Kapitel 2-Das Tagebuch
Ich lauschte noch mal, aber hörte nichts. Langsam trugen mich meine Füße zum anderen Ende des Flures. Nun stand ich vor der Kommode und zog die erste Schublade auf. Warum wusste ich auch nicht genau, irgendwie sagte mir mein Gefühl, dass ich dies tun sollte. Darin lagen ein paar weiße Tücher mit braunen Flecken und ein dickes Buch. Es hatte einen alten Ledereinband und auf die Vorderseite war ein etwas schiefes Etikett geklebt mit der Aufschrift :
Mein Tagebuch
Es war in einer älteren Schrift geschrieben, dennoch konnte man es relativ gut lesen. Langsam nahm ich es aus der Schublade und legte es auf die Kommode. Ich blies über den Einband und eine große Staubwolke flog durch die Luft, sodass ich anfing zu husten. Ich sah auf die erste Seite, dort stand in großen Buchstaben geschrieben:
Tagebuch von Marlen Gate
Alles Gute zum Geburtstag, Lieblingsnichte.
Dein Onkel Nikolas Gate
Ich überlegte kurz, hatte aber noch nie etwas von einer Marlen Gate gehört.
Auf der nächsten Seite stand:
12.7.1920
Liebes Tagebuch,
gestern bin ich 20 Jahre alt geworden, aber es hat sich viel verändert, seit ich klein war. Die Peace Street ist nicht mehr so wie früher. Früher haben alle Nachbarn sich gut verstanden, doch seit ein paar Monaten ist vieles anders.
Niemand spricht mehr mit dem anderen, jeder zieht sich zurück. Die meisten bleiben tagsüber in ihren Häusern. Die Straße ist wie ausgestorben. Irgendwie finde ich das gruselig, da sie ja am Rande der Stadt liegt.
Jeder Bewohner der Peace Street kennt den Grund dafür, warum sich alle zurückziehen, aber keiner spricht darüber. Aber dir vertraue ich es an, Tagebuch. Das alles hängt zusammen mit ...
Ich schreckte hoch, da war doch ein Geräusch! Schnell stopfte ich das Buch in meine Umhängetasche und lauschte. Da war es wieder "Tock, Tock", es kam aus dem Zimmer mit der angelehnten Tür. Langsam ging ich auf sie zu und stieß mit dem Fuß sachte dagegen. Sie schwang knarrend auf, es war dunkel und als sich meine Augen etwas an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte ich einen alten Holztisch, der in der Mitte des Raumes stand.
Er war viereckig und auf ihm lagen ein paar Akten und Stifte. Hinter ihm stand ein alter Ledersessel. Ansonsten gab es nur noch ein paar kleine Möbel. Ich sah auch ein Fenster, aber dicke schwarze Vorhänge verdeckten es. Ich wagte einen Schritt, als plötzlich die Tür hinter mir zuschwang und ich im Dunkeln stand.
Angst. Jetzt hatte ich Angst. Ich bewegte mich nicht und verharrte dort, wo ich war, wie in einer Art Schockstarre. Plötzlich ging eine alte Lampe in der Ecke links hinten an und blendete mich. Als sich meine Augen langsam an das Licht gewöhnt hatten, sah ich, dass im Schaukelstuhl neben der Lampe jemand saß und die Augen geschlossen hatte ...
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