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⌜Fynns Neujahr⌝

Manchmal erscheint es nur

auf den ersten Blick

als Fehler.

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A L I C I A


Der Neujahrtag startete genauso beschissen, wie Silvester geendet hatte.
Ich hatte kaum ein Auge zu bekommen, nachdem ich endlich, nach einem zweistündigen Fußmarsch – denn natürlich sind keine Busse mehr gefahren – Zuhause angekommen war.

Das Wetter hatte sich meiner Laune angepasst und nasskalter Regen prasselte unaufhörlich gegen meine Fenster. Ich konnte mich nicht einmal dazu überwinden, noch einmal zu versuchen, die Augen zu schließen, denn sobald ich dies tat, sah ich vor meinem inneren Auge wieder Nate vor mir stehen.

Seufzend richtete ich mich auf. Auf dem Weg ins Bad roch ich bereits Rührei und Speck. Ich konnte Mom und Dad in der Küche lachen hören und auch wenn es fies klang; auch ihnen wollte ich momentan nicht über den Weg laufen.
Deswegen beeilte ich mich wieder in mein Zimmer zu huschen, solange sie noch nicht mitbekommen hatten, dass ich bereits wach war.

Mein Blick fiel auf meine Sportsachen, die als ein unordentlicher Haufen auf meinem Schreibtischstuhl lagen. Bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte, was ich dort tat, hatte ich sie mir geschnappt und war aus meinem Pyjama geschlüpft.

Schnell griff ich mir noch meine Laufschuhe und die Haustürschlüssel, bevor ich mich an der Küchentür vorbei nach draußen schlich.
Es war kalt und noch immer schien sich der Himmel nicht ganz entschieden zu haben, ob es jetzt regnen oder schneien sollte.

Doch in diesem Moment war es mir einfach nur egal.
Fynn wollte, dass wir joggen gingen.
Nur so würden wir das Rätsel lösen können.
Und genau das hatte ich jetzt vor.

Ich biss die Zähne zusammen und lief los.
Ich lief meine Straße entlang, kreuzte Straßen und schlug einen Weg durch den kleinen Park ein, der nun jedoch nur trostlos im Winter wirkte.

Nach wenigen Minuten fing meine Lunge bereits an zu brennen und ich an zu keuchen.
Meine Füße wollten streiken, doch statt langsamer zu werden, zwang ich mich, das Tempo noch weiter anzuziehen.

Ich schwor mir, nicht aufzuhören, bis ich nicht verstanden hatte, was Fynn von uns wollte.
Denn irgendetwas musste er doch hier mit bezweckt haben, oder?

Ich schlug den Weg zur Promenade ein und nach einigen weiteren Minuten spürte ich, wie der Schmerz in meinen Füßen verschwand und meine Schritte leichter wurden.
Es war beinahe so, als wäre ein Schalter umgelegt wurden und so etwas wie Euphorie durchfuhr mich.

Der Regen prasselte mir kühl ins Gesicht und bis ich die Promenade erreicht hatte begegnete ich keiner Menschenseele.
Aber dies war auch nicht weiter verwunderlich, immerhin war es Neujahr und schlechtes Wetter.
Jeder, der noch ein paar Gehirnzellen besaß und normal war, verbrachte seinen Tag im Bett.

Nicht so wie ich.
Aber was war ich auch schon normal?
Normale Probleme hatte ich zumindest nicht.

Und selbst als ich die Promenade erreicht hatte, ich mich mit keuchendem Atem gegen die Mauer lehnte und auf den Strand hinunter blickte, hatten sich meine Probleme nicht verändert.

Für einen kurzen Moment hatte ich sie vergessen können.
Ich konnte einfach laufen und alles um mich herum abschalten, aber jetzt, kaum dass ich wieder stand, holten sie mich ein und hauten mich um, als wären sie Rugbyspieler und ich der Feind.

Ich hatte keine Chance.
Weder die Gedanken an Fynn, noch an Nate, Kyran, Tara, Vany oder meine Eltern und der bevorstehende Umzug ließen mich los. Seufzend schüttelte ich meinen Kopf.

Nebelverhangen lag der Strand vor mir und ich stützte mein Gesicht in meine Handflächen ab, während ich versuchte, mein Herzschlag und meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen.

„Verdammt, Fynn, was wolltest du nur damit bezwecken? Mir einen Herzinfarkt bescheren?", murmelte ich, während mein Blick über das Wasser glitt. Ich strich mir eine nassgeschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht und musste zugleich wieder daran denken, wie Nate und ich noch vor wenigen Tagen an eben dieser Stelle auch gestanden und geredet haben.

Es kam mir bereits so unendlich lange her vor und ich fragte mich, ob es wirklich nur wenige Tage her war, als noch alles in Ordnung schien.
Oder soweit eben alles in Ordnung sein konnte.

Sarkastisch lachte ich auf, als mir in diesem Moment bewusst wurde, dass es dies vielleicht gewesen nie war und ich es mir nur eingebildet hatte.

„Selbst deine Joggingrunden bringen mich nicht weiter, Fynn...", grummelte ich und wollte gerad noch hinzufügen, dass er sich doch bitte besser in seinen Rätseln ausdrücken sollte, als es mir von einer Sekunde auf die nächste wie Schuppen von den Augen fiel.

Eiskalt lief es meinen Rücken herunter und ich erstarrte. Genauso wie meine Atmung.
Doch in diesem Moment brauchte ich keine Luft zum Atmen mehr.

„Verdammt, Fynn..."

Ich wusste, dass ich die Lösung hatte.
Das Rätsel gelöst hatte.
Dass Fynn uns genau das mitteilen wollte.

Keine Sekunde länger blieb ich stehen.
Wie von der Tarantel gestochen machte ich auf dem Absatz kehrt und lief los.
Schneller als je zuvor.

Der Regen prasselte immer stärker vom Himmel, doch ich bemerkte es kaum.
Das einzige, was ich nur noch wahrnahm war das Rauschen meines Blutes in meinen Ohren, mein Keuchen und das Donnern meiner Schritte auf dem Asphalt.

Ich spürte nur am Rande, wie mir meine Beine den Dienst versagen wollten und dennoch zwang ich sie immer weiter.
Weiter und weiter.erziHer

Bis sie an unserem Ziel angekommen waren.

Ich stolperte beinahe die Veranda hoch und zögerte keine Sekunde bevor ich mit beiden Händen gegen die Haustür donnerte.

Ich hatte das Gefühl, dass sich die Zeit wie Kaugummi in die Läng zog und gerade, als ich dazu übergehen wollte, Sturm zu klingeln, wurde die Tür geöffnet.

Nate stand mir gegenüber. Mit verwuschelten Haaren, oberkörperfrei und mit nichts bekleidet als einer Jogginghose.

All die Worte, die ich ihn eigentlich sofort an den Kopf schmeißen wollte, blieben mir im Hals stecken, als er mir so gegenüberstand. Ich musste mehrmals blinzeln, bevor ich mich versuchte zu fassen.

„Alicia?" Nate wirkte genauso überrascht und ließ seinen Blick an mir hoch und runter wandern. „Bist du etwa hier her gelaufen?"

Endlich fand ich meine Stimme wieder und mein Blick wanderte von seiner Brust wieder zu seinem Gesicht. Mein Gehirn schien sich wieder daran zu erinnern, weswegen ich hier war und sofort fing ich an zu nicken.

„Ja, verdammt. Genau das bin ich, Nate." Meine Stimme klang hitzig und auch Nate schien es zu bemerken, denn sein Blick wurde vorsichtiger, als er langsam sprach: „Du weißt schon, dass du vollkommen durchnässt bist, oder?"

Wut wallte in mir auf und ich fing an heftig den Kopf zu schütteln.
War das alles, was ihm einfiel?
Hatte er sich überhaupt keine Gedanken gemacht, wie ich gestern nach Hause gekommen war?
Was er mit seinen Worten angerichtet hatte?

„Ja, aber dafür habe ich im Gegensatz zu dir Fynns Rätsel lösen können!"

Sein Gesicht wurde kalkweiß, doch bevor er überhaupt den Mund öffnen konnte, schubste ich ihn gegen die Brust. „Fynn wusste es. Fynn wusste es schon längst! Wir können nicht vor unseren Problemen wegrennen, Nate. Egal wie schnell wir laufen, egal wie lange wir denken, dass wir ihnen entkommen können – sie werden uns immer wieder einholen. Und sei es, wenn wir die erste Pause machen, weil wir keine Luft mehr bekommen und japsend versuchen, wieder zu atmen – dann werden sie uns von hinten anfallen, wie aus einem Hinterhalt." Ich warf meine Hände in die Luft und versuchte mich dazu zu zwingen die Stimme etwas zu senken, als ich weitersprach: „Deswegen hat Fynn uns zum Laufen geschickt. Wir sollen realisieren, dass wir unsere Probleme angehen sollen. Verstehst du das, Nate? Wir können nicht davon laufen. Nicht vor Fynns Tod, nicht vor Kyrans Hintergehen oder vor Dads Insolvenz..." Ich stockte für einen kurzen Moment, bevor ich mit etwas mehr Nachdruck hinzufügte: „und nicht vor uns."

Ich ließ ihm noch immer keine Gelegenheit, etwas zu sagen. Denn ich wusste, dass ich mich aussprechen musste, bevor ich etwas vergaß oder er alles zu nichte machen konnte: „Nicht einmal vor unseren Gefühlen können wir wegrennen. Wir können es nicht einfach verneinen, dass wir etwas für einander empfinden, verdammt nochmal, Nate."

Ich ließ meine Hände wieder fallen und auf einmal fühlte ich mich, als hätte mich alle Kraft verlassen. Es war, als würde ich von einer Sekunde auf die nächste wieder die Kontrolle über meinen Körper bekommen und mir wurde bewusst, wie sehr meine Beine von der Anstrengung und der Kälte zitterten.

Doch trotzdem konnte ich nur Nate ansehen.
Und er starrte nur zurück.
Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten, doch dann öffnete er etwas mehr die Tür. „Komm rein, Alicia."

War das sein Ernst?

„Ist das alles, was du zu sagen hast, Nate? Komm rein?", äffte ich ihn nach und sofort spürte ich die Wut wieder in mir aufflammen.

Nate schüttelte den Kopf. „Nein, aber wenn du noch länger in der Kälte stehen bleibst, holst du dir eine Lungenentzündung. Außerdem können wir drinnen in Ruhe reden. Also, bitte, komm rein, Alicia." Seine Stimme nahm einen flehentlichen Unterton an, sodass ich zögerlich die Türschwelle überquerte.
Nate lehnte sich an mir vorbei und schloss die Tür und für einen kurzen Moment konnte ich seinen Geruch riechen. Ich musste mich dazu zwingen, mich nicht sofort in seine Arme zu werfen, sondern stattdessen ihm in einem angemessenen Abstand ins Wohnzimmer zu folgen. Er forderte mich mit einer Handbewegung dazu auf mich auf dem Sofa hinzusetzen, während er in der Küche damit begann herumzuwerkeln.

Ich beobachtete ihn dabei, wie er Wasser im Wasserkocher aufsetzte und zwei Tassen aus einem Schrank hervorkramte, bevor er sich wieder zu mir umdrehte. „Ist Zitronentee in Ordnung?"

„Ich will keinen Zitronentee."

„Was dann?"

Ich blickte in seine Augen. „Du weißt ganz genau was ich will, Nate."

Er seufzte einmal auf und nickte dann. „Ja, Alicia. Ich glaube schon."

Aber trotzdem drückte er mir eine Tasse mit heißem Tee in die Hände, als er wieder zurück zu mir kam.

Er ließ sich mit seiner eigenen Tasse in dem Sessel mir gegenüber nieder und ließ mich nicht aus den Augen. „Soll ich dir ein trockenes Tshirt bringen?", fragte er schließlich, nachdem er sich geräuspert hatte.

Ich zog nur eine Augenbraue hoch und sofort hob er entschuldigend seine freie Hand in die Luft. „Okay, tut mir Leid."

„Nate, ich habe Fynns Rätsel gelöst..."

„Ich weiß."

„Und dennoch sagst du nichts dazu?", fragte ich ihn und sah ihn an. Ich konnte ihn nicht verstehen.

Langsam hob er seinen Blick. „Ich habe Angst, Alicia."

Es stimmte.
Man sah es ihm an.
Man konnte es in seinen Augen erkennen.

„Aber wovor, Nate? Wovor hast du solch eine Angst?", meine Stimme klang flehentlich, ich bettelte ihn geradezu an, es mir endlich verständlich zu machen. Ich spürte kaum die Hitze der Tasse in meiner Hand und als sein Blick erneut viel zu intensiv auf meinen traf, lief mir ein Schauer über meinen gesamten Körper.

„Davor Fehler zu machen..."

„Nate...", setzte ich an, doch er unterbrach mich.

„Und davor, dass es endet."

Ich blinzelte. „Das was endet, Nate?"

Er seufzte auf und ließ sich in dem Sessel zurückfallen. Für einen kurzen Moment blieb es still und es schien, als würde er nach den richtigen Worten suchen müssen. „Die Rätsel, Alicia. Sie sind alles was mir noch von Fynn geblieben sind. Und wenn sie gelöst sind, sind sie genauso Vergangenheit wie alles andere... wie Fynn. Selbst du..." Er lachte leise auf und fing an den Kopf zu schütteln. „Wie ironisch, oder? Einerseits bezeichne ich uns als Fehler, aber gleichzeitig will ich nicht, dass dieser Fehler endet. Deswegen wollte ich die Rätsel nicht mehr weiterlösen. Ich will Fynn nicht ein zweites Mal verlieren, genauso wenig wie dich. Denn ich weiß, dass Fynn für jedes mathematische Problem eine Lösung gefunden hat. In seiner Mathematik gab es keine Fehler, sie wurden ausradiert..." Diesmal stockte er und es schien, als müsste er nach Luft schnappen. „Genauso wie er sich selbst ausradiert hat, als er dachte, dass er ein Fehler wäre. Er ist davon ausgegangen, nicht mehr in seine eigene Welt zu passen, er wollte diesen Fehler begleichen. Sich selbst... Verdammt! Dabei war er doch nie ein Fehler gewesen!"

Ich konnte hören, wie er kurz davor stand zusammenzubrechen. Er stützte seine Arme auf seinen Oberschenkeln ab und vergrub sein Gesicht in seinen Händen.
Und in diesem Moment war all der Ärger auf ihn wie verraucht.

Ohne lange nachzudenken stellte ich die Teetasse auf den Tisch und eilte zu ihm. Ich kniete mich vor ihn hin und zog ihn in meine Arme. Ich war überrascht darüber, wie kalt er war und als ich nach seinen eisigen Fingern griff, um sie aus seinem Gesicht zu ziehen, schienen mich meine eigenen Gefühle beinahe zu überrennen.

„Wir alle sind keine Fehler, keiner von uns Nate. Und mit den Rätseln werden wir nie etwas verlieren, verstehst du das?"

Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem eigenen entfernt, als er den Kopf anhob. „Aber er hat dich zuerst geliebt."

„Vielleicht hat er das, Nate. Aber das Leben und die Liebe ist kein Rennen, es kommt nicht darauf an, wer zuerst da war..." Ich dachte an meine Unterhaltung mit Mare auf der Weihnachtsfeier.

Leicht drückte ich Nates Hände und zwang ihn somit, mir in die Augen zu schauen. „Vielleicht hat Fynn mich geliebt, aber auf eine andere, vielleicht so viel besseren Art und Weise, hat er auch Mare geliebt. Und sie ihn. Er war nicht nur unglücklich, verstehst du?"

„Mare?" Nate blinzelte mich leicht verwirrt an und auf einmal wurde mir bewusst, dass ich ihm bisher noch gar nicht von meinem Treffen mit ihr auf der Weihnachtsfeier erzählt hatte und am liebsten wollte ich mich dafür selbst schlagen. „Ja, das Mädchen, dem wir auf dem Friedhof begegnet waren... Das dir so bekannt vorkam. Sie war auch auf der Weihnachtsfeier. Ihr Name ist Mare und ihre Schwester eine Freundin von deiner Mom..."

„Ellys Schwester...", fügte Nate hinzu und sein Gesichtsausdruck veränderte sich, so als würde ihm nun etwas bewusst werden. „Daher kam sie mir so bekannt vor. Ich hatte sie schon auf Moms 4. Juli Party gesehen..."

„Sie haben sich gekannt, Nate. Fynn und Mare. Oder besser gesagt mehr als sich nur gekannt."

Beinahe geschockt starrte Nate mich an, bevor er langsam den Kopf schüttelte. „Das kann nicht sein. Er hat nie etwas gesagt... Warum hat er nie etwas erzählt?"

Mein Herz fing bei seinen Worten erneut an zu bluten, denn mir wurde bewusst, dass Nate dies als weiteres Zeichen sehen würde, seinen Bruder nie so nahe gestanden zu haben, wie er es immer geglaubt hatte.

„Ich habe all dies nie mitbekommen, Alicia. Wieso habe ich nie etwas bemerkt?"

Ich wusste, dass er schon längst nicht mehr nur über Mare redete. Ich merkte es daran, wie sich seine Finger in den Stoff meines Langarmshirts bohrten, er halt bei mir suchte und wieder damit anfing den Kopf zu schütteln.

„Nate...", sprach ich und griff erneut nach seinem Gesicht, damit ihm keine andere Chance blieb, als mir wieder ins Gesicht schauen zu müssen. Sein Blick flackerte, doch dann schien er sich wieder auf mich zu fokussieren und tief holte er Luft.
„Nate", setzte ich erneut an. „Es ist nicht deine Schuld. Fynn war ein Universum voller Geheimnisse. Er hat es nicht erzählt, weil er es nicht mit dir teilen wollte oder dir nicht vertraut hatte, sondern weil er davon selbst so verwirrt gewesen war und es nicht in seine sonst so durchstrukturierte Welt gepasst hatte. Es hätte für ihn alles nur noch mehr durcheinander gebracht, hätte er darüber geredet. Denn dann hätte er es als Realität akzeptieren müssen, verstehst du?"

Nate starrte mich an und dann, langsam, sackte er etwas in sich zusammen. All die Anspannung verschwand aus seinem Körper und leise seufzte er auf. „Du hast Recht. Nur ich wünschte, ich hätte es gewusst. Dann hätte ich ihm dabei helfen können, zu akzeptieren, dass es okay ist, glücklich zu sein. Auch wenn man dieses Glück durch nicht geplante Veränderungen erlebt."

Ich nickte, noch immer kniend vor ihm. „Vielleicht seid ihr euch ähnlicher, als du denkst."

„wie meinst du das?"

Ich legte leicht den Kopf schief, während ich ihn betrachtete. „Denn genauso wenig willst du selbst dieses Glück akzeptieren, das eigentlich nicht geplant war. Wir waren nicht geplant und du denkst, dass es dir nicht zusteht."

„Alicia..."

„Nein!", ich unterbrach ihn und hob eine Hand. „Komm mir jetzt nicht mit Alicia. Oder damit, dass Fynn mich zuerst geliebt hat. Ich will dir nicht wehtun, aber genauso wenig will ich mir selbst noch wehtun, deswegen sage ich es jetzt: Fynn ist tot, Nate. Es ist eine Tatsache, die so grausam ist, aber nicht zurückgenommen werden kann. Aber er ist nicht nur unglücklich gewesen, es gab für ihn nicht nur die tragische Liebe, ich habe es doch in Mares Augen gesehen..." Ich stockte und versuchte zugleich die Tränen zurückzuhalten, die in meine Augen schossen. Doch ich konnte es nicht verhindern und eine nach der anderen lief mir still, aber nicht ganz so heimlich über die Wangen. „Mach nicht die gleichen Fehler wie er... Aber wenn, dann sage es jetzt. Dann werde ich gehen, jedoch zusammen mit dem Rätselbuch. Denn ich werde sicherlich nicht mit den Rätseln aufhören. Das hat Fynn nicht verdient."

Als ich geendet habe, breitete sich Stille zwischen uns aus und voller Anspannung wartete ich auf seine Reaktion.
Ich hielt die Luft an und mein Herz schien jeden Moment zu explodieren. Denn ich wusste, dass mein Welt mit seinen nächsten Worten stehen oder fallen würde.

Nates Blick sprang zwischen meinen Augen hin und her, bevor er langsam anfing zu nicken. „Alicia, Fynn hat nicht vorgesehen, dass wir die Rätsel alleine lösen, das ist dir schon bewusst, oder?"

Als ich begriff, was er damit sagen wollte, konnte ich meine Erleichterung nicht mehr zurückhalten und ich fiel ihm um den Hals. Da er nicht damit gerechnet hatte, fielen wir beide zurück in den Sessel und leicht lachte er auf. Ich spürte die Vibration seiner Stimme in meinem gesamten Körper und noch nie habe ich mich glücklicher gefühlt.

Er hielt mich in seinen Armen und am liebsten würde ich für immer hier bleiben. Selbst so durchgeschwitzt wie ich war und wahrscheinlich bis in den Himmel nach Schweiß stank.
„Fynn hätte niemals gewollt, dass ich unglücklich bin", murmelte er an meinem Ohr und sofort überkam mich eine Gänsehaut. Ich schloss meine Augen, atmete tief ein und nickte.
Denn er hatte Recht.
Vielleicht hatte Fynn nicht vorgesehen, dass seine Rätsel Nate und mich so zusammenbringen würden, aber auch er konnte nicht alles berechnen.
Und am wenigsten hätte er gewollt, dass Nate durch eine Rechnung unglücklich wurde.
Denn manchmal gab es nicht nur eine Lösung.
Sondern mehrere.
Es musste nicht gleich ein Fehler sein.

Nach einer Zeit löste ich mich aus seinen Armen und lehnte mich etwas von ihm weg, um wieder zu Sinnen zu kommen. „Und nun?", fragte ich ihn und mit einem kleinen Lächeln beobachtete er mich: „Was nun?"

„Wie geht es weiter?"

Nate seufzte auf und sein Blick wanderte durch den Raum, bevor er leicht mit den Schultern zuckte. „Wenn ich ehrlich bin, Alicia, möchte ich in genau diesen Moment nur so weitermachen. Bitte lass uns diesen Neujahrestag nur auf dem Sofa liegen und Filme schauen. Ich will dich in den Armen halten und mich normal fühlen. Wie ein normaler Junge, der mit einem wunderschönen Mädchen einen Film anschaut, sich aber kein bisschen auf die Handlung konzentrierten kann, da er nichts anderes als sie betrachten kann. Für einen Augenblick möchte ich nicht der Junge mit dem toten Bruder und den Rätseln sein, klingt das egoistisch?"

Sein Blick traf wieder auf meinen und ich erkannte so viel Selbstzweifel in ihnen, dass ich mich sofort wieder zu ihm lehnte und ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. „Nein, das ist okay... So lange ich dieses Mädchen in deinen Armen sein werde und du dir ein Tshirt überziehst. Denn ansonsten werden wir beide nichts von dem Film mitbekommen."

Nates Gesichtsausdruck veränderte sich und ein leichtes Grinsen schlich sich auf seine Lippen. „Komm her." Er zog mich in seine Arme und in diesem Moment war es okay.

Es war okay, dass wir beschlossen, eine kleine Pause zu machen.
Denn wir beide wussten, dass es auch für Fynn in Ordnung gewesen wäre.
Solange man wusste, dass man nicht vor seinen Problemen davonrennen und sie sich irgendwann stellen müsste.

Und das taten wir.
Wir machten aus, dass wir uns eine Woche gaben, bevor wir uns erneut Fynns Worten stellen würden und ich versprach Nate, mich mit meinen Freunden auszusprechen. Auch wenn es mir jetzt schon davor grauste, wusste ich, dass dieser Schritt bitter nötig war.
Und vielleicht brauchte ich genau deswegen Fynn und seine Rätsel, um mir dies bewusst zu machen. 

~

(01.09.2019)


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