when the world stopps turnin'
Ich bekam kaum mehr etwas mit. Unerträgliche Schmerzen ließen mich kaum etwas registrieren.
Alles was ich noch wusste, war das ich im Bett gelegen hatte, ich hatte mich ausruhen wollen. Ein stechendes Ziehen im Rücken hatte mich aus dem Bett getrieben. Im Bad stand ich dann unvermittelt in einer Blutlache.
Mir lief warmes Blut die Beine hinunter, als ich nach Roman gerufen hatte. Meine ruhige Stimme in dem Moment hatte kein bisschen zu meinem inneren Aufruhr gepasst. Ich hatte gehört wie mein Mann die Treppe hochgekommen war. Nie würde ich den Gesichtsausdruck von Roman vergessen.
Angst.
Entsetzen.
Und unterdrückte Panik, aber er blieb für mich ruhig.
Roman hatte mich gepackt und in sein Auto verfrachtet. Seine Worte waren ruhig, aber ich hatte die Angst in seinen Augen gesehen.
Während der rasenden Fahrt hatte er die Klinik informiert, die ihn angewiesen hatte, direkt zur Notaufnahme zu fahren. Er telefonierte weiter und bat mich immer nur wach zu bleiben. Das war mir zunehmend schwer gefallen, aber wenn er ruhig bleiben konnte, konnte ich für ihn wach bleiben. Immer wieder sprach er mich an. Ich bekam nur noch wenig mit, hielt meine eiskalten Hände auf den jetzt steinharten Bauch gepresst. Während ich Todesangst hatte, redete er immer wieder beruhigend auf mich ein. "Alles wird gut, wir schaffen das!", war sein immer wiederkehrendes Mantra. Das ich die sonst so mobilen Babies nicht spürte beunruhigte mich, aber ich schwieg.
An der Notaufnahme wartete die Ärztin mit Pflegekräften und einer fahrbaren Trage. Sie hatte die Situation blitzschnell erfasst und man hob mich roh auf die Trage. Mein Mann wollte etwas sagen, doch mein spitzer Schmerzensschrei ließ ihn erstarren. "Sie bewegen sich nicht mehr!", murmelte ich heiser, was die Ärztin ein leises "Verdammt" fluchen ließ.
Roman drückte Lucas, der gerade kam, wie ich gerade noch mitbekam die Schlüssel in die Hand. Dann griff er nach meiner Hand und alles weitere geschah im Laufschrift. Ich atmete hektisch, an der Decke war es das grelle Licht der Neonröhren, was mich blendete, wenn ich die Augen einmal öffnete.
Romans Sicht
Vor dem OP Bereich wurde ich aufgehalten. Ich durfte nicht mit rein. Die Ärztin packte meine Schultern. "Ich will zu meiner Frau!", stellte ich unmissverständlich klar. Sie nickte, blickte mich aber ernst an.
"Ich weiß das Herr Bürki, aber ich kann das nicht befürworten. Ich muss erst wissen, wie die Situation ist. Und ich will und muss ehrlich sein, bei dem was ich gerade sehe, ist die Situation ernst!", hörte ich sie sagen.
Mein Herzschlag setzte gefühlt aus. "Was soll das heißen? ", verlangte ich nach einer Antwort. Sie legte ihre Hand auf meinen Arm. "Ich kann es nicht genau sagen.", gab sie knapp zu und wandte sich zum gehen. "Sie werden das schaffen, alle drei?", wollte ich mit zitternder Stimme wissen. Sie drehte sich noch einmal um. "Ich kann es nicht genau sagen!", antwortete sie leise. Dann verschwand sie hinter der Tür.
Ich blieb zurück und stand auf dem Flur vor dem OP- Bereich. Eine eisige Faust umschloss sinnbildlich mein Herz.
Angst war gerade das vorherrschende Gefühl.
Wie sollte ich das alles ohne sie schaffen?
Würde ich sie verlieren?
Martins Sicht
Karin hatte Lu ins Bett gebracht. Ottilie hatte das Bad im Haus bereits wieder sauber gemacht. Wir waren alle geschockt, alle waren wir wie paralysiert, als wir im Bad die Menge Blut gesehen hatten.
Ich stand vor der Terrassentür, mein Handy in der Hand. Sehr präsent der Sessel, der darauf wartete, das dort gestillt wurde.
Karin kam zu mir. "Sie hat das geahnt!", sagte ich leise.
"Wie meinst Du das?", wollte sie wissen und ich wandte mich um.
"Als wir draußen standen, gestern, hat sie mich gebeten, auf Roman und die Kinder aufzupassen, sollte ihr etwas geschehen. Sie wusste das. Sie hat das gewusst! Ich kann Dir nicht sagen wie, aber sie wusste, dass das geschieht.", erklärte ich.
Wir hatten den Zoobesuch sofort abgebrochen als Roman uns angerufen hatte. Ottilie war hier im Haus gewesen, auch von Roman alarmiert. Die Haushälterin, die kalkwiss gewesen war, war gerade dabei gewesen das Bad zu schrubben. Chlor Geruch lag in der Luft. Man sah die stillen Tränen, hörte sie immer wieder murmeln: "Das Mädchen wird das schaffen!"
In den kommenden Stunden hatten wir Lu beschäftigt, bis sie jetzt ihren Mittagsschlaf machte. Wir warteten auf Nachricht. Ich wartete auf Nachricht. Ich wusste wir könnten Roman nie auffangen.
Roman hatte nur mitgeteilt, daß es ernst war, das es nicht gut aussehen würde.
~~~
Ich lag auf dem kalten OP Tisch.
Ich zitterte.
Einer meiner Arme lag im rechten Winkel von mir weg. Über einen venösen Zugang erhielt ich Infusionen.
Es herrschte geschäftiges Treiben.
Es wurde durcheinander geredet.
Dann tauchte die Ärztin neben meinem Kopf auf.
"Wo ist mein Mann?", wollte ich wissen. Meine Stimme klang leise und ich hatte das Gefühl sehr undeutlich zu sprechen.
"Ihr Mann ist draußen, er kann nicht reinkommen. Die Situation ist nicht leicht und wir müssen operieren. Sofort.", teilte sie mit.
Sofort wurde ich panisch, ich hörte Warntöne der Geräte. "Nein, Roman, bitte, er muss...!", ich versuchte, aber eine weitere Ärztin unterbrach mich.
"Frau Doktor, wir müssen, der Zustand von allen drei ist alles andere als stabil!", drang an mein Ohr. Meine Ärztin sah mich an und ich nickte kaum merklich. Es zählte etwas anderes.
"Retten sie die Babies, egal was mit mir wird. Die Kinder gehen vor!", schaffte ich noch zu sagen, ehe ich mit der Narkose wegzog.
Romans Sicht
Der Zeiger der großen Uhr im Wartezimmer schlich geradezu vor sich hin. Es war nach vierzehn Uhr, als plötzlich meine Eltern reinkamen. Ottilie hatte sie zu mir geschickt. Meine Mutter hatte mir eine Tasche mitgebracht, in welcher ein frisches Shirt und eine saubere Jeans waren, denn meine Kleider waren blutverschmiert.
Mama wiegte mich im Arm. Mein Gesicht in ihrer Halsbeuge versteckt, erlaubte ich mir einige Schluchzer.
"Was ist mit Maddy und den Babies?", wollte sie wissen. Ich zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es nicht. Die Ärztin hat gesagt es ist ernst.", konnte ich nur sagen. Papa legte mir die Hände auf die Schultern, zwang mich so, ihn anzusehen. "Mein Lieblingsmädchen wird das schon packen! Und die Babies auch!", zeigte er sich sehr optimistisch.
Schnell ging ich dann in das Stationsbad. Ich wusch mir Hände und Gesicht, zog mich um. Ich telefonierte mit Granny und brachte sie auf den neuesten Stand, auch wenn es schon seit einer Ewigkeit keine Neuigkeiten mehr gab.
Im Wartebereich, der durch Lucas inzwischen für uns vorgehalten war, erfragte ich dann, was Lu machte. Kurz telefonierte ich mit unserer ältesten Tochter. Sie fragte nach ihrer Mama und war aufgeregt, das die Zwillinge auf dem Weg waren.
Monotones Piepen drang in mein Ohr.
Leise murmelte ich: "Ich habe Durst!" Erst dann blinzelte ich. Neben dem Bett stand die Krankenschwester. "Ich hole die Ärztin!", sagte diese und verschwand.
Ich sortierte meinen Kopf, kämpfte gegen den Nebel der Narkose an. Meine Beine kribbelten, meine Arme und Hände konnte ich trotz Schwäche befehligen. Mit der linken Hand tastete ich nach dem Bauch, dem Babybauch.
Der Babybauch, der fehlte.
"Frau Bürki, sie sind schnell wieder wach!", erklang die Stimme meiner Ärztin. "Was ist mit meinen Kindern?", fragte ich beinahe tonlos.
Ein Wärmebettchen wurde neben mein Bett geschoben. Ein Bett, in dem zwei Babies lagen. "Ihr kleines Mädchen ist gesund und munter. Ihr kleiner Junge hatte ein paar Minuten Schwierigkeiten mit der Atmung! Das war aber sehr schnell gut. Beide sind gesund! Und sie sind auch besser dran als wir befürchten mussten! Da wollte sie jemand noch nicht bei sich haben.", erklärte sie mir. Ich legte die Hand mit der ich zuvor noch nach dem Bauch getastet hatte, gegen das Bettchen. Tränen brannten in meinen Augen.
"Weiss Roman schon Bescheid?", wollte ich weiter wissen. Sie schüttelte den Kopf. Ich bat darum es ihm selber sagen zu dürfen.
ROMANS SICHT
Die Zeit verstrich langsam. Ich sass allein auf einem Stuhl, hatte bereits gebetet. Immer wieder betete ich um das Leben meiner Frau und meiner Kinder.
Meine Eltern sassen ebenfalls angespannt wartend dort, ebenso Leonie und Marco. Wenn ich zu ihnen sah, versuchten sie aufmunternd zu lächeln.
Und dann, am späten Nachmittag, stand wortlos eine Krankenschwester vor mir. Sie wartete, bis ich sie ansah. "Sie können jetzt zu ihrer Frau! Sie ist wach!", waren ihre einzigen Worte und ich befürchtete das schlimmste, als ich ihr folgte.
Ich lag inzwischen im Bett des Familienzimmer, dasselbe wie bei Lu. Die Hebamme hatte mir dabei geholfen, mir etwas von meinen Sachen anzuziehen, hatte mir auf mein Drängen hin den Katheter gezogen und mir den Toilettengang ermöglicht. Zunächst hatte sie sich geweigert, aber meine Drohung, das ich mir den Katheter selber ziehen würde, hatte sie umgestimmt.
Mein Blick glitt zur Tür und dort stand er angelehnt. Die Hände in die Taschen seiner Jeans vergraben.
Mein Fels in der Brandung, dem die vergangenen Stunden ins Gesicht gemeißelt waren, der mich aber tapfer anlächelte.
Ich streckte meine Hand nach ihm aus und er kam sofort zu mir. Neben dem Bett ließ er sich auf die Knie fallen und nahm mein Gesicht in seine Hände. Vorsichtig küsste er mich.
"Ich hatte solche Angst!", flüsterte er. Ich nickte zustimmend.
"Wie geht es Dir?", wollte er wissen.
"Die Ärztin sagt, daß es mir besser geht, als erwartet, aber ein zwei Tage muss ich hierbleiben!!", gab ich an.
Roman erhob sich, setzte sich auf die Bettkante. Ich sah, daß ihm eine Frage unter den Nägeln brannte, er sich aber scheute zu fragen. Eine Strähne strich er mir aus der Stirn, als ich schellte. Ich lächelte ihn matt an. "Aber jetzt möchten dich Deine Kinder kennenlernen.", sagte ich leise. Sein Blick schoss zu mir. "Unsere Tochter hat das alles ohne Probleme weggesteckt. Unser Junge hatte ein paar Schwierigkeiten, aber jetzt geht es beiden gut! Ich hatte darum gebeten, es Dir selber zu sagen!", gab ich leise zu.
Ehe er reagieren konnte, ging die Tür des Zimmers auf und ein breiteres Bettchen wurde hereingefahren. Darin zwei winzige Babies, klassisch in rosa und blau gekleidet.
Die Krankenschwester legte mir beide in die Arme.
Roman hatte Tränen in den Augen, ich hatte Tränen in den Augen. Und während ich die kleine Prinzessin und den kleinen Prinz hielt küsste er mich.
Eine kleine Weile lernten wir uns dann kennen. Wir weinten, wir lachten. Wir hielten die Kinder und waren glücklich.
Hallo ihr!
Ich hoffe, es ist noch der ein oder andere da und liest.
Ich habe einige Tage hier dran gesessen, aber nun kann ich euch ein neues Kapitel vorlegen.
Vielen Dank für Votes und Kommentare!
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