siebenundzwanzig
Plötzlich wurden seine Züge härter und sein sanfter Blick kalt. „Nach Hause?" schnaubte er spöttisch. „Glaubst du ernsthaft, das hier ist noch dein zu Hause? Nachdem du einfach so sang und klanglos abgehauen bist?" Ich senkte den Blick.
Er hatte recht. Das hier war nicht mehr mein zu Hause. Wie konnte es das auch noch sein?
„Du bist echt das Letzte! Wenigsten an deine Schwester hättest du denken können. Du bist so egoistisch!" Ich zuckte zusammen.
Malik wurde immer lauter. Aber ich konnte ihm keine Vorwürfe machen. Ich war egoistisch gewesen. Ich hatte meine kleine Schwester im Stich gelassen, habe mich noch nicht einmal verabschiedet. Sie wöllte mich bestimmt nicht sehen...
In mir regten sich Zweifel. War es richtig wieder hier in Berlin zu sein? Würde ich es fertig bringen an der Tür zu klingeln, oder würde ich im letzten Moment einen Rückzieher machen?
„Weißt du was Sam? Ich weiß gar nicht mehr warum ich mir überhaupt Sorgen um dich gemacht habe. Ich scheiße auf Menschen wie dich!"
Tränen traten in meine Augen und ich versuchte sie zurückzuhalten. Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um und lief davon.
„Sam?" Ich wurde vorsichtig angestuppst. „Sam!" Ich reagierte nicht.
„SAM! Verdammt noch mal wir sind da!" Mandy rüttelte mich und ich öffnete widerwillig die Augen. Die Begegnung mit Malik war nur ein Traum gewesen. Trotzdem nagten die Zweifel an mir. Würde ich es schaffen meiner Familie unter die Augen zu treten?
Wir stiegen aus.
„Mandy?" Angesichts meines unsicheren Tonfalls blieb sie besorgt stehen und sah mich an. „Was ist los? Ist es wegen vorhin? Ich bin mich sicher dass du –„
„Nein. Also nicht nur ... Denkst du, dass mich irgendjemand vermisst hat. Ich – ich denke sie sind alle froh dass ich weg bin. Meine Lehrer sowieso ... nur meine Schwester und... Ach Mandy ich denke einfach ich sollte nicht hier sein." Energisch stemmte sie die Hände in die Hüften und sah mich ernst an. „Samantha! Jetzt hörst du mir mal genau zu. Du bist kein schlechter Mensch und ich würde dich immer vermissen. Hörst du? Und ich denke deine Familie tut das auch. Jeder macht mal Mist. Na und? Das passiert eben. Aber nicht jeder hat den Arsch in der Hose dafür gerade zu stehen. Du schon. Und das macht es aus. Du wirst du hin gehen und auf die verdammte Klingel drücken. Und du wirst mit ihnen reden. Ich bin bei dir. Immer." Ich schluckte und zog Mandy in eine feste Umarmung. „Danke."
Luca:
Schweigend sitzen wir wieder im Mustang. Eigentlich hätte uns klar sein müssen, dass diese Aktion nichts bringen würde. Dresden war riesig. Und es war ja noch nicht einmal klar gewesen ob die beiden auch wirklich dort waren. „Und jetzt?" fragte ich in die Stille hinein.
„Ich weiß es nicht. Ich denke es ist am besten wenn wir wieder zurück fahren." Ich nickte und startete den Motor. „Wenn wir in Berlin sind, solltest du weiter fahren. Dorthin wohin du auch immer wolltest." Fragend blickte ich kurz in seine Richtung. „Ich denke Sam möchte nicht gefunden werden. Und ich halte dich nur unnötig lange von deinem Ziel ab. Sorry Mann." Nach längerem Schweigen nickte ich. Selbst wenn wir sie finden würden... Sam würde mich nicht sehen wollen. Es war wohl das Beste.
„Okay. Aber wenn du sie findest, dann schreib mir ja?" Malik seufzte. „Klar. Fall ich sie finde ... Aber hey! Du bist immer willkommen."
„Danke." Ich lächelte leicht. In der Zeit die ich in Berlin verbracht habe, ist Malik zu einem guten Freund geworden.
Malik:
Ich starrte aus dem Fenster während Luca die Autobahnausfahrt Richtung Berlin nahm. Zehn Minuten später hielt er vor meiner Reihenhaushälfte. Betreten sahen wir uns an. „Als dann ..." sagte ich. „Bis irgendwann mal." Wir lächelten uns leicht an und ich stieg aus. Luca fuhr davon als ich die Haustür hinter mir schloss. Das war alles für umsonst gewesen. Ich würde Sam niemals wieder sehen...
Später am Abend beschloss ich meiner Lieblingsbar einen Besuch abzustatten. Dort gab es das beste Bier der Stadt, und Alkohol brauchte ich jetzt definitiv. Ich lief die Einfahrt hinunter und blieb wie angewurzelt stehen.
Auf den Stufen vor der Tür meiner Nachbarn saßen zwei Mädchen.
„Sam?"
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro