1 | 𝑠𝑐ℎ𝑜𝑜𝑙 & 𝑛𝑒𝑖𝑔ℎ𝑏𝑜𝑟𝑠
Seufzend stand ich vor dem Spiegel und strich mir erneut durch die schulterlangen Haare, die erst seit ein paar Wochen diese Länge angenommen hatten. Meine blauen Augen blitzten mich fröhlich im Spiegel an und mein Deutscher Schäferhund Sammy wuselte aufgeregt um meine Beine herum, was mich grinsen ließ.
„Sammy!", lachte ich und der Rüde hörte auf und sah mich an, ehe er sich wie wild im Kreis drehte und mich damit noch mehr zum Lachen brachte. „Sitz", meinte ich jedoch streng und der Hund gehorchte aufs Wort, ehe er mir nach unten folgte, kaum hatte ich mein Handy vom Bett aufgesammelt.
Unten stellte ich dem ungeduldigen Hund sein Futter hin, ehe ich meine Eltern begrüßte, die bereits am Küchentisch saßen. Mein Bruder schlief vermutlich noch tief und fest, da er heute frei hatte. Ich ließ mir einen Milchkaffee von unserem Kaffeevollautomaten machen und schnappte mir danach den Becher, ehe ich mir noch einen Riegel in die Hosentasche steckte.
Danach schlüpfte ich in meine Vans und zog mir eine Lederjacke über, ehe ich Sammys Leine vom Haken nahm und ungeduldig darauf wartete, dass er sein Futter vertilgte. Als er dann endlich fertig war, hakte ich die Leine in seinem Halsband ein und ging noch eine Runde mit ihm spazieren, während ich an meinem Kaffee schlürfte.
Ich war gerade einmal ein paar Meter gelaufen, als mir auch schon ein düster dreinblickender Jogger entgegenkam, den ich bei genauerem Hinsehen als Jayden West, meinen unglaublich nervtötenden Nachbarn und gleichzeitig älteren Zwilling, ausfindig machte.
Genervt verdrehte ich die Augen und wollte gerade sie Straßenseite wechseln, als er auch schon von Sammy angesprungen wird und ich daraufhin einen tadelnden Blick kassiere. Streng gebe ich meinem Hund mit einem lauten „Aus!" zu verstehen, dass er wieder neben mich kommt, ehe er sich brav neben mich setzte und auf weitere Kommandos wartete, während ich den großen Kerl vor mir böse anfunkelte.
Noch bevor ich etwas sagen konnte, lockte er meinen Rüden auch schon zu sich, der sonst gerade einmal meine Familie und meine besten Freunde tolerierte, und kraulte ihn wenig später hinter den Ohren. „Aber erstmal meckern", murmelte ich und der Braunhaarige grinste mich provozierend an.
„Dein Hund mag mich eben mehr als dich. Schon ein wenig belastend, findest du nicht auch?", meinte er lächelnd und stellte sich dann wieder normal hin, da er sich zu meinem Hund hinunterbeugen musste. Er war doch glatt einen guten Kopf größer als ich, weshalb ich meinen Kopf in den Nacken legen musste, um ihm in die Augen sehen zu können, die leider Gottes einen tollen Grünton hatten, der mich fast in ihnen versinken ließ. Jedoch nur fast.
„Träum weiter, West", maulte ich und lief dann weiter, da ich bald wieder zuhause sein musste, um pünktlich zum College zu kommen. Die Semesterferien waren zu Ende und somit würde heute mein zweites, offizielles Jahr am GWC, dem Golden West College, beginnen.
Ich beendete meine Runde mit Sammy keine halbe Stunde später, da ich einfach dringend losmusste, doch hatte vor, heute Mittag dafür extra lange mit dem Rüden zu gehen, da es der erste Tag war und nicht viele Kurse geplant waren. Lediglich Organisatorisches stand auf dem Plan.
Zuhause angekommen packte ich meine Tasche und schnappte mir dann die Autoschlüssel meines Jeeps, ehe ich in meinen weißen Wrangler hüpfte und zu Carter fuhr, den ich heute mitnahm, da sein Auto, mal wieder, in der Werkstatt stand.
„Guten Morgen, Sonnenschein", grinste mich der braunhaarige Idiot wenig später an und ich verdrehte grinsend die Augen. Carter konnte manchmal ziemlich nervig sein, doch er war seit einer halben Ewigkeit mein bester Freund und daran würde sich so schnell auch nichts ändern.
„Ich wäre selbst gefahren, aber die blöde Kiste ist schon wieder kaputt!", zischte er, kaum hatte er sich angeschnallt, und ich lachte leise. „Ich nehme dich doch gerne mit, Idiot. Aber du solltest wirklich auf das Angebot von Meg und mir zurückkommen. Dann hättest du endlich mal ein anständiges Auto", meinte ich und er seufzte frustriert.
„Du weißt genau, dass ich das nicht annehmen kann. Und bis ich euch das zurückgezahlt habe, sind wir alt und grau", murmelte er und ich verzog ein wenig das Gesicht. Ich hätte meinem besten Freund ohne zu zögern ein neues Auto gekauft, denn wenn ich von einer Sache genug hatte, dann war es Geld. Und für sinnvolle Investitionen gab ich es gerne aus. Und Meghan, unsere beste Freundin, sah das genauso. Zumal es kein Luxusschlitten hätte sein müssen, aber Carter weigerte sich. Und das schon seit gut einem Jahr.
Nach einiger Zeit lenkte ich den Jeep auf einen relativ leeren Parkplatz, der nicht weit vom GWC entfernt war, damit wir nicht weit laufen mussten. Dass sich viel zu hohe Summen auf meinem Bankkonto befanden, behielt ich meist für mich.
Ich konnte es nicht ausstehen, wenn Leute nur wegen meines Geldbeutels hinter mir her waren, oder einen auf Freunde machten. Und deshalb wussten auch nur meine engsten Freunde davon. Und da ich nie direkt vor dem College parkte, gab es auch keine Vermutungen. Wer hatte heutzutage schon kein iPhone? Das war nun wirklich nichts, was einen direkt in die gehobenere Gesellschaft katapultierte.
Ich schloss mein Auto ab und verstaute den Schlüssel in den Tiefen meines Rucksacks, ehe ich neben Carter herlief und wir gemeinsam zu dem großen Eingangstor liefen, vor dem wir auf Meghan, Linnea und Olivia warteten. Als die drei da waren und wir uns überschwänglich begrüßt hatten, zumindest Linn und Livy hatte ich länger nicht mehr gesehen, liefen wir in die große Mehrzweckhalle, in der heute die Rede stattfinden würde.
Wir suchten uns einen guten Platz in der Mitte und setzten uns, ehe sich der Raum langsam aber sicher füllte. Immerhin waren nicht nur die Leute aus dem zweiten Jahr hier, sondern auch alle aus dem ersten und dem letzten Jahrgang. Und obwohl die Halle groß war, kam sie bei der Anzahl an Schülern dennoch an ihre Grenzen.
Keine halbe Stunde später betrat der Direktor den Raum und positionierte sich vor dem Podest, ehe er das Mikro testete und dann erst einmal einen Witz erzählte, ehe er mit den wichtigen Informationen herausrückte. Es dauerte über zwei Stunden, bis endlich jeder Bescheid wusste und wir unsere Kurse aufsuchen konnten.
Ich hatte zuerst Gesellschaftskunde, doch da heute nur Organisatorisches auf dem Plan stand, hatte ich ein Grinsen im Gesicht. Der Kurs gehörte nun wirklich nicht zu meinen Favoriten und auch der Professor war nicht der Coolste, doch es gab schlimmere.
Vor dem Zimmer verabschiedete ich mich von Meg und Carter, die jetzt beide Literatur bei einem jungen Dozenten hatten. Manchmal war ich neidisch auf die beiden, aber ich hatte nun einmal andere Kurse als meine besten Freunde und auch Linn und Livy hatten jetzt Biologie.
In dem Kursraum setzte ich mich an einen Tisch in der vorletzten Reihe, da ich ungern auffiel, jedoch wollte ich auch noch mitkommen. Viel mitarbeiten konnte man sowieso nicht, da es quasi nur Vorlesungen gab, bei denen man zwei Stunden oder länger einfach nur dasaß und dem Professor lauschte.
Ich saß gerade einmal zwei Minuten, als zwei mir bekannte Gesichter auf mich zusteuerten und ich langsam aber sicher die Krise bekam, als mich alle Augen im Saal anstarrten, die der zwei Jungs inklusive, die sich neben und hinter mir auf die Plätze fallen ließen.
„Na, Collins?", grinste mich Dylan von der Seite an und ich schenkte dem jüngeren Zwilling ein aufrichtiges Lächeln, während ich den Kerl hinter mir am liebsten erwürgen würde. Sein Bruder hatte all die Manieren abbekommen und er dafür das Talent zu Nerven.
„Du hattest wohl noch nicht genug von mir, hm?", tönte es da auch schon aus der hinteren Reihe und noch während ich mich umdrehte, rollte ich mit den Augen. „Nimm dir mal ein Beispiel an deinem Bruder, Jayden. Er kann nett sein und nervt nicht", meckerte ich, woraufhin der Idiot doch wirklich die Dreistigkeit besaß, höhnisch zu lachen. Langsam aber sicher verlor ich den Glauben an die Menschheit.
Recht viel länger konnte er mich jedoch nicht nerven, da er wenige Augenblicke später von anderen Kursteilnehmerinnen umringt war, während Dylan nur Augen für mich hatte, die mich fröhlich anfunkelten. „Wie waren deine Ferien?", wollte er wissen und stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab, wodurch sein Bizeps gut zur Geltung kam.
„Eigentlich ganz gut", entgegnete ich schmunzelnd. Dass ich zwei Wochen in einem Strandhaus meiner Eltern in den Hamptons verbracht hatte, musste er ja nicht wissen. Wobei ich mir ziemlich sicher war, dass auch seine Familie ein Ferienhaus in den Hamptons besaß. Manche Menschen hatten einfach zu viel Geld.
Er wollte gerade seinen Mund aufmachen und etwas erwidern, als der Professor den Raum betrat und uns in den nächsten zwei Stunden erklärte, was uns in den nächsten zwei Semestern erwarten würde. Da der Kurs nicht nur aus dem zweiten Jahrgang bestand, sondern auch aus dem dritten, saßen einige Berühmtheiten des Colleges bei mir im Kursraum, unter anderem die Zwillinge, die ein gutes Jahr älter als ich waren.
Normalerweise störten mich solche Kurse nicht, meist waren sie so sogar noch interessanter, doch die Erkenntnis, die nächsten zwei Semester mit einem gewissen Vollpfosten hinter mir zu verbringen, klang eher weniger prickelnd. Auch wenn der Schönling neben mir die Qualen durchaus wert war.
Die nächsten zwei Kurse, von denen ich einen weiteren mit den Zwillingen hatte, vergingen wie im Flug und wenig später stand ich vor dem Tor des Colleges und wartete auf meine besten Freunde, wovon ich einen wieder mit nach Hause nehmen würde.
„Und? Wie sind deine Kurse?", wollte Meg wissen, als sie neben mir stand und wir auf Carter warteten, der den letzten Kurs offenbar ebenfalls alleine hatte. „Eigentlich ganz gut, ich mag die meisten Professoren, aber ich habe alleine bis jetzt zwei Kurse mit den West Zwillingen", murrte ich und Meg zog überrascht eine ihrer perfekt gezupften Augenbrauen hoch.
Eigentlich war ich nur auf ihre langen, blonden Haare neidisch, seit ich mir meine abgeschnitten hatte, doch momentan hatten es mir ihre Augenbrauen angetan. Kaum merklich schüttelte ich den Kopf und dachte nicht länger über Haare nach. Stattdessen lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf meine beste Freundin und Carter, der in unsere Richtung spaziert kam.
„Treffen wir uns später noch bei dir?", wollte Meg wissen und ich sah fragend zu Carter, welcher nur nickte, weshalb ich ebenfalls nickte. „Klar. Soll ich euch abholen? Oder kommt ihr selber?", wollte ich wissen und musste bei dem Gedanken daran lachen, dass Carter nur zwei Häuser weitergehen musste, ehe er bei mir war. Meghan hatte es da schon deutlich weiter, da sie am anderen Ende von Huntington Beach wohnte.
„Du kannst mich gerne abholen", lachte Carter und auch Meg und ich grinsten. „Ich schaffe es selber zu dir. So in zwei Stunden?", wollte Meghan wissen und ich nickte erneut. Wenig später lief ich mit Carter zu meinem Jeep, als ich mir sicher war, dass uns niemand sah.
Vielleicht war ich paranoid und vielleicht übertrieb ich das Ganze ein wenig, doch niemand außer meinen Freunden wusste, wie viel Geld meine Eltern wirklich besaßen. Und auch die Autos blieben in der Tiefgarage stehen, sobald die Nachbarn uns sahen. Vermutlich hatten meine Eltern deshalb auf ein übertrieben großes Haus verzichtet.
Unser Haus war schön und auch geräumig, keine Frage, doch mit dem Haus der West's konnte es bei Weitem nicht mithalten. Die Villa erkannte man schon von Weitem und obwohl die Eltern der Zwillinge sehr liebe und bodenständige Menschen waren, zeigten sie dennoch gerne und hin und wieder mal, was sie besaßen.
Ich parkte in der Tiefgarage und verabschiedete mich dann von Carter, der noch einmal nach Hause ging, ehe er später mit Meghan zu mir kommen würde. Ich sperrte die Tür auf und wurde sofort von einem freudigen Sammy begrüßt, der begeistert an mir hochsprang, was mich zum Lachen brachte, ehe ich ihn streng davon abhielt.
In der Küche fand ich einen Zettel von meiner Mutter, der meinen Verdacht, dass meine Eltern nicht daheim waren, bestätigte, und dass noch eine Lasagne im Ofen war, die ich mir aufwärmen konnte, falls ich Hunger hatte.
Wenig später lief der Ofen auf Hochtouren und ich wartete ungeduldig, bis das Essen heiß war und ich es endlich vertilgen konnte. Für ein Mädchen aß ich vermutlich ziemlich viel, doch ich nahm seltsamerweise nicht zu dabei. Vielleiht hatte ich einen guten Stoffwechsel, vielleicht lag es aber auch an dem Sport, den ich regelmäßig trieb.
Als ich gegessen hatte, schnappte ich mir Sammys Leine und ging eine ausgiebige Runde spazieren, ehe es schon kurz vor halb drei war und somit meine Freunde gleich eintreffen würden. Ich sperrte also die Tür auf, nahm den Rüden von der Leine und nahm dann ein paar Snacks mit hoch, die ich auf dem kleinen Glastisch auf meinem Balkon platzierte, der vor ein paar Sitzgelegenheiten stand.
Ich hatte auch einen Stuhl, doch die meisten Sitzgelegenheiten waren Kissen oder Sitzsäcke, die dem Ganzen einen gemütlichen Touch verliehen. Wenig später standen meine beiden besten Freunde auch schon vor meiner Tür, die ich wenig später öffnete.
Wir liefen schnurstracks auf meinen Balkon, ehe wir es und bequem machten und durch das gläserne Geländer die Menschen am Strand beobachteten. Von meinem Balkon aus konnte ich nicht nur den Strand perfekt überblicken, sondern auch den Garten meiner liebsten Nachbarn. Zudem hatte ich den perfekten Blick in die zwei Zimmer der Zwillinge, was ziemlich ironisch war. Ich konnte mir nun wirklich besseres vorstellen!
„Ist das nicht Jayden da unten?", wollte Carter nach einiger Zeit wissen und gelangweilt blickte ich zu dem Jogger, ehe ich leicht nickte. Welcher Mensch ging freiwillig öfter als ein Mal am Tag joggen? Ich wusste ja schon immer, dass mit dem Kerl etwas nicht stimmte.
„Du hast es gut", seufzte Meg und ich sah sie mit gerunzelter Stirn an. „Die wohl heißesten Jungs der Schule wohnen neben dir und du hast noch dazu die Möglichkeit, sie bei jeder kleinsten Bewegung zu stalken", meinte sie und ich verdrehte leicht die Augen.
„Das schon, aber das habe ich überhaupt nicht vor, Meg. Außerdem können sie dasselbe tun und das ist jetzt wirklich nicht das, was ich mir wünsche", grummelte ich und Carter lachte mich nur aus, während Meg mich verständnislos ansah. Ich lebte ihren Traum und hasste es.
„Ohne das Spiegelglas an meiner langen Fensterfront wäre ich aufgeschmissen", grinste ich schief und Carter lachte noch immer, während sich auf den Lippen meiner besten Freundin ein kleines Lächeln formte. „Ich muss definitiv wieder öfter hier schlafen. Ein bisschen stalken würde ich ja schon gerne."
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