Die Kätzin, seine Gefährtin, stand vor ihnen und ihr Gesichtsausdruck war finsterer als die schwärzeste Neumondnacht. Ihre Augen funkelten vor Wut und Enttäuschung, als sie die beiden Katzen ansah, die sich eng aneinander gekuschelt hatten und sie sprachlos anstarrten wie wehrlose Beute.
"Was soll das hier?" fauchte sie. "Was hast du dir dabei gedacht, dich mit einer anderen zu treffen und deine Treue zu brechen?"
Der Kater schluckte schwer, versuchte Worte zu finden, während die Kätzin sich von ihm löste und sich neben ihn stellte, bereit, ihn zu schützen. Aber sie warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und er senkte den Kopf. Er hatte ihr nichts von seiner Gefährtin gesagt.
"Es tut mir leid, Schattenblume. Ich wollte dich nicht verletzen. Aber meine Liebe gehört ihr. Wir haben uns nicht ausgesucht, uns zu lieben, es ist einfach passiert." Er lauschte seinen kläglichen Worten hinterher und fand, dass sie nicht wie die eines Anführers klangen, sondern wie die eines Jungen, das sich schämte.
Schattenblume schnaubte verächtlich. "Das ist kein Grund, deine Pflichten und Versprechen zu brechen. Du bist Vater meiner Jungen, ich habe dich gewählt, um für sie zu sorgen und du solltest stolz sein, sie zu haben. Aber stattdessen rennst du einer anderen hinterher, die die Heilerin eines anderen Clans ist!" Am Ende des Satzes war ihre zornige Ruhe einer offenen Verzweiflung gewichen.
Der Kater senkte demütig den Kopf, die Kätzin an seiner Seite ringelte tröstend ihren Schweif um seine Hinterbeine, den Blick unverwandt auf Schattenblume gerichtet. "Es tut mir leid, Schattenblume. Aber ich kann meine Gefühle nicht kontrollieren. Ich liebe sie und ich werde für sie kämpfen, egal, was passiert."
"Nordstern..." Schattenblumes Stimme brach. "Bitte, komm zurück...Für deine Jungen. Sie brauchen dich, der Clan braucht dich...ich brauche dich!" Plötzlich funkelte in ihren Augen neuer Mut, und als sie weitersprach, klang ihre Stimme drohend und gleichgültig zugleich. "Ich kann nicht zulassen, dass du den Clan betrügst." Sie duckte sich in Sprunghaltung und fixierte die Heilerin an der Seite ihres Gefährten.
Nordstern bangte um das Leben seiner Geliebten. Er kannte Schattenblumes Eleganz und die Kraft, die er schon oft im Kampf erlebt hatte. Wie um seine Gedanken zu bestätigen frischte der Wind auf und heulte durch den Wald. Die blätterlosen Bäume bogen sich unter seiner Wut. Ein Donner rollte über den Himmel.
Nordstern stellte sich seiner Gefährtin entgegen, die scharfen Krallen offen zeigend. "Lass sie in Ruhe." grollte er.
"Nein!" fauchte Schattenblume, dann sprang sie an ihm vorbei auf Rubinschimmer zu, die Pfoten mit den Krallen weit vorausgestreckt. Nordstern fuhr herum und grub die Zähne in das Hinterbein seiner Gefährtin.
Schattenblume stürzte zu Boden. Sie zischte vor Schmerz, aber auch vor Zorn. "Du hast mich betrogen", fauchte sie. "Du hast meine Liebe verletzt und unsere Familie zerrissen. Das werde ich nicht dulden." Sie versuchte, aufzustehen, und taumelte. Blut befleckte den unberührten Schnee.
"Schnell, wir müssen hier weg!" zischte der cremefarbene Kater und zog Rubinschimmer eilig mit sich davon. Blut rann aus seinem Maul.
"Du kannst mich doch nicht einfach zurücklassen!" schrie Schattenblume, ihre Stimme geprägt vor Angst und Wut.
Nordstern zögerte einen Moment, sein Herz zerrissen zwischen seiner Liebe zu der Kätzin und seiner Verantwortung gegenüber Schattenblume. Doch dann zwang er sich, schnell zu handeln. "Verzeih mir, Schattenblume" flüsterte er leise, bevor er sich entschied, mit der Kätzin zu fliehen.
Die beiden rannten durch den tiefen Schnee, vorbei an den vereisten Bäumen und durch den immer stärker werdenden Sturm. Nordstern ahnte, dass Schattenblume ihnen folgen würde, und dass ein Kampf unausweichlich war. Doch in diesem Moment war seine Liebe zu der Kätzin stärker als alles andere. Der Schnee wirbelte um ihre Pfoten, und der Wind heulte um sie herum.
Nach einer Weile hielten sie keuchend an, versteckten sich in einem dichten Gebüsch und hofften, dass sie nicht entdeckt wurden. Die Kätzin drückte sich eng an den Kater, ihre Körper zitterten vor Anspannung. "Was machen wir jetzt?" flüsterte sie ängstlich.
Der cremefarbene Kater legte beruhigend seine Schnauze auf ihren Kopf. "Wir werden hier bleiben, bis die Gefahr vorüber ist" sagte er entschlossen, auch wenn es ihm das Herz brach, seine Gefährtin als Gefahr zu bezeichnen. Er bangte um ihr Leben, schließlich hatte er sie blutend im Schnee zurückgelassen, mit einer Wunde, die er ihr zugefügt hatte.
Die Kätzin nickte dankbar und schloss erleichtert die Augen, als der Kater sie sanft an sich zog. Zusammen harrten sie aus, umgeben von der unberührten Schönheit des verschneiten Waldes, und schließlich sorgten der heulende Wind und die gleichmäßigen Flocken dafür, dass die beiden erschöpft einschliefen, Nordstern von Schuldbewusstsein und schlimmen Träumen geplagt.
Der cremefarbene Kater erwachte, als jemand ihn anstupste. Rubinschimmer kauerte neben ihm, in ihren Augen lag Schmerz. Sie sagte leise: "Ich spüre, dass es soweit ist. Die Jungen kommen." Der Kater war voller Sorge, aber auch voller Freude. Er kümmerte sich behutsam um sie, bettete sie auf einem notdürftigen Nest, geschützt vor dem Wind neben einem Baum, während sie sich ruhig und gelassen auf die Geburt vorbereitete.
Geduldig bat die Kätzin ihn, in den Wald zu gehen und ein besonderes Kraut zu finden, von dem sie wusste, dass es ihre Schmerzen lindern würde. Der Kater machte sich sofort auf den Weg, seine Pfoten eilten über den verschneiten Waldboden. Endlich konnte er etwas tun!
Doch der Himmel verdunkelte sich schnell, und die ersten Anzeichen eines Sturms zeigten sich am Horizont. Der Kater rannte, so schnell er konnte und suchte verzweifelt nach dem Kraut. Die Zeit verging wie im Flug, und der Sturm wurde immer heftiger.
Die Bäume bogen sich unter der Kraft des Windes und die Schneeflocken peitschten Nordstern ins Gesicht. Dunkelheit umhüllte ihn, dabei war es mitten am Tag. Nur seine Augen halfen ihm im Schneegestöber. Die Angst um Rubinschimmer trieb ihn immer weiter voran, während der Donner im schwarzen Himmel über ihm grollte.
Endlich fand er das gesuchte Kraut, dessen reifbedeckte Blätter im schwindenden Licht glitzerten. Er zog es behutsam aus dem gefrorenen Boden und hielt es fest im Maul. Mit einem stechenden Schmerz im Herzen rannte er den Weg zurück, immer schneller, die Sicht war schlecht, der eisige Wind griff mit dornenscharfen Krallen unter sein Fell und der Wind nahm immer weiter zu. Seine Gedanken waren bei Rubinschimmer, bei den Jungen, die sie gerade zur Welt brachte, und bei der Gefahr, die ihr drohte.
Endlich erreichte er die Bäume um die vertraute, kleine Lichtung, aber der Sturm war schon da. Gleißende Blitze zerschnitten die Wolken und Donner krachte so nahe, dass der Boden unter den Pfoten des Katers bebte. Eine junge Birke krachte durch das Unterholz und vor Nordsterns Pfoten, der erschrocken darüber hinwegsprang.
Als er endlich den Baum erreichte, unter dem er sie zurückgelassen hatte, spürte er einen heftigen Druck um sein Herz wie eine Vorahnung. Und dann sah er das Unglück.
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