Rätselhaftes Wiedersehen
Tink flog am nächsten Tag schon früh vom Feenbaum weg, um Peter zu besuchen.
Sie wusste nicht wieso, irgendwie hatte sie das dringende Gefühl, sie müsste Peter beschützen.
Obwohl doch er der jenige war, der zur Hälfte Elf war und damit Nimmerland beschützen müsste.
Tink konnte auch nicht leugnen, dass sie Peter mittlerweile sehr gern hatte - auch wenn er anfangs immer etwas kindisch gwesen war.
Sie sorgte sich sehr um seine Sicherheit und hatte die ganze Zeit Angst, wenn sie mal nicht bei den Magiern war, dass die Piraten wieder das Dorf angreifen könnten.
Als sie daran dachte, erhöhte sie ihre Fluggeschwindigkeit nur noch.
Allgemein fühlte Tink sich in letzter Zeit anders.
Sie hatte das Leben im Nimmerland immer als sehr langweilig und nutzlos empfunden, doch seid Peter da war, hatte sie das Gefühl, dass ein Teil ihres Lebens ihr jetzt erst offenbart wurde.
Nimmerland muss geplant haben, dass es dazu kommen würde. Dass sie mehr war, als nur eine Beschützerin des Feenstaubs.
Und dass Peter der Schlüssel zu einem völlig neuem Leben war. Ein abenteuerliches und spannendes Leben.
Vielleicht war ja auch das der Grund, warum Tink sich so um Peters Schutz sorgte. Dass sie Angst hatte, man könnte ihr die Möglichkeit zu einem besseren Leben weg nehmen.
Noch mehr als wegen der Piraten, machte Tink sich Sorgen wegen dem Feenkönig.
Er wurde immer ungeduldiger, was Peters Aufgabe anging und Tink konnte schon ahnen, was er mit ihrem Freund tun würde, wenn er versagte.
Noch ein Grund, warum sie Peter unbedingt zur Seite stehen musste.
Damit riskierte sie zwar, vom Volk verstoßen zu werden, da Feen sich eigentlich nicht mit anderen Lebewesen abgeben durften, aber das war ihr egal.
Peter und Wolf waren ihr wichtiger als das ganze Volk zusammen und sie konnte auch ohne die Feen leben.
Es würde überhaupt niemanden vom Volk interessieren, wenn sie ginge, da es alle nur um den Feenstaub ging.
Selbst Tinks beste Freundin ignorierte sie in letzter Zeit - und nur weil sie sich mit "feindlichen Wesen" angefreundet hatte.
Tink fand das albern.
Zornig pustete sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und versuchte den Gedanken zu vertreiben.
Das Feenvolk konnte ihr gestohlen bleiben und sie hatte auch keine Scheu davor dies zu zugeben.
Tink überflog gerade den Strand, als ihr Blick auf die Jolly Roger fiel.
Das mächtige Schiff lag dunkel und ruhig da und es war kein Anzeichen für etwas Ungewöhnliches zu sehen.
Die Piraten lungerten gelangweilt an der Reling herum, spielten Karten oder lachten sich über einen kleinen pummeligen Mann schlapp, der tollpatschig über ein Tau stolperte und der Länge nach hin fiel.
Tink belächelte die Situation matt und flog weiter.
Immerhin hatte Rackham nicht das Schiff verlassen.
Gerade als sie das dachte, entdeckte sie doch etwas Ungewöhnliches:
Am Strand legte gerade ein Beiboot an und eine einzelne Person sprang in den feuchten Sand.
Erschrocken stoppte Tink mitten im Flug.
Diese Person kam ihr bekannt vor...
Sie beschloss näher zu fliegen und sich den Kerl mal anzusehen.
Schnell schoss sie im Sturzflug runter auf die Person zu.
Umso näher sie kam, desto mehr konnte sie die Umrisse der Person erkennen. Und es gefiel ihr nicht, wen sie da sah.
"Curly", schnaubte sie wütend, als sie direkt auf Curlys Kopfhöhe schwebte.
Curly zuckte erschrocken zusammen, aber als er Tink sah, wandte er sich sofort wieder gelangweilt ab und lief den Strand hoch.
Empört über seine Unhöflichkeit, flog Tink ihm rasch hinterher und kreiste vor seinem Gesicht.
"Was machst du hier?", fragte Tink scharf und ließ Curly nicht aus den Augen, während er genervt versuchte sie zu ignorieren.
"Schwirr ab", knurrte er unfreundlich und schlug mit der Hand nach ihr.
Tink wich geschickt aus.
"Peter wird es bestimmt nicht gern sehen, dass du hier bist", zischte sie provozierend und flog neben ihm her.
"Und das Dorf auch nicht."
Bei Peters Namen war Curly erneut zusammen gezuckt, was Tink mit Genugtuung feststellte.
Jetzt funkelte er sie zornig an.
"Das interessiert mich nicht", erwiderte er wütend, "Außerdem wird er es nie erfahren. Ob du's glaubst oder nicht, ich habe nicht vor zurück zum Dorf zu gehen."
"Ooooh", machte Tink gedehnt und grinste breit.
Sie hatte richtig Spaß daran ihn zu provozieren.
"Aber warum solltest du sonst hier sein? Hat Rackham dir einen Auftrag erteilt? Bist du jetzt etwa auch Pirat?"
Die letzte Frage war kein bisschen mehr provozierend ausgesprochen. Eher panisch.
Es war ein Gedanke gewesen, der Tink in Sekundenschnelle durch den Kopf geschossen war.
"Ja", erwiderte Curly und jetzt grinste er. "Ich gehöre jetzt zu der Crew."
Tinks Panik wandelte sich in Wut.
"So tief bist du also gesunken", sagte sie leise.
"Du verrätst deine besten Freunde, du schließt dich ihren Feinden an... Ich habe dem nichts weiter hinzu zu fügen."
"Besser so", knurrte er unbeeindruckt, dann lässt du mich wenigstens in Ruhe."
"Das glaubst du, nicht wahr?", fragte Tink spöttisch.
Curly blieb entnervt stehen und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Tink, deine Vorwürfe sind mir egal. Was willst du?!"
"Ganz einfach", grinste Tink breit, "Ich will herausfinden, was du jetzt tust. Deshalb werde ich dich jetzt auch sicher nicht mehr in Ruhe lassen."
"Du willst mir folgen?", stieß Curly empört aus.
Tink entging nicht das unruhige Flackern in seinen Augen.
Siegesgewiss grinste sie noch breiter.
"Klar", sagte sie feixend, "Schließlich ist Peter ja jetzt mein bester Freund und ich werde ihn immer unterstützen. Und ihm von dir erzählen."
Curly schoss das Blut in den Kopf.
Er biss die Zähne zusammen und Tink konnte förmlich sehen, wir er versuchte sich selbst zu beruhigen.
"Ganz entspannt, Curly", lachte die Fee spöttisch, "Ich werde dich auf deinem Weg sicher nicht mehr nerven."
Sie machte eine ausladene Handbewegung zum Wald hin.
"Bitte, geh doch vor."
"Ladies first", widersprach Curly ihr knurrend.
Tink tippte sich lachend gegen die Stirn.
"Glaubst du wirklich, ich bin doof?", fragte sie,
"Du gehst vor, oder wir stehen hier eine Weile. Ich hab den ganzen Tag Zeit."
Curly funkelte Tink ein letztes Mal giftig an.
Wenn Blicke töten könnten...
Dann wandte er sich ab und stapfte mit großen Schritten auf die ersten Bäume zu.
Tink folgte ihm mit einem Meter Abstand.
Jetzt würde sie herausfinden, was Curly vor hatte. Und vielleicht auch was Rackham vor hatte.
Und dieses Mal würde sie Curly nicht aus den Augen lassen.
Denn er war momentan der einzige Anhaltspunkt für sie und Peter, was die Piraten anging.
Durch ihn konnte Peter vielleicht die entscheidenen Informationen bekommen.
Denn die Sanduhr war fast abgelaufen.
Heute Abend, wenn die Sonne untergegangen war, mussten die Piraten unschädlich gemacht worden sein.
Oder Peter wäre verloren.
Und das würde Tink niemals zu lassen. Niemals.
Curly betrat den Wald und wandte den Kopf kurz zu Tink nach hinten.
"Du tust was Falsches", sagte er nachdrücklich, "Ich kann dich nur warnen: Folge mir nicht. Du kannst dein Leben retten."
"Geh weiter", forderte Tink ihn hartnäckig auf, "Ich bleibe dicht hinter dir."
Curly seufzte leise und ging hastig weiter.
In Tink wuchs eine Frage immer mehr an:
Was hatte er vor?
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