24~Remorse
Jungkook
Nicht nur das Verhalten Yoongis am vorherigen Tag hatte sich als äußerst eigenartig und ausweichend erwiesen, heute war ihm gefühlt die halbe Schule damit gefolgt, ja sogar Jimin schien darin verwickelt und allmählich drohte ich wirklich, durchzudrehen.
"Youngjae, warte mal kurz!", startete ich einen weiteren, kläglichen Versuch, endlich jemanden dazu zu bringen, mir ein paar Informationen zukommen zu lassen- oder mich zumindest nicht beinahe vollständig zu ignorieren, doch hatte ich meine Rechnung ohne Taehyung gemacht, der plötzlich schier aus dem Nichts auftauchte und den Schwarzhaarigen schon beinahe gewalttätig mit sich zerrte.
"Er ist gerade beschäftigt, tut mir leid, Kookie."
Resigniert wandte ich meinen gesamten Oberkörper Richtung Eingangstür der Mensa, in welcher ich mich momentan aufhielt, in der Hoffnung, ein bekanntes Gesicht würde diese passieren und mich vorzugsweise nicht sofort umgehen, doch nichteinmal eine dieser möglichen Situationen traf ein.
Zum ersten Mal seit schon gut einem Jahr fühlte ich mich tatsächlich in irgendeiner Art...allein.
Natürlich gab es eine reichliche Auswahl an Menschen, die einfach anhand meines Beliebtheitsgrades nichts daran auszusetzen hätten, würde ich mich zu ihnen gesellen, doch oberflächliche Gespräche zog ich der Einsamkeit nicht unbedingt vor.
Es war irgendwo schon ein wenig lächerlich, wenn ausgerechnet der beliebteste Schüler der gesamten Stufe von sich selbst behauptete, einsam zu sein, da ich sogesehen immer Leute um mich hatte, wenn auch ab und zu unfreiwillig.
Anhand dieser verwirrenden Gefühlslage kamen mir plötzlich die Worte in den Sinn, die Yoongi als Antwort dienten, als ich ihn damals- bevor er unserem Freundeskreis angehörte- fragte, ob er denn keine Einsamkeit verspürte.
"Einsamkeit ist nichts, was sich an der Anzahl der Personen, die dich umgeben, definieren lässt."
Zu früheren Zeiten war es mir einfach nie gelungen, den Sinn hinter diesem Ausspruch zu erfassen, aber in meiner jetzigen Lage war ich durchaus so weit, von mir behaupten zu können, dass ich seinen Worten nachempfand.
Allerdings steckte in dieser eigentlich so unbedeutenden Erkenntnis weitaus mehr, als man auf den ersten Blick zu realisieren vermochte, denn sie löste eine Art Kettenreaktion in Bezug auf den Großteil meiner vergangenen Handlungen aus.
All der Dreck, durch den ich gegangen war, all die Opfer, die ich gebracht hatte, all die Schulden, die ich auf mich nahm, nur um 'beliebt' zu sein waren vollkommen bedeutungslos gewesen.
Die Beliebtheit war es nicht, die einen guten Menschen aus dir machte- oder zumindest einen glücklichen.
Natürlich war Ansehen immer ein angenehmes Gefühl, man wurde in seinem Sein bestätigt und erlangte wachsendes Selbstbewusstsein, doch zu was führte all dies, wenn man dennoch stets von der verbitternden Emotion des Alleinseins begleitet wurde?
Meine komplette Vergangenheit war, um es nüchtern auszudrücken, für den Eimer und im Gegensatz dazu erschien mir die Freundschaft zu Yugyeom von einem Augenblick auf den nächsten so wertvoll, dass eine nie dagewesene Rührung sich in mir ausbreitete und ungünstigerweise auch meine Augen dazu animierte, ihre jahrelang angestaute Tränenflüssigkeit loszuwerden.
"Woah, Jungkook, du heulst doch jetzt nicht etwa, weil wir dich umg- weil die meisten von uns gerade keine Zeit für dich haben, oder?", ertönte auf einmal überraschend genau die Stimme meines ersten wahren und gleichzeitig besten Freundes neben mir und in diesem- zumindest für mich- emotionalen Moment, waren mir seine Wortwahl, der Inhalt dieser und einfach alles vollkommen egal, weshalb ich den Schwarzhaarigen unter meiner tränenverschleierten Sicht einfach ohne jede Umschweife in meine Arme zog.
"Danke, für alles.", schniefte ich in die Halsbeuge des sichtlich und auch durchaus nachvollziehbar irritierten Yugyeom, der die Prozedur wortlos über sich ergehen ließ und erst, als ich mich einigermaßen wieder gefangen hatte, ungewöhnlich behutsam etwas Abstand zwischen uns brachte, um auf dem leeren Stuhl zu meiner Linken Platz nehmen zu können.
"Also...bevor ich jetzt irgendwas überstürze: Youngjae hat dir nichts gesagt, Taehyung und Hoseok ebenso?"
Verwirrt und mich allmählich immer intensiver gendanklich damit beschäftigend, worauf diese ganze 'Jungkook-ignorieren-und-ein-Attentat-hinter-seinem-Rücken-planen'-Nummer hinauslaufen sollte, schüttelte ich meinen Kopf, um seine Frage zu verneinen.
Ebenso stark dominierte nun, während meines eigentlich noch immer andauernden Gefühlsausbruchs, aufgrund dessen meine Emotionen ein reinstes Durcheinander darstellten, eine, für die Gegenwart und Zukunft äußerst bedeutsame Erkenntnis: Ich musste die Lügen, die zu meinem ausgesprochenen Glück nicht von großer Menge waren, jedoch trotz allem eine winzig kleine, letzte Barriere zwischen mir und Yugyeom darstellten- und das ohne sein Wissen- ein für allemal aufdecken.
Auch, wenn die Stimmung, die sich nun in mir breitmachte, sicherlich nicht die angenehmste war, erlaubte ich es mir nicht, auch nur die geringsten Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung zuzulassen.
Yugyeom war mein bester Freund, er würde mich nicht einfach fallen lassen- und er verdiente ein Recht auf die Wahrheit.
"Hör zu", begann ich, mich mühsam beherrschend, damit meine Stimme nicht allzu auffällig ins Zittern geriet, bekam zwar mit, dass mein Gegenüber Anstalten machte, noch etwas hinzuzufügen, legte ihm aber sacht und zeitgleich bestimmt den Zeigefinger auf die Lippen.
"Für dich mag es vollkommen aus dem Nichts kommen und vermutlich wird es dir auch nicht möglich sein, meine Lage annähernd zu verstehen, aber das ist in Ordnung, das musst du auch gar nicht. Jedenfalls...so lächerlich es auch klingt, da meine engeren Freunde diesen Tag so ausweichend sind- und du brauchst auch gar nicht erst zu leugnen, dass es so ist.- hatte ich eine Menge Zeit zum Nachdenken und....ich habe für mich erkannt, dass es nicht die Beliebtheit ist, die dein Leben bestimmt.
Auch das muss als Solches zunächst zusammenhanglos und selbstverständlich für dich klingen, aber ich will es dir erklären, oder es wenigstens versuchen...Meine ehemalige Schule kann man mit der hier einfach nicht vergleichen. Die Verhältnisse, der Umgang, alles dort ist deutlich härter. Man muss sich seinen Rang erkämpfen, andernfalls wird man mit etwas Pech zum Opfer jener, die momentan das Sagen haben.
Und wie du dir sicher vorstellen kannst, stellten meine Wohnverhältnisse die perfekte Angriffsfläche dar, also vermied ich es, darüber zu sprechen.
Leider machte ich den Fehler, zu glauben, dass meine damaligen 'Freunde' tatsächlich das waren, wofür ich sie hielt und weihte sie ein...Nun ja, prompt stand ich allein da.
Einer von ihnen, bis heute weiß ich nicht wer, konnte dieses dunkle Geheimnis wohl auch nicht für sich behalten und so kam es, dass ich zum Außenseiter wurde.
Ich hatte Angst, verdammte Angst. Aber vorallem verspürte ich eine solch immense Rachlust...sogar mir selbst erscheint diese heutzutage gruselig.
Der Punkt ist...ich hatte zu der Zeit eine Freundin, meine erste Freundin und sie bedeutete mir wirklich viel- oder tut es auch heute noch, ich weiß es nicht.
Jedenfalls trennte sie sich während dieser Prozedur von mir und ging genau zu dem Typen, bei dem auch meine vorherigen 'Freunde' Zuflucht gesucht hatten.
Ich trug so viel Hass in mir, es fühlte sich an, als wäre es die einzige Emotion, die ich noch zu fühlen vermochte und...nun ja, er bekam dies so ziemlich zu spüren.
Genauso, wie die dreckigen 'Regeln' an dieser Schule eben gestrickt waren, erkämpfte ich mir meinen Platz nach oben und das, indem ich einen anderen Schüler schikanierte.
Ich bin nicht stolz auf diese Tat, nicht stolz auf diese Zeit, doch sie ist Teil meiner Vergangenheit und somit automatisch ein Teil von mir, auch wenn ich manchmal wünschte, dass dem nicht so wäre.
Für mich bin das nicht mehr ich, es existiert eine Art klare Grenze, die mich von damals und mich von heute trennt und daher wünsche ich, man würde mich einfach nichtmehr mit der Vergangenheit assoziieren. Ich will sie vergessen können, aber das ist naiv.
Was ich jedoch eigentlich damit ausdrücken wollte, ist, dass mir klar geworden ist, dass du der erste wahre Freund bist, den ich je hatte, mit niemandem sonst habe ich je so viel aus meinem tiefsten Inneren geteilt.
Und dafür möchte ich dir danken, Yugyeom.
Ich danke dir aus ganzem Herzen."
Während meiner gesamten Rede, die ich selbst eher wie in einer Art Trance mit stetig weiterproduzierenden Mundwerk erlebte, sah mich der Schwarzhaarige lediglich mit immer größer werdenden Augen an, zeigte sonst keine wirkliche Reaktion, weshalb ich schon beinahe fürchtete, er würde mich entgegen meiner Erwartungen tatsächlich verachten oder Sonstiges in der Art, doch er nahm mich einfach ohne jegliche Worte erneut in den Arm.
Und es war okay.
Es war okay, weil ich wusste, dass ich und Yugyeom keine großen Worte brauchten, um füreinander da zu sein.
Wir waren Freunde.
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Heyyy,
emotionales Kapitel? Eeeh, wohl eher missglückter Filler.
Ich habe absolut keine Ahnung, was ich hier geschrieben habe und stand auch ein klein wenig unter Zeitdruck, bzw. tue es noch immer, so please forgive me. >~<
Man liest sich!
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