Mit letzter Kraft
Peter tauchte unter.
Er hatte es nicht mehr geschafft in der Luft zu bremsen, der restliche Feenstaub hatte sich aufgebraucht.
Peter ruderte mit den Armen, auf der Suche nach seinem Dolch.
Er musste die Augen schließen, da ihn das Licht des Feenstaubs zu sehr blendete.
Der Staub verdeckte Augen, Ohren, Mund und Nase, er konnte seine Sinne nicht mehr einsetzten.
Peter versuchte nach Luft zu schnappen, aber es ging nicht.
Der Feenstaub war einfach wie eine dickflüssige Masse, viel dicker als Wasser. Er konnte sich kaum bewegen.
Es war unmöglich hier drin den Dolch zu finden.
Er musste auftauchen, wenn er Luft holen wollte.
Verzweifelt strampelte Peter mit Armen und Beinen.
Er spürte den Feenstaub am ganzen Körper, aber das sonst so wundervolle Gefühl, prasselte in solchen Massen auf ihn ein, dass es ihm zu viel wurde.
Es war nicht mehr so schön, wie sonst, sondern belastend und in gewisserweise auch schmerzhaft.
Er musste hier raus.
Es wurde immer qualvoller für ihn.
Sein Kopf pochte, er bekam Kopfschmerzen.
Panisch versuchte Peter sich an die Luft zu strampeln, doch er wusste noch nicht mal wo oben und wo unten war.
Er versuchte sich beruhigen. Allerdings ging das nicht so gut, da nun seine Lunge anfing zu brennen.
Plötzlich streifte er mit seinen Fingern etwas hartes.
Sein Dolch!
Peter griff danach, ohne die Augen aufzumachen.
Zum Glück bekam er ihn zu fassen.
Fest umschloss er ihn mit der Hand, da er Angst hatte, ihn erneut zu verlieren.
Jetzt musste er aber schnell auftauchen.
Mittlerweile brannte seine Lunge so sehr, dass er das Gefühl hatte, dass sie gleich zerriss.
Und seltsamerweise war es nicht nur die Lunge - nein, so langsam schmerzte alles an seinem Körper.
Aber warum?
Das war doch Feenstaub. Der war doch etwas Gutes. Oder etwa nicht?
Als Peter die Hände dort hinstreckte, wo er oben vermutete, bemerkte er, dass seine Arme total kraftlos waren. Seine Muskeln schmerzten.
Was tat der Feenstaub nur mit seinem Körper?
Langsam gab er die Hoffnung auf, hier wieder raus zu kommen.
Lange würde es nicht mehr dauern und er würde durch den Sauerstoffmangel bewusstlos werden.
Und dann dauerte es nur wenige Minuten bis er tot war...
Auf einmal durchbrach sein Kopf die Oberfläche.
Sauerstoff strömte ihm entgegen.
Peter schnappte keuchend nach Luft.
Es fühlte sich an, also würde Heilwasser durch seine Kehle fließen, so gut tat es, atmen zu können.
Er konnte sich nicht erklären was passiert war, oder wie er an die Oberfläche gekommen war.
Er hörte Tinks panische Stimme:
"Peter, geht's dir gut?"
Peter hielt sich mit einfachen Armbewegungen an der Oberfläcge und blinzelte.
Licht strömte durch seine Augen, es war unangenehm hell.
Dennoch machte er die Augen ganz auf.
Tink schwebte direkt vor ihm und musterte ihn besorgt.
Peter sah sich kurz um.
Er befand sich mitten in dem See von Feenstaub. Das helle Licht blendete ihn immer noch, aber er weigerte sich die Augen zu schließen.
Seine Gliedmaßen taten ihm noch immer weh und irgendwie hatte er das Gefühl, dass der Feenstaub ihn erneut herunter ziehen wollte.
"Tink-", schnaufte er angespannt, "Warum tut mir alles weh? Warum hab ich das Gefühl, dass es mich jeden Moment erneut herunter ziehen könnte?"
"Peter, hör zu, du musst durchhalten!", rief Tink panisch, "Hörst du? Halt durch! Ich werde dich irgendwie hier raus kriegen..."
"Beeil dich...", murmelte Peter, der erneut spürte, wie ihn seine Kräfte verließen.
Es würde nicht lange dauern und er befand sich wieder unter der Oberfläche.
Und diese Schmerzen. Sie ließen ihn alles vergessen. Er wollte nur, dass es aufhörte.
"Bemüh dich nicht, Tink", hörte Peter in weiter Ferne Yaves spöttische Stimme, "Der Feenstaub hat bis jetzt alles und jeden verschluckt. Die meisten waren zu diesem Zeitpunkt schon längst tot."
Er lachte laut.
Peter hegte eine große Abscheu gegen diese Fee, nur konnte er sie gerade nicht richtig zum Ausdruck bringen.
Tink entfuhr ein Schluchzen.
Sie weinte.
Peter konnte nicht leugnen, dass es ihn rührte.
Sie weinte um ihn.
Waren seine Vorwürfe falsch gewesen?
Hätte er ihr besser zuhören sollen?
"Ich werde dich nicht aufgeben, Peter", schluchzte Tink leise, "Ich bleibe immer bei dir. Für immer, verstanden?
Komm, du musst versuchen hier raus zu fliegen! Bitte, Peter, tu es!
Tu es für -" Sie brach ab.
"- für dich", beendete Peter leise ihren Satz, "Ja, für dich..."
Er wollte sie nicht verlieren. Er wollte seine Freunde - Tootles, Nibs, Slightly, Twins, Wolf, Hook, ja sogar Curly - nicht verlieren.
Er musste sich jetzt anstrengen.
Jetzt sofort.
So viele Stimmen schwirrten in Peters Kopf herum, die ihm sagten, er solle sich einfach wieder fallen lassen. Hinein in den sicheren Tod.
Aber eine andere, leisere Stimme sagte ihm, dass er noch nicht gehen konnte.
Zu viele Aufgaben lagen offen, zu viele unbeantwortete Fragen-
Er musste sich jetzt anstrengen.
Peter bewegte Beine und Arme.
Es ging nur sehr schwerfällig und mühselig... aber er hörte nicht auf.
Und ganz langsam schob sich sein Oberkörper nach oben, in die entgegengesetzte Richtung.
Tink neben ihm hatte aufgehört zu weinen und starrte ihn sprachlos an.
Auch Yave schwieg überrascht.
Je mehr seiner Körperteile die Oberfläche durchbrachen, desto entschlossen wurde Peter.
Es schien als würde mit dem Feenstaub alles Leid und Qualen von ihm abfallen.
Er konnte es schaffen. Er war stark. Er kontrollierte seinen Körper selbst und nicht irgend so ein magisches Zeug. Er war Herr seines Körpers und nicht die Feen.
Keiner bestimmte sein Schicksal.
Seine Zehen lösten sich von dem Feenstaub und Peter flog frei in die Höhe.
Er hatte es geschafft! Zum Glück. Es hätte nicht viel gefehlt und er hätte dem Tod "Guten Tag" gesagt.
Erschöpft hielt er mitten in der Luft inne und hielt sich den Kopf.
Ihm war ganz schwindelig. Diese Befreiung von dem Feenstaub war mehr als ermüdend gewesen.
Es kostete ihn all seine Mühe sich in der Luft zu halten.
Er war kaputt und wollte sich am liebsten wieder sinken lassen, aber er wusste, dass er es nicht durfte.
"Tink...", flüsterte er kraftlos, "Ich muss hier weg..."
Die Fee setzte sich besorgt in seine Haare und tätschelte ihm die Stirn.
"Dann nichts wie raus hier", sagte sie leise.
Als Peter an Yave vorbeiflog, konnte er den total verwirrten Gesichtsausdruck der Fee aus seinen Augenwinkeln sehen.
"Wie... wie hat er das gemacht?", rief der Feenmann ihnen nach. Doch Tink und Peter ignorierten ihn.
Peter war mehr als glücklich, als sie den Feenbaum verließen. Er atmete tief die Waldluft ein und genoss den Geruch der Blätter und Bäume.
Zwei Meter über dem Boden ließ er sich einfach auf die Erde fallen und blieb reglos liegen. Nur die Augen hielt er offen.
Erneut atmete er tief durch.
Seinen Dolch hatte er neben sich fallen lassen, seine Hand lag aber immer noch darauf.
Tink setzte sich direkt neben sein Gesicht auf den Boden, die Beine angewinkelt.
"Ich kann nicht glauben, dass ich es geschafft habe, da wieder raus zu kommen", murmelte Peter und schloss für einen Moment die Augen.
"Ich auch nicht", antwortete Tink unsicher. Sie holte tief Luft.
"Peter. Keiner hat es je geschafft lebend aus dem Feenstaub wieder herauszukommen, geschweige denn aufzutauchen. Wirklich niemand. Kein Mensch, Tier oder was auch immer."
"Warum eigentlich? ", fragte Peter sie, "Feenstaub hat sich doch immer so gut angefühlt. Warum jetzt nicht?"
Tink seufzte.
"Feenstaub in so einer großen Menge ist tödlich. Eine kleine Ration ist völlig harmlos, aber so ein See voll davon hat noch keiner überlebt - außer du natürlich. Du musst es dir wie verschmutzes Wasser oder Essen vorstellen. Wenn du einmal ein wenig davon zu dir nimmst, löst das noch gar nichts aus. Aber in großen Mengen kann es echt schädlich sein."
"Ich verstehe", sagte Peter und starrte das Blätterdach des Baumes an.
"Warum habe ich es überlebt?"
"Wenn ich das wüsste...", erwiderte Tink ratlos.
Peter dachte nach.
Das was sich da zugetragen hatte... Es war schon mehr als seltsam, vor allem, dass er es als einziger überlebt hatte.
Peter drehte den Kopf zu Tink und sah sie an.
"Ich vergebe dir", sagte er ehrlich, "Diese Ausspioniererei. Ich weiß, dass du ein besseres Leben und bessere Freunde verdient hast. Ich verspreche dir, du wirst sie bekommen."
Tink lächelte glücklich.
Es sah so aus, als würde sie wieder gleich anfangen zu weinen, etwas, dass so untypisch für sie war.
"Danke", hauchte sie leise, so dass es kaum zu hören war.
Peter verstand es trotzdem.
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