Alle guten Dinge sind zwei?
Auf dem Weg zurück zum Hotel reden wir nicht viel. Jeder hängt seinen Gedanken nach und während der Fahrtwind mir um die Nase weht, versuche ich mit meiner Wut auf mich selbst umzugehen.
Wie konnte mir so etwas passieren?
„Was ist?", hakt er nach und sieht kurz zu mir rüber, doch ich schaue ihn nicht an.
„Sie haben nichts falsch gemacht, das hätte mir genauso gut passieren können", sagt er nach einer Weile, in der wir beide wieder geschwiegen haben. Dieses Mal drehe ich mich zu ihm um und schaue ihn an.
„Ich wurde als Agentin ausgebildet, Dallas. Ich weiß, wie ich mich verhalten muss. Und das vorhin hätte nicht passieren dürfen. Das wissen Sie genauso gut, wie ich", erwidere ich mit fester Stimme.
Das er mich in Schutz nimmt ist neu für mich und würde sich auch gut anfühlen, aber mein Stolz lässt das nicht zu. Ich habe den Stein übersehen und damit trage auch ich die Verantwortung dafür.
„Wenn Sie meinen. Aber wenigstens war es nicht mein Wagen, der uns hat auffliegen lassen", witzelt er und grinst mich an. Es liegt keine Schadenfreude in seinen Augen, was mich dazu bewegt es zu erwidern. Aber so herzlich, wie seines fällt mein Lächeln nicht aus. Als er vor dem Hotel hält, fällt mir etwas, ein, das ich ihn schon viel eher hätte fragen müssen.
„Was haben die Befragungen des Hotelpersonals ergeben?" Er schnallt sich ab und sieht mich eindringlich an. Als hätte er etwas herausgefunden, wo er sich noch nicht sicher ist, ob er es mir überhaupt erzählen soll. Was er muss, denn wir sind ein Team und da gehört das dazu.
„Die Überprüfungen der Alibis stehen noch aus. Was ich sehr verdächtig fand, war das der Manager, Mr Chang, zur Tatzeit zwar im Hotel war, er aber auf keiner Kamera zusehen war oder vom Personal noch von den Gästen gesehen wurde."
„Das ist wirklich seltsam", sage ich und schnalle mich ebenfalls ab.
„Wenn Sie möchten, könnte ich mich unbemerkt an ihn heranschleichen. Die Voraussetzungen dazu habe ich, wie Sie wissen und ich könnte mich endlich mal wirklich nützlich machen", schlage ich vor und spüre seine Vorbehalte. Doch zu meiner und vielleicht auch zu seiner Verwunderung stimmt er zu.
„In Ordnung, aber Sie informieren mich über jeden Ihrer Schritte", meint er und bedenkt mich wieder einem leicht überheblich aussehenden Blick, den ich nur mit einem süßlichen Lächeln erwidere.
„Sie werden von mir hören." Damit steige ich aus und betrete das Hotel, welches mittlerweile wieder seinem ganz normalen Alltagsgeschäft nachgeht. Ich bleibe in der Lobby stehen und schaue mich ein bisschen um, doch da ich nicht weiß, wie Manager Chang aussieht, wird es schwierig ihn auszumachen.
Ich zücke mein Handy und frage Google um Rat, der mir innert siebenundzwanzig Sekunden eine Antwort ausspuckt. Und dazu mit Foto.
Ich liebe die heutige Technik einfach.
Mr Chang ist um die dreißig und hat, wie angenommen, asiatische Wurzeln. Er sieht echt gut aus, wenn man auf einen drahtigen Mann im Anzug und passendem Einstecktuch steht.
Seine Augen wirken hinterlistig, wie das eines Wiesels und, weil der erste Eindruck meistens stimmt, liege ich vielleicht auch mit meiner Annahme Gold richtig. Jetzt, da ich weiß, wie meine Zielperson aussieht, mache ich mich auf die gezielte Suche.
Wenn ich ein Manager wäre, wo würde ich mich dann aufhalten, wenn ich Dreck am Stecken hätte?
Das ist die goldene Frage, weshalb ich mich einfach mal auf die Suche mache. Ich schaue mich zuerst im Speisebereich um, danach in der Bar und am Ende schleiche ich mich noch in den Bereich, der nur für Mitarbeiter zugelassen ist. Was sich als langatmige Suche hätte hinziehen können, entwickelt sich nach einem schnellen Ende.
Denn, als ich um die Ecke biegen will, um mich dort genauer umzusehen, höre ich Schritte, die nur von ziemlich teuren Lederschuhen stammen können. Und da die meisten Angestellten nicht halb so gut verdienen, wie ihr Boss, nehme ich mal stark an, dass er das ist. Und, wie ich ebenfalls hören kann, telefoniert er gerade.
Nur mit wem, kann ich leider nicht sagen. Deshalb verstecke ich mich hinter einem Putzwagen und warte, bis er an mir vorbeigegangen ist. Die Wortfetzen, die ich dabei verstehe, deuten darauf, dass sich Chang mit jemandem treffen will. Und da ich ihn sowieso für nicht gerade ehrlich halte, ist es wohl besser ihm einfach zu folgen.
Gesagt getan, doch als er in seinen Wagen – einen noch auffälligeren Sportwagen, als Dallas ihn fährt – einsteigt, muss ich einsehen, dass ich ihm doch nicht folgen kann. Hilfesuchend schweift mein Blick über die Autos und sehe eine Frau, die gerade aus einem Carsharing Auto aussteigt.
Das ist meine Rettung, denn, als Chang mit röhrendem Motor losfährt, kann ich die Frau – eine nette schwedische Geschäftsfrau- davon überzeugen, mir die Schlüssel und ihren Code zu überlassen. Hinterm Steuer sitzend versuche ich Dallas zu erreichen, doch bei ihm geht niemand ran.
War ja klar, so viel dazu, dass ich ihn über jeden Schritt informiere. Um meinen Teil der Abmachung zu halten, rede ich ihm aufs Band und versuche mich danach in unseren Tatverdächtigen hineinzuversetzen. Was mir nicht all zu schwer fällt, denn seinem gehetzten Gesichtsausdruck nach zu urteilen und seinem überstürztem Abgang, muss er in etwas mit drin stecken, was nicht ganz legal ist.
Und was würde da besser passen, als die Drogen, die wir in der Lagerhalle gefunden haben?
Deshalb fahre ich dorthin, denn ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass das sein Ziel ist. Auf dem gesamten Weg, rede ich mir gut zu. Denn mein letzter Einsatz liegt doch schon eine ganze Weile zurück und er ging nicht gerade gut aus. Ich parke meinen Wagen mit einem großzügigen Abstand zur Halle und lege die Distanz zu Fuß zurück.
„Bingo", sage ich, als ich den gelben Maserati sehe, der Chang gehört. Ohne mich mit etwas zu bewaffnen betrete ich das verlassene Gebäude. Die Luft ist stickig und kleine Staubpartikel fliegen herum, kitzeln mich in der Nase.
Doch ich kann den Niesanfall gerade noch unterdrücken. Als ich mich dem größeren Raum nähere, höre ich zwei aufgebrachte Stimmen. Ich bleibe stehen und lausche angestrengt, doch ich kann die andere – die nicht Chang gehört – nicht erkennen.
Schritt für Schritt gehe ich nach vorne und in dem Moment, als ich fast soweit bin, dass ich die andere Person sehen kann, klingelt mein Handy.
Verdammte Scheisse!
Hektisch ziehe ich es hervor und würge Dallas ab. Atemlos verharre ich an Ort und Stelle und hoffe, dass sie es nicht gehört haben. Aber als die Schritte schneller werden, weiß ich, dass ich verschwinden muss. Sofort.
Ich renne los und schaue mich um, versuche mich irgendwo zu verstecken. Doch über kurz oder lang, werden Sie mich finden. Mein Herz schlägt wie wild in meiner Brust, als ich mich hinter einigen Kisten verstecke und Dallas versuche zu erreichen.
Wieso nimmt er denn jetzt nicht ab?
Verzweifelt versuche ich nicht in Panik zu verfallen, was gar nicht so einfach ist. Die Schritte nähern sich, klingen bedrohlich nahe.
Was soll ich tun?
Hektisch schaue ich mich um und habe nur eine Möglichkeit hieraus zu kommen. Ich muss sie ablenken und als ich den Stein finde, gegen den ich heute Morgen getreten bin, weiß ich auch wie. Ich hebe ihn auf und werfe ihn in die vom Ausgang entgegen gesetzte Richtung.
Als sich die Schritte entfernen, verlasse ich meine Deckung und renne los, doch ich komme nicht weit. Denn Chang stellt sich mir in den Weg und hält mich mit einem gezielten Schlag mit der Faust auf. Ich taumle benommen nach hinten und halte mir die Stelle, die er getroffen hat, während ich nur noch verschwommen sehe.
„Es ist nicht so, wie Sie vielleicht denken", murmelt er und schubst mich gegen die Wand. Ich kneife die Augen zusammen, um ihn besser erkennen zu können. Er beugt sich über mich und packt meine Hand, schlingt eine Handschelle darum und fixiert sie an einem Rohr.
Ich will mich wehren, doch alles um mich herum dreht sich und sein Gesicht verschwimmt immer mehr. Ich habe Mühe die Augen offen zu halten und höre nur noch das Klicken, als das Metall der Handschelle gegen das Wasserrohr knallt. Was die Schmerzen in meinem Kopf noch verstärkt.
„Wieso tun Sie das?", frage ich und höre mich, wie durch Watte. In seinem Gesicht kann ich Reue und Widerwille sehen, aber er kettet mich an und verlässt dann den Raum. Der sich immer heftiger dreht und dann, dann ist alles schwarz.
„Hey, wachen Sie auf Dornröschen", höre ich eine mir bekannte Stimme. Ich öffne schwerfällig die Augen und will meine Hand an die Stelle legen, die heftig pocht, doch das geht nicht.
„Was ist passiert?", nuschle ich und habe das Gefühl in einem ewig andauernden Schlummerzustand zu sein.
„Das würde ich auch gerne wissen", knurrt Dallas und öffnet die Handschelle, mit der ich gefesselt wurde. Sofort fasse ich mir an die Schläfe und zucke zusammen.
„Chang ... er hat mich ausgeknockt", sage ich und füge das Chaos in meinem Kopf Stück für Stück zusammen.
„Die Frage ist nur, warum ihm das gelungen ist. Sie waren immerhin beim MI6, wie Sie stets betonen", gibt er schadenfreudig von sich und hilft mir dann aufzustehen. Meine Knie fühlen sich wie Wackelpudding an, weshalb ich gegen seine Brust sinke, die sich ziemlich gut anfühlt.
Wie er wohl unter diesen Hawaiihemden aussieht?
„Hey, nicht einschlafen, klar?", stammelt er und tätschelt meine Wange. Ich blinzle und versuche die Augen offen zu halten.
„Der musste ja einen ziemlichen Punch drauf gehabt haben." Ich nicke und würde am liebsten weiter in seinen Armen liegen bleiben. Doch Dallas stellt mich ziemlich schnell wieder auf die Füße.
„Tja, dank Ihrer Kamikazeaktion sind die beiden geflohen, bevor ich eingetroffen bin", sagt er und bedenkt mich wieder mit diesem ziemlich überheblichen Blick. Den ich mir dieses Mal wirklich verdient habe, so dämlich, wie ich war.
„Aber Sie haben, schon wieder muss man ja sagen, etwas hier gelassen", fügt er hinzu und zeigt mir etwas glänzendes.
„Eine Kette", sage ich und schaue mir den goldenen Anhänger genauer an. Und als ich das eingravierte C auf der Vorderseite sehe, wird mir nicht nur wieder schwindelig, sondern auch noch schlecht.
Denn ich kenne diese Kette nur zu gut, zumal ich diejenige war, die das schlichte C in den kreisrunden Anhänger habe gravieren lassen. Und, als ich den Anhänger drehe, weiß ich, dass das alles kein Zufall sein kann. Und, wie Dallas am Anfang angenommen hat, habe ich etwas damit zu tun. Aber was?
(1740 Wörter)
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Tja, was könnte der fehlende Zusammenhang wohl sein?
eure Amanda
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