Eine gute und eine schlechte Nachricht
Wir saßen im Pavillon im Camp und aßen blauen Kuchen. Es war der 18. August und damit Percy's Geburtstag. Percy's 25. Geburtstag, um genau zu sein. Es war schon spät und dunkel und vom Lagerfeuer her drang warmes, orangenes Licht zu uns.
„Es ist schon neun Jahre her.", sagte Percy gerade und stocherte in seinem Essen.
„Was ist schon neun Jahre her?", fragte Grover neben ihm und sah ihn an, während er sich noch ein Stück Kuchen in den Mund stopfte.
„Die Schlacht um New York.", sagte er und sah mich an. Intuitiv griff ich an mein Halsband und nahm die Perle mit dem Empire State Building zwischen die Finger.
„Percy hat recht.", sagte ich und erinnerte mich an den Kampf damals auf der Brücke. An den Moment, als mich Ethan Nakamura's Klinge getroffen hatte, weil ich sie für Percy abgefangen hatte. An Nicos Auftritt mit Mrs O'Leary und Hades, Persephone und Demeter auf seinem Streitwagen. An den Kampf mit Kronos, an Luke. Götter, Luke. Mir kamen die Tränen, aber ich bemühte mich, sie zurück zuhalten.
„Tut mir leid, ich wollte die Stimmung nicht kaputt machen.", sagte Percy.
„Is schon gut, nicht so schlimm.", sagte Grover, sah aber plötzlich auch sehr traurig aus.
„Ich denke, ich sollte dann mal in's Bett gehen. Es ist schon spät.", sagte ich und stand auf.
„Tu das. Schlaf gut, Liebling.", sagte Percy und gab mir einen Kuss.
Müde schleppte ich mich den Weg zu meiner Hütte entlang und hing meinen Gedanken nach.
Ich sah Luke wieder vor mir.
Wie er blutverschmiert auf dem Boden des Thronsaals lag.
Er hatte Percys Ärmel gegriffen.
„Ethan. Ich. Alle, die ihr göttliches Elternteil noch nicht kennen. Lass es nicht ... lass es nicht noch einmal passieren.", hatte er gefleht und sich noch stärker in Percys Arm gekrallt.
„Werd ich nicht.", hatte Percy ihm versichert.
„Versprochen." Luke hatte genickt, bevor seine Hand erschlafft und auf den Boden gesackt war.
Und dieses Versprechen hatte Percy auch gehalten. Am Anfang, die ersten zwei, drei Jahre, hatten sich die Götter auch noch an ihren Schwur gehalten, doch in letzter Zeit vernachlässigten die Götter ihr Versprechen. Immer mehr Kinder kamen ins Camp und die Hermes-Hütte quoll wieder beinahe über, da circa doppelt so viele Personen in ihr schliefen, wie vorgesehen war. Diese Umstände stießen natürlich auf Protest und Ärger, vor allem, weil es jetzt auch schon seit circa vier Jahren wieder so schlimm war. Percy hatte sein Bestes gegeben, aber die Götter erhörten ihn nicht. Diese Sache frustrierte ihn ungemein, da er sich für dieses Problem verantwortlich machte. Egal, wie oft Grover, Chiron oder ich ihm sagten, dass es nicht seine Schuld sei, er fing immer wieder damit an, dass ER etwas ändern und tun müsse. Klar, die Umstände waren schlimm, aber letztendlich war es nicht seine Schuld, sondern die der Götter.
Ich ging in meine Hütte, zog mich um und ging ins Bett. Ich war hundemüde. Den ganzen Tag über war ich mit Percy, Grover, Nico, Jason, Piper und Leo unterwegs gewesen, um seinen Geburtstag zu feiern. Wir waren durch halb New York gelaufen, hatten uns im Kino irgendeinen Zombie Film angeschaut, den Percy und Jason unbedingt hatten sehen wollen, waren essen gegangen und in einem Aquarium gewesen.
Percy hatte sich stundenlang mit den Fischen unterhalten.
Er war so glücklich gewesen.
Danach waren wir an den Strand gefahren und schwimmen gegangen.
Wir haben unglaublich viel gelacht, doch jetzt, in diesem Moment kam mir das alles so unwirklich vor.
In diesem Moment konnte ich nur an die Schlacht, Luke und all meine gefallenen Freunde denken.
Warum mir das jetzt, neun Jahre später, immer noch so zusetzte, konnte ich nicht verstehen, aber es machte mich unglaublich traurig.
Tränen liefen über meine Gesicht, tropften in mein Kissen und versuchten dort zu trocknen. Irgendwann schlief ich dann, wahrscheinlich vor Erschöpfung, ein.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war mir spei übel. Alles drehte sich und ich schaffte gerade noch so ins Badezimmer, bevor ich mich übergeben musste.
„Annie, ist alles ok?", fragte eine Stimme. Es war Markus, einer meiner Brüder. Ich hatte ihn wahrscheinlich geweckt.
„Ja ja, geht bestimmt gleich wieder. Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken.", sagte ich leise und spülte. Er hockte sich neben mich und legte mir eine Hand auf den Rücke.
„Ist schon ok. Sicher das alles gut ist? Ich meine, nicht böse gemeint, aber du siehst echt scheiße aus.", sagte er lachend und ich musste auch grinsen.
„Hahaha, lach ruhig. Vielen dank. Ich hab bestimmt nur was falsches gegessen.", sagte ich und stand langsam wieder auf.
„Bestimmt, aber geh lieber trotzdem zum Arzt. Einfach so zur Vorsorge. Nicht das es doch was ernsteres ist."
„Mhmh.", machte ich nur und setzte mich auf die Bettkante.
„Wie spät ist es?", fragte ich müde und gähnte.
„Kurz nach fünf.", meinte Markus und sah mich an.
„Schlaf noch ein bisschen." Aber so sehr ich es auch versuchte, ich konnte nicht mehr einschlafen. Schlecht war mir nicht mehr, aber ich hatte ein komisches Gefühl im Magen. Ich hatte Hunger. Also stand ich auf, putze mir sehr lange und ausgiebig die Zähne und ging zu dem einzigen Arzt im Camp, dem ich vertraute.
„Ist Will da?", fragte ich ca. zehn Minuten später, nachdem ich an die Apollo-Hütte geklopft und mir ein verschlafenes, kleines Mädchen die Tür geöffnet hatte.
„Will, hier ist jemand, der dich sprechen will.", murmelte sie müde und gähnte. Will kam zur Tür und sah mich an. Er war schon angezogen. Anscheinend hatte er auch nicht schlafen können.
„Annabeth. Wie schön dich zu sehen. Ist alles ok?"
„Ähm.", machte ich und sah das kleine Mädchen an, das immer noch neben Will in der Tür stand und gerade dabei war, an seinem Bein einzuschlafen.
„Lena, geh ruhig wieder schlafen.", sagte er leise und die kleine kroch wieder zurück unter ihre Bettdecke. „Also, wie kann ich dir helfen?"
„Mir war heute morgen, also vorhin, verdammt schlecht und ich musste mich übergeben, jetzt ist irgendwie wieder alles ok, aber ich hab so ein komisches Gefühl und ich wollte einfach auf Nummer sicher gehen, dass alles ok ist.", erklärte ich und sofort wurde Wills Blick weicher.
„Und da hast du direkt an mich gedacht, wie liebe von dir. Na dann komm mal mit auf die Krankenstation, da dürfte jetzt noch niemand sein. Ich habe schon einen Verdacht, was los ist.", sagte er und lächelte.
Als wir angekommen waren, legte ich mich auf eine dieser Liegen und er tastete meinen Bauch ab. Anscheinend bestätigte das seinen Verdacht nur noch, denn er grinste immer breiter. „Am besten wir machen einen Ultraschall."
„Alles, was du machen willst.", sagte ich nur und ehe ich es mir versah, sah man meinen Bauch auch schon in schwarz-weiß auf einem kleinen Monitor. „
Ah, genau wie ich es mir dachte. Annabeth, herzlichen Glückwunsch, du bist schwanger.", sagte er voller stolz und ich starrte ihn fassungslos an.
„Wirklich?", hauchte ich und er nickte nur grinsend.
Als wir fertig waren, war es kurz vor sieben und Percy saß schon im Pavillon und aß. Ich war immer noch überglücklich und war sehr gespannt, wie er auf diese Neuigkeit reagieren würde. Doch als ich näher kam sah ich, dass er nicht sonderlich glücklich aussah. Er hörte dem Nachbartisch zu. Es war der Hermes-Tisch.
Ich setzte mich neben ihn, doch er beachtete mich garnicht.
„Unsere Eltern kümmern sich einen Scheißdreck um uns! Wir werden von Monstern angegriffen, müssen uns tagtäglich verteidigen und leben jetzt hier, in diesem Camp, weil wir woanders nicht sein können, ohne zu sterben. Das ist alles deren Schuld und sie scheren sich einen Scheißdreck und uns!", sagte gerade ein blonder Hermes-Junge. Er erinnerte mich stark an Luke.
„Das kannst du nicht sagen. Außerdem ist dieses Camp doch besser als garnichts."
„Also ich wäre lieber bei meiner highen Mutter, als hier! Wir müssen nur kämpfen und die Götter wollen auch noch, dass wir ihnen Essen opfern. Wir müssen sie retten und ums Überleben kämpfen, nur wegen ihnen.", schimpfte eine andere.
„Bei uns in der Hütte liegen doppelt so viele, wie eigentlich vorgesehen, weil wir den Göttern egal sind. Wir sollten sie stürzen.", schlug ein dritter vor. Das gefiel mir alles ganz und garnicht. Percy anscheinend auch nicht, denn er versteifte sich neben mir immer mehr.
„Wir sollten sie in die Tiefen des Tartarus werfen!", sagte ein anderes Mädchen und ein paar nickten zustimmend.
„Ich habe einen besseren Plan. Vor ein paar Jahren hat einer aus unserer Hütte mal Kronos heraufbeschworen und eine riesige Schlacht begonnen. Hier, mitten in New York. Wir gehen in den Tartarus, suchen Kronos' Überreste und der erledigt dann die Drecksarbeit für uns.", schlug der blonde Junge vor und lächelte hinterlistig.
„Wie kommt man in den Tartarus? Aber so groß ist er ja auch nicht, wir finden Kronos da unten schnell und lassen ihn den Olymp zerstören!", sagte ein Mädchen und der Blonde nickte zustimmend. Die ganze Sache gefiel mir garnicht.
„Seid ihr verrückt geworden?", rief Percy jetzt und die Kinder der Hermes-Hütte sahen ihn an. „Wisst ihr eigentlich, wovon ihr da sprecht?", rief er aufgebracht und sah die Kinder vom Hermes-Tisch entgeistert an.
„Die Götter sind nie für uns da, sie...", fing der Blonde an, wurde aber von Percy unterbrochen.
„Ja, ja, ja, ich kenne diese Sprüche zur Genüge. Ist schon klar, wir müssen ihnen immer den Arsch retten, sie sind nie für uns da, wir werden von Monstern verfolgt und sterben, blablabla. Vor neun Jahren, eigentlich vor dreizehn Jahren, hat sich ein verdammt mutiger, schlauer Halbgott das selbe gedacht. Luke, möge er in Frieden ruhen, ist als Held gestorben, weil er sich Kronos schlussendlich doch widersetzt hat und ihn getötet hat. Er ist vor neun Jahren nicht dafür gestorben, dass ihr seinen letzten Wunsch, das so etwas schreckliches nie wieder passieren wird, mit Füßen tretet. Und ja, ihr denkt euch jetzt, der Typ hat leicht reden und überhaupt, aber ich habe mehr durchgemacht, als sich die meisten von euch nur vorstellen können, ok? Ich habe nicht so viele Freunde verloren, damit ihr mit der ganzen Scheiße wieder anfangen könnt. Ich habe Luke versprochen, das so etwas nie wieder passieren wird und ich habe vor, dieses Versprechen zu halten. Ich habe meine Unsterblichkeit abgelehnt, um seinen Wunsch zu erfüllen. Ich hab das nicht gemacht, damit ihr das jetzt kaputt macht!", sagte er wütend und sah den Blonden finster an.
„Na und? Das ist doch nicht mein Problem. Wenn ich in den Tartarus gehe, um Kronos zurückzuholen, dann kannst du mich nicht aufhalten."
„Wie alt bist du?", fragte ich ihn und er sah mich verblüfft an.
„Vierzehn."
„Ok, und wie lange bist du schon hier?"
„Seit einem Jahr."
„Und wie viel Kampferfahrung hast du?", fragte Percy ihn und er überlegte. „Ich rede jetzt nicht von Capture the Flag oder dem Training in der Arena. Ich meine echte Kampferfahrung. Gegen wieviele Monster, Titanen, Giganten oder Götter hast du schon gekämpft?", fragte Percy ihn und er sah zu Boden.
„Keine.", gab er zu und sah Percy dann wieder an.
„Da haben wir's. Du würdest nicht mal zehn Minuten im Tartarus überleben.", rief Percy und stand von seinem Platz auf. „Also halt dich verdammt nochmal mit deinen Sprüchen zurück und sprich nicht so leichtfertig über Sachen, von denen du nichts verstehst!", rief er und war gerade im Begriff gehen, als Clarisse vom Ares-Tisch „Angeber!" sagte und sich Percy ruckartig zu ihr umdrehte.
„Die Schlacht um New York hättet ihr ohne mich und meine Leute, bei den Göttern, sogar ohne Lukas Zutun und Selina's Heldenhaftigkeit garnicht gewonnen. Schmück dich nicht mit fremden Federn, Jackson." Ein Raunen ging durch die Halbgöttermasse und alle sahen Percy an.
„Clarisse, darf ich dich daran erinnern, dass ich das goldene Vlies von Polyphem gestohlen und vor Luke gerettet habe? Das ich gegen deinen Vater gekämpft habe, als ich dreizehn oder vierzehn war und er abgehauen ist? Das Annabeth und ich aus dem Labyrinth des Dädalus herausgekommen sind, nachdem wir es gefunden hatten und deinen Freund gerettet haben? Das ich gegen Typhon und Kronos gekämpft habe? Das Annabeth und ich Reyna auf unsere Seite gezogen haben? Das Annabeth und ich den Tartarus überlebt haben, durch eine Armee aus Titanen gekommen sind und da unten so um die hundert Mal fast gestorben wären? Ohne uns sieben und Nico, wären die Tore des Todes nie geschlossen worden. Wo warst du zu der Zeit?", sagte er ruhig, doch das war nur die Ruhe vor dem Sturm. „Also, wenn du mir jetzt erzählen willst, dass du mehr geleistet, mehr durchgemacht und gegen mehr Monster, Titanen und Giganten gekämpft hast, dann bitte, ich höre! Ich bezweifle nicht, dass du eine Heldin bist und es stimmt, ohne dich hätten wir die Schlacht damals nicht gewonnen und du hast den Streitwagen deines Dads wiedergefunden, aber ich möchte dich daran erinnern, dass du auch da Hilfe hattest.", rief er und funkelte sie böse an.
„Nein, nein, alles gut. Manchmal glaube ich, du wärst ein Sohn des Ares, bei deinem Temperament, aber Poseidon passt doch besser zu dir, Jackson. Ihr seid beide so langweilig und uninteressant.", sagte sie und wollte gerade einen Schluck Saft aus ihrem Tetrapack trinken, als es in ihrer Hand zerplatzte und sich der gesamte Inhalt auf ihrem T-Shirt ausbreitete.
„Jackson, dafür werde ich dich grillen!", schrie sie, doch Percy grinste einfach nur und ging.
Ich folgte ihm in die Poseidon-Hütte und er sah mich abwartend an.
„Das mit den Hermeskindern hast du gut hinbekommen.", sagte ich und er nickte nur.
„Die Götter müssen wirklich etwas an ihrem Verhalten ändern, sonst dauert es nicht mehr lange und irgend so ein Vollidiot kommt wirklich auf die Idee, Kronos im Tartarus zu suchen.", sagte er.
„Aber ich muss dir etwas sagen.", sagte ich und sofort wurde sein Blick weicher.
„Was denn?"
„Percy, du wirst Vater.", sagte ich leise und seine Augen wurden riesengroß.
„Was? Du bist... Wir werden...", doch er starrte mich nur ungläubig an.
„Ja. Ich bin schwanger und wir werden Eltern.", sagte ich glücklich und er kam auf mich zu.
„Annabeth, das ist das Beste, was ich je gehört habe!", rief er und drückte mich an sich.
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