Kapitel 14 (Amy)
Das Amyphänomen.
So nannte ich es zumindest spaßhalber.
Ich wusste nicht was es war, doch es war schon zu oft passiert, als das es Zufall sein konnte.
Manchmal fing ich einfach an zu zeichnen. Ich wusste nie was ich zeichnete, das Bild entstand einfach.
Und dann sah ich die Situation die ich gezeichnet hatte danach, meist innerhalb einer Woche, in echt.
Bis jetzt hatte ich noch keinem davon erzählt, wahrscheinlich weil mir sowieso keiner glauben würde.
Außerdem wusste ich auch nicht sicher ob ich dem überhaupt selbst glauben sollte.
Am Ende war alles vielleicht doch nur ein dummer Zufall.
„Gib dem allem bitte einfach eine Chance, okay“ sagte Mum noch als wir die Villa erreichten. Ich öffnete die Tür und trat in den Schnee.
Trotz meiner dicken Jacke war mir schrecklich kalt. Ich nahm meine Schultasche und lief schnell zur Haustür.
„Mum“ rief ich ungeduldig.
Endlich schloss sie die Tür auf. Ich zog meine Stiefel und meine Jacke aus und warf mich im Wohnzimmer aufs Sofa.
„Was gibt's heute zu Essen?“ fragte ich.
„Chinesisch wenns nicht anbrennt“, antwortete Mum.
„Oh“.
Die Kochkünste meiner Mutter waren eher mittelmäßig.
Auf einmal klingelte es an der Tür und Mum öffnete.
Ich ließ meinen Kopf am Sofarand runterhängen und hatte so die Tür gut im Blick, zumindest Kopfüber.
„Guten Tag Miss Alson, spreche ichs richtig aus? ich bin Lucy Fait“, eine Frau stand vor der Tür und hielt einen Korb in der Hand, „ich wollte euch herzlich in Onterie willkommen heißen, hier ein kleines Willkommensgeschenk“.
„Vielen Dank, aber das wär doch nicht nötig gewesen und nennen sie mich doch bitte Melissa“ Antwortete meine Mutter lächelnd.
„Wir wohnen da unten in dem kleinen Haus, wenn ihr bei irgendetwas Hilfe braucht könnt ihr jederzeit vorbeikommen“, sagte Lucy.
„Oh ja, danke“, bedankte sich Mum lachend, „in so einem kleinen Dorf wird man sich bestimmt oft über den Weg laufen“.
„Ja, das stimmt...“.
Irgendwie wurde es mir zu langweilig und ich ging auf mein Zimmer.
Ich machte mich erstmal daran meine Sachen aus den Koffern zu packen und das Zimmer einzurichten.
Meine Pinsel und Stifte wollte ich gerade in eine Schublade packen als plötzlich Dad in der Tür stand.
„Warte mal“ sagte er.
Ich sah ihn verwirrt an.
„Nimm die Pinsel mal und komm mit“ er lächelte so geheimnissvoll.
Erwartungsvoll lief ich ihm nach, hatte aber keine Ahnung was er mir zeigen würde. Er lief durch den langen Flur bis zu einer Tür, dort blieb er stehen. Neugierig öffnete ich die Tür und spähte hinein.
„Wow...“ hauchte ich und mehr konnte ich auch nicht sagen.
Das große Zimmer war in ein Kunstatelier umgestalten. Mein Kunstatelier.
Dad hatte all meine Bilder eingerahmt und an die Wände gehängt.
In einem Regal standen mehrere Flaschen mit Acryl und Aquarellfarbe und daneben war ein weiteres Regal mit Stiften. Sogar ein paar Sprühflaschen standen auf einem kleinen Tisch an der Wand.
Ich wollte etwas sagen aber brachte kein gescheites Wort heraus, deshalb umarmte ich Dad einfach nur.
„Danke“ mir kamen schon fast Tränen.
„Du kannst es natürlich noch umräumen wie du willst“, erklärte Dad, „du wirst ja bestimmt deine eigene Ordnung haben“.
Ich nickte glücklich und betrachtete immer noch staunend den Raum.
„Wo sind die Leinwände?“ fragte ich dann, während mir schon Milliarden von Ideen durch den Kopf schossen was ich hier wohl alles malen würde.
Es war schon vierzehn Uhr als mich Mum zum Mittagessen rief.
Ich lief schnell ins Bad und wusch die Farbe von meinen Händen ab und stieg dann die Treppe hinab.
„Und? ist es hier immer noch so schlimm?“ fragte Mum grinsend.
„Nicht mehr ganz so schlimm“ antwortete ich lächelnd.
Überraschender Weise schmeckte Mums Essen heute ziemlich gut.
Vielleicht lag es aber auch nur daran das ich überglücklich war.
„Was malst du denn grade?“ fragte Dad interessiert.
„Eine kleine Holzhütte in einem Wald“ erzählte ich. Wie so oft hatte ich dieses Bild einfach planlos angefangen und dem Prozess vertraut. Mum runzelte die Stirn, anscheinend fand sie das Motiv eigenartig.
„Wie heißt denn dein neuer Freund?“ fragte sie dann.
„Er heißt Tom“, sagte ich etwas gereizt, „und er ist nicht gleich mein Freund nur weil er mir 'bis morgen' sagt“.
„Ist ja schon gut“, beruhigte mich Mum, „aber machs den anderen auch bitte nicht zu schwer, okay“.
Ich wusste genau was sie meinte.
Ich hatte die Angewohnheit gemein zu Menschen zu sein die nett zu mir waren, ich weiß selbst nicht warum.
Plötzlich klingelte es an der Tür.
„Ich mach auf“ sagte ich und stand auf.
Ich lief in den Flur und öffnete die Tür, zu meiner Überraschung stand Tom davor.
„Hi“ begrüßte er mich etwas unsicher.
„Hallo“ grüßte ich überrascht zurück, mit ihm hatte ich heute nicht mehr gerechnet.
„Ich war grad auf dem Weg zu Finn“, erklärte Tom, „und hab mich gefragt ob du vielleicht mitkommen willst, ich könnte dir danach auch ein bisschen das Dorf zeigen“. Ich nickte schmunzelnd.
„Warte kurz“ sagte ich schnell und schloss die Tür.
Ich bekam dieses blöde Lächeln nicht aus meinem Gesicht.
Warum freute ich mich so?
„Ich geh raus“ rief ich in Richtung Esszimmer und zog mich dann schnell an.
Als ich die Tür wieder öffnete stand Tom immer noch an der selben Stelle und sah auf seine Schuhe.
„Wir können los“ sagte ich und lief an ihm vorbei.
Gemeinsam liefen wir den Hügel hinab.
„Wo wohnt Finn denn?“ fragte ich.
„Gleich da drüben“ er zeigte auf ein kleines Haus am Fuße des Hügels.
Wir liefen zur Haustür und Tom klingelte.
„Es wär vielleicht besser wenn ich allein mit Finn rede“, sagte Tom plötzlich, „er ist gerade nicht so gut drauf“.
Lucy, die Frau die uns Willkommen geheißen hatte, öffnete die Tür.
„Hallo Tom“ begrüßte sie Tom, „kommt rein“.
„Und du bist Amy, richtig?“ fragte Lucy.
Ich nickte.
„Ich komm gleich“ sagte Tom schnell und stieg eine schmale Treppe hinauf.
Etwas Hilflos stand ich im nun Flur.
„Komm ruhig ins Wohnzimmer“ meinte Lucy.
Ich folgte ihr und setzte mich aufs Sofa.
„Wie gefällt es dir denn hier?“ fragte Sie.
„Bis jetzt ganz gut“ antwortete ich.
„Onterie, ist ein sehr schönes Dorf“, erklärte Lucy, „desto länger man hier ist desto stärker liebt man es“.
„Ich hoffe nur das mir hier nicht langweilig wird“, sagte ich lachend, „ich komm nämlich aus der Stadt“.
„Oh nein, langweilig wird dir hier ganz bestimmt nicht“ als sie diese Worte sagte verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht.
Ich fragte mich noch was das zu bedeuten hatte, als auch schon Tom wieder die Treppen herunter kam.
Lucy und ich standen auf.
„Und?“, fragte Lucy leise, „schon besser?“.
Tom schüttelte bedrückt den Kopf.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro