21|Voodoo Magic
Ich änderte meinen Weg nicht. Ich lief jedes Mal durch die selben Straßen, wenn ich von der Schule Nachhause ging und mich niemand mit dem Auto fahren konnte. Aber in letzter Zeit hatte ich feststellen müssen, dass ich mir eine andere Strecke aussuchen sollte. Das hing allerdings nicht nur mit einem gewissen Jungen zusammen, der ein paar Häuser weiter wohnte und das als seine Begründung nannte, mich zu verfolgen.
Nein, es lag auch an einer anderen männlichen Person, die sich ab und zu dachte, mich auf meinem Nachhauseweg überfallen zu müssen.
Während ich nichts ahnend meinen Blick auf mein Handy gerichtet hatte und den Fußweg entlang schlenderte, schlang sich plötzlich ein Arm um meine Schulter.
Mein Herzschlag setzte für einen Moment aus und schlug kurz darauf doppelt so schnell, da der Schock mich gepackt hatte. Meine Hand fest gegen meine linke Brusthälfte gedrückt legte ich meinen Kopf zur Seite und schaute keinen anderen als Reese - meinen Ex - an.
Ich konnte nicht anders, als meine Augen genervt zu verdrehen und nach kurzer Zeit hatte ich es auch geschafft, seinen Arm abzuschütteln.
"Hey, Süße!", begrüßte er mich, als wäre es das normalste der Welt, was es ganz eindeutig nicht war. Angeekelt wendete ich meinen Blick von ihm ab und versuchte mein Tempo anzuziehen, doch Reese schien damit keinerlei Probleme zu haben und hielt ohne jegliche Mühe mit mir Schritt.
"Was willst du? Wird das jetzt zu einem blöden Hobby, mich auf meinem Weg nach Hause zu belästigen?" Man konnte wohl das Gift in meiner Stimme hören, weshalb das Gesicht meines Ex-Freundes für eine Sekunde Empörung zeigte. Er entspannte sich jedoch schnell wieder und setzte sein typisches Grinsen auf, welches ich ihm nur zu gerne aus dem Gesicht wischen würde.
"Glaub mir, Schätzchen, wenn ich könnte, ich würde dich in Ruhe lassen. Aber du hast mich fest im Griff und lässt mich nicht los. Falls das irgendein Voodoo-Zauber von dir ist, dann löse ihn einfach auf und wir beide gehen getrennte Wege."
Ich konnte nur hoffen, dass man an meinen zusammen gezogenen Augenbrauen erkannte, dass ich es für völligen Müll hielt, was Reese hier laberte. Er benahm sich wie ein Kindergartenkind und mehr als Spott konnte er da von mir nicht erwarten.
"Erneut, meine Frage: Was willst du von mir? Du weißt, dass ich nichts mehr mit dir zu tun habe und das auch nicht will." Anstatt mir, rollte nun Reese seine Augen und verschränkte provokant seine Arme, die in seiner schwarzen Lederjacke verkleidet waren. Dass er mit seinem Outfit nicht schwitzte, war ein Wunder, schließlich war heute ein relativ schwüler Tag und eine dicke Jacke war alles andere als nützlich, aber es zählte wohl einfach zu seinem Auftreten dazu. Das war ihm sowieso schon immer wichtiger gewesen, als alles andere.
"Wenn du es genau wissen willst, ich habe ein Gerücht gehört und wollte nur mal kurz nachhaken, was dahinter steckt." Abwartend schaute ich meinen Ex an, doch erst nachdem ich eine auffordernde Geste andeutete, setzte er zum Fortfahren an.
"Ein Vögelchen hat mir zu gezwitschert, dass da etwas zwischen Alex Walter und dir läuft. Ich war nicht erfreut, muss ich zugeben. Und nun stehe ich hier und möchte von dir hören, dass das völliger Schwachsinn ist."
Ich stieß einen leisen Seufzer aus, allerdings nur um Zeit zu schinden und mir meine richtige Antwort zu überlegen. Wenn ich die Aussage dementieren würde, dann würde mir Reese wahrscheinlich noch viel länger am Rockzipfel hängen. Falls ich das Gerücht aber nicht abstritt, dann käme ich mir schlecht vor, schließlich tat ich es immer und es jetzt als meinen Vorteil zu nutzen wäre einfach nur unfair.
Ich entschied mich letztendlich dazu das in meinen Augen einzig Richtige zu tun und einen wahren Fakt zu nennen. So konnte ich das Thema geschickt umgehen und fühlte mich im Nachhinein nicht schuldig.
"Es geht dich nichts an. Eigentlich alles in meinem Leben geht dich nichts an. Wir sind nicht mehr zusammen, werden es auch nie wieder sein und deine Freundin zu sein, steht auch nicht auf meiner Wunschliste."
Ich wusste nicht, ob er sich gestresst fühlte oder einfach nur die dumme Gewohnheit durch kam, jedenfalls dachte Reese, dass es der richtige Zeitpunkt war, um sich eine Zigarette anzuzünden. Überzeugt davon, dass ich mein Missfallen zum Ausdruck bringen sollte und diese Situation zu beenden, riss ich ihm rotzfrech die Kippe aus dem Mund und kickte sie mit meinem Schuh zur Seite. "Rauchen ist ungesund.", war mein einziges Kommentar dazu.
Dass mein Ex alles andere als begeistert von meiner Aktion war, ließ er mich mit einem Killer-Blick wissen, doch noch bevor er etwas anderes sagen konnte, geschweige denn mich weiterhin aufhielt, schob ich mich mit einem Stoß meiner Schulter gegen seine Brust an ihm vorbei. Womöglich hatte ich dabei mehr Schmerz gespürt, als Reese, aber das schluckte ich einfach hinunter.
Mit großen, zügigen Schritten bewegte ich mich weiter weg von einem der schlimmsten Fehler in meinem Leben und rannte beinahe auf die Ecke zu, die in die Straße bog, auf der ich bereits mein ganzes Leben verbrachte.
Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass ich niemandem begegnete, sodass ich mich so schnell wie möglich in mein Bett verfrachten und den Tag hinter mir lassen konnte.
-
"Emily, Spatz, kannst du bitte runter kommen?"
Mühsam rollte ich mich auf meinen Rücken und starrte für einen Moment meine Zimmerdecke an. Ich hatte wohl doch zu viel erwartet, als ich gehofft hatte, einen wirklich ungestörten Nachmittag in meinem Bett zu verbringen. Allerdings war es auch kein Wunder, dass meine Eltern meine Ruhe unterbrechen würden, schließlich sprach ich hier von einem Haushalt, der mit Leuten gefüllt war, die man nur nach einer gewissen Eingewöhnungsphase aushalten konnte.
"Wieso?", schrie ich zurück, wobei ich meine leise spielende Musik locker übertönte.
"Dein Bruder will mit dir reden!", kam kurz darauf die Antwort, die mich etwas stutzig machte. Dylan war nicht so bedürftig, dass er ständig von seiner Schwester hören musste und wir würden uns spätestens zur Hochzeit wieder sehen, auf der ich ja leider sein Date spielen musste.
"Ich bin schon unterwegs.", informierte ich meine Mum und rutschte von meiner Matratze. Meine in kuschelige Socken gesteckten Füße tippelten beinahe lautlos über den Boden und mit schnellen Schritten rannte ich die Treppe nach unten, bis ins Wohnzimmer.
Meine Mutter wartete bereits auf mich, das Telefon in der Hand und ihren Blick auf eine Topfpflanze vor ihr gerichtet. Ihre Blätter sahen alles andere als gesund aus und ich kam schnell darauf, dass meine Mum vorhatte das elende Ding aus seiner misslichen Lage zu retten und sie wieder aufzupäppeln. Ob sie das schaffen würde, bezweifelte ich trotzdem.
Diese Frau mochte vielleicht ein Händchen für Kunst haben, aber von einem grünen Daumen war sie noch weit entfernt. Das war auch der Grund, wieso ich nicht nur meiner Mum im Stillen Glück wünschte, sondern auch dem Pflänzchen.
Da meine Neugierde bereits auf die Folter gespannt wurde, ergriff ich zügig das Telefon und legte es gegen mein Ohr.
"Hi großer Bruder. Alles fit im Schritt? Wie kann ich dir helfen?" Ich beeilte mich, aus dem Raum zu kommen und rannte die Treppe wieder nach oben, immer zwei Stufen mit einmal. Da ich meine Mum kannte, hatte ich die Vermutung, dass sie das Gespräch zwischen Dylan und mir belauschen würde. Und das wollte ich meinem Bruder wirklich ersparen. Wer wusste denn, was er mich fragen würde? Vielleicht war es ja etwas durchaus peinliches und er brauchte den Rat eines Mädchens...
"Hey Ems..."
Während ich mich mit einem erlösenden Seufzer auf mein Bett schmiss, konnte ich nicht den bedrückten Ton in der Stimme meines Bruders überhören. Wie ein Luchs spitzte ich die Ohren damit ich ja nichts am anderen Ende der Leitung verpasste.
"Erzähl mir alles, Bruderherz. Bis ins kleinste Detail!"
Ein Schnauben durch das Telefon und ein lautes Klirren veranlassten mich, das Gerät etwas von meinem Ohr weg zu halten. Was tat mein Bruder? Eine Schüssel neben den Hörer stellen und mit einem Löffel dagegen schlagen?
Ich drückte es wieder gegen meinen Kopf, als ich Dylan's Stimme hörte.
"Du kennst doch Jamie, oder? Meine Nachbarin?" Bereits nach diesen Worten hatte sich ein fettes Grinsen auf meinem Gesicht niedergelassen und mit einem Ruck saß ich so aufrecht wie nie. Wenn auch nur der Name Jamie auftauchte, hatte man meine vollste Aufmerksamkeit.
Mochte sein, dass ich meinen Bruder lieb hatte und ihn vor dem Lauschen meiner Mum abschirmte, aber wenn es darum ging, selbst etwas gegen ihn in der Hand zu haben, war ich nicht mehr aufzuhalten.
"Was redest du da? Natürlich kenne ich Jamie, deine Nachbarin. Du bist schließlich unsterblich in sie verknallt und jammerst heimlich darüber herum, dass du keine Chance bei ihr hast!"
Womöglich hätte ich nicht so deutlich sein müssen, doch ich konnte mich nicht davon abhalten meinen großen Bruder etwas zu ärgern.
"Du musst mir sowas nicht noch auf die Nase binden, Emily! Ich weiß selber, dass ich ein Weichei bin. Ich hätte jemand anderen fragen sollen. Das war eine dumme Idee. Gibst du mir Mum wieder? Wir wollten noch über ein paar Dinge reden."
Empört runzelte ich meine Stirn und meine Kinnlade fiel nach unten. Dachte Dylan allen Ernstes, dass ich ihn nach einem verzweifelten Anruf so leicht von der Angel lassen würde? Na, da hatte er sich aber mächtig geschnitten. So einfach wurde man mich nicht los.
"Das kannst du vergessen, Freundchen! Rede nicht um den heißen Brei herum, sag mir, was Sache ist, vielleicht bin ich ja wirklich mal in der Lage, dir zu helfen."
"Wenn du auch nur einen einzigen Ton lachst, dann lege ich auf und lasse dich mit einem Haufen Fragen zurück, hast du mich verstanden?"
Die Drohung war mit höchster Wahrscheinlichkeit ernst gemeint, ich kannte Dylan schließlich, aber es würde definitiv schwer werden, ihn nicht auszulachen. Dieses gewisse Maß an Schadenfreude, das man gegenüber seinen Geschwistern hatte, blieb immerhin bestehen und ausgerechnet ich musste mich jedes Mal anstrengen, um mich nicht über Dylan lustig zu machen, wenn er wieder etwas Amüsantes oder Dämliches getan hatte.
Doch ich musste einfach wissen, was los war.
"Okay, ich werde nicht lachen. Versprochen! Und jetzt schieß' los! Was hast du getan? Oder was hat Jamie getan? Oder was habt ihr beide getan? Erzähl mir alles!"
Mit einem tiefen Seufzer bereitete sich Dylan vor und fing endlich an.
"Wie es jeder normale Mensch tut, war ich an meinem Briefkasten und habe meine Post durchgeschaut. Und wie es der Zufall wollte, kam Jamie gerade runter und wir haben uns natürlich gesehen. Und du weißt, dass ich immer so armselig bin, wenn sie in der Nähe ist. Sie wollte dann mit mir reden, Smalltalk und so. Und ich habe gestottert wie ein Kindergartenkind. Gott, ich bin so dämlich. Ich mache mich vor der Frau, die ich liebe, komplett lächerlich."
Ich war erstaunt. Nicht nur, weil mein Bruder so offen redetet, sondern auch, weil ich wenig belustigt war, stattdessen viel mehr Mitleid mit Dylan hatte. Es war ein verdammt komisches Gefühl, aber am liebsten hätte ich meinen großen Bruder in den Arm genommen.
"Aber das ist doch nicht so krass schlimm, oder? Ich meine, wenn es bisher immer so war, dann müsste sie das ja schon kennen.", versuchte ich das Geschilderte etwas besser zu reden. Es schien allerdings nicht das Schlimmste zu sein, was Dylan zu erzählen hatte.
"Ems, das war erst der Anfang. Klar, Jamie kennt mich bereits als einen völligen Vollidioten, aber heute habe ich alles getoppt. Ich habe ja gesagt, dass wir miteinander geredet haben und sie hat gefragt, was ich in zwei Wochen am Wochenende tun würde. Und ich Dödel habe ihr erzählt, dass ich auf Camilla's Hochzeit eingeladen wurde. Noch dümmer hätte ich wirklich nicht sein können. Ich weiß gar nicht so recht, was dann passiert ist, oder was sie gesagt hat. Ich weiß nur, dass ich gefragt habe, ob sie mich nicht begleiten will..."
Meine Augen weiteten sich in etwa auf die Größe einer Untertasse und meinen Mund bekam ich auch nicht mehr zu. Da hatte ich die letzten Monate damit zugebracht, meinen Bruder davon zu überzeugen, dass es die richtige Entscheidung war, Jamie nach einem Date zu fragen und er lehnte jedes Mal ab und jetzt plötzlich, ganz aus dem Nichts hatte er es getan, ganz ohne mein Drängen.
"Aber das ist doch wunderbar! Hat sie Ja gesagt?", schrie ich beinahe ins Telefon und wackelte wie eine Verrückte mit meinen Füßen.
"Ja, hat sie. Und nein, das ist ganz und gar nicht wunderbar! Ich wollte mit dir hingehen, weil ich weiß, dass ich mich nicht zum Affen mache, wenn du dabei bist. Das würdest du dann nämlich übernehmen."
Ich überhörte ganz geschickt den letzten Teil, den Dylan sagte und freute mich gleich umso mehr.
"Du hast Recht! Verdammt, Dylan, das bedeutet, dass ich nicht dein Date sein muss und das wiederum bedeutet, dass ich nicht auf der Hochzeit sein werde, auf die auch Alex eingeladen wurde."
Mein Dauergrinsen verwandelte sich allmählich zu einem kompletten Freudenstrahlen und ich konnte fast schon sehen, wie ich die scheinende Sonne überlagerte.
"Nein, ausgeschlossen. Du wirst mit kommen." Und Schwups, meine gute Miene verwandelte sich schnurstracks in ein Stirnrunzeln und ich sank allmählich in mich zusammen, ein kleines Häufchen Elend, wenn man so wollte.
"Das ist voll gemein, ich will aber nicht mit. Und wenn du jetzt mit Jamie gehst, dann muss ich doch gar nicht hin.", protestierte ich trotzig.
"Weißt du, das mag jetzt vielleicht im ersten Moment böse klingen und dir nicht passen, aber du wirst mit kommen. Während du nämlich deinen Plan schmiedest, wie du Jamie und mich verkuppelst, tue ich das selbe für dich und Alex. Und das hört sich jetzt vielleicht noch komischer an, aber ich werde diese einzigartige Chance nutzen und einfach Jamie und dich als mein Date mit nehmen."
Komplett überrumpelt starrte ich meine Bettdecke an, unfähig irgendwie zu reagieren. Ich wusste nicht, was ich zu diesen neuen Erkenntnissen sagen sollte, also blieb ich stumm.
"Weißt du, ich bin vielleicht ein absolutes Arschloch, wenn ich das jetzt so sage, aber ... ich denke, ich werde den Abend eher aushalten, wenn ich nicht die einzige Person bin, die am liebsten nicht da wäre, weil da eine andere Person ist, die man nicht da haben will..."
"Dylan, nur um das kurz klar zu stellen... die Person, die du am liebsten nicht dabei hättest, ist jemand, in den du verknallt bist. Währenddessen ist Alex jemand, in den ich ganz sicher nicht verknallt bin. Und um noch etwas anderes klar zu stellen... ich hasse dich ganz doll und ich kann es absolut nicht verstehen, wieso du so ein Trottel bist. Lass am besten nichts von dir hören, bevor Mum dir nicht sagt, dass ich mich wieder beruhigt habe."
Damit legte ich auf und mit einem Knall landete das Telefon auf dem Boden.
|Hi Babes!
Ich hoffe sehr, dass ihr Dylan nicht hasst. Er ist so ein bisschen dieser Chara, den alle mögen und ich möchte eigentlich, dass es so bleibt. Was sagt ihr? Macht er das richtige oder ist das ein Arschloch Move?
Und wie denkt ihr über Ems?
Welcher Charakter aus einer Serie ist euer Liebling? Sucht euch einen aus.
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