╚ Vier 5/9 Rätsel zuvor╝
Vier 5/9 Rätsel zuvor
Mein Leben war ein wie in sich zusammenfallendes Kartenhaus.
Und ich konnte es nicht verhindern.
Eine Karte nach der anderen fiel.
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║ F Y N N ║
Es war ein Mittwoch, an dem ich bemerkte, dass etwas nicht mit mir stimmte.
Ich saß im Matheunterricht und als ich an die Tafel starrte, verschwamm alles vor meinen Augen.
In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken – doch zur gleichen Zeit konnte ich nach keinen einzigen von ihnen greifen, denn mein Gehirn war zugleich wie leergefegt.
Ich versuchte den bitteren Geschmack herunterzuschlucken und mich wieder auf den Unterricht zu konzentrieren. Doch es gelang mir nicht.
Als es schließlich zum Ende der Stunde klingelte, zuckte ich zusammen, beeilte mich aber schließlich so schnell es ging meine Sachen zusammenzupacken.
Es war Mittagspause, doch ich fühlte mich so unruhig, dass ich nicht einmal daran denken wollte, mich nun mit Nate und meinen Freunden an einen Tisch zu setzen. Bevor ich überhaupt selbst wusste, wohin ich ging, schlüpfte ich bereits durch die Massen an Schülern hindurch und entfernte mich immer weiter von den großen Doppelflügel-Türen, die in die Mensa führen würden.
Inzwischen blickte ich sogar nicht einmal mehr über meine Schulter, wenn ich die Türklinke hinunterdrückte. Es hatte noch nie einer bemerkt, dass ich mich hier ab und zu aufhielt, so würde es auch diesmal wieder niemanden auffallen.
Im Fundus war es so wie immer dunkel und es roch muffig. Schnell zog ich die Tür hinter mir zu und erlaubte es mir, für eine halbe Minute meine Augen zu schließen und tief den Geruch nach alten Socken, Basketballcaps und Rucksäcken einzuatmen.
Die Tatsache, dass der Hausmeister immer vergaß hier abzuschließen, war einer meiner besten Entdeckungen in meinem Leben. So würde ich es zumindest einschätzen.
Langsam tastete ich mit meinen Fingern nach dem Lichtschalter und als die Lampe an der Decke flackernd anging, musste ich mehrmals blinzeln. Der Staub tanzte in dem dämmrigen Licht, doch ich beachtete ihn nicht weiter, sondern ließ mich nur seufzend in den alten Stuhl hinter dem Schreibtisch fallen. Auf einmal fühlte ich mich unglaublich müde.
Seufzend rieb ich mir über meine Augen und schüttelte den Kopf.
Warum konnte dieses ungewohnte Gefühl nicht einfach verschwinden?
Ich hasste diese Kurzatmigkeit.
Ich ließ meinen Kopf in den Nacken fallen und starrte an die Decke. Sie war fleckig und erinnerte mich komischerweise somit an die übergemalten Flecken an meiner eigenen Decke Zuhause.
Meine Kehle schnürte sich zu, als somit automatisch meine Gedanken zu Mare glitten.
Und zu Alicia.
Energisch schüttelte ich erneut meinen Kopf.
Nein.
Darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken.
Ich senkte meinen Blick auf meine Hände und als ich bemerkte, dass sie wieder angefangen hatten zu zittern, ballte ich sie schnell zu Fäusten.
„Was ist nur falsch mit dir, Fynn?", murmelte ich leise, während ich erneut krampfhaft versuchte, das sich anschleichende Gefühl von Schwere zu ignorieren.
Erneut schloss ich meine Augen, aber diesmal nutzte es die Chance und griff mich sofort an. Als ich tief Luft holen wollte, saß es mir bereits auf der Brust, in beiden meiner Lungenflügel und in meinem Herzen. Es wollte mich in eine sich allumschließende Umarmung ziehen, raubte mir den Atem und ließ meinen Puls von einer Sekunde auf die nächste in die Höhe schnellen.
Blitzschnell riss ich meine Augen wieder auf und sprang aus dem Stuhl auf. Dieser kippte mit einem Knall nach hinten weg, doch ich bemerkte es kaum.
Stattdessen versuchte ich krampfhaft wieder Luft zu bekommen.
Schwarze Punkte tanzten nun zusammen mit dem Staub vor meinem Gesicht herum und schienen sich mit meinen wildumherschwirrenden Gedanken zusammen zu tun.
Sie waren viel zu schnell, viel zu flink und viel zu durcheinander, sodass ich keinerlei Chance hatte, meine Finger nach ihnen auszustrecken.
Vor meinem inneren Auge sah ich, wie sie nach und nach aus meinem Koordinatensystem rutschten, sich ineinander zu einem riesigen Wirrwarr verwirrten und für mich unerreichbar wurden.
Eine Gerade, eine Linie nach der anderen fielen in sich zusammen wie die Karten eines weggepusteten Kartenhauses.
Ich konnte es nicht verhindern.
Wie durch Watte hörte ich die Schulklingel zum Stundenbeginn klingeln.
Mein Herz schien zu stolpern und noch immer schnappte ich nach Luft. Ich hatte das Gefühl, dass ich jeden Moment in Ohnmacht fallen würde und verzweifelt versuchte ich Halt an der Tischkante zu finden, bevor ich zusammen mit meinen Linien aus dem Koordinatensystem fallen konnte.
„Nein, nein, nein", krächzte ich, versuchte mit aller Macht es zu retten. „Bitte nicht."
Doch meine Beine gaben unter mir nach und bevor ich es überhaupt realisierte, hatte ich mich auf dem Boden zusammengerollt.
„Bitte..."
Sie fielen.
Vor meinen Augen.
Immer und immer weiter.
„Bitte nicht."
Ich flehte.
Ich bettelte.
Ich glaubte sogar, mich selbst schreien zu hören. Doch ich war mir unsicher, vielleicht bildete ich mir dies auch nur ein.
Denn die Dunkelheit hatte weiterhin die Krallen in mein Herz und ihre Fänge um meine Lungen geschlagen, sodass ich gar nicht die Kraft dafür gehabt hätte.
„Bitte nimm mir nicht meine Konstante", flüsterte ich, während ich meine Augen zusammenkniff und dafür betete aus diesem Albtraum schnellstmöglich wieder aufzuwachen.
Meine Beine kribbelten und ich hatte das Verlangen so schnell es ging wegzurennen.
Einfach wegzurennen, mich nie wieder zu all dem Chaos umzudrehen und nie stehenzubleiben.
Doch ich konnte es nicht.
Ich wusste, dass die schwarzen, tanzenden Punkte mich verfolgen würden.
Ich fing am ganzen Körper an zu zittern, als es mir klar wurde.
An diesem Mittwoch realisierte ich, dass ich versagt hatte.
Ich hatte in der Mathematik versagt.
Ich hatte in allem versagt.
Und genau deswegen fiel mein Koordinatensystem nun in sich zusammen wie ein Kartenhaus in einem Sturm.
Windstoß für Windstoß wurden die Karten davongetragen.
Nur eine einzige Gerade blieb erhalten.
Es war eine Parallele.
Das wahrscheinlich einzig Konstante in meinem Leben.
~
(20.03.2019)
Hallo ihr Lieben!
Hier melde ich mich endlich mal wieder - und diesmal auch wieder aus Deutschland!
Ja, die Zeit ist wirklich am rasen, ich kann es selbst kaum glauben, dass ich nun schon wieder seit drei Wochen Zuhause bin und meine acht Monate in Kanada ein Ende gefunden haben...
Nun gut, so viel dazu, nun aber zu dem eigentlichen Thema: Parallel Lines.
Ich hoffe, ich komme nun endlich wieder mehr zum Schreiben, sodass ich wieder regelmäßig updaten kann - denn Lust zum Schreiben der Geschichte von Fynn, Alicia und Nate habe ich alle mal! <3
Ich hoffe, euch hat dieses Kapitel gefallen, auch wenn es doch etwas dunkel und für Fynn traurig ist.... Mich würde sehr eure Meinungen interessieren, also scheut euch nicht und schreibt eure Gedanken hierzu in die Kommentare, ich freue mich! (:
Es ist ein relativ kurzes Kapitel, aber dies ist volle Absicht. Denn Fynn geht es nun leider nicht immer gut...
Die nächsten Tage treibe ich mich auf der Leipziger Buchmesse herum, deswegen werde ich da schonmal definitiv nicht weiterschreiben können - aber vielleicht habt ihr ja Tipps, was ich auf der Messe unbedingt nicht verpassen darf...? ;)
Ich hoffe, es geht euch allen gut!
Eure Merle
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