." antwortete ich ohne zu zögern. Lukas' Kopf schoss in die Höhe und er meinte „Ich komm mit." „Was? Verdammt, nein! Nick braucht jetzt Abstand! Er wird mich einen Kopf kürzer machen, wenn ihr ihn zurück holt!" sagte die Vampirin aufgebracht und wich einen Schritt zurück. „Aber was ist, wenn die Katalysator ihn finden? Du hast gerade gesehen, wie sich das auf Lukas ausgewirkt hat!" schrie ich sie wütend an. Sie zuckte leicht zusammen. Vampire hatten ja ein ziemlich feines Gehör.
„'tschuldige." murmelte ich, als sie sich ans Ohr fasste und es leicht massierte. „Schon gut. Ich kann euch trotzdem nicht sagen, wo er ist. Ich hab es ihm versprochen. Er will euch nicht sehen. Keinen von euch. Es würde ihn zu sehr verletzen." sagte Deborah leicht schuldbewusst. Ich überlegte kurz, dann sah ich ihr entschlossen in die Augen. „Sag mir, wo Nick ist." befahl ich und spürte, wie mein Vampir-Mal zu glühen anfing. „Nein, Kyra. Tu das nicht." flehte Deborah, aber sie wusste, dass ich nicht auf sie hören würde, also sah sie zu Lukas. „Kyra. Das ist keine Lösung." erklärte er und drehte sie zu sich.
Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter. „Ich weiß, aber wir müssen doch auf ihn aufpassen. Er ist dein Bruder, Lukas." erwiderte ich. Ich wusste, dass ich gar nicht erst hätte versuchen dürfen, Deborah mit Zwang zu belegen und schämte mich jetzt. „Ja. Da hast du Recht, aber solange, die Katalysator noch auf dem Weg hierher sind, ist er doch eigentlich sicher, nicht?" meinte Lukas und strich mir beruhigend über den Rücken. Dafür, dass er gerade noch in seinen Erinnerungen gefangen war, betrachtete er die ganze Sache viel besser, als ich.
Einen Moment dachte ich darüber nach, was er gesagt hatte, dann nickte ich zustimmend und entspannte mich wieder. „Gut, dann lass uns jetzt zurück zu den anderen gehen. Chris soll das noch für sich behalten. Wir haben in der zweiten Stunde Englisch. Da können wir zu Dilas und ihm sagen, dass er die anderen Anführer informieren soll." sagte Lukas sanft und ich nickte wieder. Ohne ein weiteres Wort liefen wir zurück zum Speisesaal. Die anderen Schüler unterhielten sich wieder, als wäre gar nichts passiert. Ich ging mit Lukas an unsren Tisch, setzte mich aber nicht auf einen Stuhl, sondern auf Lukas' Schoß.
Der Gestaltwandler sah Chris kurz, aber tief in die Augen. Als der Hexer leicht nickte, verstand ich, dass Lukas ihn angewiesen hatte, nichts zu sagen. Kati saß uns gegenüber und sah mich fragend an. Ich öffnete mich leicht unsrer Verbindung. Automatisch horchten auch Peet und Alex auf. Der Anführer des Werkatzen Hauses ist auf den Weg hierher, schickte ich ihnen telepathisch. Die anderen spannten sich kurz an, dann stellte Kati die erste Frage in Gedanken. Hast du schon die anderen informiert?, wollte sie wissen. Ich schüttelte leicht den Kopf. Und was willst du jetzt machen?, fuhr Peet fort und sah mich erwartungsvoll an.
„Sollten wir nicht langsam gehen? Ich will nicht zu spät zum Unterricht kommen." sagte ich so, dass alle an unserem Tisch es verstanden. In Gedanken schickte ich noch, Wir werden die anderen informieren, dann verschloss ich mich wieder und stand auf. „Wer hat jetzt auch Deutsch?" fragte ich in die Runde. „Wir." meldete sich Guinewev sofort und meinte damit sich und die anderen beiden Katalysator-Mädchen. Sie sah misstrauisch zwischen mir, Kati, Peet und Alex hin und her, aber keiner lieferte ihr eine Erklärung. Vorerst zumindest. „Ich und die Jungs auch." meinte auch Lukas und legte mir einen Arm um die Schultern. Er lächelte mich an und ich entspannte mich.
Die Jungs begleiteten uns noch bis zum Mädchen-Trakt, weil wir eigentlich noch genug Zeit hatten. „Bis gleich und lass dich nicht von irgendwelchen Ex-Freundinnen aufhalten." meinte Lukas und gab mir einen Kuss auf die Schläfe. „Gibt es da denn noch mehr?" fragte ich und stellte die Frage auch Joanna, die nur einen Schritt entfernt war und sich von Chris verabschiedete. „Nein." meinte die Wandlerin lachend und zog mich dann mit in den Mädchen-Trakt. „Bis gleich." rief ich Lukas noch zu.
„Bei wem haben wir denn jetzt Unterricht? Jemand, den wir schon kennen gelernt haben?" fragte Kati im Treppenhaus. „Ms. Imka. Sie scheint ganz nett zu sein." erklärte ich nachdenklich und hakte mich bei Philisia ein. Da sie der einzige Mensch bei uns war, hatte ich das Gefühl, dass sie etwas vernachlässigt wird. Außerdem hatte ich Schuldgefühle, weil wir sie alle an logen. „Wie läuft's mit Railie? Wir haben bis jetzt kaum darüber geredet. Ich seh, dass ihr noch zusammen seid, aber ich weiß auch, dass dieser Idiot dir zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat." wechselte ich das Thema.
Ein verliebtes Strahlen trat in Phili's Augen und sie meinte „Das ist überhaupt kein Problem mehr. Seit meinem... Ausrutscher mit Chris... " dabei sah sie kurz zu Joanna. „... macht er nichts anderes, als mir Aufmerksamkeit zu schenken und wenn ich ihn um etwas bitte, dann macht er das sofort und ohne Widerspruch. Besser könnte es gar nicht laufen. Wie ist's mit Lukas? Ich weiß, dass ihr erst seit gestern wieder zusammen seid, aber du hast die Nacht bei ihm verbracht und... naja... " ließ meine Zimmergenossin den Satz unvollständig. Ich dauerte einen Moment, bevor ich verstand, was sie meinte.
Mir schoss die Röte ins Gesicht und ich musste das erstmal verdauen. „Philisia!" brachte ich schließlich entgeistert heraus. „Was denn?! Es... " wieder brach sie ab, aber diesmal, weil sie sich schämte. „Phili hat aber Recht, Kyra. Ich hab auch bemerkt, dass sich etwas in eurer Beziehung verändert hat." kam Melanie zur Hilfe und auch die andern nickten zustimmend. Jetzt war ich wieder kurz sprachlos und stotterte dann „Also... Nein!... Ich hab nicht mit Lukas geschlafen!... Mädels, ich bin verdammt noch mal Jungfrau!" Peinliches Schweigen breitete sich zwischen uns aus und ich bemerkte, dass wir schon bei unsren Zimmern standen.
„Okay, lasst uns das vergessen. Wir treffen uns in fünf Minuten unten." erklärte ich, nachdem ich nochmal tief durch geatmet hatte. Erleichterung war in den Gesichtern der anderen zu sehen und wir trennten uns voneinander. „Aber du hast wirklich ausgesehen, als hättest du mit ihm geschlafen ihr habt euch so dermaßen verliebt angestarrt." verteidigte Phili, als wir alleine in unsrem Zimmer waren. „Ja, du hast Recht. Irgendwas hat sich zwischen Lukas und mir verändert, aber das ist es nicht. Ich hänge ziemlich an meiner Jungfräulichkeit." erklärte ich und schnappte meine Tasche, in die ich schon meine Sachen gepackt hatte. „Okay, ich hab's verstanden. Wollen wir runter?" sagte meine Freundin.
Ich lächelte sie an, es war ihr aufgefallen, dass etwas anders war und das machte mich plötzlich total fröhlich. „Klar. Was hast du jetzt eigentlich?" wollte ich wissen und auch Philisia fing an zu lächeln. „Englisch. Mrs. Penol hat aber gesagt, dass wir vielleicht auf dem Rasen Unterricht machen, weil das Wetter so schön ist." antwortete sie und hakte sich wieder bei mir unter. Zusammen gingen wir runter ins Erdgeschoss, wo auch schon alle anderen warteten. „Wo wart ihr denn so lange?" beschwerte sich Derek, der seltsamerweise auch dabei war. Ich sah meine Freundinnen fragend an und sah, wie Suzan leicht rot wurde. Ich grinste sie wissend an.
Derek war meinem Blick gefolgt und wurde jetzt ebenfalls leicht rot. „Ihr seid ja süß!" sagte ich und löste mich von Phili, um zu Lukas zu gehen. Alle außer Suzan und Derek sahen mich fragend an. Nach einer Weile schienen auch deren Artgefährten Chris und Melanie es zu verstehen und grinsten schief. „Wann hat sich das denn entwickelt?" fragte Melanie ihren Anführer. „Irgendwie so zwischen drin." murmelte dieser und wurde noch roter. Jetzt schienen auch die anderen zu verstehen und die Mädels kicherten leise. Wie dämlich wir uns doch manchmal benahmen!
„Ich unterbreche euch zwar nur ungern, aber sollten wir nicht zum Unterricht? Es klingelt jeden Moment." meinte da Cole und zerstörte mal wieder die gute Stimmung. Er fing sich einige böse Blicke ein, aber er hatte Recht. „Ja, stimmt. Lasst uns gehen!" sagte ich und nahm Lukas' Hand in meine. Ein wohliger Schauder ging über meinen Körper und ich entspannte mich kaum merklich. Alle zusammen eilten wir über den Campus und dann schnell ins Schulgebäude. Auf dem halben Weg verabschiedeten wir uns von den andern und meine Artgefährten, Lukas und ich gingen schnell zum Klassenzimmer.
„Hallo, Ms. Imka." sagte ich in freundlichem Tonfall zu der Werkatze, die am Pult saß und wartete, dass die restlichen Schüler kamen. Sie sah auf und ihre Augen weiteten sich kurz, als sie meine Artgefährten sah. „Ha... Hallo, Kyra. Sind das die neuen?" fragte sie leicht verängstigt. Also hatte auch diese Werkatze vor etwas Angst. Vor dir, flüsterte meine innere Stimme, aber ich schob sie weg. „Ja. Wo können sie sich hinsetzen?" fragte ich möglichst ruhig. „Ähm... Amy hat für sie eine neue Reihe herein gestellt. Wenn du möchtest, kannst du dich mit ihnen also in die letzte setzen." antwortete die Werkatze und widmete sich dann wieder den Blättern, die auf ihrem Pult lagen.
Ich nickte und ging mit den anderen in die letzte Reihe. Lukas saß eine Reihe davor und ich setzte mich direkt hinter ihn. Den Platz links von mir beanspruchte natürlich Kati. Derjenige, der rechts neben mir Platz nahm, überraschte mich jedoch etwas. Cole zögerte zwar, aber dann ließ er sich neben mich fallen. Er sah mich fragend an, als ob er fragen wollte, ob das für mich in Ordnung war. Ich zuckte nur leicht die Schulter und legte mir meine Sachen auf den Tisch. „Danke, dass du vorhin von mir abgelenkt hast." flüsterte Cole mir zu und ein Lächeln erschien auf meinen Lippen. „Unsre Art muss zusammen halten und du bist für die anderen immer so was, wie das schwarze Schaf, also muss doch jemand auf deiner Seite sein." flüsterte ich zurück, dann fing Ms. Imka mit dem Unterricht an.
Ach und bevor ich das noch vergess. Ich brauch unbedingt eine Beta-Leserin. Schreibt mir einfach ein Kommentar oder eine privat Nachricht. Bitte, Dankeschön
Eure Ary-Lu ;*
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