53.Kapitel
Wir erschrecken über unsere eigenen Sünden, wenn wir sie an anderen erblicken.
~Johann Wolfgang von Goethe
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Hustend wache ich auf.
Seit einer Woche bin ich nun zuhause, wo meine Eltern mich abends glücklich in ihre Arme geschlossen haben , Noah und Mara haben schon geschlafen.
Mir wurde erzählt , dass ich fast gestorben war , hätte Tim mich nicht gerettet.
Ich bin ihm zutiefst dankbar und werde immer in seiner Schuld stehen.
Als ich am nächsten Tag morgens aufgewacht bin , habe ich erfahren , dass Daniel tot ist.
Auch jetzt weine ich , wenn ich an ihn denke , aber am schlimmsten ist es mit Amelie und Tim.
Amelie ist, nachdem sie ihr Messerwurftalent entdeckt hat,dem gleichen Schützenclub wie Tim beigetreten und verbringt ihre Zeit außerhalb der Schule nur noch dort und bei mir.
Tim dagegen ist dünn. Er kriegt nichts mehr herunter und seine Augen haben diesen einen Glanz verloren...
Und ich?
Ich liege die ganze Zeit im Bett , nachdem ich im Krankenhaus operiert wurde.
Meine Freunde haben mich besucht , sonst nichts.
Ich liege wirklich die ganze Zeit im Bett , denn mein Husten wird trotz Hustenmedizin nicht besser und ich bin zu schwach , um gescheit zu laufen.
Ich schaffe es schließlich gerade noch auf Toilette...
Mara haben wir klar gemacht , dass ich nur Fieber habe , aber meine Eltern sorgen sich ständig um mich.
Ich hoffe , dass ich zu Daniels Beendigung kann , welche übermorgen stattfindet...
Und in Amelies Familie sieht es nicht so rosig aus.
Ihr Vater hat sie schon richtig zusammengeschissen , aber ihre Mutter ist ausgerastet und ist seitdem sehr seltsam.
Und das alles wegen der Rettungsaktion...
Nur wegen Daniel und mir sind auch sie verletzt,sowohl physisch als auch psychisch.
Ich bin innerlich auch ein Wrack...aber ich werde weitermachen!
Genau in diesem Moment kommt meine Madre mit einem Tablett in mein Zimmer und macht die Tür zu.
Behutsam stellt sie das Tablett , worauf das Abendessen steht , auf meinem Schreibtisch ab und setzt sich auf einen der Sessel , den sie neben mein Bett geschoben hat.
" Qué tal,querida mía?(=Wie geht es dir,meine liebe?)"
" Todo es-"
Doch ich werde unterbrochen , denn schon wieder kriege ich keine Luft.
Es ist wie Asthma und erst seitdem ich bei Elvira war da.
Meine Mutter streichelt mir besorgt über den Rücken,bis die Luft wieder normal in meine Lunge strömt.
" Bien , Madre, Bien.",antworte ich ihr,aber sie sieht mich nur skeptisch an und schüttelt den Kopf.
" Lüge nicht, ich sehe doch , dass es dir schlecht geht."
" Perdon..."
Ich senke meinen Kopf und huste nochmal.
" Aber wenigstens sind meine Wunden bald schon verheilt!",argumentiere ich und meine Madre seufzt:"Sí...wenigstens das. Oh hija , warum gerätst du nur in solche Situationen? "
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" Ellie,warum liegst du noch im Bett? Es ist so schönes Wetter draußen!",ruft Mara und hüpft auch mein Bett.
" Niña , du weiß doch , dass ich Fieber habe..."
Amüsiert betrachte ich , wie sich ihr Mund zu einem O verzieht und sie entschlossen meint:"Dann bleibe ich bei dir!"
Sie setzt sich hin und lächelt mich an.
Ich erwidere ihr Lächeln , als mir plötzlich übel wird.
Ich erbreche mich neben mein Bett und meine Schwester holt schnell meine Mutter , welche alles sauber macht und mich quasi zwingt , aufzustehen.
Zwar bin ich etwas wackelig auf den Beinen , aber ich kann laufen.
Erstmal dusche ich und nach dem Duschen,als ich gerade meine Unterwäsche angezogen habe,sehe ich mein Spiegelbild und erschrecke.
Ich habe abgenommen.
Außerdem zieren viele Wunden meinen Körper , welcher dazu noch mit Blauen Flecken übersät ist.
Ich fühle mich hässlich.
Jetzt bin ich dünn. Aber es ist kein gutes Gefühl. Ich sehe abgemagert aus, nicht schlank.
Meine Augen wirken stumpf und tiefe Augenringe ziehen die Aufmerksamkeit auf sich.
Wegen dem Husten konnte ich bisher noch nicht viel schlafen und lag die halbe Nacht wach.
Um drei Uhr klopft jemand an meine Zimmertür und ich rufe:"Herein!"
Ich bin überrascht , Felix zu sehen , denn bisher waren nur Amelie und Tim hier.
Mit einem schwachen Lächeln begrüße ich meinen besten Freund.
Er plumpst auf mein Bett und macht es sich am Fußende bequem.
" Ich habe gehört , dass Sarah und du endlich zusammen sind?"
" Endlich?"
"Ihr gehört einfach zusammen.",meine ich schulterzuckend und er lacht laut los.
Ich schmunzele und umarme ihn kurz.
" Schön , dass du da bist."
" Eindeutig."
Gerade lehne ich mich wieder zurück,als mein Brustbereich etwas schmerzt. Aber ich denke mir nichts dabei, schließlich ist sowas normal.
Felix scheint meinen unwohlen Blick nicht zu sehen , denn er plappert fröhlich über seine und Sarah's Beziehung.
Ich versuche den Schmerz zu ignorieren , doch er wird immer stärker.
" Felix...",keuche ich angestrengt.
Er hört auf zu reden und guckt mich erschrocken an.
" Ellie , was ist los?"
" Hol m- meine Mutter..."
Sofort rennt er los und der Schmerz in meiner Brust wird langsam unerträglich.
Mir steigen Tränen in die Augen , als meine Mutter ins Zimmer stürmt und Felix ihr mit dem Telefon in der Hand folgt.
" Madre...Brustschmerzen...",stöhne ich schmerzerfüllt und sie nickt.
"Ruf den Notarzt.",befiehlt sie Felix und er erzählt mit erstaunlich ruhiger Stimme dem Notarzt , was geschehen ist.
" Sie sind unterwegs."
Meine Madre dankt ihm und sagt:"Felix , du kannst nach Hause."
Doch er schüttelt seinen Kopf und verlangt , dass er mitkommen kann.
"Ich habe meine beste Freundin schonmal fast verloren, ich werde es nicht nochmal riskieren."
Meine Madre seufzt , weil sie Felix gut genug kennt , um zu wissen , dass er nicht nachgeben wird.
"Also gut , ich fahre euch mit dem Auto hinterher."
Ich schließe meine Augen, um den Schmerz zu lindern und der Notarzt klingelt.
Ich werde in den Krankenwagen geladen und Felix steigt vorne ein.
Nach einer Behandlung , die eigentlich nicht geholfen hat , sind meine Brustschmerzen verschwunden.
Meine Mutter und Felix sitzen neben mir , während der Arzt zu mir meint:"Es könnten natürlich normale Brustschmerzen gewesen sein ,weil du noch im Wachstum liegst, aber in deinem Fall sieht es sehr danach aus , als hätte sich ein Virus in deiner Pleura , also deinem Brustfell ausgebreitet.
Außerdem hast du erzählt , dass du hustest und manchmal Luftnot hast und schwächer als zuvor bist.
Ich kann mich natürlich auch irren, aber zur Sicherheit solltest du einen Onkologen aufsuchen. "
Ich erstarre.
Ein Onkologe?
"Okay."
Wir gehen aus dem Raum und ich laufe schneller als meine Madre und Felix , um aus dem Krankenhaus zu kommen.
Draußen breitet sich vor mir der Krankenhausgarten aus und ich renne einfach in irgendeine Richtung. Während dem Rennen spüre ich den Wind , der durch meine Haare weht;die frische Luft , welche ich tief einatme;meinen gesunden Herzschlag, der sich durch meine Geschwindigkeit erhöht.
Und ich spüre Freiheit.
Ich bleibe stehen und merke , dass sich Tränen ansammeln.
Nicht weinen! Nicht weinen!Nicht weinen...
Ich höre Schritte hinter mir , während ich mit den Tränen kämpfe.
Es ist Felix.
Er streckt die Arme aus und ich vergrabe meinen Kopf in seinem T-Shirt , wo ich meine Tränen rauslasse.
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Ich nehme mein einziges schwarzes Kleid aus dem Schrank.
Es geht mir bis fast zu den Knien und ist langärmelig.
Oben ist es mit Spitzenmuster verziert und der Rock fällt locker an mir herunter.
Ich stecke mein Haar hoch und ziehe mir schwarze Federohrringe an.
Federn für Vögel , Vögel für Freiheit.
Ich schnappe mir meine Tasche und schlüpfe in die von meiner Mutter geliehenen schwarzen , niedrigen Pumps.
Amelie steht schon in der Tür und ich verabschiede mich noch von meinen Eltern , bevor ich die Haustür schließe.
Felix hatte mir gestern zum Glück nochmal klargemacht , dass ich nicht unbedingt Krebs haben muss , weshalb ich mich auch beruhigt habe.
Aber keiner außer Felix und meinen Eltern weiß davon , weil ich niemanden damit belasten will , bevor klar ist , ob ich wirklich krebskrank bin.
Amelie hat eine schwarze Jeans und einen schwarzen Blazer an.
Durch die hohen Schuhe ist sie noch größer als sonst...
Es war klar , dass sie kein Kleid anzieht , denn sie ist ein Hosenmensch.
Schweigend laufen wir zum Friedhof,wo wir von weitem schon Felix , Sarah und Tim sehen.
Andere Angehörige Daniels stehen in einzelnen Grüppchen zusammen und reden leise miteinander , aber niemand lacht.
Nach kurzer Zeit kommt der Pfarrer mit den Sargträgern und stellt sich neben den Sarg.
Daniel...
Der Pfarrer hält eine Rede und als er zu Ende gesprochen hat , wendet er sich an Daniels Eltern , welche auch noch ein wenig reden.
Am Schluss meint Frau Fuchs:"Aber besonders gerne würden wir noch eine Rede von Amelie Giesinger , Sarah Gomm , Ellie Steining, Tim Schneider und Felix Hems hören, denn sie haben Daniel oft geholfen und er würde sich sicher freuen , wenn er ihre Stimmen hört..."
Ihre Stimme bricht und sie entschuldigt sich kurz, als sie aufschluchzt.
Erstaunt laufen wir fünf nach vorne und zögern , aber Amelie ergreift das Wort.
"Daniel ist-war ein guter Mensch. Er stand mir immer zur Seite, egal was war. Er-"
Amelie wendet sich ab und ich stupse schnell Felix an, damit er weiterredet,denn ich kenne Amelie gut genug , um zu wissen, dass sie weint.
" Also Daniel und ich kannten uns ja noch nicht so lange , aber er war ein toller Mensch. Und...jaaa...er..."
Felix weiß anscheinend nicht mehr weiter , aber Sarah springt ihm zur Seite,berührt ihn leicht am Arm und meint sanft:"Du meinst wohl damit , dass er klug , nett und noch soviel mehr war . Außerdem war er total selbstlos und immer für seine Freunde da. In dieser letzten Zeit habe ich ihn gut kennengelernt und kann nichts schlechtes über ihn sagen."
Sie wirft Tim einen Blick zu und sofort setzt er die Rede fort:"Daniel ist mein bester Freund. Wir kennen uns jetzt schon seit vielen Jahren und er hat mich nie enttäuscht.
Daniel , du warst bei jeder Scheiße dabei und man konnte sich echt auf dich verlassen. Danke."
Die meisten Leute haben bereits Tränen in den Augen,als Tim mich vor sich schiebt.
" Ähm...ich..."
Ich war schon immer schlecht im Reden,doch einfach alles sprudelt jetzt aus mir heraus.
"Daniel Fuchs. Ein Junge , der fast keine Angst kennt. Er ist wie ein großer Bruder, denn er beschützt einen."
Jake...
" Wie Sarah vorhin schon gesagt hat ist er sehr selbstlos. Als wir entführt worden sind , hat er mir seine Jacke zum Schlafen gegeben , mich vor den Wachen verteidigt und wegen mir Schläge und Peitschenschläge eingesackt.
Dieser Junge hat in meinen Augen mehr Mut als sonst jemand , den ich kenne,bewiesen und dafür bewundere ich ihn.
Er ist ein bodenständiger Typ und kann auch mal seinen Stolz ablegen,aber gegenüber den Wachen und Peinigern von uns hat er stets seinen Kopf oben behalten und Ehre besessen.
Er ist toll.
Aber er ist auch nur ein Mensch, natürlich hat er Angst.
Und obwohl er so jung ist , kennt er seine größte Angst ganz genau , denn als er dachte, dass er und ich in Polen sterben , hat er sie mir erzählt.
Und zwar hatte dieser gutherzige Junge Angst , Amelie Giesinger nie wieder zu sehen."
Amelie setzt sich auf den Boden und weint.
Es tut mir so leid , Amelie...
Sie werden nie zusammenkommen oder sich je wieder sehen...
Doch dank ihres starken Willens wischt sie sich kurz darauf die Tränen aus dem Gesicht und läuft mit uns zu Daniels Grab.
Als das Grab zugeschaufelt ist und die Trauerfeier ihr Ende gefunden hat , verabschiede ich mich innerlich von Daniel und wende mich vom Grab ab , um zu gehen, während Tim und Amelie noch bleiben.
Auf in ein Leben ohne Daniel.
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Hey Leute!☺
Mal eine Frage:Findet ihr,dass besser Daniel oder jemand anderes von den sechs hätte sterben sollen?
Also seid ihr für den Tod von
-Ellie
-Daniel
-Amelie
-Tim
-Sarah oder
-Felix?
Entscheidet euch und schreibt es in die Kommis!!!👍👍👍
Eure ML789 😉
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