⌜Fynns parallele Welt⌝
She was a rainbow
but he was colorblind
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║ A L I C I A ║
Als ich die Autotür zuknallte und Mom zum Abschied schnell noch zu winkte, kroch die Kälte bereits durch meine dünnen Kleidungsstücke.
Ich hatte mich in Windeseile fertig gemacht und da ich bereits wusste, dass Taras Familie die Fußbodenheizung immer auf über 25 Grad hochbollerte, habe ich mich für eine dünne Strumpfhose, Jeansrock und Tshirt entschieden.
Doof nur, dass viele der Meinung waren, die Party auch nach draußen zu verlegen, sodass ich mich erst einmal durch gefühlt Dutzende von bereits angetrunkenen Jugendlichen drängeln musste, um die Haustür zu erreichen.
Endlich im Haus angekommen, musste ich zumindest nicht lange suchen, denn meine Freundinnen verteidigten wie immer unseren Stammplatz im Wohnzimmer. Als Vany mich sah, kreischte sie meinen Namen, sprang von dem roten Sofa auf und fiel mir um den Hals. Dabei verschüttete sie etwas von der glasklaren Flüssigkeit in ihrem Becher, doch dies schien ihr vollkommen egal zu sein.
„Aliciaaa! Warum kommst du jetzt erst? Wir haben dich alle bereits so vermisst!"
Hatte mein Herz bisher noch bis zu meinem Hals geschlagen und sich meine Gedanken nur um Nate und Fynns letzten Rätseln gedreht, so konnte ich nun zum ersten Mal wieder richtig durchatmen und ich spürte, wie ich hier – zwischen all den betrunkenen Jugendlichen und der wummernden Musik – in den Armen meiner besten Freundin, wieder entspannen konnte.
Ich brauchte diese Party.
Ich brauchte Vany.
Ich brauchte Ablenkung.
„Es tut mir leid, aber nun bin ich doch hier, oder?", versuchte ich über die Musik hinweg zu schreien und grinste.
Zumindest heute Abend wollte ich nicht über Klippen, tote Jungs oder Rätsel nachdenken.
Vielleicht morgen.
Aber nicht heute.
Tara riss ihre Arme in die Höhe und nickte bejahend. „Genau und wir holen dir erstmal einen Drink!"
Als Vany mich losließ, zog mich Tara zur Begrüßung in die Arme und sah sich dann suchend um. „Tommy! Mach dich mal nützlich und hol' Alicia was zu trinken!", schrie sie über meine Schulter einem Jungen aus unserem Jahrgang zu.
Bevor ich mich bei ihm bedanken konnte, zogen mich Vany und Tara schon auf die Couch, wo auch Riley mich in die Arme schloss.
„Du kleine Verräterin! Wegen dir musste ich deine Portion Bananeneis aufessen und weißt du wie schlecht mir jetzt ist?"
Lachend stieß ich ihr in die Seite und schüttelte meinen Kopf. „Oder hast du einfach schon etwas zu viel getrunken, meine Liebe?" Ich zwinkerte ihr zu und sofort prusteten wir alle los.
Meine Freunde hatten definitiv schon viel intus und wenn ich nicht vollkommen in ihren sinnlosen Unterhaltungen unter gehen wollte, musste ich definitiv nachlegen.
Keine Minute später kam zum Glück Tom wieder und drückte mir einen roten Becher in die Hand. Ich bedankte mich und stieß dann mit meinen Freundinnen an.
„Auf einen fantastischen Abend."
„Auf einen fantastischen Abend!", wiederholten mich meine Freundinnen.
In einem Zug leerten wir unsere Becher.
Meine Freundinnen, um sich einfach nur zu betrinken und ich, damit ich auf andere Gedanken kam.
Eine halbe Stunde später hatte ich keine Lust mehr nur herumzusitzen oder mich mit allen möglichen Leuten zu unterhalten.
Während Riley bereits mit ein paar Mädels aus unserem Sportkurs die provisorische Tanzfläche in dem großzügigen Esszimmer unsicher machten, waren Vany und Tara in einem philosophischen Gespräch mit James verwickelt, das darüber handelte, ob wir nicht alle vielleicht als Tiere wiedergeboren werden würden.
Da ich jedoch noch nicht auf dem Level war, um mit zu diskutieren, ob es nun besser war eine Katze oder ein Hund zu werden, stand ich auf und sah mich suchend um.
Ich wusste sofort, nach wem ich eigentlich Ausschau hielt.
„Ich suche Kyran, bin gleich wieder da", richtete ich an Vany, doch diese schien mein Verschwinden nicht einmal zu realisieren.
Ich stellte meinen leeren Becher auf die nächstgelegene Kommode, wechselte ein paar Worte mit Bekannten und fragte Freunde von Kyran, die ich traf, ob sie ihn gesehen hätten.
Alle verwiesen auf die Küche, sodass ich mich durch die Masse der Schüler drängelte.
Selbst in meinen dünnen Klamotten wurde es mir langsam zu heiß und ich spürte, wie meine Haare anfingen, in meinem Nacken kleben zu bleiben. Ich bereute es, mir keinen Zopf gemacht zu haben.
In der Küche angekommen, entdeckte ich ihn sofort und mir blieb nichts andere übrig, als im Türrahmen stehen zu bleiben und anzufangen zu lachen.
„Was wird das? Wechselst du bald von Eishockey ins Ballettstudio?", rief ich so laut, dass mich alle hören konnten.
Kyran, der gerade dabei gewesen war, eine Pirouette nach der nächsten zu drehen, zuckte zusammen und der rote Becher, der auf seinem Kopf platziert war, fiel zu Boden.
Sofort war das Gegröle unter den anderen Jugendlichen groß.
„Man, Alicia! Ich hätte fast gewonnen!", grummelte Kyran, kam aber mit einem Lächeln, das seine weißen Zähne entblößte, auf mich zu. Er trug einfache Jeans und ein dunkles Tshirt, sah jedoch so gut aus, wie nie zuvor.
„Du bist ein Schatz, Alicia! Ky schuldet mir nun 20 Dollar!", schrie Adam mir lachend zu, als Kyran mich in seine Arme schloss. Sofort fühlte ich mich sicher und vergrub mein Gesicht in seine Brust.
Er roch nach seinem altbekannten Parfüm und als er mich überraschenderweise etwas hochhob, quitschte ich auf.
„Wo hast du dich versteckt? Ich habe vorhin mit Tara geredet, sie meinte, du würdest erst nachkommen..."
Sofort wurden meine Gedanken wieder in die Richtung gezogen, über die ich heute nicht mehr nachdenken wollte.
Deswegen schüttelte ich schnell meinen Kopf und lächelte zu Kyran hoch.
„Das ist doch jetzt egal, oder? Nun bin ich doch hier."
„Verdammt, du hast Recht." Sein Lächeln wurde noch etwas breiter, als er weitersprach: „Komm, ich mach dir meine Spezial Mischung!"
Er zog mich etwas weiter in die Küche und während ich mich auf die Arbeitsfläche setze und die Beine baumeln ließ, beobachtete ich Kyran. Zusammen mit unseren Freunden sang er lauthals und schief die Hymne der Eishockeymannschaft mischte mir dabei ein undefinierbares Getränk an.
Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu grinsen und als er mir den roten Becher überreichte, als wäre es der edelste Sekt, beugte ich mich vor und gab ihm einen leichten Kuss auf den Mund. Es fühlte sich vertraut an und wenn ich ehrlich war, hatte ich es vermisst.
„Hast du schon überlegt eine Karriere als Barkeeper einzuschlagen?", zog ich ihn auf, als ich einen Schluck aus dem roten Becher nahm.
Kyran stand zwischen meinen Beinen und zog mich an ihnen etwas näher zu sich.
„Nein, so einen Beruf werde ich aber auch nie ausüben müssen. Freut mich aber, dass dich meine Fähigkeiten so begeistern."
„Er kann auch noch mit anderen Fähigkeiten begeistern, Al!", rief Adam dazwischen und sofort war das Gelächter wieder laut. Ich jedoch verdrehte nur die Augen und schüttelte den Kopf. Kyran drehte sich zu seinem Freund um und zeigte ihm den Mittelfinger.
„Wollen wir einmal kurz raus gehen? Hier sind wir echt nur von Idioten umzingelt", stöhnte er und lachend nickte ich.
„Okay."
Als er meine Hand nahm und vorging, pochte mein Herz viel zu schnell für meinen schmalen Körper.
Kyran und ich waren anders als andere Jugendliche.
Ich konnte nicht sagen, ob ich ihn liebte.
Ich wusste ja nicht einmal, ob er mich liebte.
Und auch waren wir weder zusammen, noch haben wir darüber bisher gesprochen.
Aber dennoch trafen wir uns bereits seit dem Ende des letzten Schuljahres, konnten stundenlang diskutieren, uns gegenseitig aufziehen und manch unserer spaßigen Streitereien endete darin, dass wir uns küssten.
Bei der Strandparty am vierten Juli hatte er mich zum ersten Mal geküsst.
Mein Herz hatte damals genauso wie meine Gedanken gerast.
Es war komisch, aber ich hatte beinahe Angst, dass dieser Kuss bedeuten würde, dass wir nun ein Paar waren und ich war froh, als wir ausmachten, dass wir uns erst einmal nur weiter treffen würden.
Auf dem Weg nach draußen, begegneten wir vielen Freunde und jedes Mal, wenn Kyran stehen blieb und lachend ein paar Wörter wechselte oder etwas mit jemanden trank, legte er so selbstverständlich den Arm um mich, wie es nur bei uns beiden der Fall sein konnte.
Ich mochte es.
Und vielleicht war dies genau das, was ich brauchte.
Wir stritten uns nicht wegen jeder Kleinigkeiten, wir mussten nicht das Gefühl haben, dem andere irgendetwas schuldig zu sein und genau deswegen war unsere ‚Nicht-Beziehung' wahrscheinlich besser, als so manch eine Beziehung.
„Tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat", entschuldigte sich Kyran, als wir schlussendlich in die wohltuende Kälte des Novembertages traten.
„Alles gut", winkte ich ab und fügte hinzu: „Mir tut es Leid, dass du wegen mir das Spiel verloren hast."
Kyran lachte und als er den Kopf schüttelte, flogen ihm ein paar seiner Locken ins Gesicht. „Das Geld ist mir egal, das einzige Problem wird sein, dass Adam nun denkt, er wäre besser als ich und das ist er definitiv nicht."
Er grinste mir zu und gerade, als ich schmunzelnd etwas erwidern wollte, taumelte ein betrunkener Jugendlicher an uns vorbei, hob die Faust in den Himmel und schrie „Fuck Donald Trump!"
Kyranverdrehte die Augen.„Wir sind auf einer Party, nicht im bescheuerten Politikunterricht. Mein Dad redet seit Mittwoch sowieso schon über nichts anderes mehr als über die Wahlen. Hätte an diesem Mittwoch nicht irgendetwas passieren können, das alle davon abgelenkt hätte?", stöhnte er und zog mich im gleichen Moment zu der großen Hollywoodschaukel, die bisher von keinem Paar in Beschlag genommen wurde.
Ich jedoch erstarrte, konnte kaum mehr Atmen und sprach dann zögerlich: „Es ist etwas passiert. Fynn ist gesprungen."
Ich konnte im Mondschein erkennen, wie Kyran seine Stirn runzelte.
„Fynn? Ach du meinst diesen einen Jungen, oder?" Bevor ich etwas erwidern konnte, sprach er weiter: „Deswegen wollte Ethan schon nicht zur Party kommen, dabei würde dem Kerl Ablenkung gut tun. Hat sogar das Training sausen lassen."
Ich blieb still, da ich mir in diesem Moment etwas mehr Verständnis wünsche würde. Und weil ich mich selbst verfluchte, dieses Thema angefangen zu haben.
Ich wusste, wie Kyran war und dass er es eigentlich nicht so meinte.
Er schien zu bemerken, dass ich mir Gedanken machte, denn er legte den Arm über meine Schulter und zog mich etwas näher zu sich. „Hey, Al. Was ist los?"
„Nichts, alles gut", log ich schnell.
Vielleicht etwas zu schnell, doch Kyran schluckte es und fing im nächsten Moment an, von dem heutigen Training zu berichten.
Eigentlich hörte ich immer zu, doch nun schweiften meine Gedanken ab, ich stellte meine Ohren auf Durchzug.
Mir wurde bewusst, dass die Musik so laut war, dass sie selbst hier noch im gefrorenen Boden zu pulsieren schien. Ein paar jugendliche rannten durch mein Blickfeld, die Kälte kroch bis in meine Knochen und weißen Wolken bildeten sich vor meinem Gesicht sobald ich ausatmete.
Es würde nicht mehr lange dauern, bis es anfangen würde zu schneien.
Fynn würde dies nicht mehr mitbekommen.
So wie er vieles nicht mehr mitbekommen würde.
Wusste er so überhaupt, an welchem Tag er springen würde?
Er starb an einem Tag, der für viele Menschen ein Tag des Umbruchs bedeutete.
Für die meisten war es nur ein Umbruch in der Politik: Trump wurde gewählt und Amerika schien einer ungewissen Zukunft gegenüber zu stehen.
Doch für Fynns Familie und Freunde, war es eine Veränderung im gesamten Leben. Ihre Zukunft hatte sich von einer Minute auf die nächste schlagartig verändert.
Sie wussten nicht, dass es so kommen könnte.
Sie hatten keine Ahnung.
Verdammt!
Ich wollte nicht mehr über Fynn nachdenken!
In einem Zug leerte ich die Mischung, die mir Kyran gemacht hatte und unterbrach seinen Redeschwall. Ich hatte eh nichts davon mitbekommen.
„Können wir wieder reingehen? Ich habe Durst und möchte tanzen."
„Ich will aber noch nicht rein."
Ich seufzte und blickte ihn bittend an. „Bitte, Kyran. Es wird kalt."
„Ich könnte dir deine Jacke holen, oder meinetwegen auch meine...", warf er ein, doch ich schüttelte meinen Kopf und stand auf.
„Ich möchte aber nicht mehr draußen sein."
Kyran presste seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und schüttelte den Kopf.
„Ich werde definitiv nicht tanzen. Geh ruhig, ich komme nicht mit."
„Kyran", bat ich ihn ein weiteres Mal, doch er winkte nur ab und meinte: „Geh ruhig. Tara wollte mir eh noch etwas erzählen. Wenn du sie siehst, kannst du sie ja zu mir rausschicken."
Ich presste meine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und nickte kurz angebunden.
Ich wusste, was er mir damit unter die Nase reiben wollte.
Dass Tara bei ihm draußen bleiben würde.
Dass sie nicht reingehen wollen würde.
Doch hier draußen kamen die Gedanken wieder, drückten mir auf mein Herz, auf meine Lunge und auf meinen gesamten Körper.
Ich spürte regelrecht wie sie mich hinunterzerren wollten und genau deswegen wollte ich unbedingt wieder rein.
„Mach ich", sprach ich deswegen und ging wieder auf die Glastür zu, konnte es mir aber nicht verkneifen, einen Blick zurück zu werfen. Kyran sah mich nicht an, starrte einfach nur stur geradeaus und fuhr sich mit seiner Hand durch seine dunkelblonden Haare.
Ich würde einfach nachher nochmal mit ihm sprechen und mich entschuldigen. Vielleicht könnte er mich auch nach Hause bringen...
Kaum betrat ich wieder das Haus, wurde ich regelrecht von dem donnernden Beat der Musik überrollt. Jemand hatte nun den schlimmsten Black aufgelegt, den ich je gehört hatte. Ich musste nicht lange überlegen, um zu wissen, dass dies nur Adams Werk sein konnte.
Die Musik schien durch mein Blut zu rasen und veranlasste mich dazu, mich im Takt der Musik zu bewegen, auch wenn dies eigentlich so gar nicht meine Musikrichtung war.
Kaum war ich auf der Tanzfläche, wurde ich bereits von den Mädchen aus meinem Sportkurs in die Mitte gezogen und lachend, sowie kreischend versuchten sie die verrückten Tanzbewegungen von Adam nachzumachen, der die provisorische Tanzfläche in seinem ganz persönlichen Stil rockte.
Ich ließ mich in die Dynamik fallen, von der Musik leiten, schloss meine Augen und spürte nichts anderes mehr, als das pulsierende Leben.
Irgendwann stieß Vany zu mir, drückte mir einen Becher Bier in die Hand und prostete mir zu.
Zusammen tanzten wir, bis wir vollkommen verschwitzt, angetrunken und kichernd nach draußen auf die Veranda stolperten, um frische Luft zu schnappen.
„Ich brauche eine Zigarette", sprach meine beste Freundin plötzlich aus und keine Sekunde später, hatte sie sich eine von einem Mädchen, das sie anscheinend kannte, geschnorrt.
Wir ließen uns auf die Hüfthohe Steinmauer nieder und während Vany den Rauch in die Dunkelheit der Nacht blies, starrte ich in den Himmel.
„James hat mich gefragt, ob ich mit zu ihm gehe", meinte Vany auf einmal und erhielt somit wieder meine volle Aufmerksamkeit.
„Und gehst du?"
„Verdammt, nein, Alicia!" Vany lachte und nahm noch einen Zug von der Zigarette. „Dafür bin ich zu... betrunken, denke ich... Oder glaube ich das?" Sie legte den Kopf schief und schien ernsthaft darüber nachzudenken. „Glaubst du, man darf nur glauben, wenn man gläubig ist?"
Vany war wieder in ihre philosophische Schiene gerutscht und grinsend drückte ich sie an mich.
„Ich denke, es wird Zeit, dass wir langsam nach Hause gehen."
„Gehst du also nicht zu Kyran?", nuschelte sie an meiner Schulter und versuchte gleichzeitig einen weiteren Zug von ihrer Zigarette zu nehmen.
„Warum sollte ich?", erwiderte ich und richtete sie etwas auf, damit sie mir nicht ausversehen Brandflecken in meinem Oberteil hinterließ.
Vany jedoch antwortete nicht und zeigte mir damit, dass es wirklich langsam Zeit wurde, nach Hause zu gehen, oder sie zumindest in Taras Zimmer zu bringen, damit sie dort ausnüchtern konnte.
„Na komm, Taras Bett wartet auf dich."
Da ich jedoch selbst nicht mehr allzu sicher auf den Beinen war, stellte sich mein Vorhaben, Vany ins Bett zu bringen, mehr als schwierig heraus.
Selbst von dieser blöden Steinmauer bekam ich sie kaum herunter.
„Brauchst du Hilfe, Al?", fragte eine bekannte Stimme und erleichtert nickte ich.
Kyran trat neben mich und half mir, Vany auf ihre eigenen zwei Beinen zu stellen.
„Wo soll sie hin?"
„In Taras Zimmer. Da kann sie in Ruhe schlafen", antwortete ich und mit einem Nicken nahm sich Kyran der Sache an. Er manövrierte Vany durch die Jugendlichen in Richtung Obergeschoss und ich versuchte mit den beiden Schritt zu halten.
Eigentlich wollte ich Tara schnell Bescheid geben, doch diese schien selbst nicht mehr alles mitzubekommen und in einem mir nicht bekannten Trinkspiel vertieft, sodass ich wieder kehrt machte und mich beeilte, wieder zu Kyran und Vany auf zuschließen.
Kyran hatte jedoch anscheinend ohne Probleme Taras Zimmer gefunden, denn Vany versank bereits in den unzähligen Kissen, die sich auf Taras Bett stapelten und die kleine Nachttischlampe spendete gedämmtes Licht.
Durch die spärliche Beleuchtung wirkte Kyran noch größer, als er eigentlich war und als ich mich ihm richtig zuwendete, erkannte ich, dass er mich nicht aus den Augen ließ.
„Danke, Kyran", flüsterte ich und warf einen Blick über meine Schulter hinweg auf Vany. Es war unglaublich, wie sie von einer Minute zur nächsten von der Wirkung des Alkohols überrannt wurde.
„Dafür nicht, Al."
Ich hörte wie er sich räusperte, doch bevor er noch etwas sagen konnte, sprach ich hastig: „Es tut mir Leid wegen vorhin. Ich wollte dich nicht einfach unterbrechen und dich alleine lassen."
Für einen kurzen Moment herrschte Stille.
Alles was ich nun noch hörte, war, wie mein Herz im Takt der gedämpften Musik schnell schlug.
Und dann, ganz langsam meinte Kyran: „Ja, ist schon in Ordnung. Kümmere dich jetzt um Vany. Bennet fährt Adam, James und mich gleich nach Hause."
Oh.
„Okay", bekam ich nur raus und nickte, obwohl ich nicht einmal wusste, ob er es erkennen konnte.
Dann verschwand er, ohne noch ein weiteres Wort zu sagen und ließ mich in dem dunklen Zimmer zurück.
Vany schnarchte leise und die Musik wummerte immer noch durch den gesamten Fußboden.
Doch die Geräuschkulisse ließ mich nicht das Klingeln meines Handys überhören.
In der Hoffnung, dass es eine Nachricht von Kyran sein könnte, in der er sich entschuldigte, so schnell abgehauen zu sein, zog ich es schnell aus meiner Rocktasche.
Es würde mir auch einfach genügen, wenn er mir Gute Nacht oder irgendetwas anderes wünschte, bei dem ich mir kein schlechtes Gewissen mehr machen musste.
Doch mit einem Blick auf mein Handydisplay, verfluchte ich mich, so voreilig gehandelt zu haben.
Natürlich war es nicht Kyran.
Immerhin war er gerade erst zur Tür heraus.
Es war eine Facebook Nachricht, die ich am liebsten löschen würde, damit ich sie am nächsten Morgen einfach als einen wirren, betrunkenen Traum abtun könnte.
Genauso, wie ich es mir wünschte, die ganze Sache mit Fynn nur eingebildet zu haben.
Doch ich konnte es nicht.
Meine Laune gelang an einen Tiefpunkt und ließ mich schlagartig wieder nüchtern werden. Ohne die Nachricht zu öffnen, drückteich auf die Nummer meiner Mom, um sie zu fragen, ob sie mich abholen könnte.
Ich konnte keine Minute länger hier bleiben und so tun, als könnte ich alles, was gerade geschah, vergessen.
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(02.05.2017)
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