Kapitel 10
"Carry You" - Novo Amor
https://youtu.be/FdzKagaiebo
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Ich sah auf, als die Tür meines Schlafzimmers sich öffnete.
Bis eben hatte ich einfach im Flur herumgestanden und auf Kookie gewartet.
Kaum bekam ich ihn zu Gesicht stockte mir der Atem...
"Also von mir aus können wir los.", breit grinste der Blauhaarige mich an.
Ein paar seiner Strähnen schauten unter der Kapuze hervor, unter der er seine Ohren verstaut hatte.
Der Pullover war so lang und die Hose so locker, dass man auch den Stummelschwanz nur erahnen konnte.
Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich geglaubt, dass ein Mensch vor mir stand.
Ein Mensch mit großen dunklen Augen und einem unfassbar aufrichtigen Bunny-Grinsen...
Kookies Schneidezähne, waren das einzige, was seine eigentliche Herkunft erahnen ließen.
Diese und seine Ausstrahlung.
Ich kam nicht umhin, zu finden, dass Kookie auch ohne Ohren etwas unfassbar besonderes an sich hatte...
Sekundenlang starrte ich mein Gegenüber an, bevor mir bewusst wurde, was er gesagt hatte.
"Richtig...", entwich es mir geistesabwesend.
Mir fiel wieder ein, was der eigentliche Plan gewesen war.
Dass ich vielleicht schonmal meinen Regenschirm hätte suchen sollen.
Ich hatte ihn so lange nicht gebraucht, dass ich gar nicht genau wusste, wo er war...
Weich kicherte der Blauhaarige, als ich spontan noch ein paar Mal durch die Wohnung flitzte.
"Danke, Jimin...", lächelte er, als ich schließlich, mit allem nötigen bewaffnet vor ihm stand.
Ich machte eine abwinkende Handbewegung.
Anschließend verließen wir meine Wohnung.
"Willst du mir den Schirm geben und dich einhaken?", fragte Kookie, als wir unten angekommen waren und das vom Himmel herabfallende Wasser begutachteten.
Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen, mit welcher Selbstverständlichkeit dieses Angebot seine Lippen verlassen hatte.
Von dem Körperkontakt mal ganz zu schweigen schien es für ihn keinerlei Umgewöhnung gewesen zu sein, dass er nun größer war als ich.
Nicht, dass ich ein Problem damit hatte...
Es war nur verwirrend, wenn ich bedachte, dass ich ihn in seiner Hasenform zuvor einfach durch meine Wohnung getragen hatte.
Diese, sowie alle anderen Begebenheiten, die mich an meiner geistigen Gesundheit zweifeln lassen sollten, beiseite schiebend, nickte ich.
"Klar..", murmelte ich noch.
Als Kookie mir daraufhin seinen Ellenbogen hinhielt, spürte ich mein Herzklopfen...
Zögerlich trat ich an ihn heran, bevor ich meinen Arm in seinen hakte.
Der Blauhaarige lächelte lieb.
Behutsam zog er mich so nah an sich, dass wir beide unter den Schirm passten.
"Wo lang?", fragte er anschließend.
Eine Richtungsweisung meinerseits später setzten wir uns in Bewegung.
Während wir nebeneinander her liefen, schaute ich Kookie immer wieder an.
Ich konnte einfach nicht anders...
Alles von seiner Nähe bis hin zu seinem durch den Regen verstärkten Geruch, welcher in meine Nase drang, kam mir unwirklich vor.
Kookie kam mir unwirklich vor.
Er war so wunderschön...
So anders...
Ich hatte kein Wort für die Dinge, die in meinem Inneren vorgingen.
Meine Blicke bemerkend, zuckte der Mundwinkel des Blauhaarigen ein wenig nach oben.
"Frag ruhig, wenn du etwas wissen willst...", meinte er.
Ausdrucksstark verfingen seine Seelenspiegel sich in meinen, bevor er wieder guckte, wo er hintrat.
Immer noch gefangen in seiner Präsenz öffnete mein Mund sich von ganz allein.
"Bist du sonst nie draußen?...", sprudelte die Neugier aus mir heraus.
Trotz Kookies Erzählungen konnte ich mir sein Leben kaum vorstellen.
Dass er, obwohl er eine fast menschliche Form besaß, nicht nach Hause gefunden hätte, hatte ziemlich beunruhigend geklungen...
Meine Frage brachte den Blauhaarigen zum stutzen.
Anschließend verließ ein schallend helles Lachen seine Kehle.
"Oh Gott, wo denkst du hin...", er kicherte ein wenig.
"Doch, natürlich...", wieder schaute Kookie mich kurz an.
"Tae und ich gehen oft spazieren oder unternehmen etwas in der Mall...", erklärte er.
"Manchmal gehe ich auch nachts zum joggen raus...", fügte er hinzu.
Etwas nachdenklich schaute Kookie am Rand des Regenschirms vorbei in den verregneten Himmel.
"Aber in solchen Fällen hab ich dann mein Handy dabei.", erneut schenkte er mir ein kleines Lächeln.
"Das gestern war ein Ausnahmefall...", murmelte er.
Verstehend nickte ich.
Meine Augen waren trotzdem mit jedem Wort von Kookie größer geworden.
Es war beruhigend, dass er sich nicht rund um die Uhr drinnen versteckte.
Aber allein die Tatsache, dass er nur nachts Joggen konnte, weil es tagsüber wahrscheinlich zu gefährlich war, wenn die Kapuze verrutschte...
Ich konnte nicht anders, als Mitgefühl zu haben.
Kookie wirkte wie jemand mit großem Tatendrang.
Wie jemand, dem, wenn die Natur es nur etwas anders gewollt hätte, die ganze Welt offen gestanden hätte.
Doch egal wie sehr er und Tae Rücksicht aufeinander nahmen...
Es war nicht zu übersehen, dass Kookie nicht frei war.
Die Begebenheiten schienen ihn einzusperren...
"Und du?", holte Kookies Stimme mich aus meinen Gedanken.
"Was machst du, wenn du nicht gerade fremde Hasen von der Straße aufliest?", wollte er schmunzelnd wissen.
Ich blinzelte kurz, bevor ich wieder im hier und jetzt angekommen war.
Mir entwich ein Kichern wegen Kookies Formulierung, bevor ich antwortete.
"Nicht viel...", gestand ich.
"Uni und...", fing ich an.
"...was man eben so tut...", beendete ich die Aufzählung direkt wieder, als mir einfiel, warum ich Kookies Anwesenheit als eine solche Erlösung wahrgenommen hatte.
Bei dem bloßen Gedanken an meinen monotonen Alltagstrott, zog sich alles in mir zusammen...
Im Gegensatz zu mir schien Kookie meine Antwort nicht ganz so langweilig gefunden zu haben.
"Oh du studierst?", fragte er.
"Ich auch!", die Freude in seiner Stimme war hörbar.
"Welches Fach?", erkundigte er sich interessiert.
Kurz war ich nicht sicher, was mich mehr aus der Bahn warf.
Die Information, dass Kookie ein Student war...
...oder die Tatsache, dass die selbe Frage, die man ständig von jedem gestellt bekam, sich aus seinem Mund völlig anders angehört hatte...
"Medienkommunikation.", antwortete ich, nachdem ich mich für keine der beiden Optionen hatte entscheiden können.
"Und du?", gab diesmal ich die Frage zurück.
Dabei spürte ich einen Funken in mir.
Kribbelige Neugier...
Ein Gefühl, welches ich vor Kookie lange nicht mehr verspürt hatte.
Kaum hatte ich ihm meinen Studiengang verraten, begannen die Augen des Blauhaarigen zu glitzern.
"Das klingt ja super interessant!", stellte er aufgeregt fest.
"Macht es dir Spaß?", erkundigte er sich, meine Frage komplett ignorierend.
Diesen Umstand natürlich bemerkend, hob ich eine Augenbraue.
"Mal mehr, mal weniger...", antwortete ich trotzdem.
"Manche Fächer sind super, andere nicht so...", fügte ich noch hinzu.
"Und bei dir?", fragte ich diesmal etwas eindringlicher nach.
Ohne darüber nachzudenken, näherte ich mich Kookie dabei, als würde ich ihn spaßhaft im Auge behalten wollen.
Amüsiert zuckten die Schultern des Blauhaarigen.
"Entschuldige.", er kicherte.
"Ich studiere Informatik an einer Online-Uni.", erzählte er anschließend.
"Und ja, es macht mir sehr viel Spaß.", fügte er grinsend hinzu.
Der Blick, den er mir dabei zuwarf fühlte sich so belustigend an...
Gleichzeitig unfassbar vertraut...
Mir wurde warm davon.
Ich hatte es gestern schon gespürt, als Kookie noch in Hasenform gewesen war.
Dieses sonderbare Gefühl der Nähe...
Als wäre es einfach richtig, sich in seiner Gegenwart zu befinden.
Es erhielt neue Facetten dazu, jetzt wo Kookie ein halber Mensch war.
Was vorher reine Zuneigung gewesen war, fühlte sich plötzlich tiefer an...
Kribbeliger.
Als würde einfach die Chemie stimmen...
Von diesem Gefühl ein wenig beflügelt, fragte ich Kookie, ob er bezüglich seines Studiums Zukunftspläne hatte.
Ob er Berufswünsche hatte.
Es fühlte sich nach einem verdächtig normalem Gespräch an.
Einem Gespräch, welches ich mit jedem und gleichzeitig niemand anderem haben könnte.
Spätestens als Kookie von den Berufszweigen abwich und anfing darüber zu sprechen, dass er einen Job anstrebte, bei dem man so viel wie möglich zu Hause sein konnte, wurde letzteres präsenter.
Ich sah das Glitzern in seinen Augen, als er meinte, dass er sich nur vorstellen konnte, wie großartig es sein musste, eigenes Geld zu haben.
Das Glitzern von jemandem, der sich sein ganzes Leben lang auf jemand anderen hatte verlassen müssen und der es kaum erwarten konnte, auf eigenen Beinen zu stehen...
Es schien Kookie wichtig zu sein.
Anders wichtig, als es bei menschlichen Familien vielleicht der Fall sein würde.
Ich sah es ihm an.
Dass für ihn viel viel mehr hinter dem Wort "Selbstständigkeit" steckte, als er gerade aussprach...
Da wir uns seit gerade mal etwas über vierundzwanzig Stunden kannten, sah ich mich nicht in der Position diesbezüglich nachzubohren.
Stattdessen hörte ich Kookie zu, während er kurz in seiner Begeisterungen gegenüber Zahlen ausschweifte.
Als er anschließend von mir wissen wollte, was meine Pläne waren, gab ich mir Mühe, ähnlich detailliert zu antworten.
Ein hoffnungsloses Unterfangen, weil ich noch nicht genau wusste, ob ich einen bestimmten Berufszweig anstrebte...
Allerdings schien auch diese Information den Blauhaarigen brennend zu interessieren.
Ihn schien alles zu interessieren.
Egal ob spannend oder nicht.
Wahrscheinlich war es diesem Umstand geschuldet, dass wir irgendwann weder den Regen um uns herum, noch den immer kürzer werdenden Weg bemerkten.
Einfach mit Kookie zu reden...
Persönliche Informationen auszutauschen, fühlte sich unfassbar gut an.
Wir waren so vertieft in unser Gespräch, dass wir beide überrascht hoch schauten, als auf einmal die U-Bahn Station vor uns auftauchte.
Während ich Kookie ein Ticket zog, versicherte ich ihm mehrmals, dass er mir die paar Dollar nicht wiedergeben musste, sobald wir bei ihm zu Hause waren.
Mir selbst reichte mein Studententicket.
In der Bahn angekommen waren wir wegen der Uhrzeit und dem Wetter fast alleine.
Stumm hielten wir uns an einer der Stangen im Eingangsbereich fest.
Nicht, dass nicht genug Platz gewesen wäre...
Aber wir standen trotzdem ziemlich nah voreinander.
So nah, dass unsere Augen nicht umhin kamen, sich immer wieder ineinander zu verirren.
Jedes Mal lächelten wir beide.
Ich bemerkte wiederholt, wie unfassbar schön Kookies schokoladenfarbene Seelenspiegel waren.
Wie viel klarer sie aus nächster Nähe waren...
Dabei kam mein Inneres nicht umhin, ein bisschen zu drücken.
Ein leiser Teil von mir dachte an Tae.
Daran, wie das Leben der beiden wohl war...
Wie es sich anfühlte, wenn man jemanden wie Kookie schon so lange um sich herum hatte...
Wie es sein musste, mit alltäglicher Selbstverständlichkeit in diese wunderschönen Augen schauen zu können...
Natürlich wusste ich keine Antwort.
Ich ging nicht davon aus, dass ich jemals eine erhalten würde.
Dennoch wurde ich es nicht los...
Dieses unbegreiflich starke Gefühl der Verbundenheit.
Die Vermutung, dass die U-Bahn sich viel zu schnell bewegte.
Dass das hier völlig verfrüht enden würde...
Dass Kookie mich die ganze Zeit über anlächelte und jeden meiner Blicke mit fast schon beängstigend Klarheit erwiderte, machte es schwerer...
Mit jeder Sekunde wurde das Stechen in meinem Herzen größer.
Das Bedürfnis, kurz nach Kookies Hand zu greifen...
Mit ihm zu sprechen...
Irgendwas zu tun, damit diese Nähe sich nicht auflösen würde.
Diese wahnsinnige Ruhe, die er in mir auslöste.
Ich war nicht sicher, warum ich nichts dergleichen tat...
Warum ich einfach zuließ, dass die Haltestellenansage unsere Stille zerriss.
Es war so ein Widerstand in meinem Inneren...
Der Unwille, mich Kookie aufzudrängen.
Vielleicht auch ein Funken Angst...
Angst, dass er all die ungerechtfertigt intensiven Gefühle....all die Faszination, die ich für ihn empfand, nicht erwiderte.
Dass für Kookie die letzten zwei Tage nicht so besonders gewesen sein können, wie für mich.
Was es auch war...
Letztendlich sagte ich nichts.
Ich ließ einfach zu, dass er endete...
"Wir müssen raus...", flüsterte ich.
Mein wunderschöner Traum.
Funny Geschichte.
Dieses Kapitel ist das erste, das ich seit keine Ahnung wie vielen Wochen am Stück fertig geschrieben habe.
Meine letzten Kapitel lagen alle zwischen 1800 und ü2000 Wörtern und da war ich häufig zu müde, um so viel aufeinmal zu beenden.
Mein Goal hier waren so ca. 1400 Wörter.
Und weil ich gestern Nacht nach ca. 1200 Wörtern gecheckt hatte und dann noch ein bisschen mehr geschrieben hab, dachte ich, dass ich es in etwa getroffen hab.
Aber guess what, dieses Kapitel waren auch 1800 Wörter. xD
Ich hab es einfach gar nicht mitbekommen, weil Petrichor einen so angenehmen Flow hat ^-^
Wie fandet ihr das Kapitel?
Was hat es in euch ausgelöst?
Pls let me know <3
Das Ende ist irgendwie dramatischer geworden, als gedacht...
Aber erstens war es zwei Uhr morgens und ich war müde.
Und zweitens idk...
Irgendwie ist es mir wichtig, dass Jimin komplett bereit wäre, Kookie direkt wieder gehen zu lassen, obwohl es ihm selbst wehtut.
Dieses "Einfach helfen, damit Kookie zurück in sein altes Leben kann ohne etwas dafür zu erwarten" sagt sehr viel über Jimins Charakter, finde ich...
Deshalb hab ich wahrscheinlich ein bisschen zu sehr darin herumgebohrt x3
Und uff, es macht mich so happy, Kookie mehr sprechen zu lassen.
Ich hab ihn als Chara so gern in dieser Story x3
Wisst ihr, was mich außerdem happy macht?
Dass wir jetzt schon 10 Kapitel haben ^^
Ich weiß nicht genau warum, aber 10 Kapitel sind für mich immer eine ziemliche Hürde.
Sehr viele meiner (in meinen Entwürfen herumliegenden) Geschichten schaffen es nicht dorthin und gerade wenn ich etwas veröffentliche ist es mir dann irgendwie wichtig, dass die Kapitelzahl mindestens zweistellig ist.
Bei Petrichor ging das jetzt verhältnismäßig sehr schnell...
Das ist toll x3 💗
Und das wars auch schon mit meinem Gebrabbel ^^
Habt noch einen schönen Abend <3
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