10. Ein blöder Zufall
Und so gingen die beiden Männer an einem Abend einige Tage später zusammen in eine Bar, um etwas zu trinken.
Nach einigen Gläsern war die Stimmung bereits locker und angenehm gelöst.
Harry konnte seinen Blick kaum von Louis nehmen und hing gespannt an dessen Lippen, während er von der kleinen Farm erzählte, auf der er aufgewachsen war.
Schließlich blickte auch Louis neugierig in die Augen seines Gegenübers. „Jetzt erzähl mal", forderte er den jungen Soldaten auf. „Wie bist du aufgewachsen?"
Harry zog die Schultern an und dachte einen Moment lang darüber nach, ob es irgendetwas spektakuläres zu berichten gab, aber da war nichts.
„Eigentlich ziemlich langweilig", kicherte er und leerte sein Bier. „Mein Vater hat in der Stadt gearbeitet, meine Mutter war mit meiner Schwester und mir zu Hause und hat sich dort um alles gekümmert."
Louis lächelte. „Klingt nach einem funktionierendem Familienleben."
Harry nickte. „Die meiste Zeit habe ich ohnehin mit Niall draußen verbracht."
Ein sehnsüchtiges Lächeln umspielte Louis' Lippen. „Ihr kennt euch wirklich schon so lange?"
„Ja", antwortete Harry, „Wir sind zusammen aufgewachsen. Er ist mein engster Freund, und ich kann mich immer auf ihn verlassen."
Nun leerte auch Louis sein Bier. „Das ist nicht selbstverständlich", kommentierte Louis und stellte den Krug wieder auf dem Tisch ab.
Die Bar bestand im Grunde genommen nur aus einigen Stühlen und einer Bar, die am Strand von Waikiki aufgestellt worden waren. Sie gab einen herrlichen Blick auf das Meer und den Sonnenuntergang frei, der das Wasser wieder rosarot färbte.
„Das stimmt", pflichtete Harry ihm bei, und da war wieder dieser dunkle Schatten, der über sein Gesicht huschte. „Seit dem Unfall ist unsere Bindung noch viel enger geworden."
Louis schluckte.
Er wollte nichts Falsches sagen.
Er wusste ganz genau, dass ein Wort reichte, um Harry dazu zu bringen, komplett dicht zu machen.
„Ehrlich?", hakte er also vorsichtig nach.
Harry nickte, er antwortete nicht sofort.
„Es war so ein blöder Zufall, ehrlich", erzählte er und strich sich eine Strähne aus der Stirn.
Louis schluckte, als ihm klar wurde, dass Harry über den Hergang seines Schwimmunfalls sprechen wollte.
Vorsichtig berührte er die Hand des jungen Soldaten.
Nur für einen Augenblick. Lange genug, um ihm zu zeigen, dass er für ihn da war, kurz genug, um niemanden neugierig werden zu lassen. „Solche Dinge können passieren. Dafür musst du dich nicht schämen."
Harry schüttelte energisch den Kopf. „Das Problem ist ja nicht der Unfall an sich", widersprach er, „Sondern die Angst, die ich seitdem habe, wenn ich ins Wasser steigen muss."
Ein tiefes Seufzen drängte sich aus Louis' Brust. „Warst du damit denn schon einmal beim Arzt?"
Irritiert zog Harry die Augenbrauen zusammen. „Natürlich nicht. Die würden mich doch sofort ausmustern. Dann kann ich meinen guten Ruf bei der Marine an den Nagel hängen."
Louis presste die Lippen zusammen. Er konnte ihn natürlich verstehen, aber er fand trotzdem, dass ärztliche Unterstützung in Harry's Fall längst überfällig war.
„Ich hoffe einfach, ich bekomme das von selbst wieder in den Griff", murmelte Harry, ehe er sich noch ein Bier bestellte.
Louis tat es ihm gleich und spürte, wie seine Zunge von den vorherigen Gläsern bereits schwer geworden war. „Wie lange ist der Unfall denn her?"
Harry zuckte die Schultern. „Noch nicht sonderlich lange", antwortete er, „Vielleicht drei Monate."
Schließlich griff er nach seiner Zigarettenschachtel, zündete sich eine an und wechselte das Thema. „Hast du dich schon ein bisschen eingelebt?"
Louis dachte einen Moment lang über die Antwort auf diese Frage nach, nickte dann allerdings. „Ich denke schon", sagte er, „Ich habe in den letzten Tagen viel Zeit mit Liam verbracht."
Harry blies den Rauch seiner Zigarette aus. „Das habe ich bemerkt. Liam ist ein netter Kerl."
Louis schmunzelte. „Ich habe allgemein das Gefühl, dass die Leute hier sehr nett und zuvorkommend sind. Und dann dieser traumhafte Strand..."
„Ja, es ist wirklich schön hier", stimmte Harry ihm zu. „Da fällt es einem nicht schwer, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen."
Die beiden Männer lachten, doch irgendwann wurden ihre Blicke ernster.
„Ist es nicht merkwürdig, wie das Leben uns zusammengeführt hat?", sagte Harry plötzlich, „Ich meine, wer hätte gedacht, dass wir uns hier in Pearl Harbor begegnen – und das ausgerechnet in dieser turbulenten Zeit?"
Louis nickte. „Ich bin so froh, dass ich dich kennengelernt habe", lächelte Louis. „Es tut so gut, jemanden zu haben, mit dem man über all das reden kann."
Sie sahen sich einen Moment lang in die Augen, und die Chemie zwischen ihnen war unverkennbar.
Diese Verbundenheit war für beide Männer spürbar, und hätten die anderen Soldaten um sie herum ihnen mehr Aufmerksamkeit geschenkt und genau hingesehen, wäre es vermutlich auch denen aufgefallen.
Während die Welt im Chaos versank, so war in diesem Moment für Harry und Louis alles in Ordnung.
Auf dem Heimweg liefen sie barfuß am Strand entlang und sahen sich immer wieder um, bevor sie sich an den Händen hielten.
Niemand durfte sie sehen, und vor allem durfte niemand bemerken, was zwischen ihnen vorging.
Sie torkelten ein wenig, da sie das ein oder andere Glas zu viel getrunken hatten.
Lachend stützten sie sich aneinander, und der Alkohol machte sie mutig, ihre Zuneigung füreinander offener zu zeigen.
Harry nahm Louis' Hand in die seine und lächelte ihm liebevoll zu, was ein warmes Gefühl in seiner Brust auslöste.
So warm, dass sein Herz begann, schneller zu schlagen.
Unter dem klaren Sternenhimmel hielten sie an einer Stelle an, die von Bäumen gesäumt war.
Und unter einem dieser Bäume blieb Harry stehen, während Louis ihn sanft gegen dessen Stamm drückte.
Was für ein schöner Abend, dachte er noch bei sich, ehe ihre Lippen ihren Weg zueinander fanden und sie sich leidenschaftlich küssten.
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Es ist Freitag, wir haben es ins Wochenende geschafft!🤍
Danke fürs Lesen! Wie denkt ihr, wird es weitergehen?
All the love,
Helena xx
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