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⌜Fynns Kurzatmigkeit⌝


Manche können zehn Meilen laufen.

Und manche beschließen, dass sie bereits nach einer das Ziel erreicht haben.

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A L I C I A



Ich war schneller am Spielplatz, als dass ich gedacht hatte.
Einerseits lag es daran, dass ich in der Dreißiger Zone mit Fünfzig die Straße entlang donnerte und andererseits daran, dass ich nicht richtig einparkte, sondern mich mit meinem Audi halb auf den Gehweg stellte.

Kaum hatte ich den Motor ausgestellt, sprang ich schon aus dem Auto.
Mein Herz hüpfte mir bis zum Hals, als ich mit langen Schritten durch das taunasse Gras auf den Turm zuging.

Ich hatte Angst, dass es sich Nate vielleicht anders überlegt hatte und nicht auf mich habe warten wollen.
Doch all meine Befürchtungen lösten sich in Luft auf, als ich Nate auf dem Boden des Turmes liegen sah. Ich beeilte mich zu ihm zu klettern und achtete diesmal kein bisschen darauf, ob meine Hose dreckig werden würde.

Als ich mich neben ihn hinsetzte, sagt keiner von uns ein Wort.
Während er gegen die Decke des Turmes starrte, betrachtete ich ihn, versuchte den Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken und meine Gedanken zu sortieren.

Nate trug noch immer den dunklen Anzug, doch seine Haare waren längst nicht mehr pingelig zurück gegeelt, wie sie es noch vorhin waren.
Eher schien es so, als wäre er alle paar Sekunden mit den Fingern durch sie hindurch gestrichen.

Und genau dies tat er nun schon wieder.

Seine Augen waren gerötet und getrocknete Tränenspuren zierten sein Gesicht.

Ich fand keine Worte und deswegen blieb ich stumm.

Nate war schlussendlich der erste, der anfing zu sprechen.
Jedoch ohne mich anzublicken, er starrte einfach weiter gegen die Decke.

„Wie kann einer einfach nicht mehr da sein?"

Der Kloß in meinem Hals wurde noch größer und nur ein Krächzen verließ meinen Mund, als ich kläglich versuchte, die Tränen zurück zu halten.
Was zur Hölle sollte ich antworten?

„Wie kann irgendetwas in einer Welt richtig sein, wenn es richtig sein soll, dass ein Junge wie Fynn so früh verschwindet?" Er drehte seinen Kopf in meine Richtung. „Wie kann eine Welt ohne Fynn richtig sein? Wie kann sie ohne ihn funktionieren?"

Ich bemerkte, wie sich seine Hände zu Fäusten verkrampften, beobachtete ihn, wie er sich mühselig aufrichtete, während ich noch nach den richtigen Worten suchte.

„Nate", sprach ich schlussendlich stockend und viel zu leise. „Ich glaube..." Ich musste mich räuspern, meine Stimme wollte mir versagen, doch ich zwang mich, weiter zu reden – auch wenn ich mich am liebsten ganz weit weg wünschen würde. „Ich glaube, dass die Welt momentan aus den Fugen geraten ist..."

Und dies war der Moment, in dem der Damm brach.
Völlig überfordert musste ich mit ansehen, wie Nate sich nach vorne krümmte, sich unter seelischen Schmerzen zu winden schien und seine Hände in seinen Haaren vergrub.

Im nächsten Augenblick hörte ich ihn wieder schluchzen – und er hörte nicht mehr damit auf.
Wie erstarrt hockte ich neben ihn und sah auf den Jungen herab, den ich erst vor wenigen Tagen kennengelernt hatte.

Verdammt! Wie konnte es angehen, dass ich davon ausgegangen war, dass alles in Ordnung gewesen war? Nates Bruder war tot und nichts in dieser Welt könnte ihn wieder zurückholen.

Von einer Sekunde auf die nächste, richtete sich Nate auf und bevor ich überhaupt reagieren konnte, hatte er nach der Feuerwehrstange gegriffen und sich aus dem Turm geschwungen.

„Nate!", rief ich ihm hinterher und rappelte mich mühselig auf.
Er lief durch das nasse Gras und ich bemühte mich, ihn zum Stehen bleiben zu bringen.

„Nate, verdammt nochmal, bleib' stehen!"

Halb sprang ich aus dem Turm und nahm nur kaum den Schmerz war, als ich mit meinem Knöchel umknickte, zu sehr war ich darauf fixiert, ihn einzuholen, bevor er irgendeine Dummheit begehen konnte.

Ich konnte nach seinen Arm fassen, als er beinahe die Hälfte des Spielplatzes überquert hatte und so, als würde meine Berührung all seine letzte Kraft rauben, sackte er erneut in sich zusammen.

Diesmal gingen wir zusammen zu Boden.
Mir fehlten jedoch noch immer die Worte.
Als ich jedoch meine Arme beinahe genauso hilflos und verzweifelt um ihn schlang und seinen klammernden Griff spürte, wurde mir etwas bewusst.
Nämlich, dass es in solch einer Situation einfach keine Worte geben konnte.

Ich wusste nicht, wie lange wir schlussendlich im nassen Gras saßen und uns einfach nur umarmten.
Ich bemerkte auch nicht, wann ich selbst angefangen hatte still und heimlich zu weinen, aber irgendwann spürte ich, wie der kalte Wind über die nassen Spuren in meinem Gesicht fuhr und mich zum Zittern brachte.
Irgendwann verstummte Nate und auch sein Griff wurde lockerer.

Und dann – nachdem er tief eingeatmet hatte, sprach er leise, aber dennoch mit so viel Nachdruck: „Im November haben wir immer angefangen die Kekse für Weihnachten zu backen und jedes Jahr fällt bei uns die Heizung aus. Ich bin immer derjenige gewesen, der sie wieder richtig eingestellt hat, aber Fynn..." Sein Blick wanderte nach oben gen Himmel, dann schüttelte er den Kopf. „...Er hat dabei unerlässlich geredet und die Taschenlampe gehalten." Zittrig holte er tief Luft und selbst wenn ich etwas hätte sagen wollen, hätte er mir keine Zeit dafür gegeben, denn sofort redete er weiter: „Im November müssen wir immer die Kisten mit den alten Familienfotos und den Dokumenten aus den Keller holen, weil dieser immer wieder durch die Stürme unter Wasser steht. Im November ist immer so viel passiert. Wie soll es nun gehen? Wie soll der November ohne Fynn funktionieren?" Seine Hand löste sich von meinem Arm und kraftlos ließ er sie in das Gras sinken. „Es war ein scheiß Monat zum Sterben."

Für einen kurzen Moment schloss ich wieder meine Augen und ohne lange Nachzudenken, waren die Wörter bereits über meine Lippen: „Vielleicht hatte er nur diesen einen."

Auch wenn ich wusste, was Nate eigentlich sagen wollte:
Denn er meinte nicht nur den November, er redete nicht nur davon, dass er nicht wusste, wie er ohne Fynn Kekse backen sollte, oder wie er ohne Taschenlampe die Heizung wieder richtig einstellen konnte – nein, er redete nicht nur von einem Monat, sondern von einem ganzen Jahr, einem ganzen Leben.

Aber ich tat es genauso.

Langsam löste Nate sich aus meiner Umarmung und wir sahen uns an. Eigentlich müsste ich peinlich bedrückt wegsehen, doch vielmehr hielt mich sein Blick gefangen. Er raubte mir meinen Atem, ließ den Kloß in meinem Hals jedoch weiter wachsen.

Nates Augen waren rot und verquollen vom Weinen, sein Gesicht viel zu blass und die salzigen Rückstände seiner Tränen ließen sich nicht leugnen.

„Fynn war schon immer kurzatmig gewesen. Er war eine Niete im Laufen und ich habe mich immer darüber lustig gemacht. Ich meine, ich laufe zehn Meilen und er hat nicht einmal eine geschafft, ohne nach einer Pause zu betteln." Er schüttelte seinen Kopf, ließ mich jedoch nicht aus seinen Augen. Sein Blick war so intensiv, als würde er mir zeigen wollen, wie wichtig das war, was er sagte. „Und nun verstehe ich es. Ich verstehe es endlich, Alicia. Vielleicht wollte Fynn immer nur die Kurzatmigkeit und nie die Unendlichkeit. Weil er wusste, dass alles unendlich und wir unendlich kurzlebig sind. Das hat er gesagt, auf der Rückseite des Rätsels: Man kann mit Kurzatmigkeit keine Unendlichkeit erklären." Er fing an leicht zu lachen, verstummte jedoch sofort wieder und nachdenklich schweifte sein Blick von mir fort. „Und nun fühle ich mich dumm, so dumm, dass ich ihn damals immer wieder dazu getrieben habe, zu laufen, obwohl ich es hätte besser wissen müssen: Mir hätte auffallen müssen, wie kurzatmig er war."

Sein Blick brannte sich in meinen, er wollte, dass ich es verstand.
Und ich verstand es.
Ich verstand alles, was er mir sagen wollte.

Ich presste meine Lippen zusammen, zwang mich, nicht erneut in Tränen auszubrechen.
Und dann schüttelte ich meinen Kopf und zog ihn in meine Arme.

„Manchmal muss man rennen und manchmal nicht, Nate. Du kannst nichts dafür, du kannst wirklich nichts dafür."

Ich spürte seine Hände, die sich in meine Schulter krallten, im nächsten Moment aber von ihnen losließen.
Ein paar Sekunden hörte man nur noch unsere ungleichmäßigen Atemzüge, doch dann stand er langsam auf und hielt mir seine Hand entgegen.
Ich blickte zu ihm hoch, unsicher, ob ich vielleicht etwas falsches gesagt hatte. Sein Gesicht war immer noch fleckig vom Weinen, aber ein trauriges Lächeln zierte nun seine Lippen.

„Und das ist die Sache, Alicia."

Verwirrt legte ich den Kopf schief, unsicher worauf er hinaus wollte. „Was meinst du?"

„Fynn wollte, dass du wegrennst. Denn manchmal muss man erst rennen, um zu realisieren, dass man vor seinem eigenen Schatten versucht davon zu laufen. Das war das erste Rätsel: er konfrontiert uns mit uns selbst."

Ich legte meine Hand in seine und keine Sekunde später hatte er mich auf meine Beine gezogen.

„Ich renne vor nichts weg, Nate", antwortete ich und runzelte die Stirn. Unangenehm nass und kalt klebte meine Jeans an meinen Beinen. Ich müsste mich beeilen, wenn ich die nächsten Tage nicht krank im Bett liegen wollte.

„Das denkst du, Alicia. Aber Fynn wusste es so viel besser, sonst hätte er nicht das Rätsel gestellt."

Ruckartig drehte ich mich von ihm weg und biss mir auf die Zunge, um nichts Verletzendes zu sagen. Nate bildete sich etwas ein, er versuchte sich in seiner Trauer an irgendetwas zu klammern, wovon er meinte, dass Fynn dies sagen würde.

Aber er lag falsch.
Wovor sollte ich denn auch wegrennen?

„Fynn hat mich nicht wirklich gekannt, Nate. Er kann nicht gewusst haben, ob ich nun renne oder nicht."

Stille breitete sich zwischen uns aus, ich konnte ihn nur atmen hören, traute mich jedoch nicht, mich wieder zu ihm umzudrehen.

„Ich habe bereits das zweite Rätsel gelesen, aber dabei brauche ich deine Hilfe, Alicia."

Ich schloss meine Augen und atmete einmal tief ein.
Die Gedanken schossen wild in meinem Kopf durcheinander, bereiteten mir Kopfschmerzen und ließen mich keinen klaren Entschluss fassen.

War ich bereit für ein zweites Rätsel, jetzt wo mir ein toter Junge erst gegen den Kopf warf, er würde mich besser kennen, als ich mich selbst?

„Nate, ich muss jetzt los, soll ich dich noch nach Hause bringen?"

Ein,
Zwei,
Drei Sekunden sagte keiner etwas.

Dann seufzte Nate, beinahe schien es, als könnte ich hören, wie er den Kopf schüttelte.
Dann ertönten Schritte, Nate lief an mir vorbei Richtung Straße.

„Nein, es ist nicht weit zu Laufen."

Ich sagte nichts mehr, sondern ließ ihn gehen, so wie er mich hier im taunassen Gras des Spielplatzes stehen ließ.

Als er die Straße entlang verschwand, setzte auch ich mich langsam in Bewegung, kramte aus meiner Hosentasche den Autoschlüssel hervor und ließ mich seufzend in den Sitz fallen. Für einen kurzen Moment schloss ich meine Augen, in der Hoffnung, so etwas wieder zu Sinnen zu kommen.

Was war das eben?
Nate war längst nicht so stark, wie er es vorgegeben hatte zu sein.
Aber Fynn war auch längst nicht so allwissend gewesen, wie er es gerne seinen Bruder vorgetäuscht hatte.

Denn er kannte mich nicht.
Ich rannte nicht vor mir selbst weg.
Warum sollte ich dies auch tun?

Das Klingeln meines Handys riss mich aus meinen Gedanken und ließ mich erschrocken hochfahren. Mein IPhone lag auf der Ablage, ich hatte es hier vergessen gehabt und als ich den Namen auf dem Display sah, erstarrte ich.

Kyran.

Verdammt!
Mein Blick huschte zu meiner digitalen Uhr.
14:37 Uhr.
Verdammt, verdammt, verdammt!

Wie konnten so schnell zwei Stunden vergehen?
Wie konnte ich mein Treffen mit Kyran vergessen?

Schnell hob ich ab, doch bevor ich überhaupt Luft holen und zu einer Entschuldigung ansetzen konnte, sprach Kyran in den Hörer: „Alicia, verdammt nochmal, ich rufe dich nun schon zum Hundertsten Mal an, wo bist du?"
Ich hörte sofort, dass er unglaublich wütend war und im gleichen Augenblick machte ich mich klein. „Es tut mir Leid, Kyran, ich habe vollkommen die Zeit vergessen und-"

„Du hast die Zeit vergessen? Verdammt nochmal, ich sitze hier seit einer halben Stunde wie der letzte Vollidiot im Tiffany's! Du weißt, dass ich nur wegen dir zu dem Mittagessen zugesagt habe, oder?"

Mein Herzschlag beschleunigte sich und augenblicklich wurde mein Hals ganz trocken. „Ja, ich weiß, Kyran, es tut mir auch total leid, ich kann in zehn Minuten da sein und dann-"

„Und dann was, Alicia?", unterbrach er mich und im Hintergrund hörte ich Stimmen. „Du kannst dir den Weg sparen, ich warte keine weitere Minute auf dich. Versuch erst gar nicht mich zu erreichen, ich gehe mit Ethan und den Anderen wieder trainieren."

Mein Herz versagte mir, genauso wie meine Stimme.
Doch ich brauchte auch gar nichts mehr zu sagen, denn Kyran legte auf.
Langsam ließ ich mein Handy sinken und schüttelte meinen Kopf.
Die Tränen wollten mir erneut in die Augen schießen, doch diesmal hinderten die Wut und Enttäuschung über Kyran mich daran, zusammen zu brechen.

Natürlich, ich hatte unsere Verabredung zum Mittagessen vollkommen vergessen, während ich bei Nate gewesen war, aber das war doch auch verständlich! Auch er hatte mich oft genug sitzen gelassen und hätte er meine Entschuldigung gehört, wäre er vielleicht nicht so aufgebracht gewesen.
Stöhnend ließ ich meinen Kopf gegen das Lenkrad sinken und verharrte so für einige Sekunden.

Dann atmete ich einmal tief ein und versuchte mich damit zu beruhigen, dass schon wieder alles gut werden würde. So war es immer.
Ich würde mich entschuldigen und Kyran könnte nicht lange wütend auf mich sein.

An diesen Gedanken klammerte ich mich, als ich wieder meinen Kopf hob, den Motor startete und losfuhr.
Ich kam keine drei Straßen weit, bis ich eine Person in einem dreckig nassen Anzug auf dem Gehweg schlürfen sah. Die Krawatte hing schief und viel zu locker und an dem einen Hosenbein klebte Gras.
Nate sah hoch, als ich neben ihn anhielt und das Fenster herunterließ.

„Steig schon ein, Nate. Ich möchte Fynn davon überzeugen, dass ich nicht vor meinem eigenen Schatten davon laufe."

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(25.09.2017)

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