10|Honey & Beast
"Willst du am Wochenende rüberkommen? Ich muss auf Daniel aufpassen. Meine Eltern fahren irgendwie zu meiner Tante, oder so. Ich habe nicht wirklich zugehört. Jedenfalls wäre es cool, wenn ich nicht alleine mit ihm bleiben muss. Du weißt ja, dass er nicht alle Latten am Zaun hat."
Nachdenklich betrachtete ich mein halbes Sandwich und legte dabei meinen Kopf schief.
Daniel war Kim's kleiner Bruder. Vier Jahre alt und eine Ausgeburt der Hölle. Der Scheißer wusste, wie man andere zum Durchdrehen brachte und es schien ihm ziemlich gut zu gefallen.
Wenn er mal nicht dabei war, die Badewanne mit Wasser und Schaumbad zu füllen, dann redete er mit seinem braun-grauen Kaninchen 'Vogel'.
Den Namen trug das arme Tier aus einem einfachen Grund. Daniel war der Ansicht, dass es ein Vogel war. Und da man mit dem kleinen Wicht sowieso nicht diskutieren konnte, hatte niemand protestiert. Ich meine, man sollte als Kleinkind möglicherweise den Unterschied zwischen Federvieh und Pelztier erkennen und wissen, aber es gab ja irgendwie immer komische Kinder.
"Ich weiß nicht so recht. Ich lasse dich zwar ungern mit dem Zwerg alleine, aber du weißt, dass dein Bruder mir Angst macht.", nuschelte ich und biss einen Augenblick später in mein Käse-Schinken-Sandwich. Meine beste Freundin nickte wissend und zuckte mit den Schultern.
"Wenn nicht, ist es auch nicht so schlimm. Wäre ja nicht das erste Mal mit dem Babysitten... Oh, wir bekommen Besuch."
Ich riss meinen Kopf nach oben, um zu sehen, wer und belästigen wollte und kaum fand ich den Übeltäter, ließ ich mein Essen sinken.
Es schien so, als ob es Ángel wieder wundervoll gehen würde, denn er stiefelte voller Selbstvertrauen in unsere Richtung. Das Ganze natürlich nicht, ohne ein paar Freshman-Mädchen zu zu zwinkern und ihnen somit ein Thema zum Tuscheln zu geben.
Als mein bester Freund vor mir stand, fiel sein Grinsen von seinen Lippen und er presste sie angespannt zu einer dünnen Linie zusammen.
"Hey."
Genervt hob ich mein Sandwich wieder hoch, biss erneut hinein und hoffte darauf, dass Ángel meine Andeutung verstanden hatte. Natürlich hatte ich ihm immer noch nicht verziehen und ignorierte ihn weiterhin. Er hatte mir auch noch keinen Grund gegeben, mich ihm gegenüber wieder normal zu benehmen.
"Ems, ich weiß, dass du immer noch sauer auf mich bist. Und ich weiß, dass ich ein gigantisches Arschloch bin. Ich meine, du bist meine beste Freundin und wenn du mir von einem deiner peinlichen Erlebnisse erzählst, dann sollte ich derjenige sein, der sich mit dir ins McDonald's setzt und sich über dich lustig macht."
Unbewusst zuckten meine Mundwinkel nach oben. Ich war mir sicher, dass Ángel es gesehen hatte, weshalb ich schnell auf den Boden schaute. Das Ganze brachte allerdings nicht viel, denn der Latino hockte sich vor mich und packte mich mit seinen groben Händen an den Schläfen.
Während er meinen Kopf fast schon schmerzhaft in die Position zog, in der wir uns gegenseitig ins Gesicht sehen konnten, rollte ich meine Augen.
Wenn der Grobian andere Mädchen, die er um seinen Finger gewickelt hatte, genauso grob anpackte, wie mich, dann lief irgendetwas schief. Wäre ich eine seiner Liebschaften, die er so behandelte, dann würde mein Knie ganz plötzlich genauso unsanft nach oben schnellen und die Glocken läuten. Glücklicherweise war ich aber nur die beste Freundin.
Genervt schob ich seine Hände von meinem Kopf und starrte ihn böse an.
"Jedenfalls habe ich die Möglichkeit echt nicht ausgenutzt und das tut mir wirklich leid. Beim nächsten Mal, werde ich dich hart auslachen und dich nicht hängen lassen. Ich bin ein wirklich beschissener Mensch und ich würde einiges machen, damit du mir verzeih-"
"Einiges?", unterbrach Kimberly scharf und schob sich neben mich, sodass sie Ángel auf gleicher Höhe anschauen konnte.
"Ja, einiges. 'Alles' wäre bei eurer Fantasie ein echt großes Risiko.", begründete er und fuhr fort.
"Ich würde einiges machen, damit du mir verzeihst und mich nicht länger ignorierst. Also, was sagst du?"
Hoffnungsvolle, braune Augen starrten mir entgegen. Um Ángel noch ein wenig zu foltern, schürzte ich meine Lippen und legte meinen Kopf provozierend zur Seite. Kimberly stupste mich von der Seite an, denn auch sie schien auf meine Antwort zu warten.
Stumm rappelte ich mich vom Boden auf, zupfte mein orangefarbenen Sweater zurecht und wartete darauf, dass Ángel sich ebenfalls hinstellte. Glücklicherweise ließ er mich dieses Mal nicht im Stich und positionierte sich abwartend vor mir.
"Nur damit du es weißt, du bist ein echt schlechter, bester Freund. Aber jeder braucht einen Esel in seinem Leben und du bist eben meiner."
Mit den Worten warf ich mich auf Ángel und umarmte ihn so fest es ging. Nach einem kurzen Schockmoment, entspannte sich der Latino und schlang seine Arme ebenfalls um meinen Körper.
"Heißt das, dass ich dich wieder zur Schule fahren darf?", murmelte Ángel in meinen Nacken.
"Was denkst du denn? Mein Dad hätte mich nicht ewig gefahren und den Bus will ich mir nicht antun."
Grinsend löste ich mich und ließ mich wieder auf meiner Jeansjacke, die über dem halb vertrockneten Rasen lag, nieder. Abwartend schaute ich nach oben und deutete mit meiner rechten Hand auf den freien Platz neben mir. Ángel ließ sich das Angebot kurz durch den Kopf gehen, schmiss aber kurz darauf seinen Rucksack auf das Gras und positionierte sich ebenfalls. Nachdem er sich halb verdreht hingelegt hatte, ließ er seinen Dickschädel in meinen Schoß fallen und grinste mich zufrieden an.
"Scheint so, als wäre alles beim Alten."
-
"Emily!"
Überrascht schaute ich zu Kendra, die sich einen Weg zu mir bahnte und mich nett anlächelte.
Ich zog meine Augenbrauen verwirrt zusammen, entspannte meine Gesichtsmuskulatur aber wieder. Sie war wahrscheinlich wegen dem Geschichtsprojekt bei mir.
"Hey.", begrüßte ich sie knapp und stopfte mein Mathe Buch in meinen Spind.
"Was gibt's?"
"Ich wollte erstens wissen, wie weit du mit deinem Thema bist und ich wollte fragen, ob du vielleicht noch das Handout machen könntest."
Ich atmete tief ein und drehte mich nach ein paar Sekunden in ihre Richtung. Mit einem gezwungenen Lächeln, nickte ich.
"Ja, wenn es sein muss, dann mache ich es."
Ich konnte nur hoffen, dass man mir nicht ansah, wie wenig Lust ich darauf hatte. Wer machte denn auch freiwillig ein Handout? Das war pure Arbeit und Zeitverschwendung. Zumal, es sich sowieso niemand durchlas und es letztendlich zerknittert in irgendeiner Ecke landete.
"Alex hat mir gestern geholfen, also bin ich fast fertig. Wahrscheinlich mache ich den Rest heute in der Stunde."
Kendra schien zufrieden mit meiner Antwort, auch wenn sie bei Alex' Namen für einen kurzen Moment ihre freundliche Miene nicht aufrecht halten konnte. Ihr undurchdringliches Lächeln verschleierte allerdings die ungewollte Emotion und ich ging nicht weiter darauf ein.
Gerade als ich mein Schließfach zu knallte und an Kendra vorbeigehen wollte, kamen hinter der Schönheit zwei weitere Mädchen zum Vorschein. Um nicht sofort meinen Hass zu zeigen, schloss ich kurz meine Augen und versuchte die Wut in mir zurück zu halten. Es schien allerdings nicht viel zu bringen, denn als ich Lola und Jess in die Gesichter sah, war ich mir sicher, dass mein Ekel deutlich zu erkennen war.
Jess hatte ständig ein fieses Grinsen auf ihrem Gesicht. Sie fühlte sich wohl irgendwie besonders mit ihrer orangen Haarpracht und den vielen Sommersprossen.
Leider war sie das nicht, denn das einzige, was sie konnte, war Gerüchte verbreiten und ihre Fingernägel lackieren. Für alles andere hatte sie keine Zeit.
Lola war, wie es der Zufall wollte, Alex' Nachbar. Das bedeutete, dass auch ich die Ehre hatte, in ihrer Nachbarschaft zu leben und viel wichtiger, sie konnte ständig sehen, was Alex oder ich trieben.
Ihre braunen Knopfaugen waren wie die eines Adlers und wenn man nicht aufpasste, war man ganz plötzlich zu ihrer Beute geworden und stand im Fadenkreuz. Das hatte meistens zur Folge, dass man nach wenigen Tagen von ihren Freunden verspottet wurde und jedes noch so dunkle Geheimnis, was man hütete, enthüllt wurde. In so einer Situation fühlte man sich sicher genauso bloßgestellt, wie wenn man nackt vor seiner Klasse stand.
Wie genau das Mädchen es schaffte, die Lebensgeschichte anderer heraus zu finden und allen zu präsentieren, wusste ich nicht. Ich konnte nur vermuten, dass sie überall ihre Spitzel und Quellen hatte. Und die hatte sie wahrscheinlich erpresst oder so.
Die Furien waren vom Äußerlichen her das reinste Gegenteil, aber wenn man ein wenig Zeit mit den beiden Cheerleadern verbrachte, dann bekam man mit, dass sie vom Charakter wie zwei Puzzle Teile zusammenpassten.
Ich verstand nicht ganz, wie Kendra, die ja auch ziemlich perfekt war, mit zwei hinterlistigen Schlangen, wie Lola und Jess befreundet sein konnte. Höchstwahrscheinlich war sie ein so guter Mensch, dass sie nur das Gute in allen sah.
"Honey, was machst du denn hier mit dem kleinen Biest?", fragte Jess und warf mir einen spöttischen Blick zu.
"Sie muss doch dieses Projekt mit dem Loser machen.", schaltete sich Lola ein und betrachtete gelangweilt die Spitzen ihrer dunkelbraunen Haare.
"Ach stimmt. Bist du jetzt glücklich? Freut es dich, dass du die Möglichkeit hast, dich an Alex ran zu schmeißen?"
Geschockt schaute ich die Ziege an und schüttelte langsam meinen Kopf. Ich hatte das Gefühl, irgendetwas verpasst zu haben. Kendra sah Jess kurz an, doch die ignorierte den warnenden Blick und schob sich an ihrer Freundin vorbei, sodass sie direkt vor mir stand.
Die Zentimeter, die Jess mich überragte, gaben ihr die Möglichkeit, verachtend auf mich herunter zu blicken, so als wäre sie etwas Besseres. Ich konnte es mir nicht nehmen lassen, sie mit einem Pfau zu vergleichen, der versuchte mit seinem Federkleid anzugeben. Unbeeindruckt schaute ich in Jess' Rehbraune Augen.
"Ich meine, es ist ja irgendwie klar, dass du dich jetzt an ihn ranmachst. Wenn man zu erbärmlich ist, um es wie ein normaler Mensch zu machen, dann klammert man sich wohl an jeden noch so kleinen Grashalm, nicht wahr?", zischte sie. Wahrscheinlich hätte sie mir am liebsten ins Gesicht gespuckt, aber Kendra zog Jess an ihrem Arm zurück und sah sie mahnend an.
"Darauf kann ich dir leider keine Antwort geben. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du das alles selbst ganz gut weißt. Immerhin geht es dir doch auch immer so. Nicht wahr?"
Mit einem provozierenden Grinsen sah ich Jess an, der es ganz offensichtlich nicht gefiel, wie ich mit ihr redete und sie nachäffte. Doch bevor sie mich nochmal ankeifen konnte, schlang sich ein Arm um meine Schulter.
"Immer mit der Ruhe Ladys! Ich spüre eine gewisse Feindseligkeit und das gefällt mir nicht."
Mein Blick verharrte noch einige Augenblicke auf Jess, bevor ich ihn auf die Person zu meiner Linken richtete.
|Hallo Äffchen!
Ich habe endlich Staffel 2 von Lucifer durch und (don't judge) das hat 1,1 Tage gebraucht, weshalb ich auch 1,1 Tage nicht zum Schreiben genutzt habe. (Ich finde übrigens Staffel 1 besser, aber das ist im Moment wohl nicht wichtig.)
Ich habe mal wieder einen fiesen Cut gemacht. Tut mir leid... zumindest ein bisschen.
Wer wird wohl die Person zu Emily's Linken sein?
Für alle die erwartet haben, dass Ángel was besseres raus haut, als so eine luschige Entschuldigung... manche Menschen sind primitiv und einfach. Und manche Menschen verzeihen jemandem nach so einer Entschuldigung. Hättet ihr es getan, wenn ihr an Emily's Stelle gewesen wärt?
Was habt ihr in nächster Zeit so vor?
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