╚ Sieben 2/8 Rätsel zuvor╝
Sieben 2/8 Rätsel zuvor
And I left the footprints,
the mud stained on the carpet
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║ F Y N N ║
Ich schlürfte den letzten Rest meiner Cola durch den Strohhalm und beobachtete dabei mit hochgezogener Augenbraue, wie Erin und Emily gleichermaßen Probleme damit hatten von ihrem Monster-Burger abzubeißen.
„Wie oft gehen wir nun schon hier hin und wann werdet ihr es endlich lernen, dass ihr euch lieber den kleinen Burger bestellen solltet?", gab Ethan neben mir von sich, der die bizarre Situation bisher auch nur stillschweigend beobachtet hatte.
Die Tomate rutschte zusammen mit einen gigantischen Klecks Soße von Erins Burger, als diese ihn theatralisch auf ihren Teller fallen ließ und uns Jungs mit hochgezogenen Augen musterte.
„Und warum sollte es keine Gleichberechtigung geben? Wenn ich Lust auf 400g Rindfleisch habe, dann bestelle ich mir einen 400g-Rindfleischburger!"
Im gleichen Augenblick zerbrach Emilys Burger in tausend Einzelteile, als Emily den Versuch gestartet hatte, sich etappenweise vorzubeißen.
Die Hälfte fiel auf ihre Jeans und geschockt starrte sie sich in den Schoß.
Nate stöhnte auf, ließ sein eigenes Essen stehen und stand auf.
Keine Sekunde später kam er mit einem ganzen Haufen Servierten wieder und drückte sie Emily in die Hand.
„Manchmal ist Essen halt auch ein Kampf", druckste Erin herum, während sie schnell nach dem Plastikbesteck griff, um ihren Burger so etwas unter Kontrolle zu bekommen.
Ein Missgeschick wie der von Emily würde bei ihrer weißen Jeans nämlich fatale Folgen haben und den Abend frühzeitig beenden.
Dabei hatten wir für heute Abend ganz andere Pläne.
Wir befanden uns im Joeys, ein altes, eingestaubtes Diner, das sich hinter dem Stadtrand von Tullbourg befand.
Der Besitzer Joey war schon steinalt, trug eine Beinprothese, die er – laut seiner eigenen Behauptung - seinem Einsatz im Vietnamkrieg zu verdanken hat (Seine Frau jedoch schüttelt jedes Mal den Kopf, wenn er dies erzählte und flüsterte den Kunden zu, dass er sein Bein bei einem Unfall mit dem Rasenmäher verloren hatte) und war fast gänzlich taub.
Mit den Jahren wurde es immer schlimmer, doch das Essen, das seine Frau Trudy zauberte, schien hingegen immer besser zu werden.
Selbst Mom war damals zu Teenagerzeiten oft hier gewesen.
Denn neben der Unterhaltung, die Joey und Trudy einem boten gab es sogar zwei alte Bowlingbahnen in dem hinteren Bereich des Diners, sowie eine kleine Rollschuhplattform. Im Winter, wenn der See hinter dem Diner zugefroren war, verlieh das alte Ehepaar auch des Öfteren Schlittschuhe an die Jugendliche, die hier tagtäglich anwesend waren.
Denn auch wenn das Diner genauso zerbrechlich und alt wirkte wie die Betreiber, war es nicht uncool.
Ganz im Gegenteil.
Das Joeys war eine beliebte Anlaufstelle bei jüngeren Leuten, die einfach mit Freunden etwas rauskommen und dabei nicht so viel Geld ausgeben wollten.
Die Jukebox lief ununterbrochen und verhauchte zusammen mit den Postern aus den 60ern Jahren ein altmodisches Flair.
Die Polster der Sitze waren teilweise eingerissen und rochen staubig, aber all dies machte die Pokalsammlung wett, die scheinbar stolz auf einem Regalbrett hinter dem Bartresen gehegt und gepflegt wurde.
Wenn man Trudy darauf ansprach, kam sie aus dem Schwärmen nicht mehr heraus und sie konnte zu jeder einzelnen Trophäe und Medaille ihre ganz eigene Geschichte erzählen.
Denn Trudy war damals Leistungstänzerin und Eiskunstläuferin, wie sie mir bereits des Öfteren in stundenlangen Gesprächen berichtet hatte.
Dabei hatte sie in jungen Jahren auch Joey kennengelernt.
Ihr Weg führte sie jedoch nach New York, aber dort legte ein Knöchelbruch die gesamte Karriere wortwörtlich aufs Eis.
Sie kam nach Tullbourg zurück, heiratete Joey und zusammen setzten sie drei Kinder in die Welt. Sie beteuerte immer wieder, dass dieser Knöchelbruch das Beste war, was ihr jemals passieren konnte, da dieser sie zurück zur Liebe ihres Lebens geführt hatte.
Ich verschwieg ihr jedes Mal, dass ich der Meinung war, dass Joey und sie sich so oder so irgendwann wieder getroffen hätten.
Denn sie waren nie parallel gewesen und irgendwann hätten sich ihre Linien an einem bestimmten Punkt wieder getroffen, nur vielleicht etwas später.
Selbst als meine Cola leer war, hörte ich nicht auf an dem Strohhalm zu saugen und trank somit auch die schmelzenden Eiswürfel.
Denn während Emily und Erin immer noch mit ihrem Burger zu kämpfen hatten, hatte ich meinen eigenen bereits aufgegessen und nur noch ein paar Pommes säumten meinen Teller.
Während meine Freunde in einer weiteren Diskussion, ob sie gleich zuerst bowlen oder Rollschuhlaufen wollten, vertieft waren, ließ ich den Blick schweifen.
Es war Donnerstagabend und das Diner dennoch gut besucht.
Am Wochenende hätten wir hier keinerlei Chancen gehabt, die Bowlingbahn für uns beanspruchen zu können, denn dafür gab es zu viele Teenagergruppen, die an einem Samstagabend lieber gemütlich bowlen gingen, als zu feiern.
Wir gehörten auch dazu, wobei wir uns für den heutigen Abend in der Woche entschieden hatten, da wir keine Lust hatten, am Wochenende geradezu eine blutige Schlacht um das Besetzen der Bahnen führen zu müssen.
Wir saßen in unserer Stammecke, von der wir das gesamte Diner überblicken konnten.
Eine Mädelsgruppe, die auch auf unsere Schule ging, hatte sich um einen kleinen Tisch gedrängt und fing in diesem Moment schallend über etwas, was eine von ihnen gesagt hatte, an zu lachen.
Trudy wuselte gerade hinter der Theke herum, während Joey sich damit abmühte gleich zwei Getränkekisten auf einmal zu schleppen. Es verging keine Sekunde, bis seine Ehefrau dies merkte und ihm dafür mit dem Geschirrhandtuch eine überzog.
Ein Mädchen und ein Junge, die ich beide nicht kannte, hatten sich in eine der weiter hinten liegenden Sitznischen verkrochen und schienen nur Augen für den jeweils anderen zu haben.
Das Mädchen strich sich ihre langen braunen Haare aus dem Gesicht und stützte ihr Kinn in ihrer Hand ab, während sie beobachtete, wie der Junge mit einer unglaublich langen Spaghetti zu kämpfen hatte.
Es war definitiv ein Date.
Seufzend wendete ich meinen Blick ab und senkte meinen Becher.
Die Eiswürfel waren nun gänzlich geschmolzen und das Eiswasser ließ meinen Gaumen einfrieren.
„Wollen wir gleich einfach anfangen Bowling zu spielen?"
Überrascht davon, dass ich einfach so ihre Diskussion unterbrach, verstummten die anderen.
„Okay", antwortete Ethan schlussendlich langsam und auch die anderen stimmten mit einem Kopfnicken ein.
„Danke, Fynn! Endlich einer mit Geschmack!" Emily strahlte mich über den Tisch hinweg an und mir wurde bewusst, dass ich ihr anscheinend unbewusst zur Hilfe gesprungen war, was die Sache anbetraf, ob wir zuerst bowlen oder Rollschuh fahren wollten.
Mir war es eigentlich relativ egal, einzig und allein wollte ich mich von meinen Gedanken ablenken.
Und mich davon abbringen die Personen zu analysieren, die hier anwesend waren.
Denn auch wenn dieses Diner unglaublich beliebt bei Jugendlichen war, hieß das noch lange nicht, dass alle Gruppen von Teenagern hier vertreten waren.
Mein Blick huschte erneut zu der Mädelsgruppe und schnell schüttelte ich meinen Kopf.
Doch die Gedanken waren bereits da.
Denn Alicia habe ich noch kein einziges Mal im Joeys gesehen.
Dabei würde ich mir nichts sehnlicher wünschen, als sie genauso zu beobachten, wie Emily und Erin.
Nämlich hier auf den verschlissenen Sitzecken sitzend und verzweifelnd mit einem viel zu großen Burger kämpfend, an deren Ende schon die Soße tropft und sie schlussendlich mit einem peinlich berührten Lächeln nach dem Plastikbesteck griff, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass sie doch lieber den kleineren Burger bestellt haben sollte.
Doch dies würde wahrscheinlich auch nie passieren.
Denn wenn man die Jugendlichen von Tullbourg in zwei Gruppen einteilen müsste, würde sie zu denen gehören, die keinen Schritt in Joeys setzten.
Vielleicht war dies der Grund, warum ich heute ein weiteres Rätsel lösen konnte.
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(15.08.2017)
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