07 - Ein neues Zeitalter
Ein neues Zeitalter
Rein objektiv betrachtet, hat sich die Welt nicht verändert. Der Park lockt unzählige Hunde mit ihren Besitzern nach draußen. Der Himmel ist strahlend blau, wie es sich für einen herrlichen Frühlingsnachmittag gehört. Passend dazu trauen sich auch Schmetterlinge, Käfer und andere Insekten wieder an die Erdoberfläche. Man könnte also meinen, dass alles ist wie vorher. Allerdings bin ich seit zwei Tagen nicht mehr objektiv. So gar nicht.
Der Himmel wirkt blauer als jemals zuvor. Die schimpfenden Herrchen und Frauchen der anderen Hunde entlocken mir nur ein halbherziges Schmunzeln. Und die Schmetterlinge haben plötzlich etwas Magisches an sich. Als wollten sie verkünden, dass jetzt nicht nur eine neue Jahreszeit begonnen hat, sondern ein neues Zeitalter. Das Zeitalter der bedingungslosen Liebe. Diva und ich haben es wirklich getan! Ich kann mein Glück immer noch nicht fassen. Diese wundervolle Pudeldame hat wirklich mich ausgewählt. Hach. Die Welt kann so schön sein und genau das zelebriere ich in diesem Augenblick.
Wir sind mal wieder im Park, aber auch nur, weil Tae mich dazu überredet hat. Wäre es nach mir gegangen, hätte auch ne kurze Runde ums Haus gereicht. Weil er aber der Meinung ist, dass ich Beschäftigung und Bewegung brauche, habe ich mich überreden lassen. Hinterher macht er sich noch mehr Sorgen, als er ohnehin schon tut. Immer wieder sieht er mich verwundert an. Wahrscheinlich fragt er sich, warum ich nicht wie sonst den Schmetterlingen hinterherjage. Oder gar nicht auf seine Versuche, mich zum Laufen und Spielen zu bewegen, reagiere.
Aber er weiß ja auch nicht, was ich weiß. Diva und ich ... wir werden eine Familie. Ich weiß es! Es dauert nicht mehr lang, dann werde ich das erste Mal in meinem Leben die Freude einer Vaterschaft erleben dürfen. Natürlich kann er das nicht nachvollziehen. Und wenn er sich mit Jungkook weiter so anstellt, dann wird es noch einige Zeitalter dauern, bis die beiden da sind, wo ich mit Diva längst angekommen bin.
"Tanni? Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?", fragt Tae zum ... ich weiß nicht, er hat es auf jeden Fall schon öfters gefragt heute. Ich seufze nur leise vor mich hin, während ich den verliebten Schmetterlingen dabei zusehe, wie sie durch die Lüfte fliegen. Ist Liebe nicht etwas großartiges? Das ist das einzige, was uns Lebewesen alle miteinander verbindet. Egal ob Mensch, Hund oder Schmetterling.
"Taniiiiiii", ruft mein herzallerliebstes Herrchen etwas zu übertrieben freundlich und reißt mich damit aus meinen Tagträumen. "Rate mal, wer hier noch Leckerchen hat!"
Ich hebe meinen Kopf etwas an, sehe wie er mit den Leckerchen wild in der Luft rumfuchtelt und frage mich, was genau er damit bezwecken will. Wollte er nicht immer, dass ich weniger davon esse? Warum versucht er mir die jetzt aufzuschwatzen?
Ich reagiere - wie heute schon den ganzen Tag - nicht, sondern lege meinen Kopf wieder auf dem strahlend grünen Gras ab und lächele stumm vor mich hin. Meine Gedanken schweifen wieder zu Diva. Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis sie hier ist. Den ganzen Tag schon kann ich an nichts anderes denken. Nur an ihre Augen, ihre süße Stimme und an ihren betörenden Geruch. Wer braucht schon Leckerchen, wenn er Diva als Frau an seiner Seite hat?
"Also wirklich", höre ich Taehyung stöhnen.
"Irgendwas stimmt echt nicht mit dir. Du hast noch nie Nein gesagt zu Leckerchen. Entweder bist du schwer krank, was ich wirklich nicht hoffen will, oder das letzte Treffen hat dich zu einem verliebten Volltrottel mutieren lassen."
"Hmm...", antworte ich weiterhin lächelnd, als ich in der Ferne etwas Weißes erkennen kann. Sofort bin ich wieder hellwach und richte mich auf, spähe nach dem flauschigen Wölkchen, das auf uns zugelaufen kommt. Es gibt keinen Zweifel. Das ist sie. Und sie ist genauso bezaubernd wie am ersten Tag. So wunderschön, dass ich nicht mal mitbekomme, was Taehyung zu mir sagt.
Naja, lange tut er das auch nicht mehr. Denn kaum sind Jungkook und meine allerliebste, bezaubernde Diva bei uns angekommen, bekommt mein Herrchen die Zähne nicht mehr auseinander. Nach einer ausführlichen Begrüßung schauen wir mitleidig zu unseren beiden Menschen. Sie wirken, als würden sie sich heute das erste Mal gegenüberstehen. Die Armen ... Es wäre so viel einfacher, wenn sie etwas offener zu sich selbst wären, aber vor allem mein werter Herr Taehyung ist davon weit entfernt. Ich glaube ja, dass Jungkook einfach von seinem Verhalten so verunsichert wird, dass er genauso ratlos vor ihm steht, wie Tae vor ihm.
"Du, Tanni", sagt Diva dann zu mir und sofort vergesse ich alles, worüber ich gerade nachgedacht habe.
"Ich... wollte dir noch was sagen. Ich weiß nur nicht so richtig, wie ich es ansprechen soll."
"Sag es einfach", bestärke ich sie, während wir uns ein gemütliches Plätzchen in der warmen Frühlingssonne suchen und uns aneinander gekuschelt hinlegen.
"Irgendwie fühlt sich seit ... du weißt schon ... alles anders an. Ich kanns gar nicht genau beschreiben, aber ich glaube, dass wir bald ... naja ... Eltern werden."
Diva hat also dieselbe Vermutung wie ich. Und das selbe Gefühl anscheinend auch. Das ist ein gutes Zeichen. Ich kuschel mich noch näher an meine Dame.
"Mir gehts da genau wie dir. Ich fühle mich auch ... anders. Aber ich mag das Gefühl und wenn ich mir vorstelle, dass wir bald süße, kleine Mini-Divas um uns herumspringen haben, brauche ich nichts anderes in der Welt mehr, um glücklich zu sein. Vielleicht haben wir ja Glück und es hat wirklich auf Anhieb funktioniert."
Divas Augen werden mit jedem meiner Wörter größer und funkelnder. Aber irgendwie sieht sie auch überrascht aus, und ich frage mich, warum. Hatte sie Angst, dass ich das nicht wollen würde? Oder dass es mir zu schnell ging? Wenn ja, dann hat sie sich wirklich getäuscht.
"Ich bin so froh, dass du dich genauso darauf freust wie ich, Tanni", antwortet sie, "Nur eine Sache macht mir doch ein bisschen Kummer."
"Wenn du Angst hast, dass es mir zu schnell geht oder wir uns nicht gut genug um sie kümmern können, dann ist deine Angst unbegründet."
"Das ist es nicht mal. Am Anfang schon, aber ich glaube dir. Wenn du dich genauso darauf freust wie ich, dann werden wir das schon hinkriegen. Mir macht etwas anderes Sorgen."
Ich will sie fragen, was es denn nun ist, aber sie hebt einfach den Kopf und schaut zu Jungkook und Taehyung. Erst da begreife ich es. Natürlich. Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Was werden die beiden dazu sagen, wenn wir ihnen stolz unsere Babys präsentieren? Wo werden sie wohnen? Wie nennen wir sie? Werden wir alle zusammenziehen? Oder wird Taehyung von Anfang an dagegen sein? Bei Jungkook mache ich mir da eher nicht so Gedanken, aber mein liebes Herrchen tut sich manchmal sooo schwer mit Veränderungen.
"Was machen wir, wenn sie unsere Babys abgeben wollen?", äußert sie ihre wohl größte Sorge.
"Du hast Recht. Ich habe mir noch gar keine Gedanken darüber gemacht, wie wir den beiden das gestehen oder wie sie es auffassen werden", gebe ich zu und ernte von Diva ein niedergeschlagenes Nicken.
"Aber ich verspreche dir, dass ich alles in meiner Macht stehende tun werde, damit sie uns unsere Babys nicht wegnehmen. Wir schaffen das, okay?"
Wieder nickt sie, aber ihr Blick ist immer noch betrübt. "Vielleicht ist es besser, wenn sie erstmal gar nichts davon erfahren. Tu einfach so, als wäre alles wie immer. Dann haben wir Zeit, um uns was zu überlegen."
Mist. Das wird schwierig, nachdem Taehyung heute schon seine Vermutung geäußert hat, dass ich sterbenskrank bin. Das heißt dann wohl, dass ich mich mehr zusammenreißen muss! Aber das kriege ich schon hin und wenn ich allen Schmetterlingen der Welt hinterherjagen muss. Ich werde Taehyung überzeugen, dass alles okay ist. Und wenn Diva und ich uns was überlegt haben, werden wir die beiden davon überzeugt kriegen, dass eine große Familie viel schöner ist, als allein zu wohnen. Genau. Das klingt nach einem guten Plan. Jetzt muss nur noch mein sturer Herr mitspielen.
Apropos sturer Herr. Keine Ahnung, was Jungkook ihm grade gesagt hat, aber auf einmal wirkt mein lieber Mensch gar nicht mehr so verunsichert oder distanziert wie sonst. Er sieht schon fast fröhlich aus. Das ist DAS noch erleben darf! Dadurch bin ich natürlich total neugierig und spitze sofort die Ohren, um mir anzuhören, worüber die beiden reden.
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Ein neues Zeitalter
Heute bin ich bei der Arbeit mal wieder nicht ganz bei der Sache. Um ehrlich zu sein - das ist in letzter Zeit öfter vorgekommen. Meine Kolleginnen und Kollegen lästern schon wieder. Die wissen ja auch nicht, dass Jungkook ... naja, ein Mann ist.
Sollte ich denen vielleicht mal stecken, damit ich wieder meine Ruhe habe?
Die Bilder, die Jungkook von Tanni und mir geschossen hat, sind echt schön geworden. Himmel, kann der Fratz ausdrucksstark schmollen! War aber auch ein bisschen gemein von mir, ihn da so ohne Vorwarnung rauszureißen. Und dann der Nachmittag bei Jungkook. Das war nett. Ungezwungen. Spontan und das einzig Richtige in dieser Situation. Als ich mich in dieser WG umgeschaut hab, hab ich mich ein bisschen wie ein Einsiedlerkrebs gefühlt. Hab ich mich zu sehr vergraben? Das wirkte alles so locker und entspannt.
Wer weiß - vielleicht sind seine Mitbewohner ja reine Katastrophen. Da bin ich dann doch froh, dass ich eine Tür hinter mir zumachen kann.
Wenns bei mir unordentlich ist, dann war ich das. Und kriege das auch schnell wieder in den Griff.
Was versuche ich mir hier eigentlich grade vorzumachen? Ich bin ja echt ganz schön gegen den Strich gebürstet, was Jungkook angeht. Dabei ist er nett, spontan, zuverlässig, studiert ein interessantes Fach und - er scheint einsam zu sein. Auch wenn er das vor mir verbergen will. Ich krieg mich nur nicht aus meinem Schneckenhaus rausüberredet.
Das gestern war so plötzlich - wir sind auseinandergerannt wie aufgeregte Hühner. Und haben keinen neuen Termin gemacht. Also sitze ich jetzt seit fast drei Stunden auf "unserer" Bank und hoffe, dass bald zwei bekannte Gestalten um die Ecke bei den Büschen kommen.
Hoffe ... Okaaaayyy?
Ja, und?
Uff. Jetzt rede ich mal wieder mit mir selbst.
Meinen Hund interessiert das nicht die Bohne. Der ist heute SO schräg drauf - ich wusste nicht, dass sowas geht. Total abwesend, mit dem Kopf in den Wolken, selig grinsend. Wenn ich ihn nicht an der Leine gehabt hätte, wäre der mir vorhin doch glatt gegen den Ampelpfosten gedotzt. Sowas von jenseits von ... allem einfach.
DER weiß genau, was er fühlt. Für mich mit. Ich weiß nämlich gar nichts. Außer, dass ICH grade nicht dümmlich grinsend im Gras liege.
Muss ich mir Sorgen machen?
"Tanniiiiiii!"
Versuch macht klug.
"Rate mal, wer hier noch Leckerchen hat!"
Oder auch nicht. Ich stehe auf, hocke mich neben ihn und wedele mit seinem absoluten Lieblingsleckerchen direkt vor seiner Nase rum. Und Yeontan? Hebt einmal müde den Kopf, dreht sofort wieder genussvoll die Augen zum Himmel und entschwindet zurück in seinen rosaroten Liebestraum.
Mit einer Mischung aus Amusement, Sorge und Irritation stöhne ich auf.
"Also wirklich. Irgendwas stimmt echt nicht mit dir. Du hast noch nie 'Nein' gesagt zu Leckerchen. Entweder bist du schwer krank, was ich wirklich nicht hoffen will, oder das letzte Treffen hat dich zu einem verliebten Volltrottel mutieren lassen."
Keine Reaktion.
Oh. Doch!
Tanni dreht den Kopf auf den Rücken, erspäht etwas weißes Schwebendes auf dem Weg und springt wie von der Tarantel gestochen auf. Alles klar. Na, dann sollte ich mich mal innerlich wappnen für den nächsten Angriff auf meinen gesunden Menschenverstand. Ich rappele mich auf und gehe zurück zu unserer Bank.
Kurz darauf sind unsere Hunde zu einem Liebeskuddelmuddel verknäuelt - und ich zurückgeschossen in mein Schneckenhaus.
Wie ich mir damit selbst auf die Nerven gehe!
Jungkook hat sich mit einem seltsam unsicheren Blick genähert und dann stumm neben mich auf die Bank gesetzt. Er knetet seine Hände.
Der ist ja genau so nervös wie ich! Uff!
An manchen Tagen wünsche ich mir, ich wäre mein Hund. Das würde das Leben soooo viel einfacher machen. Allerdings - wenn ich mir die beiden so ansehe ... Örks. Keine Ahnung. Jedenfalls muss hier jetzt ganz schnell ein Gesprächsanfang her, sonst wird das die peinlichste Nummer meines Lebens.
Ach neee ... die hatte ich ja schon.
"Hi, Jungkook. Klasse, dass das auch so spontan klappt. ..."
Schweigen. Zum ersten Mal nehme ich bewusst den Duft von Jungkooks Shampoo wahr. Ich bin ja selbst einen halben Tag damit rumgelaufen. Aber die Kombination mit Kooks eigener Note ...
Leider schweigt Jungkook immer noch und starrt auf seine Hände.
"Wann hast du zum letzten Mal so ein Gewitter erlebt? Ich war dann echt froh, dass du da so in der Nähe wohnst. Ich wäre sonst am Ende nach Hause geschwommen in meinen eigenen triefenden Klamotten.
Ich ... ich fands nett in eurer Bude. Echt gemütlich."
Kim Taehyung, könntest du mal deine Klappe halten? Sonst entsteht daraus nie ein DI-alog.
Vielleicht mag ich ja lieber Monologe, du ..., du ... Eindringling!
"Echt? Danke! Ich hatte beim Rennen ein bisschen die Sorge, dass es dir bei mir zu eng und unordentlich ist. Und so ..."
S
chweigen.
"Weißt du ... ich dachte, ich könnte mich dafür mal revangieren."
??? Hallo? Jemand zu Hause, Taehyung? Wer auch immer du bist - das ist Kopffriedensbruch!
"Also ... nicht, dass ich mit meiner Wohnung angeben will. ... Und so. Ich dachte nur ... Jetzt kenne ich deine Wohnung, und da wär es doch nur fair ..."
In Jungkooks Gesicht geht die Sonne auf. Er sieht mich zum ersten Mal heute an.
"Gerne! Und das ist doch kein Angeben. Du verdienst eben schon voll. Da hab ich keine Probleme mit. Ich mag meine Studentenbutze."
"Also dann ... Wie sieht deine Woche aus? So ... zeittechnisch?"
"Pickepackevoll, leider. Aber am Mittwoch Nachmittag hab ich Luft. Du auch?"
"Da hab ich eigentlich lang, aber vielleicht finde ich jemand zum Tauschen. Reicht das, wenn ich dir das morgen Mittag durchgebe?"
"Ja, klar. Ich lauf dir nicht weg."
Spontanes Schweigen ... Meine Sinne sind heute anscheinend auf hochsensibel eingestellt. Seine Antwort klang hoffnungsvoll. Fröhlich. Hell. Mir fällt auf, dass ich den Klang seiner Stimme mag.
Ob er wohl singen kann?
Schluss, da oben!
"Ich mein'..."
Ich grinse ihn hilflos an und quatsche mich einfach weiter um Knopf und Kragen.
"Mir ist übrigens aufgefallen, dass ich auf dem Heimweg vom Tierheim ganz bei dir in der Nähe vorbeikomme. Soll ich dir einfach die Klamotten bringen und euch dann gleich mitnehmen? Wir könnten zusammen kochen."
Bin ich noch bei Trost? Wann habe ich das letzte Mal jemand Fremden in meine Küche gelassen?
Kook ist nicht mehr fremd.
Ruhe da oben! Wer fragt dich denn?
Gehässiges Kichern hallt durch meinen Schädel. Mein Kopfbesetzer wird aufmüpfig! Allmählich muss ich mir echt Mühe geben, nicht plötzlich diese schrägen Dialoge LAUT zu denken.
Schnell das Thema wechseln!
"Hast du eigentlich grade Semester oder vorlesungsfreie Zeit?"
"Noch frei, aber nächste Woche startet das vierte Semester, und dafür muss ich viel vorbereiten. Da kommen ein paar spannende, aber lernintensive Seminare auf mich zu. Wir sollen zum ersten Mal in Projektgruppen einen gefaketen Werbeauftrag analysieren, drei Entwürfe für Werbekampagnen machen und dann den umsetzen, den der Prof rauspickt. Also mit allem ... Plakatgestaltung, Slogans ausformulieren, Filmchen dazu drehen. Sowas alles. Ich freu mich wie Bolle drauf. Allerdings habe ich nicht nur gute Leute in der Gruppe hocken. Da sind leider auch zwei Schmarotzer dabei. Ich bin es so leid, solche Leute mit durchschleppen zu müssen, damit ich selbst was Ordentliches abliefern kann."
Okay, das fühlt sich jetzt wie ein normales Gespräch unter Freunden an.
Gut!
Ich unterdrücke einen genervten Seufzer und frage weiter.
"Wer teilt denn diese Gruppen ein? Kannst du da nicht ein bisschen Rochade spielen?"
"Ne. Wir haben die Themen bekommen und mussten uns eines wählen, ausdrücklich, ohne zu wissen, was die anderen wollen. Ich zitiere unseren echt seltsamen Prof."
Mit hoher, näselnder Stimme macht Jungkook seinen Dozenten nach. Und ich muss mir ein vergnügtes Grinsen verkneifen bei seiner schauspielerischen Leistung.
Das hat er echt drauf!
Ob es im Netz irgendwelche Tipps gibt, wie man so eine bescheuerte Kopfstimme wieder los wird?
Schnell konzentriere ich mich wieder auf Jungkook.
"Nicht jammern, meine Damen und Herren. Das werden Sie überleben - da bin ich mir ganz sicher. In diesem Studium geht es nicht nur um das Erlernen von Fachwissen. Sie haben auch die Aufgabe, aus dem Einzelkämpfer-Schüler zum Teamplayer zu werden. Und das geht nur, wenn Sie immer wieder mit Kommilitonen zusammenarbeiten, mit denen Sie nicht gut klarkommen. Betrachten Sie das als Herausforderung zu guter Kommunikation und zielorientiertem Arbeiten."
"Autsch."
Jungkook stöhnt.
"Ich hab echt schon überlegt, ob ich den beiden einfach vor den Latz knalle: 'Und dass das klar ist - wenn ihr nicht selbst aus dem Quark kommt, mach ich mein Projekt alleine, und ihr dürft sehen, wo ihr bleibt. Nochmal füttere ich euch nicht mit durch!' Aber das kann ich natürlich nicht bringen. Und deshalb wirds echt arbeitsintensiv."
"Mein Beileid. Das wird ja gruselig. Und das ein ganzes Semester lang. Sch... Wenn ich dir bei irgendwas helfen kann, sag Bescheid. Was für ein Produkt müsst ihr denn promoten?"
Allmählich fühlt es sich tatsächlich sowas wie normal an, Jungkook solche Angebote zu machen und kumpelhaft mit ihm zu reden.
"Nicht lachen bitte. Wir sollen Hundefutter bewerben."
Spontan brechen wir beide in Gelächter aus. Das ist WIRKLICH komisch. Und ... hei, das heißt, dass ich ihm tatsächlich dabei helfen kann. Wir machen die Fotos und den Spot einfach mit unseren beiden Vierbeinern.
"Können dir denn die anderen in der Gruppe nicht Rückendeckung geben? Wenn ihr euch eine gemeinsame Strategie überlegt, wie ihr denen beikommt?"
"Das werde ich sicher versuchen. Mit denen arbeite ich eigentlich ganz gerne. Ich habe auch schon überlegt, ob ich in der Verwaltung um ein moderiertes Gespräch bitte, damit die nicht mehr ausweichen können. Keine Ahnung. Aber ..."
"Ja?"
"Ich ... danke für dein Angebot. Ich freu mich riesig, dass wir jetzt so normal miteinander reden können, dass du mich eingeladen hast, dass du mir helfen willst. Ich hab ... diese Schwierigkeiten zu Schulzeiten nie gehabt. Aber hier fällt es mir echt schwer, Freunde zu finden. Keine Ahnung, warum. ... Danke."
Uff!
Ich weiß überhaupt nicht, wo ich hinsehen soll. Es ist zum Verrücktwerden! Eben noch haben wir gelacht - jetzt sitzt wieder dieser im Stillen so traurige Junge neben mir. Dabei ist er so offen, locker und lässig. Warum fällt es ihm dann manchmal so schwer?
"Gerne. Mir tut es doch auch gut, rauszukommen und mich ausnahmsweise mal mit einem netten Menschen zu unterhalten, statt immer nur in der Arbeit mit den Tieren zu versinken."
Jungkook entspannt sich wieder.
"Also machen wir das so. Ich versuche, den Dienst zu tauschen, und wenn das klappt, komme ich mit deinen Klamotten zu dir und hole dich ab. Wir kochen zusammen, und dann laufen wir noch zusammen in den Park. Dann kennst du auch den ganzen Weg zu mir."
"Was wollen wir denn kochen? Ich bin eigentlich ein Allesfresser. Nur Meeresfrüchte vertrage ich nicht."
"Dann lass ich mir was einfallen. Kochen hab ich von meiner Oma gelernt. Am liebsten kocht sie 'mach den Kühlschrank auf und nimm, was da ist.' Das wird nie langweilig."
Jungkook lacht.
"Das klingt echt lecker. Hast du denn auch alle nötigen Zutaten da?"
Ein freches Grinsen breitet sich quer über sein Gesicht aus.
Geht doch.
Au Mann!
Plötzlich druckst Jungkook schon wieder rum.
"Taehyung? Ich ... Wenn wir unsere Hunde weiterhin zusammen lassen wollen, sollten wir vielleicht ... Ich mein'... Ich glaub ja, dass wir die beiden rechtzeitig gestört haben, aber ..."
Mist. Kook hat recht. Eines von den beiden Tieren muss dringend kastriert werden.
"Na klar. Das muss dir nicht peinlich sein. Wir müssen echt überlegen, welches Tier wir kastrieren lassen. Ich glaube ... Pass auf. Ich hab die Connections, ich hab den Rüden. Ich hab das passende Gehalt, also muss Yeontan dran glauben."
Ich sehe, dass Jungkook protestieren will.
"Sag nix. Du bist Student und hast genug um die Ohren. Das zahle ich."
"Danke! Ich glaub, ... das ist echt besser so."
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30.12.2024
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