Erkenntnis?
Keuchend kniete ich auf dem Boden. Johanna beugte sich zu mir herunter. „Geht's?" fragte sie besorgt. „Ja" sagte ich und stand auf. „Kannst du etwas machen, damit Joaliné das, was wir hier gemacht und gesagt haben, auch sehen kann?" fragte ich sie. „Ja. Hol sie" sagte Johanna. Ich ging hinaus und die Treppe hinunter ins Wohnzimmer, wo Jo auf dem Sofa saß und mit Conny redete. „Jo, kommst du mal bitte?" bat ich sie. Sie stand auf. „Okay, Schwesterherz" sagte sie und folgte mir nach oben. In meinem Zimmer erklärten Johanna und ich ihr kurz, worum es ging. „Ich kann dir unsere ganze Unterhaltung zeigen, wenn du willst" schloss Johanna. „Krass" meinte Jo. „Na dann, mach mal!" sagte sie, nahm meine Hand und hielt Johanna ihre andere Hand hin. Johanna nahm sie. Mit ihren Fingerspitzen berührte sie mein Handgelenk. Schon riss es uns fort.
„Wow" staunte Jo bei dem Anblick meines Erinnerungsfeldes. „Zeige mir unser Gespräch!" rief Johanna. Schon leuchtete ein Halm direkt neben uns hell auf. Johanna berührte ihn. Wieder riss es uns fort. Dieses Mal landeten wir in meinem Zimmer. Genau in der Szene, die sich vorhin abgespielt hatte. Dieses Mal war es wärmer. Johanna schien zu sehen, dass ich mich fragte, warum es dieses Mal wärmer war. „Je älter eine Erinnerung ist, desto kälter ist es" erklärte sie mir. Dann hörten wir auf, zu reden und schauten einfach nur. Mein Erinnerungs-Ich schloss ab. „Schieß los!" forderte es Johanna auf. „Also... Adrian wollte zwar nicht, dass ich es dir erzähle, aber du bist schließlich meine Cousine. Ich...kann in Erinnerungen sehen" sagte sie leise. „Echt?" fragte mein Erinnerungs-Ich ungläubig. „Ja. Ich würde es dir gerne beweisen, aber ich weiß nicht, wie" sagte sie. „Mach es und sag mir, warum Joaliné und ich uns mal gestritten haben. Ich habe ein super Gedächtnis. Wenn du es mir sagst, weiß ich, ob es stimmt oder nicht. Also, fang an" forderte mein Erinnerungs-Ich sie auf. „Okay" sagte sie und griff nach meinem Handgelenk. Ein paar Sekunden später ließ sie es wieder los. „Ihr wart im Kindergarten, es hat geregnet und ihr habt Kuchen bekommen. Dein Kuchenstück war etwas größer. Joaliné hat dir vorgeworfen, du würdest dich bei den Erziehern einschleimen und deshalb immer bessere Sachen bekommen. Du hast ihr widersprochen. Dann habt euch eine halbe Minute lang-schätze ich- angebrüllt. Und dann hast du ihr vorgeschlagen, dass du ihr ein Stück von deinem Kuchenstück abgibst. Das wars." berichtete sie. Mein Erinnerungs-Ich starrte sie mit offenem Mund an. „Das stimmt haargenau! Kannst du mir mal zeigen, wie du das machst?" bat es sie. „Okay. Gib mir deine Hand" forderte sie mich auf. Mein Erinnerungs-Ich streckte ihr sie hin. Sie berührte mein Handgelenk mit der Fingerspitze. Meine andere Hand hielt sie fest. Das Bild änderte sich. „Das gehört schließlich auch zu deiner Erinnerung" flüsterte Johanna. Nun stand mein Erinnerungs-Ich zusammen mit der Erinnerungs-Johanna auf dem Erinnerungsfeld, über das sich ein orangener Himmel spannte. „Wow" staunte mein Erinnerungs-Ich. „Das ist dein Erinnerungsfeld. Es beinhaltet alle deine Erinnerungen." informierte Johanna mich. „Und jetzt?" fragte mein Erinnerungs-Ich. „Was willst du sehen?" fragte sie mich zurück. „Etwas, was passiert ist, als ich zwei war" forderte mein Erinnerungs-Ich. „Etwas aus deinem zweitem Lebensjahr" wiederholte Johanna laut. Bei ihren Worten leuchteten ein paar der Gräser golden auf. „Komm!" forderte sie mich auf. Hand in Hand liefen wir über das Feld zu dem Halm. Johanna berührte ihn. Wieder änderte sich das Bild. Diesmal war da ein Meer. Wir waren unter Wasser und es war kalt. Dort schwamm das kleine Kind. Es hatte azurblaue Augen und dunkle Haare. Da änderte sich das Bild. Nun sahen wir die Frau. Sie war bildschön und hatte lange, dunkle Haare und leuchtend azurblaue Augen. „Wer ist das?" fragte mein Erinnerungs-Ich flüsternd. „Keine Ahnung, ich kenn sie nicht" flüsterte die Erinnerungs-Johanna zurück. Die Frau stand in einem Bad vor dem Spiegel. Sie kämmte sich und sang. Sie trug den grünen Anzug, der mich an einen Taucheranzug erinnerte. Neben ihr stand die Wiege, in der Ich als zweijähriges Kind lag. Da kam der kleine Junge hereingerannt. Die Frau hob ihn hoch. „Na, wo warst du denn, mein Schatz?" fragte sie liebevoll und wuschelte ihm durch die Haare. Dann kitzelte sie ihn unter dem Kinn. Der Junge quiekte und drehte sich zur Seite. Nun konnten wir sein Gesicht sehen. Er hatte kurze, verstrubbelte Haare und dieselbe Haarfarbe wie ich. Jo musterte ihn und keuchte auf. Da änderte sich das Bild und wir waren wieder in meinem Zimmer. Wir verließen meine Erinnerung.
Jo starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an. „Das war der Junge, den wir heute in der Schule getroffen hatten!" stieß sie hervor. Ich überlegte fieberhaft. Das konnte sein. Doch was hatte er in meiner Erinnerung zu suchen? „Meinst du?" fragte ich zweifelnd. „Jap. Er sah genau so aus. Nur eben in klein." sagte Jo. „Wenn du meinst... Aber was hat der in meiner Erinnerung zu suchen?" fragte ich. „Also...Ich geh mal wieder runter, wir machen jetzt los" sagte Johanna. „Wir kommen noch mit zur Tür!" sagte Jo und ging hinaus. Ich folgte ihr.
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